Mittwoch, 27. April 2016

Kulturgeschichten 0203

Glückosophie

Was macht logisch glücklich, fragte ich mich beim Blick auf die Philosophie und ihre Wege zum Glück und stellte fest, es verhält sich beim Blick auf das Glück, wie im übrigen, die Sympathien bleiben ähnlich verteilt, eigentlich sah ich wenig überraschendes. Was funktionales oder soziales Glück sein soll, ist mir bis heute rätselhaft, vielleicht weil zu autistisch, vermutlich aber eher, weil, die es vertreten, mir meist zu autoritär sind. Glück scheint mir etwas feines und zartes zu sein, was nicht zu groben Weltgebäuden passt, wie sie sich manche mit oder ohne Götter erspinnen. Das Glücksstreben aber scheint seit Beginn der Geschichte eine wichtige Frage gewesen zu sein, liegt wohl in ihrer Natur, die alle Schulen und Menschen umtreibt - denn, kritisch gefragt, was nützt das schönste Weltbild, wenn es mich nicht glücklich macht?

Ob es das Glück überhaupt gibt, es vielmehr nichts existenstes ist sondern nur ein erstrebter Zustand, quasi ein Näherungswert, ist eine Frage für die Glückosophie der Zukunft, möglicherweise eine Frage der Zeit und also auch eine des Tempos, warum ich mir diese erst später stelle, auch wenn es logisch wäre, vor der Beschreibung der Geschichte der Philosophie des Glücks, sich zu fragen, ob es den vielfältig bedachten Gegenstand als solchen überhaupt gibt. Vielleicht aber ergibt sich manches schon aus dem, was andere dachten und es läuft mir ja nicht weg, sich dies künftig zu fragen, wenn es mich glücklicher machte.

Als vermutlich erster entwarf Aristippos von Kyrene eine Glückssphilosophie. Der Schüler des Sokrates lebte etwa von 435 bis 355 vor Christus, begründete die kyrenaische Schule und gilt damit als Begründer des Hedonismus. Er unterscheidet zwei Zustände der Seele, die Lust wäre eine sanfte, der Schmerz eine raue Bewegung der Seele. Er unterscheidet die Lüste nicht, sondern sagt, dass jede die gleiche Qualität habe. Der Weg zum  Glück ist nach Aristippos die Lust zu maximieren und dem Schmerz auszuweichen. So bezeichnet er bereits den Genuss der Lust als eigentlichen Sinn des Lebens, um etwas anderes ginge es nie. Die sanfte Bewegung, die sich zur Empfindung steigert, ist für ihn das höchste Ziel oder Glück, was er trefflich der Natur und also dem erfüllenden Sex abschaute, was ihn zumindest der Natur entsprechend macht.

Platon, der auch Schüler des Sokrates war und über dessen Worte in den Dialogen berichtet, selbst aber einer dogmatischen Idee vom idealen System verfiel, teilte die menschliche Seele in drei Teile, Vernunft, Willen und Begehren und glücklich sei danach ein Mensch, wenn sich alle drei Teile im Gleichgewicht befänden, miteinander befreundet seien, sich also nicht widersprächen, was schon den Dogmatiker erkennen lässt, der sich nur Freunde wünscht, die ihm nicht widersprechen, fraglich, wen das glücklich machen soll.

Für Aristoteles verwirklicht sich Glück nur in der menschlichen Gemeinschaft, im Staat. Danach ist glücklich, wer die in ihm liegenden Tugenden in der Polis entfaltet. Vollendet sei dieses Glück erst, wenn derjenige dazu noch genügend äußere Güter habe und sein ganzes Leben tugendmäßig verbringt. Frage mich bei Aritoteles immer, ob er selbst dachte oder nur ein vom damaligen Händlerverband und der Regierung diktiertes Programm verkaufte. Auch wenn es sympathisch klingt, dass er die Vernunft zentral stellt, geht es ihm doch nicht um das Wohlergehen sondern um die bestmögliche Anpassung an die Gemeinschaft, in der diese Wesen gut funktionieren sollen. Kein Wunder, dass er später zum Hausphilosophen der katholischen Kirche wurden, die Epikur lieber verschwinden ließ.

Der wohl wichtigste Glücksphilosoph der Antike, der bis in die Gegenwart wirkt, ist Epikur, der von 341 bis 270 vor Christus lebte und die epikuräische Schule begründete. Für ihn ist Lust das Prinzip eines gelungenen Lebens. Glück ist für Epikur die Freiheit von Unlust, warum es sein Hauptziel ist, durch Schmerzvermeidung einen Zustand physischer Schmerzfreiheit zu erlangen. Dies gelingt ihm weniger durch übermäßigen Genuss als durch Reduktion auf die notwendigsten Bedürfnisse. Wer extreme Lust erfahre, wird meist auch deren Gegenteil zu spüren bekommen, warum er für sich Bescheidenheit vorzieht, ein Käse, ein Brot, ein Wein und den Garten voller Freunde, ist alles Glück der Welt ihm. Doch geht es ihm nicht um Askese, das findet er Käse, sondern den höchsten Genuss der Lust. Es geht darum, das Leben lustvoll zu genießen, in dem es sich auf das konzentriert, was es ausmacht, ohne dabei Vorschriften zu machen. Weniger ist ihm mehr, ohne für sich in Anspruch zu nehmen, zu wissen, was alle bräuchten, um glücklich zu sein. Die epikuräuische Schule war die erste und einzige, die Frauen gleichberechtigt zuließ, nach seiner wiederholten Vertreibung aus Athen auch in seinen außerhalb gelegenen Garten und nur böse Zungen und Neider mutmaßten, es ginge den Hedonisten dabei allein um die mit diesen geteilte Lust - auch das wäre schön, erwiderten sie wohl lächelnd, wenn es das je Glück mehrte.

Ganz anders dagegen die Stoa, mit ihren Vordenkern wie Zenon, Cicero oder Seneca, lehnen sie den Epikureismus ab und erheben stattdessen die Tugend zum Ziel allen Strebens. Es geht nicht um Glück sondern um Pflichterfüllung. Glücksselig ist danach dennoch, derjenige, der mit der Natur lebt, da diese göttlich sei, und also mit Gott und Natur im Einklang lebt, wer die nur Begierden zurückdrängt. So wollen die Stoiker frei sein von Affekten und gelassen, eben stoisch gegenüber dem Schicksal, was sie dann für Freiheit halten. Wirkliche Freiheit, die das Glück ist, das sie erstreben, bestünde nur in der Unabhängigkeit von äußerem Geschick wie den eigenen Begierden. So erreichen sie die ataraxia, den stoischen Glückszustand völliger Gleichgültigkeit - leichter nur wäre, gleich zu sterben.

Das Mittelalter, diese Zeit des geistigen Rückschritts unter der Vorherrschaft, der jüdischen Sekte Christentum, definierte Glück nur jenseitig und verwarf antike Texte, die anderes versprachen, versuchte teilweise die Hedonisten zu leugnen oder zumindest ihre Texte zu löschen, da sie nicht in das autoritäre Erlösungskonzept dieser Sekte passten. Es wurde sich auch vielfach mit antiken Texten auseinandergesetzt, wenn auch immer in der Zielrichtung das eigene Denken zu begründen. Glück war für sie nicht irdisch, dies galt es zu überwinden, sondern erst nach dem Tod möglich, woran deutlich wird, wie wenig diese Sekte von dieser Welt ist, warum sie sich im Interesse der Mächtigen dennoch durchsetzte, wäre eine andere Frage, die wenig mit der Suche nach dem Glück zu tun hat und um so mehr mit der Erhaltung von Strukturen der Macht. Sie leben auf Erden in Askese als Vorbilder, um im Jenseits nach dem jüngsten Gericht die Erlösung im Paradies zu erhalten. Daher resultiert der Kult um die Askese wie sie auch im Zölibat zum Ausdruck kommt.

Augustinus von Hippo, der von 354 bis 430 lebte, schrieb ein Buch über das Glück, das für nicht dem Aberglauben verfallene Menschen wie nahezu alles von ihm ziemlich unerträglich zu lesen ist. Sektengewäsch eben, das ihn aber zur Kultfigur machte, weil es die herrschende Sekte war. Interessant aber, wenn wir den Unsinn weglassen, ist wie er die Liebe als Zentrum menschlichen Glücksstrebens sieht. Natürlich meint der olle Nordafrikaner dann, dass Glücksseligkeit nicht irdisch erreichbar wäre, sondern nur in dem Streben nach Gott, den er um seiner selbst willen liebt. Dahingestellt, was der erfundene Gott für wen für ein Glück sein soll, ist der Gedankengang zumindest in sich relativ logisch, mit derm er auf die Liebe achtet.

Anders bei Dyonysius von Areopagita, der um 500 seine mystische Theologie entwickelte, nach der sich die menschliche Sehne nach Gott sehnt, dieses Sehnen aber nur durch eine mystische Vereinigung befriedigt werden kann. Für den Kult der mystischen Vereinigung wiederum sei Ekstase erforderlich, in der Mensch dann sein Glück auch finde. Er meint, indem der Mensch in der Exstase aus sich heraus tritt, fände er sein jenseitiges Glück. Was dies mit dem menschlichen Leben zu tun haben soll, dass er ja nur überwinden will, ist nicht ersichtlich und so erinnert die mittelalterliche Philosophie  verdächtig  an den jenseitigen Fanatismus heutiger Islamisten.

Die Moderne setzt sich weiter mit dem antiken Glücksbegriff auseinander. Wichtig ist hier die Wiederentdeckung des Lukrez Textes de rerum natura nach dem Konzil von Konstanz durch den ehemaligen Sekretär des abgesetzten römischen Papstes. Mit diesem wiederentdeckten epiukreischen Denken, setzt sich ein neues Menschenbild durch, das die Renaissance als lichte Zeit nach dem düsteren Mittelalter und seiner Verhaftung in finsteren Welten des Aberglaubens zwischen Himmel und Hölle ablöst, was im Denken so sichtbar wurde, wie in allen übrigen Bereichen des Lebens, etwa der Malerei, der Dichtung, der Musik und auch der Politik.

Bis es schließlich zum Utilitarismus kam, der als Philosophie noch immer die Supermacht USA zentral prägt, gab es in der Philosophie noch einige Schwankungen zwischen der Suche nach Antworten im alten religiösen Kontext und der Erkenntnis, die sich immer mehr durchsetzte, dass wir Götter annehmen können oder eben nicht, wie es uns gefällt und wir jenseits davon Antworten auf den richtigen Weg zum Glück suchen müssen.

Die erste Form des Utilitarismus, der die Nützllichkeit  in den Mittelpunkt stellt, entwickelte der chinesische Philosoph Mozi, der von 479 bis 381 vor Christus lebte. Die von ihm begründete Schule des Monismus vertrat bereits 2200 Jahre bevor Europa darüber nachdachte eine utilitaristische Ethik, sehen wir davon ab, dass der Hedonismus  im alten Griechenland schon ähnliche Prinzipien vertrat, die aber unter der Diktatur des Christentums wieder in Vergessenheit gerieten. Auch Thomas Hobbes, der zwischen 1588 und 1679 philosophierte, vertrat in seinem Leviathan die Ansicht, dass richtig dasjenige Verhalten sei, das unser Wohlergehen fördere und so hinge auch die Richtigkeit eines Moralkodex davon ab, ob er das Wohlergehen derjenigen befördere, die ihm folgen. Francis Hutcheson, er philosophierte zwischen 1694 und 1746, nannte das Verhalten moralisch gut, das die Wohlfahrt der ganzen Menschheit fördert. In dessen Nachfolge wiederum argumentierte David Hume, der es von 1711 bis 1776 konnte. Er meinte Tugend und Verdienst ruhe in denjenigen unserer Eigenschaften, die anderen nützlich wären. Als erster in Europa schrieb Jeremy Bentham, der es von 1748 bis 1832 tat, eine utilitaristische Ethik mit einem ausgefeilten System. Für ihn gab es nur zwei anthropologische Grundkonstanten im Leben, das Streben nach Lust und das Vermeiden von Schmerz nach denen sich all unser Streben richtete. Dabei weise die Natur dem Menschen den Weg und so kam er zu einem psychologischen Hedonismus.

Von 1806 bis 1873 machte sich dann John Stuart Mill auf die Suche nach dem Glück, der heute mit Bentham als Vater des Utilitarismus gilt. Seine ganze Moral basiert auf dem Glücksgedanken, danach ist moralisch richtig und gut, was das Glück fördert. Ihm geht es darum das Glück zu maximieren und das Unglück zu minimieren. Aufgabe der Gesellschaft sei es danach das größtmögliche Glück für die größtmögliche Menge zu gewähren, wobei er Epikur lobend zitiert. Dabei lässt er die Menschen das Glück je nach Intelligenz und Sensibilität unterschiedlich bewerten.

Imanuel Kant, der zwischen 1724 und 1804 in Königsberg blieb, setzte das Glück einerseits eher mit den Prinzipien der Stoa gleich, indem er den kategorischen Imperativ zum Handlungmaßstab als Richtschnur erhebt, befreite andererseits den Menschen durch seine Antwort auf die Frage “Was ist Aufklärung?” der Preußischen Akademie, von dem Zwang sich nach einer höheren Autorität auszurichten, da jeder sich befreien müsste aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, um moralisch zu handeln. Glück hat für ihn als Begriff nur temporäre Gültigkeit. Das er das Glück über den geglaubten Gott ins Jenseits transferiert, deuten manche so, dass es ihm weniger um das weltliche Glück ging als um die Pflicht und die Handlungsfreiheit. Dies greift jedoch zu kurz, da nach Kant die sittliche Autonomie aus der Verbindung der Antwort auf die Frage, was Aufklärung sei und der völligen moralischen Autonomie des kategorischen Imperativs resultiert, die faktisch alle Götter negiert, sie jedenfalls für ein moralisches und glückliches Leben überflüssig macht. Damit wird Glück zu einer moralischen Aufgabe, die sich in der Pflicht erfüllt.

Denke dabei an die Lebensweisheit meines Großvaters, die sein Leben in manchem prägte, das immer auch stark hedonistische Element hatte: “Ich träumte das Leben wäre Freude, ich erwachte und sah es war Pflicht und ich lebte und siehe, die Pflicht ward Freude.” Wie wir also das Glück definieren und sei es in Pflichterfüllung, obliegt uns selbst in unserer durch Kant ausgedrückten sittlichen Autonomie, die wir durch den Geist der Aufklärung erreichen. Wichtig ist ihm darum nicht, was Glück ist und wie wir es erreichen, weil das eben jeder, der sich aus seiner Unmündigkeit befreite, selbst entscheiden müsse, es für jeden anders ist, sondern, dass es einen Weg gibt, mit dem die größte Menge das größtmögliche Glück miteinander erreichen kann. So gesehen hat Kant weniger das Glück benannt als eine Methode gezeigt, die uns glücklich leben lässt. Diese Sicht wird aber von gläubigen Menschen gern bestritten, denen andere Äußerungen, die Kant als preußischer Beamter tat, wichtiger erscheinen als der Kern seines freiheitlichen Denkens, der zum Glück führen soll.

Arthur Schopenhauer, der zwischen 1788 und 1860 grummelte, war der Überzeugung, dass es der angeborene Irrtum der Menschheit sei, “dass wir da sind, um glücklich zu sein”, womit er mit seiner eher pessimistischen Grundüberzeugung schon jedem Glücksstreben entgegen steht. Glück liegt für ihn darin, die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen, warum für ihn Schmerz und Langeweile die größten Feinde des Glücks seien. Dass ihn dieser Weg besonders glücklich machte, ist nicht bekannt geworden.

Dagegen träumte Friedrich Nietzsche zwischen 1844 und 1900 vom Übermenschen, der er erst für viele philosophisch wurde, als den inzwischen staatenlosen, geborenen Preußen schon der Wahnsinn gepackt hatte und er zum Pflegefall in Weimar geworden war. Zunächst von Schopenhauer begeistert, wandte er sich später von dessen Pessimismus ab und zu einer grundsätzlichen Lebensbejahung hin. Für ihn ist das Glück eine Sache, die den Menschen wesensmäßig innewohne, immanent da sei. Die Fixierung auf Sittengesetz oder Moral lehnt er als zu eng ab. Epikur findet seine Zustimmung, da er ihn als lebensbejahenden Menschen sieht. In Menschliches, Allzumenschliches formuliert er die drei Säulen des menschlichen Glücks seien, das Gewohnte, der langsame Pfeil der Schönheit und der Unsinn, der sich in der Freude am Lachen, diesem natürlichen Ausdruck des Glücks zeigt.

Dagegen stellte sich Bertrand Russell, der zwischen 1872 und 1970 philosophierende Earl of Russel, der teilweise auch utilitaristisch dachte, die Frage, wie das Glück des einzelnen im Verhältnis zur Gesellschaft steht. Nach Russell geht es nach der Klärung der elementaren Bedürfnisse vor allem um zwei Dinge im Leben, die Arbeit und sie sozialen Beziehungen. Er glaubt, die Gesellschaft sei entscheidend für das Glück ihrer Mitglieder, je nach Gesellschaftsordnung seien die Menschen in ihr glücklich oder unglücklich. Nachdem er aber feststellte, dass Angst im Alltag für viele wichtiger ist als Hoffnung, bemerkte er, dass am Ende das Glück mehr im Individuum als im Staat liegt. Darum auch glaubt er, dass alle Reformen überflüssig seien, wenn die moralische Erneuerung im Einzelnen beginne.

Der zeitweise seiner jüdischen Abstammung wegen aus Deutschland vertriebene Ludwig Marcuse, der von 1894 bis 1971 auch über das Glück nachdachte, schrieb sogar eine ganze Philosophie des Glücks, in der er feststellt, dass es so viele Ansichten über das Glück wie Philosophen gibt. Für ihn ist Glück etwas eigenständiges ist und nicht nur kein Unglück, um es als etwas positives ohne Definition an sich stehen zu lassen, weil es ist, was es ist.

Dagegen wiederum stellt sich Georg Römpp, der die Nützlichkeit des Glücks als Ziel in seinem Anti-Glücksbuch infrage stellte. Er findet dabei 6 Gründe, warum dieses Streben für den Menschen nicht nützlich sei.

“ (1) weil der Mensch damit nach einem ‚Ganzen’ strebt, obwohl das Leben aus Einzelheiten besteht,
(2) weil der Mensch sich damit an etwas zu Allgemeines hält und deshalb den Kontakt mit dem Wirklichen und Individuellen verliert,
(3) weil der Mensch damit das eigene Leben und auch das Leben anderer Menschen messen und vergleichen will und alles Leben auf diese Weise in einem geschlossenen Horizont zu bewerten beginnt,
(4) weil der Mensch damit andere Menschen nicht mehr in ihrer Individualität akzeptieren kann und auch sich selbst von fremden Perspektiven her auffasst,
(5) weil der Mensch sich damit ein falsches und starres Selbst zuschreibt, das er auf eine unfreie Weise zu verwirklichen sucht, und
(6) weil der Mensch damit seine Freiheit gefährdet, indem er den Zwang akzeptiert, auf solche Weisen ‚glücklich’ werden zu müssen, die in der Tradition entstanden sind oder von anderen Menschen vorgeschrieben werden.”

Nach Römpp muss also nicht das Glück Ziel der Kunst des Lebens sein. Dem Glück setzt er die Kunst des Lebens positiv entgegen, weil sie individuell sein könne. Damit erreicht er letztlich eine zwar systematische auch soziologisch bedingte Kritik des Begriffes Glück, in dem er das erstrebte Kunst des Lebens nennt und sie individueller mutmaßt, was aber im Ergebnis nur noch eine begriffliche Frage ist - für ihn ist Glück eben die Kunst des Lebens und dem würde ein Epikur sicher zustimmen, ohne das Glück infrage zu stellen, was auch nur eine Form der marktgerechten Positionierung ist.

Glück ist vielfältig, ob wir es nun ablehnen oder erstreben, negieren oder bejahen, deutet schon das Streben nach dem einen oder anderen auf ein natürliches Bedürfnis nach Erfüllung hin. Egal wie wir Glück nennen oder nicht nennen, ist das damit erstrebte das immer gleiche und so verschieden wie eben alle Menschen, was nur den wundert, der feste Weltbilder im Kopf hat, die allen Menschen übergestülpt werden sollen, wie der eine Glauben oder die wahre Verheißung und genauso ihr negatives Gegenbild.

Weiß nicht, was das Glück sein soll, spüre nur, wo ich glücklich bin und strebe danach, es zu bleiben, was mehr könnte ich je vom Leben wollen?
jens tuengerthal 27.4.2016

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