Montag, 18. April 2016

Frauenliebe 047

Facebooklieben

Facebook ist der Beziehungskiller sagen viele und ich kann dem nicht wirklich entschieden widersprechen, im Gegenteil, darum verteile ich dort nur noch und bin nicht mehr da. Glücklich machte die Suche dort auf Dauer nicht, auch wenn sie vielfältig, bereichernd und iimmer wieder schön war.

Als öffentlicher Dichter war es wohl naheliegend, dass es zu zahlreichen Kontakten über Facebook kam, Leserinnen mich anschrieben und ich manche in nur Worten zu verführen versuchte, gespannt war, was vorsichtig lustvolles bei den Damen der virtuellen Welt wohl bewirkte und wie es sich dann real auswirkte, aber das ist noch eine ganz andere Geschichte.

Die meisten blieben wortreich lustvoll, darüber könnte vermutlich, wenn es interessant wäre, ein eigenes Buch geschrieben werden, vom Mehrwert der virtuellen Lust und ihrer Folgen für die reale Liebe und was davon blieb und wieviel Leere das Nichts auf Dauer hinterlässt. Doch hier schreibe ich nicht über das Nichts und die nur Worte zwischen den Beinen der Frauen, die ich damit verehrte, sondern eher über die real gewordenen Fälle, auch wenn manche virtuelle Liebe intensiver schien, als viele real je wurden. Weiß nicht, ob das nur mir so ging oder andere diese Erfahrung auch gemacht haben, aber nach einer gewissen Zeit, es dauerte einige Jahre, bin eben ein Spätzünder, hinterließ die virtuelle Welt nur noch Leere, warum ich mich in ihr eigentlich nur noch in Links verteile, weil alles andere mehr Ärger als Glück verursacht, warum die Zahl der Facebooklieben sich sehr schnell auf null reduziert hat und das ist auch gut so, weil es der Realität mehr Raum gibt, diese irgendwann von denen aus dem Partnernetzwerk abgelöst wurde, der Grad der Frustration mit diesen gemessen am Lustgewinn nicht unbedingt dafür sprach, es ewig weiterzuführen.

Eigentlich ist Facebook ein lächerliches Medium auf dem ich lange zuviel Zeit verbrachte und über das sich Menschen die Köpfe heiß reden, ohne sich je zu begegnen und Verletzungen ausagieren, wie sie diese real nie verteilten. Andererseits ist es für geistige Wesen auch ein wunderbarer Ort, sich auszutauschen, zu debattieren und unabhängig vom Ort auf der ganzen Welt, einander in Worten zu begegnen und also auch ein Paradies für jeden Schreiberling. Es ist Teil meiner Liebesgeschichte, die schon anfing als ich noch sexuell unausgelastet mit der Mutter meiner Tochter zusammen war und dort zumindest in Worten heiße Lust und ihre Befriedigung suchte. Hätte allerdings auch gleich zu erotischer Literatur onanieren können, vermutlich wäre das Ergebnis in den meisten Fällen befriedigender, jedenfall literarisch anspruchsvoller gewesen als meine Versuche verschiedene Damen, deren Abbild ich nur kannte, heiß zu schreiben.

Dass ich dies nach einem sich wiederholenden Muster tat, wobei ich mich vorsichtig herantastete, wie offen sie auch für eine sexuelle sprachliche Begegnung waren und sollte dies der Fall sein, mich dabei im Minnestil zunächst vorsichtig und dann immer heftiger ausagierte, um auszuprobieren, wie weit ich wohl gehen könnte und wenig erstaunlich sind die Damen auf der virtuellen Ebene zu viel mehr bereit als im realen Leben, auch wenn sich manche auch zierten, was den Reiz beim Schreiben, wenn sie es gut machten, noch erhöhte, falls es nicht schneller erledigt war. Kam es zur Erotik, küsste ich sie meist in Worten vom Hals den Rücken hinunter, bis er sich teilte, um diese Teilung gehörig zu liebkosen, die Beine hinab und dann umgedreht wieder hinauf, die Innenseiten der erdachten Schenkel liebkosend, über Brüste und Bauch, den mons verneris hinauf, in das Tal der Lust zungig herabsteigend, bis dann je nach Neigung zur Beschreibung des gemeinsamen Aktes im wo auch immer ineinander versinken und gemeinsam Befriedigung finden, was sich schreiben, von ihren Oohs oder Aaaahhs oder wunderbars gelegentlich unterbrochen.

Habe über die hohe Zahl meiner virtuellen Geliebten nie Buch geführt, es gibt einige wenige, die mir sehr nahe kamen, manche erwähnte ich hier schon in anderem Zusammenhang, eine aufgrund schlechter, wohl schmerzhafter Erfahrungen relativ misstrauische aber sozial sehr engagierte Ärztin, in die ich mich nur im Netz und in einem Telefonaten sehr verliebt hatte, gehört zu den wenigen, bei denen ich bis heute bedaure, sie nie real kennengelernt zu haben, weil zwischen uns eine echte Nähe spürbar war, die Lust in den Worten über sich hinaus wuchs. Vielleicht war es auch gut so, weil oft, wenn du in Worten schon sehr weit miteinander gingst, enttäuscht die Realität dann doch, warum ich selten darauf drängte, sich zu sehen, es sei denn, es ergab sich und das scheinbare Gefühl wuchs über die Lust hinaus. Bei ihr war das so, aber durch irgendeine dumme Bemerkung wurde ihr klar, dass sie nicht die einzige Frau in meinem virtuellen Leben war und sie zog sich völlig zurück und so blieb nach einer heiß telefonierten Nacht, in der wir beinahe noch zueinander gefahren wären und es dann doch aus Vernunftgründen nicht taten, mal wieder nichts, wie so üblich in dieser virtuellen Welt der Zeitdiebe.

Von den ersten fünf Geliebten nach der Trennung von der Mutter meiner Tochter, die ich alle auch im Buch der Gesichter kennengelernt hatte und denen ich auch sehr real begegnete in diesem ersten halben Jahr als Single nach neuneinhalb Jahren Beziehung, habe ich schon an anderer Stelle berichtet. Eine aber war weder Mutter, außer Hundemutter, noch verheiratet und so ist nun an der Zeit von ihr zu berichten, was es dazu zu erzählen gibt.

Mochte sie gern und hatte Lust auf sie, nachdem wir uns einige male heiß geschrieben hatten, es war noch in meiner eigentlich Liebeskummerphase nach der ersten längeren Beziehung, die von Juli bis November dauerte und mich aber bis weit in den Januar innerlich umtrieb, für die ich beinahe mein schönes Berlin verlassen hätte, was ich dann doch zum Glück ließ. Eine Beziehung konnte ich noch nicht eingehen, wie nah ich sie lassen würde, hatte ich mir keine Gedanken gemacht, sie hatte Lust und kam aus dem schönen Rheingau nach Berlin gefahren, um mich zu sehen. Sie brachte auch wunderbaren Wein mit in meine damals noch Künstlerbude im Hinterhof mit Außenklo und wir machten es uns schön.

War weit entfernt davon, mich zu verlieben, genoss den Sex, der aber ohne das große Gefühl eher sportlich blieb und auch insofern kann ich nichts weiter darüber berichten, als dass es schön miteinander war und ich mich nach der ersten Lust wieder in meinen Liebeskummer flüchtete, weil ich noch keine andere an mich heranlassen wollte, eigentlich sowieso nicht so genau wusste, was ich wollte, es einfach nahm, wie es kam und mich in der Erinnerung zumindest freue einer liebevoll, freundlichen Frau sehr nah gekommen zu sein. An ihre Locken erinnere ich mich und ihre schöne Unterwäsche zu einer schlanken aber kräftigen Figur mit schönem Busen, die ich vermutlich nicht so würdigte, wie sie es verdient hätte, aber mein Herz hing noch zu sehr an der, die mich gerade erst nach dem großen Traum verlassen hatte, ich war ein nahezu impotenter Liebeskrüppel, auch wenn es für beide dann doch relativ befriedigend wurde, war ich nicht ganz bei der Sache, was schade ist, weil jede Frau es verdient, als das Wunder gewürdigt zu werden, das mir nahe kam. Sie besuchte nach der einen Nacht noch andere Frauen und ich litt ein wenig an mir selbst und streckte meine Fühler aus, war im übrigen mit Wohnungssuche und Umzug beschäftigt.

Dann kamen noch acht Facebookliebesversuche, die alle relativ schnell vorüber waren, nebenbei hatte ich zu dieser Zeit auch das Partnernetzwerk entdeckt, von dem ich schon berichtete und dort auch eine Beziehung begonnen, die sich relativ asexuell aber mit zartem Gefühl über 11 Monate hinzog ohne sich zu entscheiden, was sie nun sein und werden sollte. Inmitten dieser Zeit, etwa ein Jahr nach der oben Beschriebenen begegnete ich auch einer Liebhaberin wieder, die ich auch schon länger kannte, wir hatten uns während ich noch mit der Mutter meiner Tochter zusammen war, einmal im Museum getroffen und dort heftig herumgeknutscht, es aber beim ersten Treffen noch nicht weiter kommen lassen.

Sie war eine echte Europäerin, in Brüssel aufgewachsen und lange lebend, aus alter Wiender Familie mit roten Locken, auch politisch sehr engagiert, was zwischen uns aber keine Rolle spielte, es waren eher die Verse und die Leidenschaft, die uns verband.

Von meinem Vater, der dort einige Semester studierte, habe ich wohl die Liebe zu den Wienerinnen geerbt, wenn so etwas vererbbar ist und nicht nur ein nageäfftes Vorurteil ist. Dieses leicht breite in der Sprache, der Schmäh und dies gerne etwas anzüglich spielerische bei auch hohem Intellekt, machte mich ungeheuer an. Es schwebte in dieser Wienerin ein Hauch des alten Österreich, der großen Geschichte, der spanischen Niederlande wie des alten Wien und seiner literarischen Tradition und so wurde ihr Besuch bei mir, als sogar meine Tochter gerade bei mir war, ein in in vielfacher Hinsicht leidenschaftliches Erlebnis. Sie machte mit meiner Tochter Palatschinken, wie sie in felix Austria ihre Eierkuchen nennen, warf sie hoch zum Wenden, was meine Tochter noch mehr von ihr begeisterte und als diese endlich schlief, begeisterte sie, die eine echte Rothaarige war, auch den Vater noch. Es war leidenschaftlich schön und ihre Lust mit dem leichten Wienerdialekt im Ohr machen den Akt mir in Erinnerung noch schöner. Warum ich mich nicht in diese vielfältig tolle Frau verliebte, weiß ich nicht, aber ich glaube, das war auch ganz in ihrem Sinne, ich war halt einer ihrer, etwas jüngeren Liebhaber, den sie genoss, von dem sie aber nicht mehr erwartete, vielleicht der Umstände wegen, vielleicht weil sie immer lieber ihre eigene Frau war, und so vernaschten wir einander nach dem Dessert und dann ging sie, als wäre nichts gewesen und wir schrieben uns manchmal im Buch der Gesichter nett.

Einmal sahen wir uns noch wieder, diesmal war ich allein, sie kam auf einen Kaffee im Café und einen kurzen leidenschaftlichen Moment bei mir, zwischen anderen Terminen und vielen Besuchen bei Freunden hier. Eine spannende Frau, hoch gebildet, interessante Familie, leidenschaftlich in vielen Dingen, eine Genießerin und ich bin froh und dankbar ihr begegnet zu sein.

Von den nächsten beiden Facebooklieben und Leidenschaften erzählte ich schon an anderer Stelle. Die nächste ernsthafe, nachdem ich die lange Beziehung nahezu ohne Sex - wir schliefen in 11 Monaten zweimal miteinander und hatten ansonsten nur Blümchensex, der von ihrer Seite meist sehr schnell erledigt war, da sie schon kam, wenn ich nur ihren Busen zärtlich genug küsste und sie danach müde war und schlafen wollte - war eine leidenschaftliche, schöne Frau, die mir schon von den Bildern her, die sie in der Realität noch weit übertraf, mehr als gut gefallen hatte.

Sie kam mich besuchen und war per Mitfahrgelegenheit weit von Westen her gekommen. Sie hatte auch lange in Berlin gelebt, in ihrer wilden Zeit, auch als Nackttänzerin gearbeitet und ein wildes Leben hinter sich, dem verglichen ich mir wie ein harmloser Bubi vorkam. Längere Zeit hatte sie auch in Indien in einem Aschram bei Osu, wie sie Bhagwan heute nennen, gelebt und sich ganz der Meditation hingegeben und der Natur ihrer Leidenschaft.

Sie war keine Intellektuelle, aber eine lebenskluge und wunderschöne Frau, ein halbes Jahr älter als ich, wirkte sie, sobald sie lachte, mädchenhaft jung. Ihr sehr weiblicher Körper war schlank und an den schönsten Stellen wohl gerundet, ihre blonden langen Haare waren wild gelockt und nicht zu zähmen. Als sie kam, trug sie wunderbare Wäsche und Strümpfe, die ich ihr erst gar nicht ausziehen wollte, weil sie so wunderbar darin aussah - das mit dem Ausziehen erledigte sie im übrigen selbst und auch wenn der Strip in den eigenen vier Wänden immer etwas komisch wirkt, ein wenig inszeniert, sie konnte es wirklich und ich lief schon fast über vor Lust als wir schließlich anfingen.

Wir hatten es beide ernst gemeint vorher und waren mit viel Gefühl dabei. Fühlte mich beim Sex sehr wohl mit ihr, es war natürlich und frei, lustvoll harmonisch. Aber irgendetwas stimmte bei uns beiden nicht ganz. Bei mir war es das Fehlen des geistigen Austauschs, sie lebte in einer ganz anderen Welt und ihr war das intensive Erleben wichtiger als die Gedanken darüber, Politik interessierte sie nicht sonderlich und Philosophie oder Geschichte gehörten auch nicht zu ihren großen Leidenschaften, es fehlte mir ein wenig der Austausch auf Augenhöhe, aber auch das hätte ich für diese tiefe Leidenschaft mit einer wunderschönen Frau wohl verschmerzt, es müssen zwei ja auch nicht alles teilen, auch ihren leicht schwäbischen Dialekt hätte ich noch süß gefunden, hätte ich sie ganz gespürt, aber sie war nicht ganz da und nachdem wir uns erst beinahe gestritten hätten, weil sie mir Vorwürfe machte, stellte sich im Gespräch heraus, dass sie noch eine Beziehung mit einer Frau hat, die sie auch eigentlich nicht verlassen konnte und wollte. Es war nicht so ganz eine richtige offene Beziehung, sie waren sich sehr nah, vielleicht auch mehr als das, aber sie war eben nicht frei und ich, erleichtert, kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, ob meiner Arroganz oder gar meiner Vorurteile, nahm es hin und wir schieden liebevoll voneinander nach einem leidenschaftlich schönen Wochenende, manchmal noch schreiben wir einander mit einem kleinen Zwinkern.

Nur eine Woche später, mit nur einer dazwischen, von der ich schon an anderer Stelle berichtete, kam die nächste, bei der ich eigentlich keinerlei Absicht verfolgt hatte. Sie war eine Freundin, etwas verrückt, dachte ich, intensiv in ihrer Art zu argumentieren aber klug und nicht hässlich. Nachdem mich die eine Liebhaberin verfrüht wieder verlassen hatte, weil sie zurück zu ihren Kindern in Süddeutschland zu müssen meinte, hatte ich mich auf ein ruhiges Wochenende mit Fußball nebenbei eingestellt, es war die Zeit der Europameisterschaft und überraschend, lud sie sich selber ein, mit mir zu schauen und kam spontan vorbei. Sie wohnte tief im Westen der großen Stadt und ich freute mich ein wenig neugierig auf die erste Begegnung. Der Fußball war leidenschaftlich und wir wurden es dabei. Erst später erfuhr ich, wie sie im Filmcafé über mich witzelten, weil ich innerhalb von einer Woche mit der dritten Frau dort aufgetaucht war zum Fußball schauen, mit der ich mich nebenbei auch noch knutschte. Die letzte am Freitag, die nächste am Samstag.

Das war nicht meine Absicht gewesen, es war halt EM, ich ging gerne in dieses auch kinderfreundliche Café mit den vielen Leinwänden und dem Kino im Keller, eine eher zufällige Ballung, sonst wechselte ich die Cafés und so gehäuft kam es selten vor - jedenfalls machte es mich zum Gesprächsthema dort, wie ich erst viel später erfuhr.

Nach dem Spiel ließen wir der Leidenschaft freien Lauf und verschwanden um die Ecke zu mir. Sie war eigen, wusste genau, was sie wollte und was nicht, zumindest am Anfang, gab sich dann aber doch der Leidenschaft hin und wir genossen einander voller Lust. Wir meinten es beide ernster und dachten vorsichtig über Beziehung nach, lernten uns im Gespräch kennen. Verliebt wäre zuviel gesagt, denke ich jetzt, eher ein wenig auch vom Moment begeistert aber offen dafür mit einer spannenden Frau mehr anzufangen, sie näher an mich heranzulassen. Dann kam das Thema auf die Frage, wann wir zum letzten mal hätten und ich überlegte einen Moment, einfach zu lügen, was klug gewesen wäre, mir das danach erspart hätte, aber dafür auch in mir und in ihr womöglich noch mehr Hoffnungen geweckt hätte, denen ich, nach dem, was folgte, nicht weiter nachgeben wollte.

Log also nicht und gestand ihr, was war, sagte aber dazu, es wäre bloßer Zufall und ohne jede böse Absicht gewesen, ich hätte ja nicht geahnt, dass sie kommen wollte und noch weniger, dass wir nun im gleichen Bett landeten, in dem eben leider nicht viele Stunden zuvor schon eine andere Frau gelegen hätte.

Sie verzieh es nicht. Empörte sich und beschimpfte mich, zog sich an und wollte einfach gehen. Begleitete sie noch zur S-Bahn, warum weiß ich auch nicht, vielleicht weil es ein Gebot der Höflichkeit war, jetzt, mitten in der Nacht, eher aber mit schlechtem Gewissen, was sie mir einredete und dem ich, lange dies von der Mutter meiner Tochter gewohnt, zu gerne nachgab. Auch darum bin ich heute froh, dass ich ehrlich war und es knallte.

Sie ging, wir hatten nahezu keine Kontakt mehr und nach erstem devoten Bemühen den Skandal noch abzuwenden, sie zu beruhigen, um zumindest eine schöne Nacht zu verbringen, war ich heilfroh doch für mich zu sein. Was hatte ich schon getan?

Es war, wie es war, ohne Absicht geschehen und purer Zufall. Kein Grund ein schlechtes Gewissen zu haben, es war alles ganz natürlich und ich hatte niemanden betrogen oder angelogen noch sonst etwas verbotenes getan. Sie war ja gekommen und wollte mit zu mir - was hätte ich denn sagen sollen - geht nicht, das Bett ist noch warm von der Vorgängerin?

Als mir das später noch einmal bei einer von mir lange sehr angeschwärmten Ärztin ähnlich ging, sogar noch geballter, weil ich noch Stunden vorher am Vormittag Sex mit einer anderen Geliebten hatte und darum als ich in der Nacht mit ihr im Bett landete nicht mal mehr einen hoch bekam, schob ich es auf den Alkohol und die vielen Zigaretten, die wir zusammen geraucht hatten. Auch da war nichts geplant gewesen, ihre Nachricht via WhatsApp erreichte mich bei Lidl, als die andere gerade weg war und es war, wie beim letzten mal eine Verabredung ohne jede weitere Absicht, ein erstes Date, bei dem ja meist nichts passierte, wie ich wusste, kein Risiko, erzählte ich lieber nichts, da sie auch nicht fragte, auch wenn sie es inzwischen weiß und vielleicht verzieh, wo es nichts zu verzeihen gab.

So enden manche Liebesgeschichten, die scheinbar viel Potential haben überraschend dramatisch weil Frauen eben empfindlich sind, wenn sie interessant sind und ich wollte vermutlich auch nicht wissen, ob sie die Nacht vorher noch mit einem anderen geschlafen hätte, der einen viel größeren Schwanz hatte oder ähnliche Details, die Männer schrumpfen lassen. Darum verstehe ich die Reaktion schon auch, wusste aber nicht, was ich daran ändern sollte, wenn es der Zufall eben so mit uns trieb und fragte mich, was meine Alternative gewesen wäre und habe darauf bisher keine befriedigende Antwort gefunden aber die Suche aufgegeben, weil ich hoffe, nie wieder in diese Situation zu kommen. So werde ich wohl nie erfahren, wie es mit dieser schönen und spannenden Frau gewesen wäre, eine Beziehung zu wagen, die mich vielfältig gereizt hätte und eine gute Partie hätte werden können, ihrer auch chaotischen Seite zum Trotz. Vielleicht wäre hier auch weniger mehr gewesen in allem, etwas weniger Ehrlichkeit am Anfang, etwas weniger schnell ins Bett, etwas weniger Offenheit. Es lag mir fern, mich damit zu brüsten, es war eben, wie es war, keine dauerhaft binden zu können, ist ja auch eher kein Verdienst und manchmal noch, frage ich mich, was wohl aus ihr geworden ist, ob der Zufall irgendwann noch einmal unsere Wege kreuzen lässt in der großen Stadt.

Habe daraus keinen ethischen oder moralischen Grundsatz heraus destillieren können, der zum allgemeinen Gesetz auch nur mir taugte.

Was rechtfertig eine Lüge und warum ist weniger manchmal mehr?

Mir wäre egal, was sie vorher tat, solange sie aufpasste, es mir nicht im Vergleich auftischte und ich mich nicht schlecht dabei fühlen müsste. Sie fühlte sich schlecht und das tat mir leid, darum war es dumm, nicht zumindest mehr geschwiegen zu haben, denn hätte ich geschwiegen, wir hätten zumindest eine wunderbare Nacht miteinander verbracht - andererseits ermöglichte ihr der Zorn einen zwar sehr gefühlvollen aber durch ihren Zorn auch schnellen Abschied ohne Bedauern und ersparte beiden später lange Rechtfertigungen und Erklärungen, die oft viel schmerzvoller sind, als das kurze Überkochen.

Nun kam ein halbes Jahr mit einigen virtuellen Geliebten über die ich oben schon schrieb und drei realen, die ich via Facebook kannte, die ich aber schon andernorts ausreichend beschrieb.

Mitten im Dezember dann, kurz vor Weihnachten, traf ich eine, die deutlich jünger war als ich, mindestens zwanzig Jahre meine ich, was bei über vierzig zumindest kein legales Problem war aber mich innerlich doch erschreckte. Mochte ihren wachen Geist schon vorher, wir hatten viel diskutiert. Sie hatte gerade das eine naturwissenschaftliche Studium begonnen und überlegte zu einem anderen zu wechseln, hatte einen Suizidversuch hinter sich oder zumindest so nah daran gedacht, dass sie deshalb selbst in Therapie gegangen war, um wieder zurück ins Leben zu finden.

Es kam auch wirklich viel zusammen bei ihr, dachte ich gerührt und wollte sie am liebsten trösten, was nicht die beste Basis für eine Beziehung ist, aber doch zumindest von gutem Willen zeugt. Kannte ihre Geschichte teilweise schon und erfuhr noch mehr davon, als wir uns in meinem Lieblingscafé trafen. Sie schwäbelte leicht, lachte bezaubernd, war keine Model-Schönheit aber klug und spannend und sehr bald sehr offen für jede Leidenschaft, so dass wir nicht unnötig lange in der Kneipe saßen.

Bin dann doch nicht ihr Retter geworden, auch wenn es mir so leid tat, wie ihre geschiedenen Eltern beide sie an Weihnachten lieber ausluden und ich ihren Ex, der sie geschlagen hatte, den ich von Facebook eigentlich kannte, sofort blockte, was aber eine unsinnige Vogel Strauß Haltung eigentlich ist. Doch taugt weder Mitleid, eine Beziehung aufzubauen, noch bringt Ignoranz sie weiter. Zumindest hat sie mit mir mehrfach einige leidenschaftlich schöne Stunden verbracht und diese genossen.

Hatte ein wenig das Gefühl, dass sie sich, blond gefärbt und ihr wesensmäßig fremd gekleidet, für ihren Ex in eine andere Rolle geflüchtet hatte, um geliebt zu werden, die Katastrophen, die sie auch noch gesundheitlich ereilten, vielleicht eine Konsequenz der völligen Unausgewogenheit bei gleichzeitiger schmerzvoller Ablehnung waren, aber, was weiß ich schon von der Psyche der Frau und dem, was ihr Wesen ausmacht?

Das nächste halb Jahr passierte erstaunlich wenig, verliebte mich nur einmal in eine hanseatische alleinerziehende Mutter über die ich schon schrieb, was aber auch eher als nichts vermerkt werden kann, weil eigentlich nichts passierte bis auf eine wunderbare Freundschaft, was mehr als viele Liebesgeschichten war aber in ein anderes Buch gehörte.

Im Sommer dann mein letzter Facebookliebesversuch von dem hier zu erzählen ist. Sie hatte lange rote Haare und war eine echte Rothaarige, was mich schon auf den ersten Blick faszinierte. Wir hatten uns über das Profil eines gemeinsamen Bekannten kennengelernt, der auch in unserem Versuch einer Beziehung eine Rolle spielen sollte, die mir nicht gefiel.

Sie war schlank, hatte ein schöne Figur, wenn auch die wunderbaren roten Schamhaare für meinen Geschmack etwas zu kurz waren aber ich wollte mich gern in diese mindestens 14 Jahre jüngere Frau verlieben und wir planten manches zusammen in langen Telefonaten bevor wir uns das erste mal sahen. Von gemeinsamen Firmen bis Familie, vom wildesten Sex bis zur sanften Romantik.

Der Sex mit ihr war schön und leidenschaftlich, wenn er uns einfach mitriss, besonders intensiv, wenn wir uns zuvor stritten. Mochte sie sehr und vielleicht hätte ich mich, obwohl sie aus Magdeburg kam, wirklich in sie verliebt, wäre da nicht der andere in ihr gewesen und meine dann wieder Offenheit für andere.

In ihr war er wortwörtlich nach unserem ersten leidenschaftlichen Date und warum ich es danach nicht gleich beendet habe, frage ich mich auch, weil der Zauber dahin war und ich dadurch eine andere wunderbare Frau vergraulte. Brecht nannte es die sexuelle Abhängigkeit und das trifft es wohl ganz gut. Sie hatte unseren gemeinsamen Bekannten über eine Sexseite kennengelernt und ihn immer voller Liebe vergöttert, während sie einfach eine seiner Geliebten war.

Sie schrieb mir danach aus seinem Club über den Dächern von Berlin am Fuß des Berges auf dem ich ohne und wir telefonierten als sie im Zug war, ich war ziemlich vor den Kopf geschlagen, eigentlich innerlich schon weg, wollte es aber unserer vielen schönen Pläne wegen doch nicht ganz aufgeben und gab uns noch eine Chance.

Wir sahen uns wieder als sie in den Urlaub zu ihrem Vater flog - sie kam vor dem Flug und wir wollten auch danach ein schönes Wochenende zusammen verbringen - dazwischen lernte ich schon die andere kennen, die ich im Kapitel über mein Café schon beschrieben habe, die mir aber geistig und in vielem sehr viel näher war, aus Lübeck kam und wie ich Thomas Mann liebte und die sich verständlicherweise wieder zurückzog, weil ich nicht ganz entschieden war.

Als meine Liebste zurückkam, auf die ich mich nun doch einlassen wollte und für die ich sogar eine andere allerdings verheiratete, hanseatische Liebe ausgeladen hatte, abgesehen davon, dass sie ihrer Kinder wegen dann natürlich wie immer doch nicht konnte, hatte das zu einem Bruch geführt, den wir nie wieder ganz heilen konnten, freute ich mich, holte sie an der S-Bahn ab und schon auf dem Weg zu mir, eröffnete sie mir, dass unser verliebtes Wochenende leider verkürzt würde, weil sie für den nächsten Tag von einem Freund, mit dem sie auch da hinginge, Musical-Karten bekommen hatte. Da hatte ich dann wirklich genug und war richtig sauer, sie bekniete mich noch wortwörtlich mit Tränen in den Augen vor mir kniend, versprach, sie wolle doch nicht bei ihm sondern lieber bei mir übernachten, aber das Kind war nach dem Erlebnis mit dem gemeinsamen Freund und meinen übrigen Zweifeln eigentlich schon in den Brunnen gefallen. Auch wenn Musical schon Trennungsgrund genug an sich wäre, lag es nicht daran, davon wusste ich ja vorher eigentlich, vermutlich war es eher, dass sie mich schon am ersten Wochenende mit unserem gemeinsamen Bekannten betrog, von dem sie sexuell abhängig war, der sie nur rufen musste, damit sie kam und mich sogleich vergaß. Aber in dem Moment ärgerte ich mich nur darüber, dass sie schon wieder, kaum da, verschwand und bei dem Freund übernachten wollte, der zwar nach ihrer Aussage schwul war, aber traute ich ihr noch?

Weil ich nicht lange schmollen kann, schon gar nicht in Gegenwart einer schönen Frau, verzieh ich ihr doch und wir hatten auf dem Fußboden in meinem Flur  wunderbar leidenschaftlichen Versöhnungssex, dem wir uns ganz hingaben, auch wenn ich nicht so genau wusste, was ich jetzt fühlen sollte.

Später saßen wir lange im Park vor meiner Tür zusammen und versuchten die Probleme zu klären, um dann festzustellen, wir passten wohl doch nicht zusammen, mich hatte es bereits gestört, dass sie Messer und Gabel nicht richtig halten konnte, es war mir peinlich gewesen, als wir zusammen essen waren und allein so etwas zu denken, war eigentlich Zeichen genug, dass es nie gehen konnte. Hätte das liebevoll übersehen, wenn ich geliebt hätte, auch wenn ich zugeben muss, dass es mich später bei meiner zweiten Verlobten genauso störte und ich im Stillen überlegte, wie ich ihr dabei helfen könnte, ohne es zum großen Thema zu machen, waren wir doch bei meinem besten Freund auf einer Adelshochzeit eingeladen und ich wollte gern verhindern, dass sie sich blamierte. Diesmal sprach ich darüber und damit spätestens war es, aller Zuneigung zum Trotz vorbei.

War es dünkelhaft und asozial solch unterschiedliches Sozialverhalten zu thematisieren?

Es scheint in der DDR nicht das große Thema gewesen zu sein, wie in den bürgerlichen Familien im Westen, in denen ich groß wurde und wo sehr auf so etwas geachtet wurde, es gibt von Kohl dazu Äußerungen zur frühen Merkel, die in eine ähnliche Richtung weisen und eigentlich fand ich es damals schon furchtbar, muss aber zugeben, dass ich etwas ähnliches fühlte. Kann es mir erklären, sie waren meist früh in der Kita, es spielte dort nicht solch eine Rolle und eigentlich war das auch gut so, doch völlig freimachen konnte ich mich davon nie. Gerade im Gefühlsbereich sind es oft Kleinigkeiten, die über hü oder hott enscheiden, den Weg bahnen oder ganz schnell beenden und so scheint eine unterschiedliche Sozialisierung doch gravierendere Auswirkungen zu haben, als ich mir gestehen wollte.

Wir trennten uns friedlich und liebevoll, sie ist inzwischen glücklich, wie ich hoffe, verheiratet und ist eine ganz wunderbare Frau, vielfältig interessiert, neugierig und ein echtes Organisationstalent, sie als Partnerin zu haben, muss für den richtigen Mann wunderbar sein, ich war es für sie offensichtlich nicht und fragte mich bis heute, ob es stärker an meinem Standesdünkel ohne Grund oder ihrem sexuellen Ausbruch am Anfang lag, unter dem sie vermutlich mehr gelitten hat als ich, wie ich sie ihrem aufrechten Gewissen nach einschätze. Sie wollte bis 30 heiraten und Kinder, dafür wäre ich offen gewesen, vermutlich ist es besser so, dass wir es nicht darauf ankommen ließen.

Nach ihr probierte ich noch fünfmal, mein Glück im Buch der Gesichter zu finden, diesem kleinen Jahrmarkt der Selbstdarsteller, in dem schöne Worte weit wirken. Doch davon wurde schon an anderer Stelle ausführlich genug berichtet und es geht ja weniger um die Summe als das Besondere jeder einzelnen Begegnung, bei der das virtuelle Netzwerk nur ein Faktor ist, der auch hinter anderen zurückstehen kann, wenn anderes intensiver wirkte und band.
jens tuengerthal 18.4.2016

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