Herrschaftsverantwortung
Wo beginnt die Übernahme von Verantwortung und wo endet sie ganz natürlich?
Muss wer herrscht oder führt sein Leben falls nötig für seine Aufgabe riskieren oder sind das überholte Ehrvorstellungen, die mit heutiger Arbeitsteilung nichts mehr zu tun haben?
Der Betriebsrat von VW stritt sich lautstark in der Öffentlichkeit mit dem Vorstand, ob es dreist sei die vollen Boni zu kassieren, wenn es dem Unternehmen durch Fehler des Managements schlechter geht und nachdem es nach echtem Kampf aussah, die Führungskräfte sahen nicht ein, auf ihre gesetzlichen Lohnansprüche zu verzichten, nur weil einzelne Fehler begingen, so wenig wie ein sonstiger Arbeitnehmer die Streichung seines Lohnes akzeptierte, falls das Management Fehler machte, aber selten etwas daran ändern kann.
Die Führung einer Firma ist nicht mehr identisch mit den Eigentümern, die einst mit ihrem privaten Vermögen für Leid und Erfolg hafteten und entsprechend auch am Gewinn hoch beteiligt waren. Staaten werden von gewählten Staatsoberhäuptern auf Zeit geführt, es gibt in Demokratien keine ererbte Herrschaft des Adels, sondern Amtsträger auf Zeit mit Rentenansprüchen und Lohnfortzahlung
Der Vorstandsvorsitzende von VW bot nun dem Betriebsrat an, auf 30% der Bonuszahlungen angesichts der Krise zu verzichten, die das Unternehmen durch Fehler des Managements, genauer dessen kriminellen Betrug über Jahre, ereilte. Welch Hohn mag der Arbeiter denken, während ihre Arbeitsplätze durch die Patzer gefährdet sind, der gute Ruf des Unternehmens auf dem Spiel steht, wollen die Verantwortlichen nur auf nicht mal ⅓ ihres Bonus verzichten. Die Mehrzahlung für besonders gute Arbeit soll bei völligem Versagen und schlechter Arbeit nur um 30% gekürzt werden, diese beamtische Haltung im Vorstand eines wichtigen DAX Unternehmens, die allerdings nicht außergewöhnlich ist, zeugt von einer raffgierigen Mentalität, die in den Führungsetagen das sonst eher primitive Geiz ist geil Motto kultivierte.
Der Bundestag, der die jährliche Rechtfertigung für seine öffentliche Diätenerhöhung satt war, hat diese einfach an die nahezu beamtischen der obersten Gerichtshöfe angepasst und sich damit eines wichtigen Elements seiner öffentlichen Rechtfertigung entzogen. Es wird professionalisiert, damit es einfach läuft, was in Zeiten der rechtsradikalen Pegida-Volksbewegung und ihrem Hass auf die politische Klasse manch überflüssige Diskussion entbehrlich macht, verständlich und sinnvoll scheint angesichts der dort versammelten Dummheit, mit der kein Diskurs gesucht werden soll über Themen, die sie sichtbar nicht begreifen. Aber, auch wenn es sich bei den Pegidioten zum größten Teil nur um halbgebildete Schwachköpfe mit Potenzproblemen und Versorgungsängsten handelte, wofür in der Realität vieles spricht, rechtfertigt dies nicht die Verbeamtung der Legislative, die damit auch eine Art Aufgabe der Gewaltenteilung bedeutet, weil sie sich einer lästigen Aufgabe der Rechtfertigung entkleiden, geben sie den Kern ihrer Tätigkeit auf, die eben nicht Management eines komplexen Staates ist - was allein Aufgabe der Regierung ist, sondern die Kontrolle der Exekutive und Überprüfung wie der Streit über die öffentlichen Ausgaben.
Wenn sich eine Institution ihrer zentralen Aufgabe entkleidet, steht sie quasi nackt vor den Bürgern und es wird offensichtlich wie wenig sie fähig scheinen, ihre wichtige Aufgabe nach außen zu rechtfertigen. Die Gehälter müssten parlamentarisch immer wieder in jedem Haushalt begründet werden, wo sie das nicht mehr werden, raubt sich das Parlament einen wichtigen Teil seiner Identifikation und Legitimation, denn es ist gerade kein beamtischer Apparat sondern eine gewählte Volksvertretung, die ihr Handeln diskutieren und begründen muss, genau das rechtfertigt ihre Existenz
Am Beispiel VW wie am Bundestag zeigt sich, wohin die Entkoppelung von Führung und Verantwortung führt und warum es immer dringend der Aufmerksamkeit und Kontrolle bedarf, wenn sich eine Führungsebene weg von der Identität und Verantwortung hin zum bloß strategisch professionellen Management entwickelt und hier zeigt der Bundestag das gleiche Versagen wie der VW Vorstand.
Sofern es eine neue Finanzkrise gibt, der Staat hohe Schulden zu verantworten hätte, was schnell passieren kann, soll sich dieser auch bezüglich seiner Gehälter vor dem Bürger rechtfertigen müssen, wie die Manager von VW nicht ernsthaft von den Mitarbeitern harte Einschnitte verlangen können und sich selber noch Boni für besonders gute Arbeit genehmigen, wenn die Krise gerade auf Fehler der Führung zurückzuführen ist, die sich sonst vollständig deantwortete.
Der AfD und die dumpfe Pegiden Bewegung werben mit der Schelte von Politikern, die in den meisten Fällen so unsachlich wie unbegründet ist, zumal sie selbst nahezu nie eine Möglichkeit haben, irgendetwas besser oder anders zu machen, nur tönen, als wäre es so, doch ist diese Stimmung um so erfolgreicher, desto mehr sich die Politik vor der öffentlichen Rechtfertigung ihres Handelns wegduckt. Pegida und AfD sind keine Diskurspartner für Demokraten, auch wenn der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz sie nicht überwachen möchte, weil er es nicht für nötig hält, was eher Zweifel an diesem Behördenchef und seiner fragwürdigen Anstalt aufkommen lässt, die bisher nichts, was wichtig wurde erkannte am rechten Rand.
Zentrale Frage bleibt, was heißt Verantwortung übernehmen und was sind die persönlichen Folgen?
Früher ging der Kapitän als letzter von Bord, heute ersaufen eher die Philippinos im Maschinenraum, bevor es die Offiziere auf der Brücke trifft, was auch in der Lage bedingt ist und warum sollte ein auch ausgebeuteter Dienstleister, sein Leben riskieren, wenn es nur noch um Leben oder Tod geht, wieso sollte es dem Angestellten einer Reederei noch um die Ehre gehen?
Die größte Sicherheit einen Krieg zu überleben, haben meist Offiziere aus dem Generalstab, weil nichts besser geschützt wird als das Oberkommando. Gäbe es weniger Opfer im Krieg, wenn die Führer und Verantwortlichen noch kämpfen müssten, wie bei den früheren Rittertunieren, die Übung und Spiel waren aber auch weit mehr?
Am 10. April 1500 nahm Ludwig XII. von Frankreich Ludovico Sforza gefangen, den geflohenen Herzog von Mailand, nachdem er in den Mailänderkriegen Mailand erobert hatte.
Der König aus dem Hause Valois-Orléans trug den Beinamen Vater des Volkes und hatte sein Amt mit den Worten angetreten, der König von Frankreich wird vergeben, was dem Herzog von Orléans angetan wurde, um seine vorher Gegner zu integrieren. Kaum an der Macht verbündete sich Ludwig mit Papst Alexander VI. und der Republik Venedig, brachte sogar die Schweizer auf seine Seite und lenkte schließlich den deutschen Kaiser Maiximilian I. am Rhein so ab, dass die Macht der Sforza in Mailand unter seinem Ansturm zusammenbrach. Seinen Anspruch auf Mailand begründete er damit, ein Sohn der mailändischen Prinzessin Valentina Visconti zu sein, deren Schwester nur den Vater des Herzogs geheiratet hatte.
So ganz nebenbei ermöglichte Ludwig das Bündnis mit dem Papst auch noch die Scheidung von seiner hässlichen und wohl zeugungsunfähigen ersten Frau Jeanne de France, wonach er die sechzehnjährige Anne de Bretagne noch 1500 heiraten konnte und diesen Teil endgültig zu Frankreich brachte, was manche Bretonen bis heute bezweifeln.
Was aber war mit dem Sforza, der in Gefangenschaft kam, als er besiegt wurde?
Ludovico Maria Sforza war zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme 48 und überlebte sie noch acht Jahre als Gefangener. Er trug den Beinamen il Moro, der Dunkle, seiner dunklen, Hautfarbe wegen und galt bis zu seiner Gefangennahme als großer Förderer der Künste und Wissenschaften, so unterstützte er Leonardo da Vinci bei seinen Plänen und finanzierte den Künstler. Sein Vater, der berühmte Kondottiere Francesco Sforza hatte Bianca Maria Visconti geheiratet, die Erbin des Herzogtums Mailand, womit ein kleiner Adeliger zu einer der führenden Fürstenfamilein aufgestiegen war. Eine sensationelle Karriere. Er hatte zunächst das Bündnis mit Ludwigs Vorgänger Karl VIII. gesucht, als er aber sah, dass dessen Interessen seinen schaden könnten, verheiratete er sogleich seine Tochter Bianca Maria Sforza mit Kaiser Maximilian I., wofür er die Investitur in Mailand erhielt. Der letzte Ritter war übrigens vorher schon in Abewesnheit mit Anne de Bretagne verhreiratet, die ihm aber Karl VII wegschnappte und danach dessen Nachfolger, obiger Ludwig. In erster Ehe war Maximilian voller Liebe mit Maria von Burgund verheiratet gewesen, die als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit galt aber leider früh starb, wodurch Burgund an den gemeinsamen Sohn fiel, den schönen Philipp, der später Vater von Karl V. wurde, aber wie die Mutter früh starb, was wiederum seine Gattin Johanna angeblich wahnsinnig machte, aber diese Geschichten spielen hier gerade weniger eine Rolle, erklären nur die Differenzen zwischen Frankreich und dem Heligen Römischen Reich, die in der Eroberung Mailands und dem Streit um Burgund ihren Ausdruck fanden.
Noch 1495 hatte Sforza die Franzosen geschlagen und dazu auch Waffen aus 70 Tonnen Bronze schmieden lassen, was ihm nur kurzfristig nutzte. Eigentlich war diese Bronze für das von Leonardo da Vinci entworfene Reiterstandbild des Francesco Sforza vorgesehen, doch wenn es um die Existenz ging, hatte die Kunst leider das Nachsehen, auch wenn unklar ist, ob der 5 Jahre später abgesetzte Sforza nicht sich und seiner Familie mit dem Werk Leonardos mehr Ewigkeit verschafft hätte, aber wer hat schon künstlerischen Weitblick in der Krise - im übrigen hat Leonardo auch tolle Panzer und Flugzeuge für seinen Gönner entworfen, die allerdings zumeist nur phantastische Ideen blieben. Ludovico war nebenbei noch mit der so schönen wie genialen Beatrice d’Este verheiratet, mit der er zwei Söhne hatte, die später wieder Mailänder Herzöge wurden, nachdem ihr Vater in französischer Haft versauert war. Bei der Totgeburt des dritten Sohnes starb die schöne Beatrice leider selbst.
Nachdem Ludovicio 1499 bereits aus Mailand vertrieben worden war, hatte er es am 5. Februar 1500 mithilfe von Schweizer Söldnern wieder zurückerobert, deren einer ihn dafür am 10. April 1500 im Verrat von Novara wieder an die Franzosen auslieferten. Als sich Ludwig und Moro gegenüberstanden, kämpften auf beiden Seiten Schweizer Söldner, für Moro 6000, für Ludwig 10.000. Da die Schweizer Satzung bestimmte, dass nicht Väter gegen Söhne oder Brüder kämpfen sollten, gewährte Ludwig den Mailänder Schweizern freien Abzug, dafür sollten sie aber Ludovicio ausliefern, was die Schweizer in Mailand wiederum nicht wollten, sondern ihn lieber getarnt in ihren Reihen in Sicherheit bringen wollte. Beim Abmarsch bildeten die belagernden Schweizer Söldner eine Gasse und durch diese hohle Gassen zogen sodann die Mailänder Schweizer mit il Moro in ihren Reihen ab. Leider standen auch französische Hauptleute dazwischen, deren einer, der Landvogt von Dijon, einem Schweizer fünf Jahregehälter für den Verrat zahlte, was dieser für lohnend hielt, sich aber sicherheitshalber zunächst drei Jahre in Frankreich niederließ um danach in der Hoffnung, es habe sich alles erledigt in seinen heimatlichen Kanton Uri zurückzukehren, dort war der Verrat jedoch unvergessen und der Kriegsknecht, der das schnelle Geld erhofft hatte, wurde genauso schnell verurteilt und am nächsten Tag enthauptet, es hatte sich der Verrat also nicht wirklich gelohnt.
Eine ähnlich eindrucksvolle Geschichte zum 10. April gibt es auch noch von Friedrich dem Großen, nur das sie eben 1741 spielt und im ersten schlesischen Krieg geschah, wo Friedrich sich den Österreichern bei Mollwitz gegenüber sah. Durch die Verdienste von Kurt Christoph Schwerin fuhr Friedrich seinen ersten Sieg gegen Österreich nach der Besetzung Schlesiens ein, wobei es an Verlusten nahezu gleich aus ging, und lange auf Messers Schneide stand. Friedrich musste jedenfalls aus relativ ungünstiger Lage angreifen und hielt es daher für nötig, direkt bei der Truppe zu bleiben, warum er seinem Minister Podewils schrieb, wie im Falle seiner Gefangennahme mit ihm umzugehen sei, dass er alle Befehle zu ignorieren haben, die von ihm in der Gefangenschaft kämen, er solle sich dann mit seinem Bruder beraten, denn König sei er nur, wenn er frei sei. Dieser Satz wurde als fanzösisches Zitat zu einem der häufigst zitiertesten Sprüche von Friedrich und zeigt seine Einstellung als erster Diener des Staates, der seine Person hinter die Pflicht und die Ehre Preußens zurückstellte, sich quasi zur Sicherheit für den Fall der Gefangennahme vorab entmündigte seinem eigenen Minister gegenüber aus Misstrauen gegen sich und genug menschlicher Erfahrung.
Der Sforza Herzog versuchte zivil zu entkommen, als seine Schweizer Truppe abzog und wurde erwischt, hatte nicht vorgesorgt und vergammelte so in französischer Festungshaft als il Moro im dunklen Verließ, Friedrich nahm sich weniger wichtig, kämpfte in der ersten Reihe, solange er konnte und stellte sein Leben hinter die Sache. Beide Fälle zeigen aber, dass Herrscher noch mit ihrem Leben zur Verantwortung gezogen wurden, sie es riskieren mussten für die Sache, weil sie als Person dafür gerade stehen mussten.
Hätte es mehr Kriege vermieden, wenn Herrscher sich selbst in Gefahr begeben mussten oder in diese gerieten?
Kaum, scheint es beim Blick in die Geschichte, denn sicher ist Friedrich und seine psychischen Schäden aus Kinder und Jugendzeiten, als sein zumindest Herzensfreund Katte vor seinen Augen vom Vater hingerichtet wurde für den gemeinsamen Fluchversuch gen England, dieser fritzsche Jugendunsinn gegen den autoritären Soldatenkönig, der auch den Kronprinzen lange in Kerkerhaft nach Küstrin brachte, ein spezieller Fall, zumal er gern sein Leben auch immer wieder riskierte, weil es ihm nicht viel wert war und der dennoch um so mehr Mut bewies weiter zu kämpfen, denn leicht depressive Herrscher gab es in der Geschichte genug, an der Front standen davon erfolgreich nur wenige.
Wer persönlich für den Schaden haftet, den er anrichtet, handelt verantwortungsvoller meist als diejenigen, die nur als Sachwalter einer GmbH oder AG agieren und wenn es auch gut ist, dass die Monarchie abgeschafft wurde, weil Adel nicht unbedingt eine Garantie für Geist und große Kompetenz ist, wie das Haus Hohenzollern nach und vor Friedrich zur Genüge bewies, von anderen ganz zu schweigen, auch wenn Ausnahmen die Regel bestätigen, wie Bismarck oder Moltke, fragt sich doch, wie eine größere persönliche Verantwortung der politischen Amtswalter erreicht werden könnte, diese persönlich nehmen, was sie tun - auch wenn dies natürlich wieder gute und schlechte Seiten hat, scheint der Bereich der Verantwortung derzeit wichtiger zu sein, als es bisher schien.
Identität mit dem, was wir tun und Verantwortung für die Ergebnisse dessen, was wir bewirken sind der Schlüssel zu nachhaltig verantwortlichem Umgang, scheint es, doch hat es den Adel, der dies über Jahrhunderte hatte, nicht daran gehindert immer wieder idiotische Kriege zu führen. Auch ein preußischer Adel, dem ein Imanuel Kant schon die Ethik der Verantwortung nach dem kategorischen Imperativ vordachte, schaffte dies nicht, kaum einen Herrscher gibt es, der wie Friedrich persönlich die Verantwortung übernahm und dann wofür?
Um einen Eroberungskrieg auf dünner rechtlicher Grundlage zu führen. Die Hoffnung auf Besserung aus dem System heraus sind also historisch betrachtet zugegeben bescheiden, auch il Moro wäre lieber abgehauen, hätte sich um die Verantwortung gedrückt, statt in französische Gefangenschaft heldenhaft zu gehen. Es ist menschlich, den größten Vorteil für sich zu suchen, warum sollten wir uns auch quälen?
Friedrich gilt als Held der Geschichte, il Moro ist eher für seine vorher kulturellen Leistungen berühmt geworden, glücklich gemacht hat es beide nicht, auch wenn Friedrich nach vielen Jahren Krieg noch länger friedlich herrschte, ist der persönliche Gewinn fraglich. Wären wir glücklicher, wenn wir mehr selbstlose Helden in der Regierung hätten oder genügte es einfach die persönliche Verantwortung zu erweitern, um die Gefahr großer Unglücke und Kriege zu vermeiden?
Putin inszeniert sich gern als mutiger Kerl, damit der kleine Mann seinen Landsleuten auch mächtig genug erscheint und was ihm im Westen eher Spott einbrachte, hat ihm im Osten um so mehr Respekt beschert, ob ihn das langfristig glücklicher macht, scheint zumindest fraglich.
Die Manager von VW für die von ihnen verursachten Schäden mehr zur Verantwortung zu ziehen, scheint uns gerecht, damit nicht die Arbeiter für die Fehler ihrer gut bezahlten Führung büßen müssen, die sich noch Belohnungen für komplettes Versagen genehmigen will, auch wenn dieses selten persönlich nachweisbar sein wird, sich fragt, was die rechtliche Grundlage für die Versagung vertraglicher Ansprüche sein soll und wo wir hinkommen, wenn Moral, Rechtsgefühl oder Zorn der Bevölkerung genügen, legitime rechtliche Ansprüche nicht mehr durchsetzen zu können.
Fehler unserer Regierungen werden zumindest was die Finanzen angeht im nachhinein vom Bundesrechnungshof meist folgenlos gerügt. So haben wir eine Finanzaufsicht, die meckern darf aber nicht handeln kann und dies vor allem meist erst, wenn es schon zu spät ist und sich nur in offensichtlich schlimmsten Fällen jemand politisch der Verantwortung stellen muss, persönlich haftet keiner, der staatliche Gelder verschwendet.
Aber wäre es überhaupt gut und wünschenswert, Politiker wie Privatunternehmer persönlich für ihr Handeln haften zu lassen?
Würden bloße Volksvertreter dann nicht wie Fürsten und quasi Eigentümer des Staates behandelt?
Sollte ein Herr Draghi, wenn sich sein Milliardenprogramm als falsch oder wirkungslos herausstellt, als bloßer Finanzpoker an dem nur die Banken verdienten, dafür in Haft genommen werden?
Lähmte es die Demokratie nicht völlig, wenn Entscheidungsträger keine Risiken mehr eingingen?
Die offene Gesellschaft lebt von der Freiheit des Einzelnen, wo wir sie beschneiden, bleibt wenig übrig. Dennoch braucht es einer Kontrolle, die auch die Entscheidungsträger, welche die Normen zu ihrer eigenen Kontrolle erlassen, stärker in die Verantwortung nimmt. Es ist dieser Drahtseilakt in der Demokratie zwischen moralischer Verantwortung von Politikern für das Allgemeinwohl und ihrem persönlichen Interesse, eine auch anstrengende Aufgabe, die sie übernehmen, möglichst unbeschadet zu überstehen, den wir im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit entscheiden müssen.
Wer die Bürger für Steuervergehen im Namen der Gerechtigkeit bestraft, sollte auch seinerseits strafrechtliche Verantwortung für die Verschwendung von Steuergeldern übernehmen müssen. Wo dies nicht gewünscht ist, um den Staat nicht zu lähmen, fragt sich mit welcher Autorität Steuervergehen noch bestraft werden dürfen.
Wo Manager die Mitarbeiter für ihre Fehler bestrafen, also entlassen oder Gehälter kürzen, kann sich der Vorstand nicht dafür noch Boni genehmigen. Wer anders handelt, hat keine moralische Legitimation für sein Handeln, da keine Verantwortung übernommen wird, scheint moralisch logisch, aber lässt sich dies auch sinnvoll begründen?
Es führt hier wenig weiter Adam Smith gegen Karl Marx auszuspielen und sich in den Schlingen der Dogmatik zu verfangen. Vielmehr muss ein praktikabler Weg gesucht werden, der Verantwortung und Risiko ins Verhältnis setzt. Die Ökonomie hat aus Gründen der juristischen Haftung das Prinzip der Deantwortung zur Herrschaft erhoben, was für Unternehmen notwendig ist, um die finanziellen Risiken, erträglich zu halten, muss für Entscheidungsträger nicht notwendig auch gelten.
Würden wir die Gehälter der Manager noch stärker an ihren Erfolg kuppeln, wie es scheinbar Mode ist, jedoch bei Aktiengesellschaften nicht unbedingt den realen wirtschaftlichen Erfolg wiederspiegelt, führte dies nicht unbedingt zu verantwortungsvollerem Handeln des Managements, wie wir gerade sahen. Lassen wir die Boni völlig weg, die mittlerweile den größeren Teil des Gehaltes ausmachen, auch der Steuervorteile wegen, gibt es keine direkte Verantwortung mehr, es würde eher beamtisch gehandelt und es bestünde kein Anreiz die Gewinne zu steigern.
Eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung aller Gehälter wäre ein erster Schritt zu mehr Freiheit und Offenheit im Diskurs. Das Management der Aktiengesellschaften könnte verpflichtet werden alle Bonuszahlungen öffentlich zu begründen. Gleiches müsste für die Politik gelten, die in allen Ämtern ihre Zahlungen ohnehin offenlegen muss aber weiterhin verpflichtet werden sollte, jede Steigerung ihrer Gehälter auch politisch wie wirtschaftlich zu begründen. Dann hätten wir zumindest mehr Diskurs und Öffentlichkeit in der Frage der Gehälter und könnten über Verantwortung besser diskutieren, statt immer weiter zu deantworten.
Wer große Gewinne erwirtschaftet soll auch daran beteiligt werden, es ist nicht schlecht, wenn sich Leistung lohnt, aber dies tut sie nur nachhaltig, wenn auch Nichtleistung bestraft und Schäden haftbar machen. Es ist nichts dagegen zu sagen, die Gehälter von Bundestagsabgeordneten an denen oberster Behörden zu orientieren, nur müssen sie eben jedes Jahr wieder begründet und gerechtfertigt werden aus der aktuellen Haushaltslage die momentane Regelung des Automatismus ist politisch nicht länger tragbar und hinnehmbar, es sei denn wir zahlen allen Bürgern ein Gehalt unabhängig von ihrer Leistung, was eine kluge Variante sein könnte, wo diese jedoch noch nicht praktiziert wird, ist jede weitere Diskussion müßig.
Verantwortung übernimmt auf Dauer nur, wer etwas davon hat. Dieser Gewinn muss nicht rein finanzieller Art sein, aber es braucht wieder mehr Gleichgewicht zwischen Belohnung und Verantwortung, wagen wir es, Verantwortung attraktiv zu machen und gefährlich.
jens tuengerthal 10.4.2016
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