Sonntag, 8. Oktober 2017

Freiheitsangst

Noch ist Polen nicht verloren, heißt es in der polnischen Nationalhymne, aber viel fehlt nicht mehr um die erste Trägerin des Umsturzes in Europa nach 1989 zum verlorenen Staat zu machen, der sich in fanatischem Katholizismus und rasant steigender Fremdenfeindlichkeit, die mit Islamhass verbunden ist, selbst aus Europa herauskatapultiert in das es doch unbedingt hinein wollte.

Ähnliches gilt für Ungarn, die Slowakei, Tschechien und auch zu große Teile des Balkan. Überall dort ist der Hass aufeinander noch größer als die Angst vor Kriegen und der Respekt vor der Freiheit aller Menschen, die Freude an dem was Europa ausmacht.

Die dort gewählten Regierungen fördern Vorurteile und Rassismus in der Bevölkerung und in Polen wirkt noch die Bischofskonferenz in diese ungute Richtung mit. Es fehlt eine demokratische Tradition wie sie der Rest der EU seit 1945 pflegt und teilweise mühsam lernte.

Auch die deutsch-französische Freundschaft war ein langer Lernprozess, in dem Vorurteile abgebaut und Gemeinsamkeiten immer wieder betont und wiederholt werden müssen. Ganze Generationen wuchsen noch mit den Sprüchen der Großeltern über die Nachbarn auf, ob das im Norden gegen die Holländer ging oder im Westen gegen den Franzosen.

So sind sie halt die Franzosen oder sogar im Singular der Krieger, so ist er der Franzos oder der Tommy, waren Sprüche, die in meiner Schulzeit noch vielen leicht über die Lippen gingen und ganz genauso ging es den Franzosen und es war ein harter langfristiger Prozess, gegen diese Vorurteile anzukämpfen, ist es teilweise bis heute und die neuesten Abspaltungsbewegungen etwa der aufgehetzt, irre gewordenen Katalanen oder bald wieder der Nordiren und Schotten, der Norditaliener gegen den Süden, zeugen davon, dass die unsinnige Vereinzelung immer noch Menschen motiviert, sich zu hassen und gegeneinander zu hetzen, auch wenn sie eben noch Nachbarn waren.

In Deutschland gab es mal die Bewegung Freies Franken, die von Bayern loskommen wollten, denn sogar die Friesen, deren Freiheit länger schon verbrieft ist, als Deutschland überhaupt existiert, kämpfen nicht mit unsinniger Gewalt gegen den Staat, der sie vereinnahmte - es geht einfach allen zu gut hier und so fragt sich, ob es den Menschen in Polen und Ungarn so schlecht geht, dass sie den Einflüsterungen der Populisten so leicht anheimfallen, sie blöder sind als der Rest Europas oder einfach der Mut fehlt, die Dinge beim Namen zu nennen.

Für Europa wäre es rein ökonomisch eine Freude, die Polen mit den Briten zusammen los zu werden. Die einen, das Inselvolk in Britannien, zumindest soweit es die englische Mittelklasse allein betraf, zahlen und wollten darum gehen, weil sie falschen Versprechungen glaubten, die sie teuer zu stehen kommen werden. Die anderen aus dem alten Osten sind Empfängerländer besonders in der Landwirtschaft ansonsten wenig produktiv an Europa beteiligt, zu dem sie nur kulturell einfach gehören, auch wenn sie dessen gewachsene Traditionen brutal ignorieren.

Auf Polen und Ungarn zu verzichten, täte der Gemeinschaft ökonomisch gut, wenn nun noch der undurchsichtige ungarische Potentat die Kosten für seinen Grenzzaun der Gemeinschaft aufdrängen will, wird der Abschied vielen immer leichter fallen.

Dies ist ein katastrophaler Zustand für Europa und seine auf Wachstum und Vereinigung setzende Gemeinschaft, die durch das Lernen am Vorbild die anderen mitnehmen will auf die Straße des Rechtsstaats und der Gerechtigkeit.

Vermutlich wünschen sich viel mehr Polen zu Europa zu gehören als der noch Regierung zustimmen - gerade aber die konservative ländliche Bevölkerung wählt von den Priestern beraten weiter konservativ und stärkt die europafeindlich agierende Regierung, die kassieren möchte ohne gemeinschaftliche Pflichten zu übernehmen, weil sie die europäischen Prinzipien scheinbar nicht verstanden haben.

Während meines Jurastudiums wurde der Vertrag von Maastricht noch unter Kohl geschlossen, der damit seine und Mitterrands Version vom einigen Europa realisierte, dass immer mehr zu einem Staat zusammenwächst, Frieden, Wohlstand und Sicherheit bietet.

Manche gerade im Osten auch unseres Landes fürchten um ihre Sicherheit mehr, als sie noch die Chancen der Gemeinschaft erkennen. Verspielen die Grundwerte der Union, um ihren Ängsten zu genügen und die Vorurteile ihrer Wähler zu pflegen.

Keiner will ein islamistisches Europa, es ist auch nicht ersichtlich, warum und wo diese Gefahr bestehen sollte. Auch wenn der Krieg gegen die Islamisten, die das Land hinter der Küste Syriens besetzten, noch 30 Jahre dauern sollte und zu einem Zerfall der ganzen Region führt, wird dies nichts an der Struktur und den Prinzipien Europas ändern können.

Wer Europa sichern will, muss für Europa und seine Prinzipien kämpfen, zu denen Toleranz und Freiheit genauso gehören wie das Grundrecht auf Asyl. Alle die an diesen Prinzipien sägen, bringen das Gebäude als Ganzes ins Wanken und haben in der Gemeinschaft nichts verloren, deren Kern Frankreich, Deutschland, Italien, die Beneluxstaaten und Teile Skandinaviens bilden. Spanien ist seit Francos Tod auch ein treuer Partner und Griechenland als in vielem Quelle unserer Kultur gehört auch dazu. Die anderen, einschließlich Russland und der Ukraine, dürfen mitspielen, wenn sie sich an die Regeln halten, die sich Europa über viele Jahre erarbeitete.

Polen und Ungarn sind unter ihrer derzeitigen Regierung nur noch ein Störfaktor in der EU und ein Kostenfaktor dazu. Es bedarf nach dem zumindest vorübergehenden Abschied der Briten gute Gründe diese Kostgänger weiter zu finanzieren, die sich nicht an die Regeln der gerechten und sozialen solidarischen Gemeinschaft halten wollen, ihre Völker gegen andere Bürger aufhetzen.

Dies klar zu benennen, heißt nicht, sie rauswerfen zu wollen -  Polen ist ein Teil Europas wie Ungarn länger ein Teil Österreichs war, als es die EU gibt - aber es heißt, Prioritäten zu erkennen und hoffentlich auch schnell setzen. Die kluge deutsche Kanzlerin hat das richtig erkannt und strategisch klug in dieser Hinsicht gehandelt.

Natürlich spricht keiner von Strafen für diejenigen, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, da die EU lieber Geld verteilt und nur die Kosten umlegt und verteilt. Wenn Flüchtlinge und die für sie nötige Integrationsarbeit finanziell lohnend werden, wird auch Bayern seinen Obergrenzenwahn schnell beenden.

Statt Milliarden in die Inflationsprävention zu investieren, wie es die EZB derzeit tut, wirkte ein winzig kleiner Teil dieser Summe in die nachhaltige Integration und Perspektive investiert dauerhafte Wunder.

Woher soll das Geld kommen, wenn es keinen wirtschaftlichen Wert schöpft?

Aus noch aufzulegenden Fonds für Integration und Zukunft, die Werte der EU verteidigen und damit dauerhaft mehr Sicherheit weltweit gewinnen, würden die Staaten bezahlt, die Flüchtlinge aufnehmen und so würde der Milch und Butterberg der EU umgebaut in einen sozialen Ausgleichsstrom.

Italien und Griechenland bekämen reichlich Zuschüsse, die dafür Polen und Ungarn gestrichen würden, auch wenn es keiner so direkt sagen würde, betreibt die Kanzlerin seit Beginn der Krise konsequent diese kluge und weitsichtige Politik, auch wenn es ihr noch nicht wirklich gelang, diese erfolgreich zu kommunizieren, wird sie sich doch auf Dauer mit großem Erfolg durchsetzen.

Es muss sich lohnen, in Europa sozialer zu sein als die Nachbarn und mehr Menschen aufzunehmen. Darüber wird sich schnell geeinigt werden können. Da die Mittel logisch beschränkt sind, werden sie dafür an der Stelle gestrichen, wo sie schon lange nur ein unproduktiver überbezahlter Kostenfaktor des gemeinsamen Marktes sind. Wer da nicht an die Landwirtschaft denkt, von der Polen noch lebt, braucht gute Gründe.

Bismarck spielte noch mit Zuckerbrot und Peitsche. Trump und Putin verstehen auch diese Sprache scheinbar am besten und verursachen infolge riesige Kollateralschäden an den Rändern ihres Einflussgebietes, ohne davon einen langfristigen diplomatischen Gewinn zu haben. Es wurde diese Methode heute eher zu einem absurden viel Lärm um nichts. In der heutigen Welt gibt es nur langsame Veränderungen auf dem Verhandlungswege, die dauerhaft Erfolg versprechen. Kriege kosten nur und werden höchstens noch zur Eindämmung von Gefahrenquellen geführt. Eroberung von Land wird in der völkerrechtlich geregelten Welt zur unrealistischen Vision.

Die Kanzlerin und ihre klügeren Kollegen haben dies begriffen. Sie kämpfen nicht mehr gegen das System sondern nutzen seine natürliche Bewegung lieber für sich aus. Wozu gegen den Strom strampeln und kämpfen oder Konfrontationen riskieren, wenn ich ohne viel weiter komme,

Europa wird in der Flüchtlingsfrage entscheiden und regeln. Damit sich keiner erschreckt, wird es dies über Zuschüsse und Kostenbeteiligung tun. Dem werden alle zustimmen können. Wer sich hier verweigert, kann gleich gehen, weil er Europa nicht verstanden hat, in dem es immer um die Erlangung von Förderung geht. Das wissen auch die Polen und Ungarn, die sich nur dagegen wehren, dass welche zu ihnen kommen, weil sie leichtsinnig ihr Volk auf diesen verfehlten Pfad gelockt haben.

Bei der Neuverteilung der Mittel werden die Geberländer entscheiden und die hohen Aufwendungen die Europa zur Integration und Aufnahme von Flüchtlingen tätigt, müssen relativiert und umgesetzt werden. Dies wird ein Deal wie jener mit der Türkei, dem Schurkenstaat, der sich aber noch relativ gut an seine Verträge hält, weil die Türkei ohne die Gelder und die Beteiligung aus Europa längst pleite wäre, keine Perspektive hätte, da der wahnsinnige Herrscher sich aus Angst vor Opposition der besten Köpfe seiner Eliten selbst beraubt, was zwar die Unterwanderung des an sich laizistischen Staates mit Islamisten fördert aber letztlich doch keinen Gewinn bringt wie all dieser aus der Zeit gefallene Aberglaube.

Könnte darauf wetten, dass der islamische Terror so bald ausstirbt, wie wir nicht mehr auf arabisches Öl angewiesen sind und sich diese relativ unterentwickelten Räubervölker aus der Wüste danach entweder auf den Weg zur Vernunft machen oder die verbliebenen Staaten in sich zerfallen, wenn sie sich nicht in ewigen Fehden um die wahre Lehre untereinander weiter ausrotten. Aber das ist nicht Thema hier und also auch nicht, ob dann die wesentlich ältere persische Kultur wieder aufsteigt, wenn der primitive Aberglaube Mohammeds der Vernunft weicht. Dies sind Fragen der Zukunft, um die es aber vorliegend weniger geht, doch machen sie deutlich, zu welch irrationalem Handeln sich Menschen verleiten lassen, sobald ihr Aberglaube eine Rolle spielt.

Wie sich am Beispiel Polens zeigt, kann das Spiel auch der Kirche mit der Angst im Volk immer noch erstaunlich viele Menschen zu völlig unsinnigen Aktionen bewegen, die schon an sich eine contra dictio der eigenen Ideen sind. Die christliche Nächstenliebe auf die Vaterlandsliebe umlenken und diese sinnfrei pathologische Richtung noch durch Hass und Angst gegen andere Menschen verstärken, belegt schon einen hohen Grad der Verwirrung, der fast an den kranken Rassenwahn im Deutschland nach 1933 erinnert, medizinisch betrachtet.

Ob das Geld alle Fragen löst, wird die Zukunft zeigen. Es braucht dazu auch Führer an der Spitze der Staaten vom Kaliber einer Angela Merkel, die richtig die Fragen der Zeit erkennen, weiterdenken, langfristig eine solidarische Rechnung für alle aufmachen, bei der sich gutes Handeln auszahlt, während der Verstoß gegen die Regeln infolge also nur indirekt mit Geldentzug bestraft wird, das den sich konform verhaltenden wieder mehr zufließt.

Wir retten gern Rom und Athen, wenn sie uns weiterhin die Probleme vom Hals halten, würde keiner offiziell sagen, solch undiplomatischer Ton wäre verpönt, aber im Ergebnis bleibt es so.

Ob zur Belohnung, nachdem Erdogan in seinem religiösen Wahn und seiner längst pathologischen Verfolgungsangst die Türkei zugrunde richtete und diese zerfiel, das viel ältere Byzanz wieder griechisch wird oder eine europäische Kapitale multikultureller Prägung unter zentraler Verwaltung, wird die Zeit zeigen. Das Ende des Kalten Krieges hat gezeigt, dass keine Grenze für die Ewigkeit sein muss.

Das immer laizistischere Europa kann dem letzten Gefecht der Sekte Islam in Ruhe zusehen und sollte dann dort nachhaltig investieren, wo die Leerstellen blieben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass mit hilfe der NATO dort langfristig die Kurden als immer zuverlässigster Partner im Kampf gegen den Terror und liberalstes Volk der ganzen Region als Friedensmacht aufgebaut werden, deren Liberalität und Freiheit für Frauen und Männer dann auf die Nachbarn ausstrahlt.

Es geht um keinen Kampf der Kulturen, sondern eine Ökonomie der Freiheit und die Herrschaft der Vernunft infolge ohne jeden religiösen Fanatismus. Wer die Angst herrschen lässt, wie es alle Weltreligionen tun auf die eine oder andere Art wird keine Perspektive an der Macht haben. So gesehen muss uns Polen keine Angst machen, wenn sie nicht begreifen, wie Europa moralisch und finanziell organisiert ist, werden sie erst finanziell in die Schranken gewiesen, denn sie brauchen Europa dringender als umgekehrt, oder durch die gemeinsame Aufnahme der Ukraine mit Russlands zu einem unwichtigen Provinzchen gemacht, das wo nötig überstimmt wird.

Die Zollunion mit Russland und langfristig China wird die Supermacht auf Abwegen im Westen auch langfristig und nachhaltig disziplinieren und zu einem gemeinschaftlichen Gleichgewicht der Kräfte führen, bis alle Staaten der Welt Mitglied in dieser EU werden wollen, die dann in UU, United Union, umbenannt wird, weil es keine Vereinten Nationen mehr braucht, wo die Nationen und ihr entscheidendes Merkmal die finanzielle Hoheit aufhörte zu existieren und der Rest ist nur noch Folklore.

Das bessere System setzt sich durch und ist langfristig nachhaltig erfolgreicher. Zwar können kleine Diktatoren und Fanatiker kurzzeitig einen Wahn erzeugen, der ein Volk zu völlig unsinnigen Entscheidungen bringt, aber auf Dauer siegt doch das Gute und Richtige System der Freiheit weil es überlegen und besser ist als der billige Populismus, der auf Hass und Angst setzt.

Warum das Christentum mit seiner Philosophie der Angst mit dem gleichzeitigen Angebot der Erlösung lange so erfolgreich war, müsste jedem vernünftig denkenden Menschen rätselhaft erscheinen, ginge es dabei nicht weniger um den Aberglauben, der im Vordergrund steht als die Macht im Hintergrund, die sich immer schon seiner bedient.

Seit Kant spätestens kann jeder Mensch wissen, dass moralisches Handeln keiner Götter bedarf, diese im Gegenteil sogar ein solches ausschließen der Logik nach, also für ein gutes Leben entbehrlich sind. Dennoch hat es sich noch nicht auf der ganzen Welt herumgesprochen und die Regierungen hüten sich davor den Menschen ihren Aberglauben konsequent auszureden, weil dieser viele noch gefügig hält und leichter integrierbar macht.

Der Schritt zur moralischen Autonomie des kategorischen Imperativs bedarf einer hohen Fähigkeit zur Abstraktion und großer Bildung, um diese Freiheit würdigen und genießen zu können. Dies ist natürlich für alle Menschen erstrebenswert und sollte jedem Volk zugetraut werden, doch solange dieser Wunsch theoretisch bleibt, wird Europa Polen irgendwie zu behandeln wissen, damit es zurück zur Freiheit findet, denn noch ist Polen nicht verloren.

Die entweder Zange zwischen Russland und Westeuropa, die Polen zur Räson bringen könnte oder die Verschiebung so großer Summen zur Integration, dass wenig für Landwirte übrig bleibt, sind hier das Mittel der Wahl - noch hat Polen nicht verloren und kann wieder mitspielen, was sonst aus ihm wird, kann auf lange Sicht wohl keiner sicher sagen, sind doch alle Grenzen immer nur relative Festlegungen der Zeit und wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt, verliert sich auch schnell zwischen diesen ganz.

Wünschen wir den polnischen Nachbarn, dass sie bald wieder den guten Weg nach Europa finden, denn was würde sonst aus dieser autonomen katholischen Region zwischen Westeuropa und Russland wohl werden?

Bis dahin heißt es weiter, lächeln und Geld verteilen

jens tuengerthal 8.10.2017

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