Montag, 14. März 2016

Frauenliebe 041

Künstlerliebeslust

Die erste Geliebte, die keine Geliebte mehr war, weil ich nach neuneinhalb Jahren, wenn auch noch ganz frisch, endlich frei war, kannte ich schon länger über soziale Netzwerke, schätzte sie als Dichterin und Künstlerin und wir hatten schon geflirtet, als ich noch in einer Beziehung war, warum sich wohl fragen ließe, ob, was noch in Worten auf virtueller Ebene als Geliebte anfing, aber erst später real vollzogen wurde, weil der Geist sich zu wollen, mehr zählte als das Tun, das es noch nicht gab, immer Geliebte bliebe oder wir eine reale Beziehungschance hatten.

Vermutlich nicht, weil eine Trennung nach neuneinhalb Jahren auch Zeit braucht, um frei zu sein, wie alle Experten sagen würden, auch wenn die Praxis immer wieder das Gegenteil belegen würde, weil nicht sein kann, was nicht sein darf und Expertentum genügt, etwas zu begründen.

Weiß es nicht und hoffe nur nicht so schematisch, sondern frei genug zu sein, wenn ich der Richtigen schon damals begegnet wäre, sie auch zu erkennen, nicht nur auch im Gefühl nur widergekäuten Mustern zu folgen.

Sie hatte vieles, was sehr gut passte, brachte mich der Sehnsucht, ein Künstler zu sein, der einer in manchem auch sehr bürgerlichen Frau begegnet, die wie er Künstlerin sein will und doch auch bürgerlich bleibt, auch wenn sie dies vermutlich als Etikettierung abgelehnt hätte, so nah war ihr die innere mannsche Dialektik glaube ich nicht. Weiß nicht, ob ihr das Großbürgerliche fehlte, was gern mehr sein wollte, als es ist und doch am liebsten wirken wollte, als leiste es mehr, als es erscheine, sich in großer Würdigung gern bescheiden gab, es aber auch hasste, wenn es sein Licht unter den Scheffel stellen musste.

Es überfiel uns sofort, kaum hatten wir ihre Wohungstür hinter uns geschlossen und wir trieben es zum ersten mal mit Blick auf ihre Leinwände halb im Wohnzimmer, gerade dem Flur entkommen, sich voller Lust einander hingebend.

So schaute ich beim vögeln auf ihre Kunst, die ich nicht schlecht fand, sicher interessant und mit vielen Gedanken, mit der ich aber nicht wirklich etwas anfangen konnte. Mir kam der Gedanke von Glasmalerei auf Leonardogläsern mit künstlerischem Anspruch, was vermulich schon eine contra dictio wäre, aber ich weiß bis heute nur mühsam zu benennen, was mir fehlte. Es war weniger das industrielle und reprodizierbare dabei, es war keine Massenware, sie war sehr individuell und legte Wert auf ihren Charakter oder ihre Seele, als vielmehr die fehlenden Zwischentöne für mich.

Der Sex war heiß und am Ende auch für alles offen, sie genoß ihn auch mit der Leidenschaft und Lautsärke in der sie für meinen Geschmack malte und dichtete außer manchen Momenten, die sie vielleicht eher ertrug aber auch da könnte mich mein Gedächtnis täuschen.

Viele Erinnerungen habe ich nicht mehr. Mindestens eine Nacht habe ich mit ihr das Bett geteilt, wir haben ausgelassen gevögelt, ich fand ihren Geschmack angenehm, ihre Figur war gut, schlank mit langen Beinen und einem wunderschönen Busen von schöner Größe, den sie mit ihrer wohl großen Leidenschaft einsetzte. Sie hatte sehr lange dunkle Haare, die ihr, meine ich, fast bis zum Po gingen und sie war eine besondere Frau, auch Mutter eines allerdings schon relativ großen Sohnes, auch belesen, in vielen Künsten unterwegs, beruflich in gesicherter Position, hatten wir noch schöne Projekte miteinander angedacht, was der eigentlich rechtfertigende Grund meines Besuchs war, auch wenn uns beiden klar war, es trieb uns die Lust und es würde passieren.

Es passierte und irgendwann war die gemeinsame Zeit mit geteilter Nacht vorbei und sie fuhr mich zu einem Bahnhof, der in Bielefeld gewesen sein könnte, was ich nur metaphorisch nicht geografisch meinte und sollte beides zufällig übereinstimmen, spielte es keine Rolle. Kann nichts schlechtes über sie sagen, wir hatten es nett und auch leidenschaftlich, es loderte für einen kleinen Moment und erlosch mit der Abfahrt des Zuges wieder. Wir schrieben uns noch manchmal nett zu unserem Projekt und vergaßen das andere wieder, was ich nicht bedauerte, ich war ja frei, im Gegenteil genoß und doch irgendwie seltsam spurlos blieb, als hätten wir uns nie berührt.

Bei vielen meiner Frauen lodert es auf, wenn ich über sie schreibe, hier passierte nichts und ich weiß nicht warum, ob es diese ganz normale Wohnung in einem ganz normalen Altbau in einer ganz normalen Stadt irgendwo im Westen war oder das mir etwas zu laute in ihren Bildern, die gut durchdacht und sicher auch handwerklich sehr gut waren, auch wenn ich keinerlei Kompetenz besitze das fachlich zu beurteilen, denke ich, sie wird es odentlich gemacht haben, sie war eine kluge Frau und auch schön, nur in mir schwang keine Seite, es war eher, als ob der eine Ton unserer Lust echolos verhallte und nichts in mir blieb als das Faktum der vollzogenen Lust, die vermutlich auch beide Seiten irgendwie korrekt befriedigte.

Manches bleibt spurlos und ist doch eine angenehme Erinnerung an eine Frau über die ich nichts schlechtes sagen könnte oder wollte und der ich wünsche, dass ihre Suche eine Ende fand und sie den fand, der mit ihrer Welt mitschwingt, ich blieb innerlich stumm und höre darum nun nach wenigen Worten auf, darüber zu reden.
jens tuengerthal 13.3.16

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