Donnerstag, 5. Oktober 2017

Selbstbestimmer

Was ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker uns wert?

Die Katalanen wollen selbst bestimmen, ob sie zu Spanien gehören oder nicht. In einem Europa, das durch den Euro die Nation in ihrer ursprünglichen Konstruktion überwand, wirkt die nationale Zersplitterung wie ein Treppenwitz der Geschichte, den uns die Jugoslawen bei ihrer stattlichen Auflösung am Ende des vergangenen Jahrtausends noch einmal kriegerisch erzählten.

Wir kennen die Folgen, wissen um die Fehler und sollten darum vorausschauend und angemessen im Blick auf eine nachhaltige Lösung reagieren, die für ganz Europa taugt, die Separatisten in die Schranken weist und zugleich die Bürger durch Förderung besser integriert.

Was denken sich wohl die jubelnden oder die zornigen Massen, die diese Freiheit fordern?

Glauben sie Europa, dass mit der Kommission gerade die Frage um Hilfe ablehnte, sondern den Spaniern aufgab, ihre internen Probleme intern zu regeln, nähme diese neue Nation bereitwillig auf?

Sicher nicht und vor allem nicht gegen die Stimme Spaniens.

Was wäre also dieser unabhängige Inselstaat mitten in der EU?

Einer, der wieder Zollgrenzen zur EU errichten müsste und ähnliche überwunden geglaubte Inszenierungen - von der nationalen Währung ohne Sicherheiten bis zur irgendwann Armee, um den Größenwahn ihrer Führer im nationalen Alleingang zu sichern.

Es klingt nett, wenn jedes Volk per Volksentscheid über seine staatliche Zugehörigkeit selbst entscheiden könnte. Fraglich nur wessen Rechte dabei Vorrang haben sollen, was das Volk eines Staates ist und wer also zur Abstimmung darüber berechtigt ist..

Hat eine kleine Gruppe von Separatisten das Recht über die eigene Abspaltung zu entscheiden oder müsste eine solche Scheidung, wenn überhaupt, nicht vom ganzen Staatsvolk, dem ja auch damit ein Teil seines Gebiets und seiner Souveränität genommen würde, entschieden werden?

Dieser ganze katalanische Hokuspokus ist ein albern übersteigertes Kinderspiel von Profilneurotikern mit Identitätsproblemen, ähnlich ernst zu nehmen wie das fränkische Streben nach Unabhängigkeit von Bayern oder die Schildbürgerstreiche der Reichsbürger.

Wie die Reichsbürger meinen diese national betörten, eine Gruppe, die zufällig in einem Gebiet lebt, könne über dessen Unabhängigkeit per Volksabstimmung entscheiden, als sei je ein Staat darauf gegründet worden und als müsste nicht jede Zukunft miteinander ausgehandelt werden.

Hätten nicht, wenn, alle Bewohner des Landes das Recht über solch eine Frage abzustimmen und nicht nur eine Gruppe von Radikalen?

Selbst wenn ich den Katalanen zugestehe, dass sie ein eigenes Volk sind und eine eigene Sprache sprechen, sich in dieser Minderheit von der spanischen Mehrheit unterdrückt fühlt, wüsste ich nicht, warum eine Minderheit, der Mehrheit diktieren dürfte, wie ihr Staat funktioniert und wem sie zugehören.

Wenn die Reichsbürger unter sich eine Volksabstimmung veranstalteten, in der es um die Auflösung der bestehenden Bundesrepublik und ihrer Länder ginge und an dieser nur die betroffenen Reichsbürger teilnähmen, weil sie im übrigen ohnehin verboten worden wäre, würde keiner auf die Idee kommen, eine auch neunundneunzig prozentige Zustimmung bände die Bundesregierung oder einen Bürger.

Dies Beispiel zeigt die Abusrdität der verbotenen katalanischen Abstimmung und die Hysterie dieser Unabhängigkeitsbewegung. Das genügte eigentlich schon, diesen ganzen Unsinn als einen Schildbürgerstreich von katalanischen Reichsbürgern abzulehnen, doch ist es noch absurder, weil die EU ja gerade den Nationalstaat überwand, den diese Nationalisten auf terroristische Weise wieder etablieren wollen.

Die Nation besteht vor allem aus der Hoheit in Geldfragen. Mit dem Euro hat die EU die klassische Nation überwunden. Nach den Erfahrungen zweier Weltkriege, war es höchste Zeit diesem Wahngebilde des 19. Jahrhunderts Schranken zu setzen, es in eine höhere Ordnung einzufügen, die eine gemeinsame gerechte Ordnung verwaltet.

Wenn ich nach Europa will, steht dies in eklatantem Gegensatz zum nationalen Autonomiestreben, Wer das sucht, hat in der EU nichts verloren, weil er ihre Grundprinzipien nicht verstanden hat.

Wie kann noch dazu einer erwarten, dass ihn eine Gemeinschaft aufnimmt, deren Mitglieder er schädigte, da er einem Land raubte und den Staat damit quasi eigenmächtig enteignete?

Wer will eine Gruppe von Querulanten, die sich nicht an die geltenden Regeln und Gesetze halten in eine Gemeinschaft aufnehmen, die auf gemeinschaftlicher Einigung aufbaut?

Wann kommt endlich jemand, dies den Katalanen klar und deutlich zu sagen?

Was sie fordern, hat keine Rechtsgrundlage, ist sogar illegal, verletzt europäische Rechte und beraubt eines der Mitglieder, verstößt im Kern gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker, weil es meint aus einem Teil für das Ganze eine Entscheidung treffen zu dürfen.

Es geht nicht um nationales Selbstbestimmungsrecht einer nationalen Minderheit, sondern um den Versuch einer Minderheit der Mehrheit ihre Meinung zu diktieren. Die einzig taugliche Abstimmung über das Bestehen eines Staates und seiner Grenzen, wenn ich eine solche überhaupt  zulassen will, muss alle Bürger beteiligen und nicht nur eine aufrührerische Minderheit, die sich zu separieren versucht gegen den Willen der großen Mehrheit des Staatsvolkes.

Es gibt in Deutschland eine kleine Gruppe Reichsbürger und ängstlich, rassistisch gestimmter Pegiden. Würden diese eine Volksabstimmung über den Austritt aus der EU und die Schließung der Grenzen wie die Einführung der Todesstrafe durchführen, die zuvor von der Bundesregierung für illegal erklärt worden wäre, was nicht mal nötig wäre, damit die Polizei effektiv gegen sie vorgehen könnte, hätte dies natürlich keinerlei rechtliche Wirkung. So wenig wie das katalanische Unabhängigkeitsreferendum gerade. Im Gegenteil ein solcher Bruch nationalen Rechts, könnte sogar als Hochverrat bestraft werden, insofern Menschen dabei tätig wurden, die es darauf absahen, das Land und seine demokratische Rechtsordnung zu beseitigen.

Die Frage, die sich für die Zukunft stellt, ist, wie gehen wir mit solchen Separatisten um, die den Staat negieren und seine Autorität im demokratischen Europa infrage stellen?

Eigentlich sind dies Terroristen und es müsste gegen sie mit der gleichen Härte vorgegangen werden wie einst gegen ETA, IRA oder PKK. Doch ist dies sinnvoll?

Wer gegen den nationalen Wahn mit Gewalt vorgeht, schafft Helden, Hass und stärkt diejenigen, die der Gemeinschaft schaden. Es fragt sich also welche Reaktion auf solche separatistische Bestrebungen angemessen wäre.

Einzig angemessen wäre, sie zu ignorieren und wo sie terroristisch werden mit polizeilichen Mitteln Grenzen aufzeigen, die Täter hart bestrafen und den Rest so gut wie möglich, wieder zu integrieren.

Über den Bestand einer Nation als solche kann nur diese selbst entscheiden, wo sich eine Gruppe mit Gewalt - auch die Durchführung einer illegalen Volksabstimmung, ist Gewalt - gegen das Interesse der Mehrheit richtet, müssen dieser staatlich Grenzen aufgezeigt werden, wenn wir am Konstrukt des Staates in alter Form als dem Träger der Gewalthoheit festhalten wollen.

Warum der Staat die Hoheit über den Einsatz von Gewalt haben soll, wer sie sonst haben könnte und was passierte, wenn wir dem Staat nicht mehr erlauben seine Interessen durchzusetzen, kann diskutiert werden. Es gab und gibt immer wieder Staaten, die gegen die Menschenrechte verstoßen, die Demokratie mit Füßen treten, Widerstand erzwingen. Hier ist Widerstand geboten.

Im vorliegenden Fall jedoch geht es um einen Rechtsstaat in der EU, dessen Rechtsstaatlichkeit nicht infrage steht. Widerstand gegen einen solchen ist erst mal illegal und erfordert also die Solidarität aller Partner der Gemeinschaft.

Das Bestreben der Katalanen kann zu keinem erfolgreichen Ziel in der EU führen und darf dies nicht, wenn wir die Gemeinschaft nicht auflösen wollen. Das Urteil über den noch amtierenden Separatisten wäre damit klar. Er hat seine Pflichten verletzt, sich vermutlich des Hochverrats strafbar gemacht und muss seines Amtes enthoben werden, für dies Handeln mit den Mitteln des Rechtsstaates bestraft werden.

Einer Lösung bringt dies weder die Region, noch den spanischen Staat oder gar Europa näher. Das rechtlich gebotene Durchgreifen hätte längst erfolgen müssen, indem der amtierende regionale Verwalter hätte verhaftet werden müssen, bevor es zu dieser illegalen Abstimmung kam. Nun fühlt sich ein zu großer Teil der Bevölkerung dort als Opfer des Zentralstaates und durch alles staatlich gebotene Handeln persönlich angegriffen und verletzt.

Sie wurden illegal nach ihrer Meinung in einer verbotenen Abstimmung gefragt und haben ihre Meinung klar geäußert. Damit wären sie eigentlich Mittäter des Hochverrats und entsprechend zu bestrafen.

Die rechtlich klar gebotene Durchsetzung des Rechtsstaates verstärkte das Problem aber noch weiter und ließe eine friedliche Lösung in weite Ferne rücken. Zugeständnisse an die Separatisten andererseits, legalisierten ihr Verhalten im Nachhinein und schadeten damit langfristig ganz Europa, stärkte solche Bewegungen überall.

Hier könnte abgewogen werden, ob die von einer Befriedung durch Zugeständnisse ausgehende Gefahr größer ist, als der Gewinn an Frieden dort. Dabei  muss das Schicksal einzelner Teilnehmer gegen den Bestand der Nation als solcher abgewogen werden und der Frieden gegen den drohenden Bürgerkrieg.

Darum wäre eine Unterscheidung zwischen den Tätern und Anstiftern der Bewegung und den nur Mitläufern vielleicht hilfreich. Der amtierende Leiter der Regionalverwaltung muss konsequent abgesetzt und verhaftet werden, um ihn dann dem geltenden spanischen Recht gemäß zu bestrafen. Da hat sich Europa nicht einzumischen und muss dessen Bitte um Mediation ignorieren. Mit Straftätern wird im Rechtsstaat nicht verhandelt, ihnen wird der Prozess gemacht.

Ob die spanische Regierung dafür langfristig die Autonomie der Region aufheben muss, um sie von Madrid aus zur Strafe zentral zu verwalten, wie nun bereits gedroht wird, scheint dagegen fraglich, auch wenn es das rechtlich gebotene Handeln wäre.

Der Rechtsstaat findet seine Grenzen, wenn ihn eine Mehrheit ablehnt und zum Widerstand gegen ihn bereit ist. Hier könnte die EU ein unterstützendes Regionen Projekt aufsetzen, dass die regionalen Besonderheiten stärkt und fördert, eine Loslösung von der EU und Spanien unattraktiver für die Bürger scheinen lässt.

Dieses Zuckerbrot und Peitsche Prinzip ist nicht konsequent und kann die schädliche Folge haben, dass sich andere Regionen in ihrem Streben nach Unabhängigkeit bestätigt sehen, um zumindest mit Gewalt diese Vorteile zu ergattern. Damit würde die Maßnahme der Befriedung langsfristig neue Konflikte schüren.

Würde ein solches Projekt jedoch etwa von Merkel und Macron europaweit aufgelegt und hier sinnvoll und nachhaltig investiert, könnte ein solches Konjunkturprogramm für die Regionen ganz Europa in seiner Vielfalt stärken. Spanien müsste niemand bevorteilen, würde die Täter seinen Gesetzen gemäß bestrafen und sich dafür einen langfristigeren Frieden einhandeln.

Mehr ist momentan wohl nicht zu erreichen. Versuchen wir am besten, diese kleine Lösung vorsichtig zu erreichen, statt eine dauerhafte Problemzone im Norden Spaniens zu etablieren. Alle politisch verantwortlichen dieser illegalen Abstimmung bestrafen und des Amtes entheben, dafür den Bürgern, die ein Bedürfnis nach mehr regionaler Selbständigkeit haben, das Zuckerbrot der Förderung reichen, das langfristig und nachhaltig bindet, in vielen Regionen Europas für Wachstum sorgen kann und sinnvoller investiertes Geld wäre.

jens tuengerthal 4.10.2017

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