Mittwoch, 20. April 2016

Kulturgeschichten 0195

Demokratiezug

Nimmt die Demokratie unaufhaltsam ihren Lauf, weil sie das bessere Modell der Welt ist?

Haben die Feinde der Demokratie noch eine Chance nachdem sich diese als Prinzip auf globalen Märkten als effektiver erwies?

Wie fing die Demokratie an in die Welt zu ziehen?

Demokratie geht vom mündigen, selbständigen Bürger aus, sie gibt ihm eine Stimme, die abgegeben wird, manche meinen damit auch aufgegeben, andere sehen es im Vergleich als die zumindest bisher höchste Form der Beteiligung an der Macht. Die ökonomisch erfolgreichsten Staaten der Welt sind demokratisch regiert. Alle wichtigen Innovationen und Erfindungen kommen aus demokratischen Systemen. Autoritäre Staaten profilieren sich nur noch im Sport. Bei olympischen Spielen oder ähnlich fadenscheinigen Veranstaltungen zeigen Diktatoren ihre scheinbare Potenz.

China ist es nicht und verzeichnet dennoch enorme Wachstumsraten, gilt als Markt der Zukunft. Ob dies mit dem weiteren Mangel an Demokratie unter der Diktatur der kapitalistisch gewandelten KP möglich ist, scheint nur solange fraglich, wie unsere Firmen dort Geschäfte machen mit dem Argument, wenn wir es nicht tun, werden es die anderen machen und wir gehen leer aus, was sich keiner auf dem Milliardenmarkt leisten kann. Früher ging es zwar auch ohne das Mao-China mit den ungezählt vielen Hinrichtungen bis heute, aber wen interessiert schon, was früher war, wenn es um das Überleben am Markt heute geht.

Ähnlich sieht es mit dem endlich nicht mehr boykottierten Iran aus, der Mullah-Republik, die nach der Sharia steinigen lässt, wie Saudi Arabien natürlich auch, dem Erzfeind derselben, weil die Perser seit Jahrtausenden als Hochkultur auf die nur Wüstenräuber hinabsehen - fraglich nur, warum sie dann beide noch der Sekte des Wüstenräubers Mohammed folgen.

Haben wir noch Werte oder nur noch Geschäftsinteressen und was zählt in der Demokratie?

Ist es der Wille der Mehrheit entscheidend und nicht, was gut oder vernünftig wäre?

Braucht die Demokratie eine aufgeklärte Gesellschaft im Sinne Kants?

Die letzte Frage führt zurück zur Basis der modernen Demokratie, der Idee der Aufklärung wie Kant sie als Antwort auf die Frage, was Aufklärung sei der königlich preußischen Akademie der Wissenschaften beantwortete.

Aufklärung ist danach Befreiung des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist die Unfähigkeit sich seines Verstandes (selbständig) zu bedienen und selbstverschuldet ist diese, wenn sie nicht aus dem Mangel des Verstandes resultiert, sondern aus der Unfähigkeit sich dieses zu bedienen.

Darin steckt alles, was die Demokratie bis heute braucht und betrachten wir es im Lichte von Kants Imperativen, bräuchte es keines weiteren Gesetzes das Zusammenleben zu ordnen. Es geht darum, selber zu denken und Verantwortung dafür zu übernehmen, zu wissen, was ich tue und dies vor mir rechtfertigen können. Vor mir rechtfertigen ist in der Demokratie einer der spannendsten Punkte bis heute, denn dies meint nicht, sich auf Gesetze zu berufen oder schlicht Regeln und Gewohnheiten zu folgen, sondern etwas eben mündig vor dem eigenen Gewissen prüfen und entscheiden, was mir gut und richtig vorkommt und was nicht. Ein Prozess der Zeit braucht und kaum in die sich stets überschlagende und geifernde Mediendemokratie passt, die von Schlagzeilen lebt.

Die Demokratie bräuchte also, was sie immer weniger hat, Zeit, um vernünftig und aufgeklärt zu entscheiden, was wir sittlich und moralisch finden, was wir für gut halten und was gerade nicht. Nur, wenn wir selbst und eben aufgeklärt entschieden, hätte das Urteil einen Wert und könnte als sittlich betrachtet werden - alles andere ist nur funktionaler Gehorsam ohne jeden moralischen Wert, auch wenn das allermeiste heute so geschieht und sich logisch die Frage stellt, wie dringend wir daher nun eine Entschleunigung bräuchten, um noch vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Damit ich am Markt funktioniere, folgen ich den schlichten Geschäftsinteressen im mir erlaubten funktionalen Rahmen, zu mehr bin ich beim vorherrschenden Tempo der Gleichzeitigkeit kaum fähig. Das ist derzeit so. Wie ich das ethisch beurteile, ist eine andere Frage. Doch fehlt mir die Zeit, ein ruhiges Werturteil zu fällen, wenn ich im System funktionieren soll. Damit handele ich, wenn ich handele und mich anpasse, meist unaufgeklärt, was mir überhaupt nicht gefällt und warum ich versuche, es nach Möglichkeit anders zu machen, mich gegen den Strom zu stellen.

Diese meine Meinung könnte jedoch völlig egal sein, wenn die Mehrheit mit dem was ist, zufrieden wäre. Was nach bisher unwiderlegter Definition Kants gut und vernünftig wäre, wissen wir, dennoch handelt die Mehrheit meist anders. Zählt dann in der Demokratie mehr was die Masse macht oder ob das, was sie tut, auch gut und vernünftig ist, frage ich mich und fürchte schon diese Frage interessiert wenn überhaupt nur eine ganz kleine Minderheit, weil es der großen Mehrheit zu anstrengend ist, sich solche Fragen zu stellen, weil sie ohnehin in ihren Alltag so eingebunden sind, dass ihnen keine Zeit zum Denken bleibt und sie sich in der wenigen Freizeit lieber leichteren Vergüngungen als dem kritischen Denken über die Notwendigkeit einer Aufklärung und Befreiung zum sittlichen Handeln hingeben.

Sind diejenigen zufrieden, die einfach nur tun, was sie tun müssen und sich angepasst verhalten?

Vermutlich stellt die Frage nur, wer es nicht ist. Die allermeisten Menschen finden es befriedigender sich eine Serie anzuschauen, als für sich zu klären, warum sie überhaupt etwas tun, was gut wäre und wann sie frei sind, etwas zu tun, welche Verantwortung sie als Bürger einer Demokratie haben, wundern sich nur, wenn sie irgendwann unerklärlich in eine psychologische Krise oder eine Sinnkrise fallen und davon krank werden.

Ist damit die Demokratie nur noch ein System zum Schein, in dem die ganz große Mehrheit keine Verantwortung übernimmt und genauso keine haben könnte, sind die Menschen zu blöd für die Demokratie und um sittlich zu handeln?

Vielleicht ist es so, wenn ich den Kant wörtlich nehme, nur wird das System falsch, wenn es  nur eine kleine Minderheit angemessen nutzt?

Angenommen drei von vielleicht hundert oder tausend die diesen Text lesen, fragen sich, was sittlich richtig wäre und stellen fest, wie befreiend es ist, moralisch zu handeln, wäre es damit genug, eine Demokratie und ihre hehren Prinzipien zu rechtfertigen?

Drei Promille wäre zu wenig bei einer Wahl und zu viel zum Fahren. Es ist egal, ob 90% oder nur 0,001% die Demokratie verstanden haben, solange sich nicht 90% Unverständnis und Dummheit in Bewegung setzen, um zu bestimmen, wie der Staat künftig funktioniert und regiert wird.

In Sachsen bewegen sich noch immer zu viele, auch wenn es nur Promille sind, hinter rassistischen Formeln her. Dafür wählte in Sachsen-Anhalt ein Drittel heimlich Ausgrenzung und Rassismus ins Parlament. Was wäre eine angemessene Antwort auf diese faktische Verweigerung der Demokratie und ihrer moralischen Ordnung im politischen Geschrei?

Wenn in einem Land mindestens ⅓ der Bevölkerung nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht, wie soll die Demokratie damit umgehen?

Eigentlich wollte ich über ein ganz anderes demokratisches Ereignis noch schreiben und bin über die Moral und ihre Rechtfertigung in der Demokratie ein wenig abgedriftet, auch wenn der hehre moralische Anspruch und seine faktischen Grenzen ganz gut zum Thema passen, eigentlich sind, um was es geht. Was rechtfertigt die Demokratie und was nicht mehr, hat sie  Grenzen oder braucht sie Grenzen, um darin zu funktionieren?

Wie begann der Lauf zur Demokratie in Deutschland überhaupt?

Am 20. April 1848 wurde der radikaldemokratische Heckerzug von badischen Truppen unter Friedrich von Gagern gestellt und im Gefecht völlig aufgerieben. Gagern gehört zu den wenigen Toten der Schlacht, von dreizehn bis vierzehn ist die Rede, unklar ist bis heute, ob dies mit Absicht geschah. Die Aussagen zu Gagerns Tod widersprachen sich von beiden Seiten, die Revolutionäre behaupteten, die badischen Truppen hätten das Feuer eröffnet und Gagern hätte nur zufällig bei ihrer Erwiderung im Weg gestanden, dagegen beschwören die Soldaten, sie hätten erst geschossen, nach dem die  drei Schüsse auf Gagern ihren General hinterrücks abgegeben worden wären, der noch mit Friedrich Hecker über die Aufgabe hatte verhandeln wollen und sich nicht einigen konnte.

Eine Chance hatten die radikalen Demokraten, die sich auf dem Schwarzwaldgipfel verschanzt hatten nie gegen das zahlenmäßig überlegene Heer aus badischen und hessischen Truppen, das auch deutlich besser ausgerüstet natürlich war mit Büchsen statt Sensen und Dreschflegeln. Der Heckerzug wollte die Ziele der Märzrevolution mit Gewalt erkämpfen und so die Monarchie stürzen und eine Republik einführen, wie wir sie heute haben. Hecker und seine Leute wollten nach Karlsruhe ziehen, um sich dort auch mit Gustav Struve zu vereinigen. Sie waren in Konstanz losgezogen und auf dem Weg über die Berge in die badische Hauptstadt, als sie die Truppen des Deutschen Bundes unter Gagern stoppten. Hecker floh mit Hilfe der Bauern in die Schweiz. Später folgte ihm auch Struve und beide gingen in die USA, wo einige der gescheiterten Revolutionäre von 1848 untekamen.

Das war die Geschichte von Gagern und Hecker über die es noch manch nette Anekdote gäbe, wie auch der Heckerhut als historisch, revolutionäres Andenken in der badischen Provinz überlebte und sich mancher fragte, ob sie nicht klüger dem Rhein gefolgt wären, statt in die Berge zu ziehen.

Spannend daran aber ist bis heute, dass sich Bauern von der Basis aufmachten, um ihr Idee von Demokratie notfalls mit Waffen durchzusetzen. Freidrich Hecker hatte, nachdem er, der in Mannheim Abgeordneter des badischen Parlaments war, sich demokratisch nicht hatte durchsetzen können mit seinen radikalen Forderungen, sich über Frankreich auf den Weg nach Konstanz gemacht, um dort die Republik auszurufen und mit einem Trupp Freischärlern ins großherzogliche Karlsruhe zu ziehen. Inwieweit er Konstanz zur Ausrufung der Republik wählte, um schnellstmöglich im Falle des Scheiterns in die Schweiz zu kommen, ist unklar. Mit 60 Mann losgezogen, hatten sich unterwegs einige angeschlossen und andere noch mit seinem Zug vereinigt, standen in der Schlacht knapp 1200, von denen 1190 überlebten.

Hecker ist geflohen Gegenstand vieler Spottlieder geworden. Einerseits hat seine einseitige Radikalisierung gegen die Mehrheit der Parlamente, denen er angehörte eben auch zum Scheitern der Revolution von 1848 mitgeführt, weil sie die Gewalt des Adels und des Deutschen Bundes gegen die Radikaldemokraten rechtfertigte, der auch bürgerlichen Revolution viel von ihrem Kredit genommen hat. Andererseits ist, was er forderte uns heute selbstverständlich, scheint er keineswegs mehr radikal, die Mitglieder des Parlaments eher zu naiv in ihrer Hoffnung auf eine Kooperation mit dem Adel, der sich insbesondere von Seiten Preußens und Österreichs gegen die Krone mit dem Sudelgeruch der Revolution stellte, wie es Friedrich Wilhelm IV. auf das Angebot der Paulskirche hin formulierte.

Der Tod Gagerns im Gefecht auf der Scheideck war eine unnötige Eskalation, wie sie auch immer zustande kam, angesichts der militärischen Lage, in der eine Kapitulation mit freiem Abzug klüger gewesen wäre. Der Bruder des Generals war übrigens der berühmtere Präsident des Paulskirchenparlaments. Bis zuletzt hatte sich Gagern um eine Verhandlungslösung bemüht und wie er auch immer zu Tode kam, durch Schüsse in Reaktion oder durch einen ungeplanten Angriff, es hatte einen getroffen, der die Schlacht verhindern wollte, die unnötig war, weil es nichts mehr zu gewinnen gab, der radikale Demokrat nur trotzig ein fast Selbstmordkommando wählte, das er aber sehr gut überstand mit der Flucht in die Schweiz und nach Amerika, warum die Frage nach seiner moralischen Rechtfertigung nicht unberechtigt ist.

Die moralische Rechtfertigung demokratischen Handelns ist vielleicht die wichtigste Frage und im Ergebnis bedeutender als alternativlose bloße Funktionalität.

Inwieweit findet  eine Bundeskanzlerin im Stress ihrer Arbeit noch Zeit, sich über die sittliche und moralische Rechtfertigung ihres Handelns Gedanken zu machen?

Erstaunlich ist es, wie die deutsche Bundeskanzlerin gegen alle Angriffe zu einer einmal verkündeten moralischen Haltung stand und das “Wir schaffen das!” zu einem konstruktivistischen Credo machte, wie es von ihr keiner erwartet hätte, die sonst eher fast undemokratisch behauptet hatte, alternativlosen Zwängen zu folgen.

Hier sehen wir ein Beispiel für sittliches und moralisches Handeln in einer Demokratie und die Folgen, wenn Populisten beginnen, eine solche Entscheidung mit dem Mittel der Angst zu unterminieren. Wer moralisch entscheidet, macht sich angreifbar und so werden seine Gegner immer wieder Ziele suchen, egal ob dies vernünftig begründbar ist oder nicht. Die sonst kleine Gruppe der Rechtsradikalen, die als eher Aussätzige und verachtete Minderheit galt im Land, hat sich über Pegida und den AfD eine Normalität geschafft, mit der viele Bürger bereits denken, es sei in Ordnung diese zu wählen, um der von ihren beschworenen Angst Abhilfe zu leisten.

Der Fall Böhmermann wird seltsam genug nun von links und rechts als ein Fanal inszeniert, in dem Merkel sich angeblich gegen den Rechtsstaat entschied und moralisch über ein schlechtes, rassistisches Gedicht urteilte. Dass sie im Gegenteil, sich des Urteils enthielt und dies dem Rechtsstaat und den zuständigen Richtern überließ, da es unabhängig von ihrer Entscheidung ohnehin zum Verfahren nach § 185 StGB gekommen wäre, zeugt mehr von moralischem Bewusstsein als von dessen Mangel, vor allem belegt es Respekt vor der Gewaltenteilung.

Eine Strafvorschrift, die noch auf die Majestätsbeleidigung zurückgeht, abzuschaffen, ist moralisch richtig und geboten. Dennoch ein Verfahren zu  Ende zu bringen und hier der deutschen Rechtsprechung zu vertrauen, zeugt von mehr moralischer Urteilsfähigkeit, als in einer ohnehin aufgeheizten Stimmung als Regierungschefin eine fragwürdige populistische Entscheidung gegen einen ebenso fragwürdigen Partner zu treffen, den deutsche Gerichte nun zur Genüge vorführen werden, was gut so ist und besser als eine politische Polarisierung für ein eigentlich rassistisches Gedicht, an dem es politisch nichts zu verteidigen gibt, was nur ein eher pubertär peinlicher Text ist und so zeigt der Souverän die meiste Souveränität, wenn er nicht darüber entscheidet, sondern dies den zuständigen Stellen überlässt.

Moralisch ist ein Handeln, wenn es den Anforderungen des kategorischen Imperativs und einer aufgeklärten Entscheidung entspricht. Gegen Merkel könnte hier sprechen, dass ihre Entscheidung auch von persönlichem Interesse geprägt war, mit dem sie ihren Asylkompromiss verteidigen wollte.

Dies wäre dann der Fall, wenn eine Handlung unmoralisch wird, wenn sich persönliches und politisches Interesse decken.

Für einen solchen Grundsatz spricht sehr wenig, im Gegenteil fordern wir von Politikern, dass sie ihrem persönlichen Gewissen entsprechend handeln und sich Wollen und Handeln decken. Daran gemessen, handelte die Kanzlerin moralisch.

Aber hat sie auch die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit genug bei ihrer Entscheidung gewürdigt oder diese für eine Asyllösung geopfert?

Stellt ein fremdes Staatsoberhaupt einen Antrag nach § 103 StGB obliegt der Bundesregierung nach § 104a die Ermächtigung dazu, diese zuzulassen oder nicht. Was immer ich von Sultan Erdogan halte, meine Meinung ist dabei so egal wie Merkels persönliche Sicht auf den anatolisch, cholerischen Chauvinisten - es geht darum, ob sie sich anmaßt, eine materielle Entscheidung in der Sache zu fällen, wie es anmaßend die SPD von ihr forderte, oder sie bescheiden diese Sachkommpetenz den Gerichten zubilligt, was sie tat. Es war aus Merkels Sicht keine Entscheidung in der Sache von ihr gefordert sondern nur rein formell, ob die Voraussetzungen vorliegen. Dies war der Fall und also lässt sie die Gerichte entscheiden und wie sie selbst richtig feststellte, ist mit dieser Enthaltung ihrerseits eben keine Entscheidung in der Sache verbunden. Im Gegenteil, wer die deutsche Rechtsprechung dazu kennt, wird wissen, wie weit die Meinungsfreiheit grundsätzlich ausgelegt wird auch vom Bundesverfassungsgericht, etwa im Soldaten sind Mörder Urteil.

Sollte ein deutsches Gericht die rassistischen und erniedrigenden Formulierungen für strafwürdig tatsächlich halten, was unwahrscheinlich schon ist, bliebe die Berufung auf den Kontext, in dem sie fielen, um zu sagen, so geht es nicht. Aber selbst wenn es zu einer Verurteilung käme, weil die Formulierungen wirklich unsäglich und kränkend waren, es nichts gibt, wohinter ich mich in diesem Gedicht stellen möchte, so blöd ich den türkischen Präsidenten in seinem pathologischen Verfolgungswahn längst finde, drohte maximal eine geringfügige Geldstrafe, die wohl der Sender nach letzten Aussagen übernehmen würde.

Viel Lärm um nichts also?

Vermutlich, es ist die gerade übliche hysterische Hetze, die ruhiges Regieren fast unmöglich macht und wenig mit den sachlichen Gründen dahinter zu tun hat. Es ist gut, diese Entscheidung in Ruhe den Gerichten zu überlassen und wenn der türkische Präsident sich damit bis vor das Bundesverfassungsgericht lächerlich machen möchte, soll  er das tun. Das wird Jahre dauern, ob er dann noch im Amt ist oder die Kooperation mit ihm des Krieges in Syrien wegen noch gebraucht wird, zeigt sich dann. Merkel hat sich immer gegen den Weg der Erdogan-Türkei nach Europa ausgesprochen, aus einem fast Bauchgefühl, das sich als richtig heraustellte und ist dafür massiv von Multikulti-Anhängern angegriffen worden.

Es wäre gut, wenn die Türkei nach Europa käme und sich den strengen laizistischen und humanistischen Prinzipien Europas unterwerfen müsste, der Rückschritt unter Erdogan, der Atatürks Erbe mit Füßen tritt, ein Ende fände. Aber das müssen die Tüken selbst in Wahlen entscheiden und solange sie wir sie brauchen, verkehren wir freundlich mit den Islamisten, ansonsten lassen wir sie sich nach Arabien wenden. Es passte nicht nach Europa.

Die Demokratie nimmt unaufhaltsam ihren Lauf, sie wird sich durchsetzen als das bessere Modell. Doch gibt es auf diesem Weg immer wieder Rückschritte. Diese kosten Zeit und Nerven und es gilt dann den bestmöglichen Kommpromiss zu wählen. Weiß nicht, wie viele Menschen in der Demokratie aufgeklärt sind und moralisch verantwortlich handeln, ihr Wahlrecht wirklich mündig wahrnehmen. Aber zum Glück muss ich nicht darüber entscheiden, billigen wir es der Natur nach jedem zu, sich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien.

Ob Erdogan bis zu seinem Tod mit seinem falschen Weg erfolgreich sein wird, weil die Türken es nicht merken, noch nicht so weit sind, nicht anders wollen oder überlistet wurden vom islamistischen Chauvi, ist bei der Frage, ob die Demokratie langfristig richtig ist und erfolgreich sein wird als das klügere System, völlig irrelevant. Es sollte in Jahrhunderten gedacht werden und manche Gegenden der Welt sind eben noch mehr  dem Aberglauben verfallen als andere, sehen wir es gelassen und folgen wir unseren Prinzipien, aufgeklärt und frei, irgendwann merken die anderen es selbst. Anders funktioniert Aufklärung nie, wie Kant es schon schrieb und so mögen alle ihren Weg gehen und versuchen davon möglichst auf Dauer zu profitieren, dann kommt der Rest von alleine. Was interessiert es die deutsche Eiche in 300 Jahren ob sich eine türkische Wildsau jetzt hysterisch an ihr reibt?

Der Demokratie sich ganz stellen und sie leben, heißt auch ihr vertrauen und so gleicht das Verhältnis der Bürger zum Staat ein wenig der Liebe.
jens tuengerthal 20.4.2016

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