Dienstag, 12. April 2016

Kulturgeschichten 0186

Konfliktlösung

Löst der Fall Böhmermann einen Konflikt mir der Türkei  aus, der den Versuch einer Lösung in der Flüchtlingsfrage gefährdet?

Geht es im Fall Böhmermann um Meinungsfreiheit oder bloßes Strafrecht mit dem Tatbestand der Beleidigung vielleicht auch eines fremden Staatsoberhauptes?

Gefährdet ein Komiker die politische Stabilität indem er ein innenpolitisch gerade wichtiges Abkommen mit der Türkei gefährden könnte und geht es bei dem Versuch, dies zu verhindern, um die Meinungsfreiheit?

Wer steht beim Fall Böhmermann - Erdogan - Merkel - Medien mit wem in Konflikt und wie könnte eine Lösung aussehen?

Gibt es eine Lösung für Konflikte oder muss jeder auf seine Art betrachtet werden?

Schaue ich mir das menschliche Zusammenleben an, merke ich, was im Kleinen zu Streit führt, ähnelt dem, was zu Kriegen und großen Auseinandersetzungen führt. Wo eine Seite ihren Willen mit Gewalt durchsetzen will, werden Lösungen schwer und um eine solche zu erkennen, müssen die Beteiligten oft aus ihrem System herausgeholt werden, in dem die Überzeugungen felsenfest sind und Bewegung aufeinander zu daher kaum möglich ist.

Das sehe ich, blicke ich zurück, im Streit mit denen, die ich liebte auf ganz ähnliche Art ablaufen, wie es zwischen Staaten und ihren Vertretern abläuft. In der Liebe gibt es manchmal noch Wege zur Deeskalation mittels einer Umarmung oder ähnlicher versöhnender Gesten, wenn zwei sich noch nahe sind, wo dies abgelehnt wird und die  Nähe dem anderen als Angriff erscheint, wird es schwer die Liebe noch vor der Eitelkeit und dem Wunsch sich durchzusetzen zu retten, dabei könnte die Liebe die leichteste Brücke sein, Verbindung zueinander zu finden, weil sie zeigen kann, dass wir eigentlich nur glücklich sein wollen und der Wunsch sich durchzusetzen, wo wir es wagen zu lieben, leicht, hinter dem zu gönnen, zurückstehen kann - aber wem gelingt das mit seinem Partner, wenn einen die Wut packt noch, wer kann dann, neben sich treten und seine eigenen Fehler sehen?

Ob die Liebe auch ein Mittel zur Lösung zwischenstaatlicher Konflikte wäre, scheint mir eine interessante Frage, die in der formalen Diplomatie vielleicht noch viel zu wenig Beachtung gefunden hat. Es könnte daran scheitern, dass es zwischen Staaten meist an der erlösenden Erinnerung an die gemeinsame Lust fehlt, die in schweren Zeiten über manches hinweg trösten kann. Andererseits ist das Glück in Frieden zu leben, auch eine Lust an sich und sie zu würdigen also ein Wert - es müssen die Staatschefs nicht heiraten oder Sex miteinander haben, um zu erkennen, wieviel schöner es ist, friedlich miteinander zu leben, welche Probleme es alle löste und was für riesige Mengen an Energie zur Bewältigung anstehender Aufgaben frei wären, wenn wir sie nicht nutzten, misstrauisch aufeinander einzuschlagen.

Das Christentum hat diesen Gedanken zur Grundlage seiner Weltanschauung gemacht, zumindest theoretisch, denn praktisch haben sie auch nur die alte Machtpolitik meist weiter gespielt, da es viel mehr Größe kostet, zu gönnen und nachzugeben, als auf seine Ansprüche zu bestehen, wenn es auch im Ergebnis viel erleichternder ist, festzustellen, wie wenig wir brauchen, um wirklich glücklich zu sein und was am Ende übrig bleibt, wenn wir uns mehr um das Glück als das Prinzip kümmern.

Es lohnt darum der Blick in die Geschichte mal wieder, wie Menschen Konflikte gelöst haben, was das Ergebnis dieser oder jener Methode war und warum wenig überraschend am Ende immer die am besten und friedlichsten miteinander lebten, die sich weniger durchsetzen wollten, als faire Kompromisse schlossen, während gewaltsame Durchsetzung von Ansprüchen immer nur so lange gut ging, bis der andere irgendwann zufällig stärker war und dann seine auf gleiche Art durchsetzte.

Am 11. April  1111 erzwang Kaiser Heinrich V im Vertrag von Ponte Mamolo nach der Entführung von Papst Paschalis II. ein vorläufiges Ende des Investiturstreits zu seinen Gunsten verbunden mit der Kaiserkrönung am 13. April Dabei wurde ihm uneingeschränkte Investitur zuerkannt, zumindest solange Paschalis im Amt war, was bei meist älteren römischen Päpsten ganz natürlich immer eine relativ beschränkte Zeit ist.

Investitur meint das Recht zur Einsetzung von Bischöfen und Priestern, was der oberste Hirte in Rom so sehr für sich in Anspruch nahm wie der Kaiser, der mit der Besetzung von auch fürstbischöflichen Ämtern einen wichtigen Einfluss auf die Macht im Reich nahm, da offiziell kinderlos er in nichterbliche Ämter immer wieder ihm gewogene Adelige einsetzen konnte, die damit Teil der Kurie wurden, die den Kaiser im Reich kürte, also wählte und so stießen weltliche und und kirchliche Macht zusammen, da es um wichtige Bischöfe ging, die auch den Kurs der Kirche mitbestimmten, oft Kardinäle wurden und also auch den Papst wählten.

Schon Heinrichs Vater, Heinrich IV., aus dem Geschlecht der Salier, deren letzter Heinrich V. wurde, da kinderlos, hatte diesen Konflikt versucht, zu seinen Gunsten zu entscheiden, war aber schließlich dafür nach Canossa gekrochen, damit der Papst den Kirchenbann von ihm nähme. Dieser Sohn Heinrich, der vom Vater schon jung zum Mitkönig gemacht wurde, hatte zunächst mit 25 seinen Vater im Bündnis mit den deutschen Fürsten gestürzt und hatte zunächst fünf Jahre im Einvernehmen mit den anderen Fürsten von 1106 an regiert, war dann nach der Kaiserkrönung wieder in die übliche salische Autokratie der Macht verfallen, hatte nicht mehr mit den Fürsten kooperiert, sondern sie vor den Kopf gestoßen, fühlte sich als Papstbesieger stark und unschlagbar. 

Er löste seine Konflikte mit den anderen Fürsten künftig kompromisslos und wurde bald wieder vom nächsten Papst Calixt II. gebannt. Sein Versuch von Verhandlungen in Metz 1121 scheiterte zum einen daran, dass Heinrich nicht ohne vorherige Einigung mit den Fürsten weitere Zugeständnisse machen wollte und das er nicht bereit war wie sein Vater durch ein barfüßiges Bußritual zurück in die Kirche aufgenommen zu werden. Nun hatten die Fürsten genug von der Eigenwilligkeit  und Kompromißlosigkeit des Kaisers und zwangen ihn 1121 mit dem Würzburger Fürstenspruch zum Ausgleich mit dem Papst.

Den Ausgleich fand er ohne Erniedrigung und Ehrverlust wie ihn sein Vater noch im Winter vor Canossa durchmachen musste, um erneut in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen zu werden im Herbst 1122 mit dem Wormser Konkordat. Danach musste er dem Papst zwar weitgehende Zugeständnisse bei der Investitur machen, die künftig in der Zuständigkeit der Kirche lag, wonach die Bischöfe vom Domkapitel gewählt und vom Papst eingesetzt wurden, während der Kaiser sie mit den Insignien ihrer weltlichen Herrschaft belehnen durfte. Damit durfte der Kaiser künftig bei der Wahl anwesend sein ohne auf diese aber mit Gewalt Einfluss zu nehmen und verlieh später den Bischöfen ihr Zepter. Dabei wurde in Burgund und Italien erst gewählt und dann der Zepter überreicht, was den kaiserlichen Akt nur noch zur Formalie dort machte, während auf deutschem Gebiet zuerst er belehnte und dann gewählt wurde.

Ein kluger Kompromiss, der beide Seite das Gesicht wahren ließ, auch wenn Heinrich weniger erreichte, als er durch seine Erpressung zunächst erzwungen hatte, konnte er damit leben, der Kirche die Verfügung über geistige Ämter zu geben, wenn diese dafür ihm Gehorsam als Kaiser versprach und er die Zuständigkeit für die Verleihung weltlicher Ämter in seinem Gebiet behielt. Erreicht wurde er durch die Erpressung der Fürsten und die übliche Ausschlusspolitik der Kirche, die den christlichen Herrscher aus ihrem Verein warf, was mit der Kaiserwürde nicht zu vereinen war. Er berücksichtigte die beiderseitigen Interessen und hielt damit länger als alle vorher mit Gewalt und Erniedrigung erzwungenen.

Auch am 11. April  nur 1403 schlossen die beiden italienischen Stadtstaate Siena und Florenz Frieden und legten damit einen mehrjährigen Konflikt bei, den der späte Herzog von Mailand Gian Galeazzo Visconti geschürt und gefördert hatte, der ohnehin in seiner Herrschaftszeit, die schon mit Gewalt und dem Mord an seinem Onkel  begann, mehr Unfrieden stiftete, als Kompromisse erreichte. So war die Hochzeit seiner Tochter mit dem Hause Valois der Grund für jenen Erbvertrag auf den sich Ludwig XII. bei seinem Krieg gegen Mailand berief, da nach aussterben der Visconti-Linie das Haus Valois als erbberechtigt galt und die Emporkömmlinge aus dem Hause Sforza nicht als Konkurrenten für dies königliche Haus gelten konnten.

Dieser wohl mächtigste aller Viscontis eroberte teilweise Bolgogna und immer weitere Teile Italiens, war auf dem Weg nach Florenz, dessen Chancen nicht gut waren, als ihn 1402 im Alter von 50 Jahren die Pest dahinraffte und dem obigen Frieden ermöglichte, der im Interesse der beteiligten Städte eher war als die geschürten Konflikte. Er hatte zuvor noch den Grundstein des Mailänder Doms gelegt, wichtige Brücken bauen lassen, sich teuer den Herzogtitel vom Kaiser erkauft, doch wirtschaftete der dynamische Herrscher so gut, dass er sich dies wie den Neubau seines Palastes und seiner reichen Bibliothek gut leisten konnte. In erster Ehe war er mit Isabelle de Valois, Prinzessin von Frankreich verheiratet, mit der er vier Kinder zeugte, von denen die Tochter Valentina Visconti zur Großmutter von Ludwig XII. wurde, der dann wiederum Mailand einen zeitlang für das Haus Valois eroberte. Ein weiterer Urenkel regierte Frankreich später als Franz I. und so ist das Hsaus Visconti eng mit dem französischen Thron in der beginnenden Renaissance verknüpft.

Genutzt hat der Unfriede und die Hetze Gian Visconti nicht, er schützte nicht vor der Pest, die sein Krieg um Herrschaft unterwegs zu ihm wehte. Hätte er sich in der Herrschaft so klug verhalten wie in der Wirtschaft, die er erfolgreich führte, wäre er wohl ein glücklicher Fürst geworden und hätte den italienischen Städten manchen Kleinkrieg erspart. Der Onkelmörder auf dem Thron bewegte viel, brachte wenig zu Ende und stiftete im Ergebnis mehr Unfrieden als Nutzen für die Familie, glücklich gemacht hat ihn sein Weg sichtbar auch nicht.

Wichtiger noch war am 11. April 1713 der Friede von Utrecht mit dem der spanische Erbfolgekrieg beendet wurde, der zuvor als Kabinettskrieg Europa über 13 Jahre erschüttert hatte. Es ging um die Erbfolge in Spanien, nachdem von der spanischen Linie der Habsburger dank jahrhundertelanger Inzucht der letzte Nachkomme, Karl II. verstorben war, der ohnehin schon geistig beschränkt war und sichtbar die Zeichen der habsburgischen Inzucht auch im Gesicht trug mit dem vorstehenden Kinn, das noch markanter war als das von Karl V.  aber es geht hier ja weniger um Äußerlichkeiten als die dank zu hohem Implexfaktor fortschreitende Impotenz und das infolge Aussterben der männlichen Linie mit fraglichen Erben.

So war das Haus Bourbon, das seit Henry IV. in Frankreich regierte und seine Weltmachtposition ausbaute, über Ludwig XIV. am Thron interessiert, der mit der großen Schwester Karls, Maria Theresia von Spanien verheiratet war und für seinen Enkel Philipp als den dann V. die  Ansprüche geltend machte. Ludwig konnte sich auf die Vererbung aufgrund Erstgeburtrechts berufen, wogegen die Habsburger sich auf das Testament von Karls Vater Philipp IV. beriefen und schon war der schönste Krieg im Gange, bei dem sich auch noch die Engländer auf Seiten Österreichs in ihren Kolonien beteiligten und im Ergebnis Gibraltar bis heute behielten.

Der Frieden von Utrecht suchte einen gerechten Ausgleich, der das Gleichgewicht der Kräfte in Europa wiederherstellte, was immer als gute Begründung für Englands Eingreifen egal  wo taugte, wenn auch bis heute unklar ist, welches Gleichgewicht an der Seite Bushs im Irak wiederhergestellt werden sollte, wo die Begründung eher nach einem Kreuzzug für die Kräfte des Guten klang. Der Bourbone, der König von Spanien wurde, musste dafür auf alle Gebiete außer dem Stammland und den überseeischen Kolonien verzichten, die es auch nicht mehr lange geben sollte, was da vermutlich keiner reflektierte. Die spanischen Niederlande, also quasi Belgien und der italienische Festlandbesitz, gingen an Österreich. Das Königreich Sizilien an das Haus Savoyen, das 150 Jahre später königlich in Italien wurde. Großbritannien erhält zum Landzipfel Gibraltar noch Menorca, eine Insel mit etwas weniger Nebel als die heimische. Frankreich hatte mit dem Haus Bourbon nun Zugriff auf die Krone Spaniens bekommen, musste sich aber verpflichten, diese nie in Personalunion zu vereinen. Ludwig und Philipp verzichteten einhellig auf jedes je Erbrecht in Spanien oder Frankreich, was gültig blieb, bis Frankreichs Monarchie erstmals 1789 unterging, warum die Frage des ob der Gültigkeit dieser Vereinbarung, die gegen das viel ältere salische Hauserbrecht verstieß, heute dahinstehen kann.

Der Frieden war ein guter Kompromiss, mit dem alle leben konnten und bis heute repräsentieren zumindest die Bourbonen in Spanien ohne Ansprüche auf Frankreichs nicht mehr verfügbare Krone zu machen. Der Friede von Utrecht ist ein typisches Beispiel für die spätere Politik des Mächtegleichgewichts, wie sie in der Pentarchie zum Ausdruck kam.

Um Liebe ging es hier weniger als um Traditionen und schlichte Machtpolitik. Herrschaft war nicht regional begründet sondern familiär und da es eine begrenzte Zahl je herrschender Häuser im eng besiedelten Europa gab, war die Möglichkeit der Heiraten begrenzt wie die dann Verwandtschaft weit und das Erbrecht also kompliziert und diplomatische Verträge galten nur solange, bis sich etwas besseres fand.

Die Politik des Gleichgewichts der Mächte hat sich zwar einerseits zur Konfliktvermeidung bewährt, ist andererseits nur bedingt an der Konfliktvermeidung interessiert. Sie nimmt diese hin, versucht nur das Übergewicht einer Seite zu vermeiden und ist heute relativ irreal geworden durch das massive Übergewicht der USA in ökonomischer wie militärischer Hinsicht. England hat sich darum auf die Seite der ehemaligen Kolonie geschlagen, um an der Seite der Stärksten zu stehen. Dieses Ungleichgewicht hat zu einer nicht mehr kontrollierbaren Wut verbunden mit bewusst gesteuertem Hass in der arabischen Welt geführt, die meist noch mittelalterlichen religiösen Mustern geistig Untertan ist, sich noch nicht vom Aberglauben emanzipiert hat, der im Staat noch eine große Rolle spielt. Durch die Zerschlagung des Irak und Libyens ist diese Situation noch verschärft worden und es findet sich auch aus Afghanistan ein scheinbar endloser Schwarm gewaltbereiter Terroristen.

Wie dieser Konflikt zu lösen ist angesichts unsicherer Staaten, die sich im Besitz von angereicherten Uran befinden, ist bis heute unklar. Gewalt hat nur mehr Gewalt hervorgebracht und militärisch lassen sich Terrorgruppen nur kurzzeitig eingrenzen aber nicht besiegen, da nicht gegen einen Staat gekämpft wird.

Wäre ein Gleichgewicht der Kräfte hier eine Lösung?

Kann wer als Waffenexporteur einige Staaten beliefert, die als stabil gelten, zum Frieden beitragen oder ist er längst Teil des weltweiten Konflikts?

Wenige Jahre später am 11. April 1758 zeigte Großbritannien eine Fortsetzung seiner im spanischen Erbfolgekrieg begonnenen Politik des Gleichgewichts der Kräfte, indem es Preußen im Siebenjährigen Krieg durch weitere Finanzmittel wie mit Hilfe neu aufgestellter Soldaten aus Kurhannover unterstützt und dadurch den Untergang gegen die vereinigten Kräfte des Deutschen Reiches, Österreichs, Frankreichs und Rußlands stärkt und damit die später Einigung im Frieden von Hubertusburg ermöglicht, nachdem sich alle Kräfte ausreichend erschöpft hatten 1763.

Hier hat die Unterstützung durch die Briten im Sinne eines Gleichgewichts zwar den Krieg verlängert, aber Friedrich dem Großen das Überleben gesichert und einen relativ gerechten Friedensschluss ermöglicht, auch wenn Österreich Schlesien endgültig verloren geben musste, gab es danach keine überlegenen Sieger.

Runde 60 Jahre später, am 8. April 1814 legten die Verbündeten der Koalitionskriege Napoleon eine Vereinbarung vor, die dessen bedingungslose Abdankung als Herrscher in Frankreich und Italien vorsah und dessen Verbannung nach Elba vorsah. Der dann ehemalige Kaiser der Franzosen unterschrieb die ihm diktierten Bedingungen zwei Tage später, nachdem in der Nacht zuvor noch ein Suizidversuch gescheitert war.

Hier ging es nicht um ein Gleichgewicht sondern ein Diktat der Sieger, die einen in die Schranken wies, der das Gleichgewicht empfindlich gestört hatte, nach der alleinigen Macht in ganz Europa in vielen Kriegen strebte und sich schließlich der Übermacht der Alliierten geschlagen geben musste. Ein solches Diktat ähnelt dem Frieden mit Deutschland nach dem 2. Weltkrieg bei dem auch der Aggressor vertrieben und in enge, streng kontrollierte Schranken gewiesen wurde. Wie die Entwicklung der Bundesrepublik gezeigt hat, kann eine solche zeitweise Kontrolle sehr gut dazu beitragen, den Frieden zu sichern und Basis einer konstruktiven Einigung werden.

Bei Napoleon war es nur teilweise erfolgreich, da er später aus Elba zurückkehrte und wieder nach der Macht griff, bis die Herrschaft der 100 Tage in Waterloo blutig beendet wurde und de Kaiser diesmal weit weg nach St. Helena streng bewacht verbannt wurde. Das Gleichgewicht danach wurde auf dem Wiener Kongress neu verhandelt, auf dem Frankreichs Außenminister Talleyrand für den eigentlich Aggressor viele Freiheiten und Erfolge errang, die einen zunächst friedlichen Übergang in die dann Biedermeier Zeit emöglichte, auch wenn danach Preußen als neue Großmacht mit Bismarck und Moltke so erfolgreich aufstieg, dass wieder kein Gleichgewicht mehr bestand, was sich nach den für Preußen erfolgreichen Kriegen gegen Österreich und später Frankreich im 1. Weltkrieg wiederherstellen sollte, der in seiner Grausamkeit alles bisher da gewesene überstieg und an dessen Ende die alliierten Gegner von Deutschland und Österreich leider in Versailles wieder einen Siegerfrieden diktierten, der Frustration und nationale Aggression in den besiegten Ländern steigerte, warum die nationale Kehrtwende nach 1933 in Deutschland und der folgende 2. Weltkrieg auch eine Konsequenz des Ungleichgewichts war, die sich in ihr Gegenteil verkehrte, verstärkt noch durch den gesteuerten Hass auf Minderheiten, insbesondere die Juden.

Ein anderer Versuch der Konfliktlösung am 8. Mai 1822 verstärkte die bestehenden Konflikte nur und schürte nachhaltigen Hass. An diesem Tag landete eine osmanische Flotte auf der griechischen Insel Chios im Ägäischen Meer und richtete ein grausames Massaker unter der Bevölkerung an, die, wo sie nicht gleich ermordet wurden, in die Sklaverei verschleppt wurden. Das Massaker war eine Reaktion auf den Unabhängigkeitskampf aller Griechen, der auch von einigen Intellektuellen Europas wie etwa Lord Byron unterstützt wurde. Frankreich, Großbritannien und Rußland untertstützten den Kampf, der von den Filiki Etairia genau geplant worden war und der an drei Orten zur gleichen Zeit ausbrach, auf der Peleponnes, in Konstantinopel und in den Fürstentümern Moldau und Walachei in Rumänien.

Nur auf der Peleponnes gab es einige Erfolge der Revolutionäre und dort anssässige Türken wurden grausam vertrieben. In Konstantinopel wurde der Aufstand sofort niedergeschlagen und in den rumänischen Provinzen wandte sich die rumänische Bevölkerung für die griechischen Verschwörer überraschend gegen die Griechen. Diese hatten geglaubt die orthodoxe Bevölkerung würde sich mit ihnen gegen die Osmanen verbünden, was sich als Irrtum erwies. In Konstantinopel ließen die Türken daraufhin den griechisch-orthodoxen Patriarchen aufhängen, was die Stimmung zwischen den Völkern nicht wirklich verbesserte. Als Reaktion auf die Vertreibung betrieben die Türken ein gleiches wie das Massaker von Chios zeigte, dem hiermit gedacht werden sollte.

Der Kampf zwischen Griechen und Türken blieb länger im Gleichgewicht, bis sich die Türken der Hilfe von Mehmed Ali Pasha aus Ägypten versicherten und ihm zugestanden, er dürfe behalten, was er auf der Peleponnes selbst eroberte. Dieser kam mit seiner großen Flotte, landete und eroberte den Hafen von Navarino und hätte schnell die ganze Halbinsel erobert, da an Masse weit überlegen. Da schlossen sich europäischen Großmächte zusammen, denen ein Übergewicht eines zu starken Ägypten vor ihrer Tür gar nicht gefiel, sendeten eine Drei-Mächte-Flotte gen Navarino und schlugen in der Schlacht von Navarino die gegnerische Truppen und versenkten den größten Teil der Flotte. Damit hatte der Sultan den Europäern auf der Peleponnes militärisch nichts mehr entgegenzusetzen.

Den letzten  Akt der griechischen Revolution bildete der Russisch-Türkische Krieg von 1828-1830, bei dem die Russen ins osmanische Reich einmarschierten und der Sultan kapitulieren musste. Der Konflikt sollte dann im Rahmen des Londoner Protokolls von 1830 endgültig gelöst werden. Danach wurde beschlossen ein unabhängiges griechisches Königreich einzurichten, das von dem deutschen Prinzen Otto I. von Bayern als König regiert werden sollte, was für alle beteiligten Mächte eine akzeptable Lösung im Sinne des Gleichgewichts war. Die mit großen aufklärerischen Idealen gestartete griechische Revolution war so mit einer reaktionären Lösung befriedet worden und Otto lernte zwar schnell griechisch, verweigerte dem Volk aber Grundrechte und eine Verfassung, warum es bald zu neuen Unruhen kam, nach denen Britanien die Absetzung Ottos forderte, der sogar freiwillig ging.

Ihm folgte bald König Georg aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, der in Kopenhagen geboren und erzogen zunächst als Nachfolger des kinderlosen dänischen Königs vorgesehen war und da Prinz Wilhelm von Dänemark hieß, doch ließ er sich nach der Abdankung Ottos zur griechischen Krone überreden, wo zumindest mehr die Sonne scheint als in Kopenhagen und wurde dort von Wilhelm zu Georg, seinem vierten Vornamen. Gewählt hatte ihn in Übereinstimmung mit den europäischen Großmächten erstmals die griechische Nationalversammlung.

Der Versuch der Türken den Konflikt mit den Griechen mit Gewalt zu lösen, hatte nicht gefruchtet, da sich Europa einig zeigte und für die Griechen im Sinne eines gerade modischen Panhelenismus Partei ergriff. Die relativ machtlosen Könige mit  deutschen Wurzeln waren für die Europäer eine befriedigende Lösung und verhinderten das Entsehen eines neuen Gefahrenherdes, vor allem sicherte ein eingesetzter König das reaktionäre System, das seit dem Wiener Kongress und mit den Karlsbader Beschlüssen in Europa vorherrschte. Allerdings hat der militärische Eingriff den Konflikt nicht gelöst und die Rache der Türken auch nach dem Umsturz durch Atatürk war fürchterlich, aus Angst rüstete sich Griechenland bis zum finanziellen Kollaps mit dem sie immer noch kämpfen hoch und eine Lösung ist nicht erkennbar. Stattdessen schickte Erdogan die Flüchtlinge aus der Türkei weiter über die griechischen Inseln nach Europa, wo sie ein neues Lagerelend schufen, wenn sie nicht schon auf dem Weg ersoffen. Zusätzlich stärkte die Welle von Flüchtlingen leider nicht die Solidarität der Europäer sondern stärkte die populistischen Kräfte am rechten Rand, die mit billigen Parolen gegen Muslime hetzen, den inneren Frieden in Europa gefährden, Kräfte politisch stärken, die auch keine Antwort haben, im Gegenteil die Radikalisierung stärken und die Demokratie gefährden.

Konflikte die nur mit Gewalt und ohne Perspektive einer gerechten Lösung angegangen werden, produzieren meist noch mehr Gewalt. In Syrien wird derzeit bombadiert, um die Terrortruppe des IS zu schwächen, die stark werden konnte, weil lange die oppositionellen Kräfte in Syrien auch von den Alliierten militärisch unterstützt wurde, ohne einen Plan zu haben, wie ein syrischer Staat nach oder ohne Assad aussehen sollte oder könnte oder wer vor Ort eine gerechte Lösung durchsetzen würde. Vorher wurde Assad uns als Terrorherrscher gegen die eigene Bevölkerung vorgeführt, der genau wie Saddam Hussein  und Gaddafi, die beide mit westlicher Hilfe beseitigt wurden und ihr Land in immer noch Chaos hinterließen, weil es keine Lösung und Perspektive gibt, zu steten Produzenten neuen Terrors in aller Welt damit werden. Wenn wundert es, dass sich die Menschen vor Ort nach einer stabilen Ordnung sehnen und damit bei den Gotteskriegern Zuflucht suchen, die vertreten, was sie schon so lange kennen?

Das am 8. April 1945 noch das KZ Buchenwald durch die Amerikaner befreit wurde und am 8. April 1968 Rudi Dutschke durch den Hilfsarbeiter und Bild Leser Josef Bachmann mit drei Schüssen lebensgefährlich verletzt und 1979 infolge der schweren Verletzung an einem epileptischen Anfall in der Badewanne stirbt, sind weitere Beispiele für den heutigen Tag, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten. Die Hetze der Bild hatte Bachmann - und klingelt es bei diesem Namen in Gedanken an einen anderen intoleranten Schwachkopf nicht? - zur Gewalt gebracht, weil er keinen Ausweg sah angesichts der studentischen Unruhen, die diese Republik verändern sollten. Die Eskalation der Gewalt und die Geschichte der RAF gingen Hand in Hand und veränderten die Republik auch zur Unfreiheit. Dagegen war die Befreiung Buchenwalds ein Freudentag gegen den Nazi Terror, an dem unschuldige Opfer befreit und zumindest einige Leben noch gerettet werden konnten. Die einzige Frage, die sich stellt, ist, warum hat die Welt so lange tatenlos zugesehen?

Der Bombenkrieg gegen Deutschland und die anschließende Befreiung mit Wiederaufbau hat den größten Teil der Bewohner zur Freiheit gebracht, die sie nicht selbst errungen haben. Es war ein Prozess mit Rückschlägen und vielen Fehlern zu denen auch die bis heute Deckung von Rechtsradikalen durch Geheimdienste gehört, da diese auch aus den Kräften der Nazis relativ übergangslos aufgebaut wurden und zwar der freiheitlichen Grundordnung verpflichtet sind aber vom Wesen her ihre Gegner sind, weil sie geheim arbeiten und damit nicht in eine offene Gesellschaft passen.

Warum die stärkste Bewegung gegen die offene Gesellschaft mit Pegida aus dem Osten kommt, der seine Freiheit 1989 doch zumindest erkämpfte, die offene und bunte Gesellschaft statt der TristOst wollte, stellt eine Frage, die auch mit der Befreiung Buchenwalds und der Übernahme von Verantwortung zusammenhängen könnte.

Europa hat mit neuen autoritären Regierungen im Osten seine Probleme, die das Prinzip der Freiheit und der offenen Gesellschaft, die dafür nötig ist, nicht verinnerlicht haben, weil sie anders aufwuchsen oder von anderen Vorbildern lernten. Die Erfolge von Pegida und anderen Feinden der Demokratie im Osten zeugt von einer ähnlichen Geschichte. In homogenen, geschlossenen Gesellschaften aufgewachsen, waren Feinde die unangepassten Menschen und ich erinnere mich noch genau, wie mir eine Ex erzählte, wie sie sich über ihren Bruder noch heute empöre, der verantwortungslos sei, weil er zu DDR Zeiten als junger Mensch gegen die Niederschlagung der Tiananmen Bewegung protestiert hatte und damit auch der Familie hätte Ärger bringen können, warum sie ihn eher für asozial und verdächtig hielt, mir jedenfalls so beschrieb, bis ich ihn kennenlernte und staunte, was für einem offenen, sympathischen und kritischen Menschen ich begegnete, der nachdenklich war und Fragen stellte. Die Probleme in seiner Heimat Leipzig sehr gut erkannte und auch sah, dass die Pegiden oft angepasste Spießer sind, die in der DDR schon nicht aufstanden, 89 ängstlich abwarteten und nun nur ihren Wohlstand verteidigen wollten. Von ihr hörte ich dazu nichts, sie fand ihren Bruder nur damals verantwortungslos, weil er nicht so angepasst war und blieb darum misstrauisch gegen ihrem nichtsnutzigen Bruder, was eine gute Darstellung ihrer Wertmaßstäbe gab und mir vielleicht einen tieferen Blick in das Denken vieler Einwohner einer ehemaligen Diktatur gewährte, als ich damals ahnte.

Konfliktlösung von unten durch Anpassung an die Autoritäten, die, auch wenn diese längst scheiterten und als totalitäre Diktatur entpuppt wurde, immer noch als Ideal von Menschen gilt, deren Traum vom Leben der Cluburlaub heute ist und die nur ihren Wohlstand ängstlich hüten. Warum werden diejenigen, die einem verlogenen, totalitären System widerstanden nicht zumindest im nachhinein zu Helden?

Vielleicht, weil es das Geständnis beinhaltete, sich selbst nie gewehrt und abgegrenzt zu haben, warum lieber angeklagt und vorwurfsvoll in alten Konfliktmustern verharrt wird. Das Beispiel am Ende aus dem privaten Bereich, das ich vor ungefähr einem Jahr erleben musste und das ich selbst erst Monate später, nachdem sich die emotionale Verblendung und die hormonelle Fremdsteuerung wieder gelöst hatte, als solches erkannt hatte und was mir aber vermutlich besser als viele Diskussionen und Bücher das Wesen der Menschen in einer Diktatur offenbarte und die Unfähigkeit Konflikte zu lösen, weil wir uns auf die Probleme lieber konzentrieren, statt die Lösungen anzugehen.

Ob solche Menschen glücklich sein können oder Befriedigung im Glück je empfinden, frage ich mich nun nicht mehr, habe erlebt, durch was sie es ersetzen und womit sie sich anstatt befriedigen, was solche eigentlich in sich gefangenen und unglücklichen Menschen glücklich machen könnte und aus ihrer Scheinwelt befreien, schon, ohne bisher eine Antwort zu wissen, noch mich weiter damit beschäftigen zu wollen, weil mir die Suche nach dem eigenen Glück wichtiger ist als die Beschäftigung mit den Problemen anderer.

Vielleicht ist das der Schlüssel zur Lösung aller Konflikte. Mehr nach dem Glück zu suchen und sich darauf zu konzentrieren, was gut tut und dahin hilft, statt zu fragen, was mich daran hindert, glücklich zu sein oder mich über die Ungerechtigkeit und das unfaire Glück anderer zu erregen.

Die Suche nach dem Glück ist die wichtigste Aufgabe im Leben, denke ich inzwischen, nichts macht mich glücklicher und zufriedener, als daran zu arbeiten. Wie leicht lassen sich im Lichte dieser Betrachtung alle sonst Probleme und Konflikte relativieren und verdrängen, weil sie keine Rolle spielen, wenn wir in der kurzen Zeit, die wir überhaupt haben, möglichst glücklich sein wollen.

Neulich kolabierte überraschend mein Vater neben mir, vielleicht habe ich ihn durch die spontane Herzmassage mitten im Wald zurück ins Leben geholt, vielleicht wäre er auch so zurückgekommen und das war alles nicht so dramatisch, weiß nicht, ob ich eher ein Held oder übereifriger Clown war, aber es ist mir egal, es gewollt zu haben, zählt für mich. Diese Situation erinnerte mich auch an meine eigene Erfahrung, als ich von einem Moment auf den anderen, ich weiß nicht wie, weil die Monate danach und davor aus meinem Gedächtnis spurlos verschwanden, totgefahren wurde und nur durch den Zufall meiner Reanimation, die wie lesbar relativ erfolgreich verlief, nun hier sitze und über Konfliktlösungen schreibe.

Es geht ganz schnell und darum mehr zu genießen, was ist, könnte der beste Ratschlag für ein konfliktfreies Leben sein, das im ganz engen Kreis beginnt und sich von dort auf gleiche Art auf jede Ebene überträgt. Höre ich den Hass und die Missgunst der Pegiden und ihres rechten Umfeldes im Netz und auf der Straße, wird mir immer ganz übel und am liebsten würde ich ihnen den Mund verbieten, sie zensieren, diese verlogenen geistigen Brandstifter und dann frage ich mich, was es bringt mit Gewalt gegen Gewalt vorzugehen und was solchen Menschen eine Perspektive geben könnte.

Habe keine Antworten bisher, aber sich fragen und suchen, scheint mir wichtiger, als den Hass zu schüren gegeneinander. Glücklich machte es mich, wenn wir tolerant und offen miteinander leben könnten, keiner Angst haben müsste und jeder nach seinem Glück suchte, statt irgendwelchen Heilslehren aus Neid und Missgunst zu folgen, die den Horizont beschränken und unfrei machen. Will frei und glücklich sein, also lebe ich es, was sonst sollte ich tun, aber, was weiß ich schon?

Offenbart es mehr unsere Freiheit, wenn im Fall Böhmermann die Politik nach Meinung auch wenn unzuständig entscheidet oder wenn wir feststellen, dass der Rechtsstaat zuverlässige Mittel bietet, Konflikte unaufgeregt im Sinne des Grundgesetzes zu klären?

Mache mir keine Sorgen, dass der Satiriker verurteilt wird, es fehlte ja erklärtermaßen schon am subjektiven Tatbestand der Beleidigung, er hatte keinen Vorsatz sondern wollte zeigen und hat gezeigt, was nicht geht und Schmähkritik wäre. Sollte der Rechtsstaat dieses Vertrauen in seine Ordnung im Wertesystem bestätigen, fände ich das viel vertraueneinflößender als jede parteipolitische Diskussion, da sich zeigte, die Ordnung, die dem ganzen zugrunde liegt, ist in Ordnung und funktioniert. Vielleicht ist die Gelassenheit, auf etwas vertrauen zu können, wichtiger als der lautstarke Meinungskampf mit Solidaritätsadressen, die meist am Thema vorbeigehen, werde mal ausprobieren, ob es mich glücklicher machte und wie schrieb Montaigne es so klug, ich enthalte mich lieber als mich an meine Meinung zu binden, was mir im ersten Moment sehr unentschieden erschien, kommt mir nach der Lektüre all der sich überbietenden Meinungen zu allem immer näher und so enthalte ich mich auch hier am Ende, was alle Konflikte löste, ob es eine gäbe und bemühe mich nur, mein Glück so zu genießen, wie ich es kann.
jens tuengerthal 11.4.2016

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