Donnerstag, 17. März 2016

Kulturgeschichten 0159

Glaubenstod

Am 16. März 1244 ergaben sich die Katharer auf der Burg Montségur nach zehn Monaten der Belagerung den katholischen Truppen des französischen Königs. Über 220 von ihnen, die eine Unterwerfung unter den katholischen Glauben verweigerten, gingen dafür ins Feuer, das vorher mit Unterstützung der Inquisition als Scheiterhaufen errichtet worden war. Das waren fast alle auf dem Berg verbliebenen Aufständischen, die von Rom als Herätiker gebrandmarkt worden waren.

Was hatte es mit dieser Sekte auf sich, gegen die einige Jahre zuvor der Albigenser Kreuzzug gestartet worden war?

Vieles daran ist bis heute umstritten, so auch der Einfluss der Einfluss des Bogomilismus aus dem Osten Europas wie die Wurzeln der Bewegung überhaupt. Sie glaubten streng an das dualistische Prinzip, nach dem die Erde böse und das erstrebte Himmelreich einzig gut sei, entsprechend lehnten sie auch die Zeugung von Kindern wie Sexualität überhaupt ab. Sie predigten Armut und Bescheidenheit und lebten diese auch. Da sie in Occitanien am weitesten verbreitet waren, damit im Languedoc lebten, einer der besten Weingegenden der Welt überhaupt, ist ihre Ablehnung des Weins und aller vergorenen Getränke nicht ohne eine gewisse Tragik, wenn es auch von der Tiefe des Aberglaubens dieser christlichen Sekte überzeugte, die vom 12. bis ins 14. Jahrhundert anzutreffen war und nach dem Albigenserkreuzzug vor allem in Occitanien noch Rückzugsräume fand. Sie lehnten das Alte Testament ab, beriefen sich vor allem auf das Evangelium des Johannes und standen damit in klarer Opposition zu Rom, die diese als Ketzer verfolgen ließ. Priester konnten Männer und Frauen sein, die zu den Perfekten gehörten.

Der seltsamen Sitten gab es wohl einige, viel von dem, was wir zu wissen meinen, resultiert aus den Protokollen der Inquisition, damit von ihren Feinden, die bewusst Lügen über sie verbreiteten, warum ich, dem der eine wie der andere Aberglaube fern ist, mich des Urteils dazu lieber enthalte.

Sicher ist, ihre bescheidene Lebensweise gefiel der Bevölkerung auch als Gegenpol zu Rom und die Zahl der Anhänger wuchs. Das christliche Abendland unter römisch-katholischer Vorherrschaft, sah sich durch sie bedroht und versuchte sie zu beseitigen, ihren Einfluss mit Gewalt zu unterbinden. Glaubensfreiheit war noch völlig unbekannt, Rom vertrat die einzig wahre Lehre und wer sich dagegen stellte, war Häretiker oder schlimmer noch Ketzer und wurde schnell in Serie verbrannt.

Warum war die Belagerung dieses einen Felsen im Südwesten Frankreichs so wichtig, dass der König zeitweise nach Gerüchten bis zu 10.000 Soldaten dafür bereitstellte?

Auch wenn die hohe Zahl vermutlich nur ein hochmittelalterliches Gerücht war, heute von wohl höchstens 1000 ausgegangen wird, ist es doch ein enormer Aufwand für einen Felsen mit maximal 250 Personen.

Dies lag zum einen daran, dass der zuständige Ritter es dem König versprochen hatte, um Vergebung zu erlangen, zum anderen daran, dass der Ort zum Symbol der albigensischen Freiheit geworden war. Katharer nannten sie sich nicht selbst sondern nur ihre Feinde, da diese aber siegten, hat sich ihr Name überliefert.

Der steile, schroffe Felsen war nahezu uneinnehmbar, solange er von außen mit Nahrung versorgt wurde. Der einzig sichere Weg war zusätzlich mit einem Katapult gesichert, dass einen frontalen Angriff zu riskant machte.

Es kam, bis die Albigenser schließlich aufgaben, nach zehn Monaten auch weitgehend ausgehungert, hauptsächlich zu einzelnen verlustreichen Scharmützeln. Viele der als Söldner gedungenen Soldaten aus der Umgebung ließen anfangs auch noch Waren passieren, da sie Freunde oder Verwandte oben hatten oder klammheimlich mit den armen Revoluzzern sympathisierten.

Im Dezember wurde schließlich der Ring der Belagerung enger gezogen, um die Versorgung zu unterbinden. Dann eroberten die katholischen Truppen einen kleinen Stützpunkt am östlichen Rand des Felsens, den sie selbst sicherten und von dem aus sie die Burg beschossen. Einmal versuchten sie sogar einen Sturm auf die Festung, der aber scheiterte und zu hohen Verlusten auf beiden Seiten führte.

Im Februar schließlich kapitulierte der Kommandant der Burg und vereinbarte die Bedingungen der Aufgabe. Danach sollten diejenigen, die bereit waren dem Glauben abzuschwören, freies Geleit bekommen und die übrigen freiwillig auf dem Scheiterhaufen gehen.

Kurz vor der Aufgabe war noch eine Gruppe von drei oder vier Albigensern geflohhen und und sollte angeblich den vorher in einer nahegelegenen Höhle versteckten Schatz retten und sich nach Italien durchschlagen. Ob sie das schafften oder der Schatz immer noch irgendwo versteckt liegt, weiß keiner sicher, hat aber viele Schatzsuche in Okzitanien in die Irre geführt.

Interessant an der Geschichte ist, während wir uns über den IS und seine Grausamkeit zurecht erregen, dass es im christlichen Abendland, dass sich nun vor Flüchtlingen teilweise fürchtet, noch grausamer zuging als heute dort, warum wir unsere Urteile vorsichtig handhaben sollten.

Sicher zeigt sich nur, dass wo Glaube herrscht oft auch Grausamkeit dominiert. A. Auch darum ist es so wichtig, die laizistischen Grundsätze des modernen Europas gerade jetzt zu verteidigen.. DDas Gedenken an die Albigenser und ihre Ermordung auf dem Scheiterhaufen sollte uns eine Mahnung sein, künftig jeden Aberglauben, egal ob er sich christlich,muslimisch, jüdisch oder sonstwie nennt, in der Politik aussen vor zu lassen.

Fraglich sollte daher nicht sein, wie wir den Islamismus stoppen, sondern warum und ob wir ihn überhaupt stoppen müssen. Wenn die Menschen die europäische Freiheit auch dort genießen wollen, dann werde sie diese dort erkämpfen und ihren Aberglauben ablegen. Es dürfte sinnlos sein, gegen den Islam oder seine extremistische Ausformung Kriege zu führen, da gegen Aberglauben nur Vernunft und Aufklärung helfen können, die Zeit brauchen und keine Bomben. Ob wir darum andere fundamentalistische Länder zu Partnern machen dürfen, die wir mit unseren Waffen beliefern, ist eine andere Frage, aus der sich die Konsequenz der Verantwortung für dann Flüchtlinge ergibt.

Solange die Menschen dort noch nicht in Freiheit leben können, ist es geboten, ihnen von hier aus zu helfen. Verteidigen müssen wir nur klar unsere Freiheit und den Laizismus in Europa, der die Basis unseres Erfolges ist.

Es braucht keine neuen Kreuzzüge sondern endlich eine konsequente Politik, die für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit steht für Frauen und Männer, damit Europa auch künftig für diese Werte steht, dürfen wir sie nicht aufgeben, wo sie anderswo bedroht sind sondern müssen sie gerade verteidigen.
jens tuengerthal 16.03.2016

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