Rot in rot
Beim assoziativen Erzählen gegenüber dem chronologischen entstehen leicht Lücken, weil wir betonen, was uns nahe liegt und fernerliegendes leicht verdrängen. Das macht das Erzählen leichter und fließender, weil es den Gedanken folgt und doch passieren so eben auch Fehler, die zur Korrektur zwingen, wollte ich ein exakter Chronist meines Liebeslebens sein.
Alles pedantische aber, was sich nur auf exakte Messung und Berechnung stützt, ist mir in Liebesdingen völlig fremd und lieber korrigiere ich mich, als den gerade fließenden Strom zu unterbrechen, der leicht erzählen lässt und in Gedanken Brücken baut, die vielleicht sonst übersehenes, wenn wir nur einer Liste folgten, offenbaren.
Als ich jüngst von meiner längsten Beziehung erzählte mit der rothaarigen Mutter meiner Tochter, habe ich behauptet, es sei der erste rote Schoß gewesen, den ich von innen erleben durfte und das war falsch, wie mir nun einfiel.
Es war in meinem letzten Jahr im Südwesten, während ich mein Start-up aufzubauen versuchte, noch nicht an Berlin dachte und auch sonst nicht gebunden war, dass ich beim Friseurbesuch in der Klinik, was nicht ohne eine gewisse Ironie war, aber es war eben der günstigste Friseur weit und breit und so ließ ich mein da noch relativ volles Haupthaar dort schneiden, wo sonst meist eher Perücken für die Chemopatienten ausgesucht wurden, eine wunderschöne Frau kennenlernte.
Auf Empfehlung meines Vaters war ich dort hingekommen, der sehr zufrieden war, es im Dienst zwischendurch erledigen konnte und so ging ich mal wieder in jenes Klinikgebäude in dem ich auch zehn Jahre lang immer wieder gearbeitet hatte, wo ich mein Model kennenlernte - nutzte die Stippvisite zum Besuch auf Station, um mit den dort Schwestern zu schwatzen, von denen manche auch noch da waren.
Normalerweise schnitt mir die Chefin selbst die Haare und machte es gut, da sie leider Termine auf Station hatte, die natürlich vorrangig waren, empfohl sie mir ihre, wie ich dachte, Mitarbeiterin - eine sehr schlanke, junge und gutaussehende Frau mit sehr langem rotblonden Haar, das ihr leicht gewellt über den Rücken fiel und ich war auf den ersten Blick von der Vorstellung angetan, von ihr geschnitten zu werden - die Chefin weit jenseits der 50, war nett, plauderte freundlich im dortigen Dialekt und wenn ich mir Mühe gab, verstand ich auch das meiste.
Die Neue aber, die ich noch nie zuvor dort gesehen hatte, sprach keinen Dialekt, zumindest keinen hiesigen, es klang relativ hochdeutsch, wenn ich auch die Klangärbung in ihrem Singsang nicht wirklich zuordnen konnte. Das allein machte neugierig, eine Friseuse, die keinen Dialekt sprach und ich fragte sie, ob sie gerade ihre Ausbildung angefangen und hierher gezogen wäre.
Sie lachte laut aber sichtbar erfreut und fragte mich, ob sie so jung aussehen würde und ich, etwas konsterniert, ob der flirtenden Antwort, erwiderte erstaunlich spontan, sie sehe eher unschätzbar schön aus und wer wäre ich, mir über das Alter einer Frau Gedanken zu machen?
Damit waren wir im flirtenden Gespräch, während sie mir wirklich sehr gut die Haare schnitt, ich behielt sie so lange ich noch im Südwesten lebte, zumindest dafür und traf sie auch noch zweimal, nachdem ich längst in Berlin wohnte, nur zum Haareschneiden, wenn ich zu Besuch war. Nein, meinte sie, sie sei nicht in der Ausbildung, sie sei seit Jahren Meisterin und selbständig, sie sei nur aushilfsweise hier, weil sie Bedarf hatten und es immer gut sei, in einer Klinik den Fuß in der Tür zu haben.
Sie kam ursprünglich aus Magedeburg, was sie, wie alle Ossis mit kurzem a aussprach und was zu den Dingen gehörte, die ich mir nicht merken konnte, immer wieder sagte ich Maaagdeburg und sie korrigierte Makdeburg.
Fand sie nett, ihren rotstich im Haar sehr erotisch und als ich sie fragte, ob wir uns mal auf einen Wein treffen wollten, meinte sie nur, sie gehe nicht so viel aus, aber sie hätte eine wunderbare Dachterrasse und wir könnten gerne mal einen Drink dort nehmen. Vermute, es wurden noch einige Worte davor gewechselt, bis es zu der Einladung kam aber irgendwie war da scheinbar eine Anziehung, wir tauschten Nummern, ich meldete mich bei ihr baldestmöglich und sie wiederholte am Telefon die Einladung, verband dies damit mir noch einmal zu erzählen, sie sei ja selbständig und wenn ich wolle, könne sie mir auch bei sich die Haare schneiden, dann schlügen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.
So lange wollte ich eigentlich nicht bis zu einem Wiedersehen warten, denn häufiger als einmal im Monat ging ich eigentlich nicht zum Friseur und sagte darum, vielleicht findest du ja noch was zum schneiden, wenn wir uns heute Abend treffen würden und erstaunlicherweise siegte die Frechheit und sie meinte, eigentlich hätte sie ja die nächsten Wochen überhaupt keine Zeit aber zufällig ginge es doch heute Abend, weil zwei Termine ausgefallen wären, wenn ich Lust hätte solle ich doch gegen neun bei ihr vorbeikommen.
Wusste ungefähr, wo sie wohnte, im kleinen Nachbarort, quasi nur durch den Wald, wenn ich mit dem Rad fuhr, aber, um frisch anzukommen, nahm ich doch lieber den Wagen, nahe der Bahnlinie, es war ein kleines Industriegebiet, wenn ich dort vorbeiführe, hätte ich ihre Dachterasse sicher schon gesehen, meinte sie. Hatte ich noch nicht, aber nun sah ich sie schon von der Ungehungsstraße aus, wirklich riesig mit dem Strandkorb von dem sie schwärmte, an einem Flachdachbau in diesem wohl Mischgebiet, mehr Industrie statt Wohnen aber gut, nun wusste ich, wo ich hinmusste.
Parkte meinen damals riesigen Audi vor der Tür, klingelte an dem Mehrfamilienhaus, das zu einem Fuhrbetrieb gehörte und in dem wohl unten die Eigentümerfamilie wohnte. Sie öffnete ohne Nachfrage und ich ging das Treppenhaus hinauf, das mit einer Kacheltapete und Bildern im Aldibiedermaier verunstaltet war - musste an das erste Bordell denken, das ich besuchte und darum war mir die Geschichte gestern auch wieder eingefallen und mir grauste vor dem, was mich oben erwartete.
Sie begrüßte mich an der Tür mit den Worten, gruselig dieses Treppenhaus, aber man kann sich seine Vermieter nicht aussuchen, komm rein. Und drinnen war es an diesem langen fast Sommerabend im späten Frühling, der schon sehr warm war, noch sehr hell. Sie war relativ geschmackvoll eingerichtet, modern ohne viel Schnickschnack, eher nüchtern.
Aber die Wohnung war ja nur ihre Behausung, wie sie es nannte, eigentlich lebte sie auf ihrer Terrasse, sie sei Gärtnerin aus Leidenschaft und führte mich sogleich in ihren Dachgarten. An ihren Kästen und Wannen entlang, erklärte dem Ahnungslosen, was dies und das sei, freute sich, als ich ein tränendes Herz und einen Fingerhut erkannte, dann verließen mich die botanischen Kenntnisse aber auch schon. Nebenbei züchtete sie Bonsais, was eben auf so einer Dachterasse wachsen kann und Palmen.
Im Winter sei ihre Wohnung ein einziges Gewächshaus, aber sie liebe ihre Pflanzen, jede einzelne, wie sie mit strahlenden Augen sagte und gerührt von diesem großen Gefühl erwiderte ich, dann würde sie sich mit meinem Vater gut verstehen, sie müsse mal seinen Garten sehen. Sie fragte mich, was ich trinken wolle und da ich nicht wusste, was zur Wahl stand, überließ ich es ihr mit den Worten, worauf du Lust hast, wird gut sein, wollen wir uns in den Strandkorb setzen?
Das wollten wir, sie verschwand nur kurz um die Getränke zu holen und kam mit einem Rosé Perlwein wieder, bei dem ich mich ein wenig sorgte, was wohl mein Kopf am nächsten Tag dazu sagen würde, aber er war erstaunlich gut und vor allem wider Erwarten trocken und nur der Rosé hätte sicher keine Folgen gehabt.
Gemütlich zurückgelehnt rauchend, plauderten wir im Strandkorb. Sie erzählte mir von ihren Aerobic Mädels mit denen sie hart trainiere, das wäre ihre andere Leidenschaft neben dem gärtnern und fragte, was ich denn für einen Sport mache, worauf ich lachend Lesen sagte.
Sie war sehr direkt und meinte dazu nur, na dass ich kein Leistungssportler wäre, das hätte sie schon gesehen, eher schon etwas Speck um die Hüften, was?
Erzählte ihr von meiner früher Schwimmkarriere, die ich aus Langeweile abbrach, weil es mir zu geistlos war, worüber sie laut lachen musste - was denn an Sport geistvoll sein solle, da ginge es doch nur um Bewegung und das einer seinen Körper spüre. Als ich nun erwiderte, dass tue ich lieber beim Sex und meinen Arm vorsichtig obehalb um sie legte, schaute sie mich mit großen Augen an und meinte zu meinem Erstaunen, der solche Direktheit nicht gewohnt war, na du schmeißt dich aber ran,mach mal langsam, schließlich bin ich viel älter - was ich sofort schon aus Höflichkeit bestritt, aber sie war tatsächlich vier Jahre älter, was ihrem gestählten Körper aber nicht anzusehen war - außerdem sei ich ja so gar nicht ihr Typ, ich lebte doch in einer ganz anderen Welt, Vater Arzt und Jura Student, da kannste doch nicht mit soner Friseuse ankommen und schon schwoll meine erst zusammengesackte Brust wieder und ich sagte, immerhin sei sie Meisterin und eine wunderschöne Frau und ich sei nur Unternehmer ohne Examen. Ja, klar, kam dann ganz locker, dass ich toll bin, weiß ich auch, danke aber darum geht’s ja gar nicht und überhaupt wir kennen uns doch gar nicht, gehst du immer so auf die Mädels los - gleich in den Arm nehmen und küssen?
Noch hatten wir uns gar nicht geküsst aber ich fing den Ball auf, auch wenn mich ihre freche Schnauze etwas verwirrte und ungewohnt war, gab ich doch sonst eher den sinnlichen Romantiker, der durch seinen Tiefgang bezauberte, der hier aber nicht gefragt war. Sie sei ja nicht jede, sondern etwas ganz besonderes und ihre rotblonden Haare seien ein Traum - blalbla meinte sie, zu abgedroschen, denk dir mal was rafinierteres aus, wenn du mich beeindrucken willst und da schwieg ich einen Moment, überlegte, was hier wohl griff und dachte an den guten Cyrano und begann in Versen zu sprechen, was ihr irgendwie gefiel.
Sie blieb ein wenig grob, öffnete sich aber auch ein wenig und als ich einmal bei einer Bemerkung von ihr zusammenzuckte, einen Moment nichts sagte, meinte sie sogleich, so sei das nicht gemeint gewesen, ich solle nur nicht denken, dass sie so eine für eine schnelle Nummer wäre, dafür wäre sie sich nämlich zu schade, wenn sie wollte, könnte sie genug haben, Typen mit einer besseren Figur als ich, aber für so mal eben, sei sie sich inzwischen zu schade, sie suche sich genau aus, wen sie ranlasse.
Einige Stunden spielten wir uns so die Bälle zu, als sie meinte, jetzt würde ihr Nachtdrink passen und sie gehe mal eben in die Küche ihn für uns zu machen, begleitete ich sie ungefragt, was sie natürlich erstmal abwehrte - ich bin schon groß, ich schaff das alleine, bleib sitzen - dann aber ohne weitere Worte zuließ.
Sie streckte sich dort, um eine Flasche vom Schrank zu holen und ich stand schon neben ihr, griff schneller nach oben und gab sie ihr, sie schaute mich entgeistert an, woher ich denn wüsste, was sie wolle und dies eine mal war ich, durch die halbe Stunde flirten voller scharfer Spitzen ohne eine Berührung mehr als zufällige Kleinigkeiten aufgewärmt genug, spontan gut zu reagieren, mit, na ich fühle eben, was du willst, ihr tief in die grünen Augen zu schauen und sie zu küssen.
Dann waren alle Drinks vergessen und ihre Leidenschaft erwachte voller Feuer. Wir küssten uns und rissen uns dabei die Kleider vom Leib, ich küsste ihren süßen kleinen Busen und es ging sehr schnell und rauh zur Sache. Als ich ihr die Hose nach kurzem formellen Widerstand - sie wisse ja noch gar nicht, ob sie das wolle, wir kennen uns ja noch gar nicht - mit einem Ruck herunterzog, begannen meine Augen so selig zu strahlen wie ihre beim Anblick ihres Gartens, sie hatte einen schmale leuchtend roten Streifen Schamhaare über dem ansonsten gut rasierten Schoß und ich stürzte mich sofort darauf, ihn zu küssen.
Erst sagte sie nein und kommt nicht infrage, wie kommst du dazu, was fällt dir ein, dann begann sie zu stöhnen und als ich kurz aufhörte und fragte, soll ich aufhören, das Kinn schon feucht von ihrem Schoss, kam nur, halt den Mund, mach weiter, du machst das gut, mach schon, lass dich nicht stören und spreizte ihre Beine so weit es ging, um zu ihrem ersten Höhepunkt, sie wiederum so fest, um mich zu schließen, dass ich dachte, wenn ich jetzt nicht auftauche, erstickt sie mich noch.
Sie wollte mich nun ganz, erst im Sitzen, sie auf ihrem Küchentresen, ich vor ihr stehend und zustoßend und sie schrie dabei so laut, dass ich sie fragte, ob ich das Fenster schließen solle, aber auch das war ihr egal, sollten doch die alten Spießer mal hören, wie schön das Leben sei, dann im Stehen, ich hinter ihr und sie voller Kraft mit ihrem drahtigen, trainierten Körper gegen mein Becken stoßend.
Das schmutzige Reden dabei lag ihr, wenn es mich zunächst auch etwas verwirrte, für so wild hätte ich sie doch nicht gehalten, was sie bemerkte und mit den Worten kommentierte, rote Haare eben, da steckt Feuer dahinter, als Kind haben sie mich immer gehänselt, heute weiß ich wofür es gut ist und richtig ficken sei einfach gut
Es war leidenschaftlicher, sagenhaft wilder Sex, etwas schmutzig aber auch schön spontan und dann, kurz bevor ich kam, fragte ich Idiot sie, ob ich aufpassen müsse. Sie noch voller Leidenschaft verstand mich zuerst nicht und fragte, worauf aufpassen, meine Küche hält das aus und mein Schoß ist vom Aerobic trainiert?
Das nichts passiert, antwortete ich es noch einmal höflich umschreibend und dann, kurz bevor ich es nicht mehr halten konnte, ob ich einfach kommen könne.
Da unterbrach sie und fluchte, verdammt, gut, dass ich daran gedacht hätte, ja, wir müssten aufpassen, sei gerade ein ganz kritischer Zeitpunkt, vermutlich sei sie auch deshalb so scharf, gut, dass ich es gesagt hätte, ich sei ja wirklich ein Süßer, andere kümmerten sich da einen Scheiß darum aber nun sei es ja gut und noch nichts passiert und überhaupt, wir kennen uns ja noch gar nicht.
Sie verschwand im Bad, kam kurz darauf wieder und ich stand noch mit heruntergelassener Hose und unbefriedigter Erektion da wie ein begossener Pudel und ärgerte mich. Wollte sie umarmen und hoffte, da weiterzumachen, wo wir aufgehört hatten. Meinte, es gäbe ja noch andere Möglichkeiten, wo nichts passieren könne. Worauf sie wieder lachte und sagte, also willst du, dass ich dir jetzt einen blase oder was?
Diese Direktheit war mir wiederum etwas peinlich und statt einfach ja zu sagen, wich ich aus und sagte, ganz wie du willst, es gäbe ja auch noch andere Möglichkeiten und wieder verstand sie meine Umschreibung nicht sofort und als der Groschen nach noch einigen Andeutungen fiel, kam nur noch ein, ne ne, Anal nie beim ersten mal, mag das ja schon, aber noch kennen wir uns ja gar nicht und für ein erste Treffen war das doch schon ziemlich viel, ich mach uns jetzt einen Drink und dann setzen wir uns raus und rauchen noch eine.
Fügte mich ein wenig frustriert aber höflich und hoffte sie später noch mal überreden zu können. Im Strandkorb wurde sie dann wieder eher flapsig, was wohl auch am Alkohol lag und wischte meine Hand, die sie unter ihrem Bademantel streicheln wollte dreimal wortlos weg und meinte dann, manchmal sei ich auch etwas schwer von Begriff, sie sei jetzt schon dreimal gekommen und bräuchte eine Pause, außerdem müsse sie nochmal in Ruhe darüber nachdenken, ich wolle ja sicher nicht nur den Spaß …
Naiv und romantisch wie ich war, versicherte ich ihr, dass es mir natürlich nicht nur um den Spaß ginge, sondern ich sie wolle, als Frau und Partnerin, worauf sie wieder bremste mit den Worten, noch sei ja gar nichts und sie müsse erstmal darüber nachdenken, das erste mal, wäre ja sehr nett gewesen und ich könne ja irgendwann mal wieder kommen, wenn ich wolle, was ich nicht einzuordnen wusste, meinte sie irgendwann und ganz unverbindlich oder spielte sie nur mit mir.
Es passierte nichts mehr, irgendwann wurde sie furchtbar müde und schickte mich nach Hause, der nicht wusste, ob er es nach dem vielen Alkohol noch wagen sollte, zu fahren, sich aber allein durch das Nichts ernüchtert genug fühlte.
Verfiel auf meine alte Taktik der Minne, schrieb ihr wunderbare Verse über ihren Garten, ihre roten Haare und unsere wilde Lust, hoffte auf eine baldige Antwort, aber es kam nichts. Dann schrieb ich ihr noch mehr Gedichte, noch ohne E-Mail bei ihr alle mit der Post, die ich ungeduldig, wie ich war, persönlich bei ihr an der Haustür einwarf.
Besser hätte ich sie ihr vermutlich in die Hand gedrückt und sie dabei geküsst, wer weiß, was dann noch daraus geworden wäre - irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und rief sie an - sie redete sich raus, sie hätte furchtbar viel zu tun, aber wenn ich mal wieder zum Haareschneiden kommen wolle, gerne, da fände sich schon ein Termin, für Job müsse sie ja Zeit finden.
Also ließ ich mir nach drei Wochen schon wieder die Haare schneiden und es passierte nichts, sie begrüßte mich mit Bussi Bussi und das war es, meinen Versuch ihr näher zu kommen, wehrte sie geschickt mit den Worten ab, erst die Arbeit, dann das Vergnügen, was mich noch auf später hoffen ließ, wo sie dann leider gleich weg musste, aber vorher noch duschen müsste, warum sie mich leider rausschmeißen müsse. Der Einwand, es störe mich nicht, ihr dabei zuzuschauen, verfing nicht, ihr trockenes, mich aber, ließ mich schlucken, ob sie denn meine Briefe nicht bekommen hätte, schaute ich sie mit Dackelblick und schon fast in Wertherstimmung leicht verzweifelt an.
Natürlich hätte sie die bekommen, und hundertmal gelesen, bevor sie kapiert hätte, was ich ihr sagen wolle, sie sei nicht so und ich sollte einfach bei ihr sagen, was ich wolle und da wurde mir endlich klar, sie wurde, um so gerührter sie war, um so grober, was mich wiederum in eine Zwickmühle brachte, denn wie sollte ich darauf passend reagieren.
War ich genauso grob, konnte ich alles versauen und begab mich auf eine Ebene, die nicht meine war und war ich ehrlich, wäre ich sehr unmännlich weich, würde wohl bei ihr nicht landen könnte und so wie ich etwas zerrissen über diesen Zwiespalt nachdachte, schaute ich wohl auch. Sie merkte es und war also zumindest relativ feinfühlig, auch wenn sie sich, wenn es romantisch wurde, lieber grob gab - hatte noch keine Märkerin und keine echte Berlinerin bis dato kennenlernte, wusste nicht wirklich, was ich damit anfangen sollte - aus dieser Verzweiflung riss sie mich mit einem Kuss und den Worten, du bist wirklich der süßeste Mann, den ich je kennengelernt habe, du bist echt noch alte Schule, irgendwie ritterlich, es gibt Frauen, die das lieben und dafür sterben würden, aber sie sei eben anders. Sie könne mit soviel Gefühl nicht umgehen, es mache sie eher fertig und sie habe nicht genug Kraft dafür und ganz ehrlich, ich hätte was anderes als sie verdient.
Dabei blieb es, ich schluckte einmal schwer und musste ihr aber recht geben, was sie mir von ihren Freunden und dem, was ihr Spaß machte erzählt hatte, lebten wir wirklich in verschiedenen Welten. Sie schnitt mir noch häufiger die Haare, danach gab es meist einen Drink im Liegestuhl, manchmal kam sie in meinen Arm und wir knutschten ganz unverbindlich ein wenig, was sie aber immer schnell wieder beendete, weil sie sonst noch Lust kriegen würde und das würde uns nur beide durcheinanderbringen.
Hätte nichts gegen ein wenig Durcheinander gehabt, musste ihr aber ansonsten zustimmen, wir passten nicht wirklich zusammen, wir hatten Spaß gehabt, sie etwas mehr, es war schön und sie schnitt mir weiter die Haare und lud mich zu ihrer Geburtstagsparty ein und wieder aus in einem Satz - sie würde mich ja gerne einer Freundin vorstellen, aber sonst passte ich da einfach nicht rein und also lassen wir es diesmal, wir finden schon noch einen Termin für euch beide.
Der Termin fand sich nicht mehr, ich war dann irgendwann in Berlin, sie schnitt mir noch zwei oder dreimal die Haare und dann verloren sich unsere Spuren irgendwann.
jens tuengerthal 10.3.16
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