Sonntag, 30. April 2023

Liebesträumchen

Liebesträumchen

Früher träumte ich von großer Liebe
Wollte alle meine Verlobten heiraten
Für immer mit ihnen glücklich sein
Heute freu ich mich wenn das was ist
Länger als einige Nächte hält ohne
Das einer von uns genervt wegläuft
Damals glaubte ich an all inclusive
In der Liebe und wollte alles von einer
War erwartungsgemäß enttäuscht
Wenn es irgendwo nicht passte
Versuchte Lösungen dann herbei
Zu diskutieren als wäre die Liebe
Je logisch vernünftig berechenbar
Wie völlig erschüttert wenn sie es
Ihrer Natur nach mal wieder nicht
War sondern die schönen Träume
Sich in der Realität verflüchtigten
Verstand die Frauen einfach nicht
Heute versuche ich es nicht mal
Liebe sie halt wie ich es verstehe
Mehr geht vermutlich eh nie
Nun erwarte ich nichts mehr von
Frauen oder der Liebe genieße
Lieber Momente wie sie sind was
Weniger große Träume mehr hat
Aber real glücklicher macht mit der
Die gerade für Momente bleibt
Was blieb war wohl nicht schlecht
Irgendwas findet sich immer noch
Was zusammen genossen werden kann
Muss ja nicht gleich alles sein
Auch ein Stück vom Traum ist
Mehr als am Ende Nichts weil
Etwas immer nicht passt und so
Lehrt die angewandte Mengenlehre
Alles gleicht sich wieder aus wenn
Die Gruppe sich flexibel ändert
Wird weniger mehr wert weil du
Nicht alles von einer mehr willst
Kann eine mit weniger viel mehr
Wie länger glücklich machen was
Ein fairer Deal für alle scheint
Was mehr könnte es je sein
Denke ich und lass es so
Irgendwas bleibt schon
Das Träumchen ist kleiner
Aber liebt sich entspannter
Ist also schöner und gut so

jens tuengerthal 30.4.23

Liebesablauf

Liebesablauf

Hat die Liebe ein Ablaufdatum
Ab dem sie schlecht wird oder
Zumindest irgendwann kippt
Wie alle sonst Lebensmittel
Denn das ist sie wohl sicher
Ein Mittel was wir zum Leben
Zumindest zum Glück brauchen
Viele meinen ja heute zuerst
Käm die Selbstliebe und erst
Danach die zu irgendwem
Ist ja irgendwie was dran
Wer sich nicht mag scheint
Zumindest weniger liebenswert
Außer du bist so ein Kümmerer
Der seine Liebste am liebsten
Immer retten will wie ich lange
Bis ich merkte es fraß mich auf
Da war die Liebe aber schon weg
Manchmal brauch ich etwas
Besonders wenn ich nicht denke
Sondern verwirrten Gefühlen folge
Aber habe viel davon gelernt nur
Wie lange eine Liebe hält weiß ich
Immer noch nicht so ist etwa mein
Vater wie sein Vater gestorben
Nachdem er die gleiche Frau über
50 Jahre geliebt hat was schon
Ziemlich lang ist also kann die
Liebe unsere Haltbarkeit sogar
Überschreiten ohne zu verfallen
Denk ich am 54. oder 55.
Verlobungstag meiner Eltern
Also zumindest theoretisch und
Irgendwie auch praktisch somit
Dabei ist dann auch egal wie
Frisch da die Liebe noch ist
Ob sie ein Ablaufdatum hatte
Was uns überlebt hält länger
Als wir uns vorstellen können
Weil jenseits von uns endet alle
Vorstellung und beginnt der
Ganz normale Aberglaube
Glaube trotz anderer Erfahrungen
Also unvernünftig gegen alle Praxis
Dass Liebe nicht enden muss
So leben auch alle meine Lieben
Noch irgendwie irgendwo in mir
Nur welche ich dann wie lebe
Ist die eher relevante Frage die
Mit Gefühl manchmal weniger
Mit praktischen Gründen dafür
Meist um so mehr zu tun hat
Und da läuft eben manche Liebe ab
Bevor sie eine Chance hat auch
Länger als ich zu halten was
Manchmal besser so war um
Das Glück danach noch zu haben
Denk ich und freu mich an dem was ist
Aber wer weiß schon was kommt
Wer bleibt und wenn ja wie wo
Vielleicht ist es manchmal eine
Rettung sich auf das Ablaufdatum
Berufen zu können frei zu bleiben
Was uns überlebt war zumindest
Haltbarer als wir es bis dahin sind
Was nach mir kommt geht mich
So wenig an wie abgelaufene
Liebe die sich verflüchtigt als
Sei ihr Siedepunkt schon fast
Am Gefrierpunkt der vorher
Noch Tränen um sie was
Blieb war dann mal was

jens tuengerthal 30.4.23

Reanimateur

Reanimateur

Am 30. April 1987 wurde ich reanimiert
Nachdem ich zuvor tot auf der Straße lag
Weil mein Dickkopf doch noch einen
Kleinbus der Stadtwerke quasi eigenhändig
Nur dummerweise mit dem Kopf ohne Helm
Meinte aufhalten zu müssen was hier
Ausdrücklich nicht zur Nachahmung
Empfohlen sei weil es in der Wirkung
Einem Schlaganfall gleichkommt nach
Dem mein Hirn einige Monate wie
Teilweise Jahre brauchte sich neu
Zu programmieren wie vorher erlerntes
Wiederzufinden aber ich überlebte
Beziehungsweise wurde reanimiert
Wie es die Mediziner gerne sagen
In ihrer latinisierten Fachsprache
Was aber religiöser Unsinn ist wie
Sachlich das Falsche beschreibt
Gebe ich den pedantischen Dichter
Der auf die Worte wie ihre Bedeutung
Achtet und Sprache gern verdichtet
Anima heißt lateinisch die Seele
Ist eine Erfindung des Aberglaubens
Die ihrem Wesen nach unfrei macht
Wie hier schon häufiger lyrisch erläutert
Darum nur kurz dazu die Annahme
Einer in der Natur nicht nachweisbaren
Mithin nur geglaubten Existenz hängt
Unser Sein an einen Aberglauben ohne
Fundament als die Tradition die kein
Wert an sich ist wo sie sich gegen die
Natur stellt die Gegenstand der Betrachtung
Der Medizin als Naturwissenschaft doch
Sein soll wenn auch viele Ärzte einem
Erstaunlichen Aberglauben anhängen
Der nicht zur Betrachtung der Natur
Ihrem Wesen nach passt so kenne ich
Eine sehr geliebte einst Herzchirurgin
Die immer wenn ein Patient starb
Was bei Eingriffen am Herzen vorkommt
Wie in der Natur auch liegt das Fenster
Öffnete damit die Seele entweichen konnte
Fragte nicht wie sie das im OP tat der
Ungeöffnet steril bleiben muss damit
Wir möglichst gut überleben noch wie
Dieser Hokuspokus sich mit der sonst
Naturwissenschaft vereinbaren ließ
Fand es nur liebenswert wie sie was
Solange wir uns nah waren genügte
Aber denke immer noch wie albern
Wenn es auch niemandem schadet
Sie als einfühlsame Ärztin zeigte
Hier weiter kein Thema ist offenbart
Sich an diesem Beispiel wie präsent
Der Aberglaube in Sprache wie Tun
Auch der technischen Mediziner
Immer noch ist den ich aber unfrei finde
Warum ich vom Gefühl her lieber nicht
Reanimiert worden bin sondern von
Erfolgreicher Herzmassage ohne Seele
Rede weil als ich nicht mehr war
Auch nichts war oder passierte
Die Zeit kurz davor wie Monate danach
Sind aus meinem Gedächtnis gelöscht
Es ist quasi eine Nichtzeit obwohl
Real viel passierte um mich wie
In der Welt die ich nicht erlebte
Weil ich dann lange bewusstlos war
Ob noch lebt wer bewusstlos ist
Wird von einigen Philosophen bestritten
Insofern ich keine Erinnerung daran habe
Enthalte ich mich jeder Meinung dazu
Weil Enthaltung mit Montaigne immer
Eine gute tolerantev Haltung auch ist
Der Tod als schmerzfreies Nichts macht
Zumindest seitdem mit Epikur hier ganz
Einer Meinung keine Angst mir mehr
Solange ich bin ist er nicht da und
Wo er kommt bin ich es nicht mehr
Geht mich also logisch nichts an
Ist kein Grund sich je zu fürchten
Und so sage ich seit Jahren dass ich
Am 30.4.1987 reanimiert wurde aber
Weiß doch das Wort ist schlicht Unsinn
Es gibt in der Natur keine Seele
Dieses Gespenst wurde sich von den
Sekten ausgedacht uns zu fesseln
Wie die Hoffnung auf ein Jenseits
Zu züchten mit der Phantasie von
Der unsterblichen Seele als sei die
Sterblichkeit nicht Natur wie damit
Freiheit die wir besser genießen
Statt mit erfundenen Seelen gegen
Sie noch zu kämpfen im Wahn das
Ändern zu wollen was uns ausmacht
So wurde ich am 30.4. reanimiert
Weil die Medizin es eben so sagt
Aber negiere zugleich die Existenz
Einer unsterblichen Seele die uns
Unfrei wie abhängig macht gerade
In der Entscheidung über unser
Leben als freie Menschen die
Auch das Ende wählen können
Ohne transzendente Fortsetzung
Dabei je fürchten zu müssen und so
Feiere ich am 30. April zugleich
Geburtstag mit Kaspar Hauser wie
Die Möglichkeit eines Endes was
Sich Adolf Hitler und Eva Braun
An dem Tag setzten an dem die
Russen auch die rote Fahne auf
Dem Reichstag aufzogen wie die
Amerikaner München die einst
Hauptstadt der Bewegung befreiten
Vergewaltigten die Russen den Osten
Real wie übertragen noch Jahrzehnte
Können bis heute nichts anderes
Und staune mit Liebe am Leben
Wie sich Leben und Tod an diesem
Tag vielfältig seltsam nah sind
Bevor nach der Walpurgisnacht
Fröhlich lustvoll der Mai kommt
Feiere ich das Leben ein wenig

jens tuengerthal 30.4.23

Galerieglück

Galerieglück

Wieder mal Gallery Weekend in Berlin
Vom Helmholtzplatz gen Mitte gewandert
Wie alle Jahre wieder nur diesmal schon
Am Helmholtzplatz begonnen um dort
Das Atelier einer besonderen Künstlerin
Zu entdecken die in einem früher Café
Ihre großen Bilder malt die nur auf ganz
Schwarzem Untergrund ihre Vielfalt an
Farbe entwickeln die sich dazu noch
Im Vorübergehen verändern was diese
Bilder besonders zauberhaft macht die
Zu entdecken das erste Glück dieses
Rundgangs war quasi vor der Haustür
Auf dem Weg nach Mitte sich an den
Traumhaft blühenden Bäumen gefreut
Um in der Linienstraße gleich in der
Ersten Galerie noch vor dem sonst
Anfang am Koppenplatz eine ganz
Faszinierende Künstletim wie ihre
Sehr engagierte Galeristin zu treffen
Werke die Gesichter faszinierend
Variierten wie Weiblichkeit aus
Vielem Blickwinkeln betrachteten
Dazu eine Darstellung von der
Verwandtschaft der Menschen über
Blutlinien die über Generationen
Porträts verknüpften was zugleich
Nachdenklich machte wie eine große
Symbolische Kraft in filigraner Schönheit
Noch hatte dazu einen guten Wein
Wie schöne Gespräche mit der
Künstlerin wie der Galeristin begann
Der Rundgang faszinierend schön
Zugegeben kamen danach nur noch
Drei wirklich bedeutende Schauen
Die hier ausdrücklich erwähnt noch
Werden sollen so direkt daneben
Die Fotografien von Lothar Wolleh
Die uns kenntnisreich wie engagiert
Von der Galeristin erläutert wurden
In der dort benachbarten Galerie
Zwei kleine übersichtliche Ausstellungen
Waren schon der Höhepunkt dieses
Rundgangs durch Mitte nun folgten
Noch einige Galerien weiter einige
Fotografien die kurz innehalten ließen
Wie eine faszinierende Darstellung
Von Stadtplänen es hieß auch Maps
Die vier Meter lang und zwei hoch
Wie Scherenschnitte in weiß den
Großen Raum teilten von allen
Seiten betrachtet ein wirklich
Faszinierendes Erlebnis waren
Der Rest war kaum der Rede
Oder vieler Fotografien wert
Wiederholte schon bekanntes
Aus vergangenen Jahren ist
Nicht weiter der Rede wert
Aber das Atelier am Helmholtzplatz
Wie die ersten beiden Galerien
In der Linienstraße waren den
Rundgang wert machen neugierig
Auf mehr von diesen Künstlerinnen
Wie neugierig auf mehr von dem
Großen Fotografen Lothar Wolleh
Mit seinem Blick auf Künstler der
Über 140 der bekanntesten Maler
Des 20. Jahrhunderts porträtierte
Wie in seinen Bildern fein mit viel
Gefühl Langsamkeit gestaltet

jens tuengerthal 29.4.23