Dienstag, 3. Oktober 2017

Resterampe

Sind Frauen in Deutschland nur für die Resterampe?

Erst als Kohl abgewirtschaftet hatte, Schäuble im Spendenstrudel zunächst mit zu ertrinken drohte. Kam die Stunde von Kohls sauberem Mädchen Angela Merkel, die aus der Opposition heraus die CDU wieder an die Macht brachte und nur Stoiber sich noch die Hörner abstoßen ließ, weil sie Zeit hatte, Schröder schon bald die Vertrauensfrage stellte.

Seitdem führt die Kanzlerin das Land und die Partei mit wachsendem Zuspruch und das obwohl von Putin geförderte Propaganda Sender bei für so etwas wohl besonders anfälligen Sachsen und anderen naiven Bürgern reichlich Störfeuer schon länger senden. Die Deutschen schätzen ihre ruhige Hand, ihre Zuverlässigkeit und ihre Bescheidenheit, die gut preußische Art, mit der sie mehr leistet, als in Erscheinung tritt und so wird das Land die ganze Qualität ihrer Arbeit vermutlich erst zu schätzen wissen, wenn sie die Kanzlerin nicht mehr hat.

Im Erfolg hat die Partei Kohls nie den Wechsel zur Führung durch eine Frau geschafft. Es passte nicht zum konservativen Image und der Überzeugung vieler Hinterbänkler sich für gute Frauen stark zu machen.

Aus der Niederlage kam die Wende und unter der später Kanzlerin, mit ihrer Ministerin Ursula von der Leyen, präsentierte die Union noch lange vor der SPD eine taugliche Politik zur Kinderbetreuung und das sogar gegen die lächerlich chauvinistische CSU.

Die Männer waren belastet oder hatten keinen Plan und eine Frau übernahm die Führung. Sie wurde und wird angefeindet aber sie führte das Schiff in Ruhe durch die teils stürmische See. Ohne die Flüchtlingsverschickung durch Erdogan über den Balkan könnte sich Merkel nun wohl in Ruhe auf der absoluten Mehrheit ausruhen. Bescheiden alles richtig gemacht, zu ihrer Verantwortung konsequent gestanden, mehr Mut bewiesen als alle Männer vor ihr, lange schon nobelpreiswürdig.

Eine Frau, die als langweilig galt, Physikerin aber kein Redetalent, Kohls Mädchen aus der DDR, die nur durch seine Gunst Karriere machte, wurde zur einflussreichsten Frau der Welt, führt ihr Land erfolgreicher durch alle Krisen bisher als die bloßen Zahlen der letzten Wahl nahelegen und beweist dabei in jeder Situation eine solch männlich ruhige Hand, dass es an der Zeit scheint, die Geschlechtsattribuierung umzukehren.

Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht zum Opfer von Ehrgeiz und Intrigen wird, wie sie in allen Parteien herrschen. Eine starke Frau an der richtigen Stelle,  die bescheiden gute und zuverlässige Arbeit für ihr Land leistet. Was besseres konnte Deutschland nach der Zeit der testosteronhaltigen Rituale der Männlichkeit unter Kohl und Schröder nicht passieren.

Lange schon schreibt sich die SPD auf ihre Fahnen für Frauen zu sein, den Feminismus zu fördern und haben darum solch wunderbar starre Institutionen wie die Quote geschaffen, um die Basis zu lähmen, die mit nichts anderem als der korrekten Quotierung beschäftigt scheint. Real wurde das nicht.

Es gibt zwar nette Frauen Organisationen in der SPD, wie etwa die ASF, die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, doch zu mehr als zum Eierwärmer stricken für ihre stets männlichen Vorsitzenden und Kandidaten hat es dort noch nie gereicht. Die SPD ist ein typischer Altherrenverein. Einer der älteren Herren war Kanzler, bevor er zum Russen rüber machte, einer ist nun Bundespräsident, nachdem er gegen Merkel schon mit schlechtem Ergebnis scheiteterte. Wenn sie nicht der Russe versorgt, versorgen sie sich selbst.

Nun kam einer aus Europa, sogar mit Bart und wenn ich sehr freundlich bin, sage ich noch der Buchhändler sah wie ein typischer Oberstudienrat aus, doch eigentlich will ich gar nicht so nett sein, zu diesem intriganten Laden, der sich nur die Pöstchen in der obersten Etage hin- und herschiebt, um sich dann vermeintlich demokratisch von der Basis für ihren Posten-Basar bejubeln zu lassen und den größten aller sozialen Versager zum Mr. 100% zu wählen, natürlich quotiert Männlein wie Weiblein.

Nun plötzlich taucht Andrea Nahles aus dem Nichts auf. Der vermutlich klügste Schachzug, den Schulz in seiner bisherigen Karriere überhaupt machte. Kenne und schätze Andrea Nahles persönlich sehr. Sie ist, wenn sie eine Arbeit übernimmt, so zuverlässig wie die Kanzlerin und schafft es sich in ein System einzufügen.  Sie galt immer als extrem links, weil sie von den Jusos kam und dort ihre Karriere als Vorsitzende begann. Diese Zeiten liegen lange hinter ihr. Als Ministerin hat sie mit ihrer guten und zuverlässigen Arbeit sogar CSU Kollegen zum einhelligen Lob gebracht. Sie ist gut und sie macht was. Tat dies relativ uneitel und war sich nicht mal zu doof im Bundestag Pippi Langstrumpf zu singen, als es ihr gerade passte.

Sie wird Schulz beerben, wenn es nicht Manuela Schwesig tut und damit die schöne blonde Ostdeutsche zur Kandidatin gegen Mutti werden sollte. Eine interessante Konstellation. Verschiedene Sozis fahren den Karren immer tiefer in den Dreck und als nichts mehr geht, überlassen sie in der Opposition langsam den Frauen das Ruder, vorgeblich nur erstmal, um sich zu erholen und kooperativ. So wie ich die beiden kenne, wird das nicht vorübergehend sein, sondern der Beginn eines totalen Wandels der Sozialdemokratie, die endlich für das stünde, was viele in ihr vermissen. Eine moderne, frauentaugliche Politik, wie sie ihnen die CDU seit Jahren vorlebt. Nur eben einen Zacken jünger und schärfer dabei.

Weder Andrea Nahles noch Manuela Schwesig wollen als Königsmörderinnen da stehen und den überholten und angeschlagenen Schulz stürzen, nur darum ist er noch im Amt. Sie sollten sich ein Beispiel an Merkel nehmen, der Alte hat ihr zwar bis zum Ende gegrollt, ihrer Übernahme der Macht hat das nicht mehr geschadet, im Gegenteil.

Fraglich nur welche der beiden übernehmen soll und wird. Manuela Schwesig ist als MP in MV erstmal aus dem Geschehen und ab vom Schuss, hat dafür  Regierungs- und Gestaltungsmacht. Andrea Nahles hat mehr politische Erfahrung auch auf der großen Bühne und kennt als ehemalige Generalsekretärin auch die Partei gut genug, sie sofort zu führen, besser als Schulz sogar der einst euphorische Mr. 100%. Sie wird Gegner in der Partei haben, was besser scheint als 100% Zustimmung wie zuletzt.

Als Konkurrenz zu Merkel halte ich sie für die beste Wahl in dieser Zeit. Unklar ist nur, gegen wen sie bei der nächsten Wahl antreten müsste und aus welcher Position heraus. So könnte es sein, dass Manuela Schwesig noch einen Versuch vorher hat, aber wahrscheinlicher ist es anders herum und es ist klar, dass Andrea Nahles, die den Laden lang genug kennt, weiß, es geht nur als Vorsitzende und Kandidatin, wie Merkel es zeigte und wenn Andrea nun noch Manuela den Vortritt lässt, so nur noch, um diese den Stoiber machen zu lassen.

Einzig für Manuelas verstärktes Interesse spricht deren solidarische und lautstarke Verteidigung des noch Vorsitzenden Schulz, die für gewöhnlich in der SPD auf das genaue Gegenteil schließen lässt, was nicht unbedingt für die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie spricht - aber inzwischen liegt dies Kapitel ja weit hinter mir und es geht derzeit fast um Mitleid mit einer untergehenden Spezies,

Aber lassen wir die SPD ihre Damenkämpfe intern und allein durchführen, die werden das schon hinkriegen. Eine der beiden wird als nächstes übernehmen und fraglich ist nur noch, ob sie Schulz brutal absägen und Streit provozieren oder nach der Niederlage in Niedersachsen einfach das Ruder in der Partei gelassen übernehmen, das ihnen die verzweifelte Führung der Versager nach Schröder dann anträgt.

Frauen starten aus der Krise und bauen auf dieser ihre Basis mit Zuverlässigkeit auf. So tat es Merkel und so tut es nun schon Andrea Nahles, nachdem Manuela Schwesig ihr durch das überraschende mecklenburgische Erbe als Konkurrentin entzogen wurde.

Was sagt uns diese Beobachtung für die Zukunft der Politik, wie tief lässt sie in die eigentlich chauvinistischen Kaderstrukturen etwa der SPD blicken, die ihre Quoten nur zur Basisbeschäftigung zelebrieren?

Führung wird künftig weiblich sein aber scheinbar brauchen viele Männer erst die totale Niederlage, um den Weg der Zukunft einzuschlagen. Die nach Kohl zerstörte CDU hat dies unter Merkel fast zwanzig Jahre eher geschafft als die SPD. Die Konservativen waren also progressiver und weitsichtiger, könnte es scheinen, wenn es nicht nur die Folge der völligen Niederlage gewesen wäre, in der belastete Funktionäre nicht mehr zum Zug kamen.

So scheint es einen Prozess der Zerstörung zu brauchen, um die Wiedergeburt des Weiblichen zuzulassen in einer festgefahrenen Welt. Dabei  könnte Schulz einmal eine Weiche in die richtige Richtung gestellt haben, auch wenn ihn der nun nachfolgende Zug überrollen und an den Rand drängen wird.

Voraussetzung für den Erfolg ist nur, dass Andrea nicht nur ihr Lieblingsprojekt von der einheitlichen Linken verfolgt, um nach links zu kuscheln, sondern erkennt, Mehrheiten werden in diesem Land nur in der Mitte gemacht, wo es weniger Show als Ausdauer braucht, um die Macht zu erobern. Welche Frauen nun in der Nachfolge Merkels in der CDU stark werden, ist noch unklar, auch ob sie eine andere neben sich groß werden lässt.

Der Blick auf die Damen wird uns mehr über die Zukunft des Landes verraten als die letzten Grabenkämpfe der Herren. Schauen wir dorthin, wo sich bald etwas bewegt.

jens tuengerthal 3.10.2017

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