Donnerstag, 31. März 2016

Kulturgeschichten 0175

Abendlandstoleranz

Pegiden und andere Rechtsradikale in Europa fürchten mit der Zuwanderung von Muslimen den Untergang des Abendlandes, den sie voller Angst beschwören, statt die Werte dessen zu vermitteln, um was sie fürchten, die ihnen aber meist nicht einmal bekannt sind. Fraglich erscheint eher, ob die befürchtete Intoleranz nicht eher ein Teil der abendländischen Geschichte ist, das sich gern als humanistisch, christliche Bastion gegen den bösen Islam präsentiert.

Der Islam ist schon lange Teil Europas und war es mit dem osmanischen Reich auf dem Balkan de facto bis ins 20. Jahrhundert hinein, ist es in den Köpfen der Gläubigen bis heute geblieben. Im lange maurischen Spanien lebten Muslime, Christen und Juden nebeneinander, zwar mit Vorteilen für die Muslime, was normal für die gerade herrschende Religion ist, aber mit relativ großer Toleranz in der Koexistenz, verglichen mit der zeitgleichen christlichen Intoleranz. Jedenfalls bis die Reconquista begann.

Gerne berufen sich die Rechtsradikalen und ihre Vordenker, die besser Hassprediger hießen, weil sie weniger denken als nur dumpfe Ängste zu beschwören, auf Karl Martell, den Großvater Karl des Großen, der einst in sagenhafter Zeit die Mauren in Südfrankreich zurückgeschlagen haben soll und damit Europa vor der weiteren maurischen Invasion bewahrte.

Doch so unklar ist, was wirklich damals passierte, ob der Hausmeier nicht einfach Glück hatte, die Mauren ohnehin nur eine kleine Expedition gestartet haben, sich sein Sieg eher den anwesenden Friesen verdankte, statt christlichem Mut nur feige Taktik gewann, ein überstürzter Aufbruch viele unklare Gründe haben konnte, diente die beschworene Angst eher immer der heimischen Propaganda als tatsächlicher Politik, denn im Handel und steten Austausch mit den Mauren standen die benachbarten Herrscher alle, was vielleicht auch die größere Toleranz und Offenheit derer von Navara noch erklärt, die mit Henry IV. auf den Thron gelangten, während die streng katholischen Anjous wie das Haus Lothringen Frankreich in verheerendere Glaubenskriege stürzten, lebten die Religionen im maurischen Spanien bis zur Reconquista relativ friedlich miteinander.

Die Verteidiger des Abendlandes in Spanien aber wurden vom Geist der Intoleranz getrieben, der die Reconquista zur Taufe mit dem Schwert machte und alle anderen tötete oder vertrieb. Einer der traurigen Gipfel dieser christlichen Intoleranz ist das am 31. März von Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon unterzeichnete Alhambra-Edikt, nach dem alle im Land befindlichen Juden zum Christentum konvertieren oder das Land verlassen mussten. Sie gaben den Juden eine Frist bis zum 31. Juli, bis zu dem sie entweder konvertieren oder Spanien verlassen haben mussten.

Mit dem Edikt wurde eine Bevölkerungsgruppe vertrieben, die teils  seit Jahrhunderten auf der iberischen Halbinsel ansässig war. Die unter massiven Druck zum Christentum bekehrten Conversos, die im Volk  auch verächtlich Marranen genannt wurden, galten der Inquisition als verdächtig insgeheim noch dem Judentum anzuhängen. Deren gute christliche Gesinnung wurde ständig von den Inquisitoren überprüft und wer sich der Häresie verdächtig machte und dafür im Inquisitionsverfahren der Häresie überführt worden war, wurde häufig zum Feuertod verurteilt und bei den sogenannten Autodafés öffentlich verbrannt. Dabei urteilte die Inquisition nur über konvertierte Christen, nicht über Juden. Dahinter stand das rassistische Konzept der Limpieza de sangre, spanisch für die Reinheit des Blutes, mit dem sich die Altchristen von den Neuchristen oder Conversos abgrenzten, die muslimische oder jüdische Vorfahren hatten. Stets von der Inquisition verfolgt, standen sie im Verdacht des Judaisierens und höhere kirchliche oder staatliche Ämter waren ihnen so verschlossen, wie sie in angesehenen Institutionen nicht zugelassen wurden.

Schon 1460 hatte Alonso de Espina, ein Franziskanermönch, der Beichtvater Heinrichs IV. war, in seiner Schrift Festung des Glaubens alle Coversos unter Generalverdacht gestellt, weil der Übertritt zum Christentum nicht echt sein könne und Glaube nur auf biologischem Wege vererbt würde. Darum war Hauptanliegen der Inquisition, die auf Drängen des Beichtvaters von Isabella von Kastilien eingeführt wurde, zu überprüfen, ob die Zwangstaufen zu einer echten Bekehrung geführt hatten. Welch grauenvolle Prüfung der Gesinnung aus gut christlicher Überzeugung. Der Aberglaube nur Blutreinheit garantiere den echten Glauben setzte sich im 16. Jahrhundert immer mehr durch und bestimmte so den Zugang zu allen wichtigen Institutionen und Ämtern. Dazu wurde ein genealogischer Nachweis altchristlicher Abstammung als Voraussetzung verlangt, auch etwa von den Ammen am Königshof und wer diesen nicht erbringen konnte, galt als unrein oder befleckt, wurde damit stigmatisiert. Eine rassistische Lehre im Aberglauben, die an die Nürnberger Gesetze der rassistischen Nazi Herrschaft erinnern, wenn auch deutliche Parallelen zu erkennen sind.

Die rassistische Lehre wurde aber praktisch häufig durch Bestechung umgangen und seltener konsequent durchgeführt, zumal es auch adelige Familien gab, die von Conversos abstammten. Die strengen Statuten erfuhren jedoch auch Kritik, so von Papst Nikolaus V., der sie für ungültig erklärte und dies mit dem Römerbrief des Paulus begründete, wonach es vor Gott kein Ansehen der Person gäbe und auch Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, in dessen Reihen einige Conversos waren, stellte sich den Statuten entgegen und König Philipp II. versuchte sie sogar Ende der 1580er abzuschwächen, um seine Conversos, die als Berater am Hof tätig waren, zu schützen. Dennoch bestand die Lehre von der Blutreinheit fort und wurde auch auf die spanischen Kolonien übertragen, nach der auch die Indios als befleckt galten und entsprechend behandelt wurden bis zu ihrer Ausrottung. Noch im 19. Jahrhundert bemerkte Alexander von Humboldt, dass es in Spanien eine Art Adelstitel sei, nicht von Mauren oder Juden abzustammen und in den Kolonien die Hautfarbe bestimme, welchen sozialen Rang einer einnehmen könne. Das Konzept der Blutreinheit wurde so zur dauernden Diskriminierung aller Menschen mit afrikanischer Abstammung genutzt. Dabei galt in den Kolonien jedoch, dass der Nachweis der Blutreinheit auch käuflich war und so die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse erworben werden konnte. Was an Görings Worte, wer Jude ist, bestimme ich ein wenig erinnert.

Erstmals abgeschafft wurde das Gebot der Blutreinheit 1811, dann jedoch durch den nachfolgenden König wieder strenger gehandhabt und erst 1865 endgültig abgeschafft. Die Statuten zur Blutreinheit gelten als erstes rassistisches Gesetz, das die Diskriminierung nicht nur an der Religionszugehörgkeit festmachte, sondern an die rassische Abstammung anknüpfte. Dennoch lässt sich eine direkte Parallele zu den teils ähnlichen Nürnberger Gesetzen historisch nicht nachweisen, zumindest war der Wahnsinn vom gleichen Geist getragen.

Das Alhambra-Edikt wurde erst 1968 anlässlich der Einweihung einer Synagoge in Madrid für unwirksam erklärt. Doch dauerte es noch bis zum 1. April 1992 bis König Juan Carlos I. es unwiderruflich außer Kraft setzte und im selben Jahr erst verabschiedete das spanische Parlament ein Kooperationsabkommen, mit dem das Verhältnis des spanischen Staates zu den jüdischen Gemeinden geregelt wurde. Dabei hatten Juden schon seit der Antike und weit vorchristlicher Zeit in Spanien gelebt, doch war es schon vor dem Einfall der Mauren zu zahlreichen Zwangstaufen und Vertreibungen gekommen. Insofern hatte die jüdische Bevölkerung die muslimischen Eroberer zunächst begrüßt und sogar einen geschützten Sonderstatus erhalten, der zur Blüte von Handel und Wissenschaft in den jüdischen Enklaven führte. Ab Mitte des 12. Jahrhunderts endete mit der Herrschaft der Almohaden die muslimische Toleranz und es kam zu Zwangsbekehrungen und Vertreibungen, warum viele Juden zunächst in den christlichen Norden nach Kastilien oder Aragon flohen.

Der im Januar 1492 errungene Sieg über die Mauren und der Untergang ihrer letzten Bastion der Alhambra war Ergebnis eines zehnjährigen kostspieligen Krieges. Finanziert wurde dieser Krieg maßgeblich durch die beiden jüdischen Magnaten und Berater von Ferdinand und Isabella, Isaak Abravanel und Abraham Senior. Obwohl die beiden intervenierten galt das Edikt auch für die beiden Finanziers des Krieges. Abravanel weigerte sich zu konvertieren und verließ Spanien, während Senior kapitulierte und sich mit 81 taufen ließ.

In der Begründung des Edikts unterschied sich Kastilien von Aragon insofern, dass Aragon ehrlicherweise wirtschaftlich moralische Gründe anführte, wonach christliche Güter von Wucherzinsen aufgefressen wurden, woran das letztlich machtpolitisch primitive Vorgehen deutlich wird. Das Königshaus wollte sich von seinen Schulden befreien und verkleidete es in ein religiöses Mäntelchen.

Wieviele Juden Spanien tatsächlich verließen, ist strittig, da keine exakten Zahlen vorliegen, so wenig wie zur exakten Zahl der Konvertiten, da es keine Quellen dazu gibt. Nach Schätzungen waren es zwischen 120.000 und 300.000 sephardische Juden, die Spanien verließen, was bei einer Bevölkerungszahl von damals etwa 850.000 schon deutlich über 30% der Bevölkerung läge. Viele  ließen sich zunächst in Portugal nieder, was ihnen aber auch nur vorübergehend bis 1497 Schutz  gewährte.

Der größere Teil jedoch zerstreute sich nach Nordafrika, in die Levante, wo ihnen der osmanische Sultan Zuflucht gewährte, und fand in Griechenland vor allem in Saloniki eine neue Heimat. Einige gelangten auch nach Italien, wo die Aufnahme unterschiedlich war. Während in Sizilien und Sardinien, die zu Spanien gehörten, das Edikt genauso galt, nahmen die Medici sie, als Mailand auch an Spanien fiel, mit offenen Armen auf und gewährten ihnen in Livorno volle Gleichberechtigung mit allen Nationen, sie durften Waffen tragen, erhielten volle Religionsfreiheit, durften Geschäfte eröffnen und Handel betreiben. Dies war so attraktiv, dass die jüdische Bevölkerung Livornos von 140 auf über 3000 anwuchs. Venedig tolerierte die Juden und erweiterte ihr Ghetto zur Aufnahme der Sepharden. Die Renaissance Päpste unterstellten die Juden dem Schutz der Kirche, warum sich zahlreiche in Rom und Ancona ansiedelten. Kleine Gruppen von Sepharden gelangten auch nach Amsterdam und Hamburg.

Der Markt in Spanien wurde infolge der kurzfristigen Ausweisung mit Gütern und Immobilien überschwemmt und die Preise verfielen. Andererseits fehlten plötzlich ganze Sektoren des Wirtschaftslebens, die vorher von Sepharden betrieben worden waren. Es fehlten die  Steuereintreiber und Kapital zur Finanzierung von Militär und Wirtschaft wie eines luxuriösen Lebensstils, ganze Branchen verfielen dadurch. In den Städten fehlten plötzlich die sephardischen Ärzte und Handwerker, die Diplomatie war ohne die Sprachkenntnisse und vielfältigen Kontakte der Sepharden in ganz Europa nahezu aufgeschmissen. Dem spanischen Staat blieb eine weitgehend reinrassige Oberschicht, die nicht arbeiten durfte, um Zugang zu Orden zu finden und eine arme ungebildete Schicht von Bauern und Besitzlosen. Durch die Vertreibung der Sepharden brach die dynamische Mittelschicht völlig weg. Diese ökonomische Katastrophe konnte nur durch den Import von Unmengen Gold aus den Kolonien ausgeglichen werden, der aber jede seriöse ökonomische Basis fehlte, die nur auf Ausbeutung ging, keine Perspektive hatte.

Neben der Ökonomie litten auch Kultur und Wissenschaft unter dem Aderlass, der wenig zurückließ und die besten Köpfe vertrieb. Die jüdische Mystik der Kabbalah wurde durch die Vertreibung aus Spanien, wo sie nur einigen internen Zirkeln bekannt war in ganz Europa verbreitet und in unserer Zeit sogar zur spirituellen Mode, der manche Madonna anhängt. Um die geistige Haltung der Konvertiten zu kontrollieren, baute die Inquisition ein Heer von Spitzeln auf, was zu totaler Kontrolle und verbreiteter Angst und Lähmung führte, wie in allen totalitären Staaten, es herrschte mehr Misstrauen als Vertrauen und jede Innovation wurde durch diesen rassistischen Katholizismus ausgebremst. Spanien hatte sich damit selbst entleibt und seinen Reichtum nachhaltig zerstört. Überlebt hat es nur durch den Reichtum der Kolonien und es fragt sich, warum Rom nicht mit ähnlicher Härte gegen die Spanier vorging wie gegen manche deutsche Kaiser aus weit geringeren Anlässen, warum der Vatikan von seiner Mitschuld auch nicht freizusprechen ist.

Verstehe nicht, warum ein Volk so lange einer solch totalitären Gesinnung im Aberglauben hinterherlief. Ob es die Angst war, nochmal von den Mauren überfallen zu werden, die den Gesinnungsterror tolerieren ließ?

Das Haus Habsburg, das auch zu lange im Heiligen Römischen Reich regierte, ist spätestens seit Karl V. mit dieser bigotten Tradition der Scheinheiligkeit aus rassistischen Motiven aufs engste verknüpft, eigentlich schon seit der Hochzeit seines Vaters mit Johanna der Wahnsinnigen. Was sie auf dem Balkan hinterließen, wird Europa noch viele Jahre beschäftigen. Für Spanien gaben sie die Verantwortung zwangsweise ab, nachdem zu lange Inzucht jede Entwicklung lähmte. Auch die Bourbonen brauchten bis in unsere Zeit, sich vom Rassismus der Vorgänger zumindest formal zu distanzieren. Was die Inquisition in Spanien und den Kolonien anrichtete, hat eine Kultur gelähmt und viele zerstört und auch wenn es mangels industrieller Präzision und Zuverlässigkeit nicht so effektiv vernichtete wie Deutschland es unter Hitler tat, starben doch im Verhältnis genug und die Vertreibung von ⅓ der Bevölkerung hat aus der iberischen Halbinsel über lange Zeit einen Sozialfall gemacht. Ein fehlender Mittelstand, eine in Unfreiheit beschränkte Bevölkerung, die einer autoritären Sekte hörig gemacht wurde, welche sich nicht davor scheute, öffentlich zu töten, um dies als Kult zu zelebrieren, haben echte kulturelle Entwicklung und geistige Innovation lange verhindert.

Im spanischen Bürgerkrieg flammte ein wenig der Hoffnung auf, Spanien hätte den totalitären Staat überwunden und sich von seinen üblen Wurzeln getrennt. Ferdinand und Isabella, die Großeltern des für Europa so wichtigen Karl V., haben mit dem Alhambra Edikt der Intoleranz einen Staat gegeben, der bis heute mit den Folgen zu kämpfen hat. Die Kolonialisierung Amerikas und die Vernichtung der dortigen Kulturen zeugt auch bis heute vom Geist der Intoleranz, der keinen Frieden findet und noch immer wirken die alten rassistischen Eliten in den ehemaligen Kolonien weiter.

Ob die kurzzeitige Kolonialisierung des FC Bayern unter spanischem Zepter mit gravierenden Folgen ohne positives Ergebnis außer dem für diese Kicker gewöhnlichen auch für die fortbestehende spanische Intoleranz zeugt, die nichts neben sich gelten lässt und die nur erfolgreich in starren Sytemen wie dem spanischen Hofzeremoniell ist, mag dahinstehen, zumal der fragliche Pep Guardiola sich lieber nicht als Spanier sieht, sie ist jedenfalls weniger Zeichen von Innovation und Freude als von langweilig ewiger Zuspielerei ohne die wilde Lust, die es beim Fußball auch braucht. So gesehen erstarrte die Leidenschaft der Bayern im spanischen Hofzeremoniell und es ist wohl gut, davon endlich Abstand zu finden, um der Leidenschaft ihren natürlichen Raum zu geben, warum vielleicht wirklich ein Jürgen Klopp besser nach München passt als der formale eben doch spanische Perfektionist Pep, auch wenn er sich gern als baskischer Seperatist präsentiert. Der Geist der Inquisition, von Kontrolle und Misstrauen greift tiefer ins Wesen als es auf den ersten Blick möglich schien und wirkt so länger, als je geahnt.

Die Reconquista und ihr krönender Abschluss das Alhambra-Edikt im Rahmen der geltenden Statuten zur Blutreinheit ist kein Vorbild für Europa und seine Befreiung vom Islam, wie es manche AfD nahe Leitartikler der FAZ uns nahelegen wollten, die dümmlich historisch verfehlt von der Verteidigung Europas tönten, sie ist eine üble rassistische Bewegung gewesen, für die sich Spanien und Europa ähnlich schämen sollte wie für den Holocaust. Die Inquisition war eine Gestapo und Stasi vergleichbare totalitäre Organisation, die bis in das Denken der Menschen greifen wollte und dabei vor Mord im Namen Gottes nicht zurückschreckte.

Ist dies das Abendland, das es vor muslimischen Flüchtlingen, die hier Schutz suchen, zu verteidigen gilt?

Die Nürnberger-Gesetze Spaniens verdienen so genannt zu werden, nur dauerte der Gesinnungsterror in Spanien nicht nur 12 Jahre wie in Deutschland sondern 500 Jahre bis zur endlich Aufhebung, doch noch ohne den nötigen radikalen Bruch mit einer beschämenden Vergangenheit, auf die es keinen Grund gibt stolz zu sein.

Zumindest das hatte der größte Teil der Westdeutschen bis 1990 verstanden gehabt, in der DDR war ja dank des formalen Antifaschismus, niemand verantwortlich und die untergegangene totalitäre Diktatur der Spießer beruft sich gerne noch in ihrer Nachfolgeorganisation, die immer noch parlamentarisch ist, auf diese Tradition als Entschuldigung für alles und Rechtfertigung dafür den Staat Israel zumindest verbal anzugreifen. Bis zur Einheit hätte ich gesagt, wir können den Spaniern zeigen, wie sie sich ihrer Geschichte selbstkritisch stellen, denn Grund stolz zu sein auf diese 500 Jahre haben sie so wenig wie wir auf deren 12. Heute, wo Populisten ohne Ziel und Verstand mit rassistischer Angst wieder zu viele Stimmmen ergaunern können, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Mit dem totalitär aufgewachsenen Teil der Deutschen haben wir auch die Sehnsucht nach einfachen Antworten wieder gewonnen, die noch nicht in der Demokratie ankamen.

Können Völker diese Neigung zum Totalitären je überwinden?

Was kann kritisches Denken wecken, dass die Formeln der Propaganda durchschaut?

Wie schnell ertönt nach den nächsten Attentaten der Islamisten wieder den Ruf nach dem starken Staat, der sich auch totalitär zu Wehr setzt?

War nicht bekannt, dass alle bisher bekannten islamistischen Attentäter vorher polizeibekannt waren?

Von allen 16 islamistischen Attentätern sind 14 Täter vorher bekannt und überwacht gewesen, die meisten sind tot, die übrigen lebten in einem Millieu, das geheimdienstlich ohne Wirkung bewacht wird, wie wir es von den Diensten, diesen teuren Versagern, kennen. Eine relativ überschaubare islamistische Szene könnte, so der Wille dazu vorhanden wäre, leicht polizeilich überwacht werden. Wer Attentate verhindern möchte, statt die Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen, muss hier zugreifen und konsequent ermitteln und handeln.

Wir leben wieder in einer Welt der Überwachung und des Misstrauens wieder. Schlimmer und weiter noch als die Stasi überwachen BND und andere Dienste uns alle längst. Das Netzt wird gefiltert, alle mobilen Telefonate werden via 0049 Vorwahl als Auslandstelefonate deklariert und dürfen damit ganz legal mitgeschnitten werden von unserem Auslandsgeheimmdienst.

Hat die Überwachung und das Misstrauen gegen alle Bürger auch nur eine Tat verhindert?

Wurde durch Vorratsdatenspeicherung irgendein Islamist überführt?

Spanien hat uns wie der Nationalsozialismus und die DDR gezeigt, totalitäre Diktaturen lassen die Menschen in ihnen verblöden. Keines der Systeme hat mit der Überwachung sein Ziel erreicht. Spanien hat sich über 500 Jahre damit geschadet. Deutschland ging nach 12 Jahren unter, zerbrach und wurde mancher seiner Teile beraubt beim großen Landtausch. Die DDR ging unter, weil die UDSSR sie fallen gelassen hat, weil sie zu keiner Innovation mehr fähig war, weil, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Wer zu früh kommt hat zwar auch nur den halben Spaß, aber darum geht es hier ja nicht.

Ein toalitär verwaltetes Volk, das sich von Propaganda verführen lässt und lieber mehr Überwachung hätte für eine Sicherheit, die es nie geben kann, ist bereits zu verblödet, sich selbst zu befreien, fürchte ich fast. Nur was bleibt uns dann noch als Alternative?

Aufklärung und Freiheit sind der Schlüssel zur Verantwortung, nehmen wir ihn endlich wieder so in die Hand, wie es einem Kant würdig wäre. Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit heißt, erkennen, wann wir entmündigt werden, wo die staatliche Kontrolle ins totalitäre kippt, dies scheint mir dringender als je - nie waren wir so gut überwacht, nie kümmerten wir uns so wenig darum, was uns an Freiheit bleibt aus Angst.

Das Abendland, welches Spanien autoritär rassisitisch gegen den Islam verteidigte ist der Erhaltung nicht wert. Es ist ein stumpfsinniges, selbstbezügliches System und es ist dabei egal, wie dumm ich den Islam finde, wir fremd mir jeder Aberglaube ist. Der Rechtsstaat hat und braucht keine Götter. Er hat Normen und ordnet das Zusammenleben. Jeder Hokuspokus ist ihm fremd. Das Abendland der Aufklärung, der Renaissance und der Menschenrechte, wäre es wert gegen diese mittelalterliche Sekte verteidigt zu werden nur nie mit den Methoden der Reconquista sondern allein in Freiheit oder nie.
jens tuengerthal 31.3.16

3 Kommentare:

  1. Vielleicht einige kleine Ergänzungen:
    Shepardim besitzen heute in spanein Bürgerecht, als Ausgleich für das erittene Unrecht.
    Johanna "die Wahnsinnige" war wohl gar nicht geistieskrank, sondern wurde von ihrem Sohn KarV im Kerker gehalten, weil sie seine Pläne störte.
    In vielen mittelalterlichen Städten gibt es bis zu 5 verschiedene Friedhöfe,sowie Stadtviertel den jeweiligen Gruppen zugeordnet. Neben Juden,,katholische Neusiedler zB in Toledo Mudejar (Araber unter christlicher Herrschaft)christliche Alteinwohner. Die Mozarabe hatten eine eigene arabisch-sprachige Liturgie und Kultur

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  2. Stimmt nicht ganz. Karl liebte seine Mutter und besuchte sie regelmäßig, für wahnsinnig haben sie andere erklärt, er hielt es für den besten Schutz für sie nach der Depression infolge des Todes seines Vaters, des schönen Philipp.

    Und ja, Spanien hat reagiert. Nach 500 Jahren aber noch immer kleinlich

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