Freitag, 14. Mai 2021

Leselächeln

Leselächeln

Bei der Lektüre von Thomas Mann
Lächle ich nahezu beständig über
Den Großmeister eleganter Ironie
Der alles und immer zuerst sich
Mit vornehmen Lächeln verspottet
Wie den eigenen etwas steifen Ton
Der die gute hanseatische Herkunft
Bezeugt auf die auch mein Großvater
Zu Bremen noch so bescheiden stolz war
Den nur für Eitelkeit hält wer nur die
Immer peinliche neureiche Version
Kennenlernen durfte der Tradition fehlt
Die mit Understatement in sich ruht
Nervte mich am Anfang noch etwa
Bei Joseph und seine Brüder der
Konsequent biblische Ton im Roman
Dem der Atheist und Aufklärer in mir
Beständig widersprechen wollte
Merkte ich irgendwann das ganze
Hat System und ist wie ein Märchen
In alter Sprache sagenhaft lächelnd
Erzählt wie noch das traurigste Stück
Nie ohne ironische Beharrlichkeit bleibt
Packten mich früher noch seine
Geschichten sind es heute mehr
Die Art in der er sprachlich zaubert
Warum er für sein Meisterwerk auch
Eine bekannte biblische Geschichte
Nehmen konnte ohne je zu langweilen
Weil der Zauberer mit Sprache spielt
Was Kunstwerk genug dem Kenner ist
Bei der Lektüre der Buddenbrooks ging es
Als ich sie zum ersten mal las noch um
Die Story die mir so verwandt schien
Geschichte der bürgerlichen Familie
Die so elegant mit den Zwischentönen
Umzugehen wusste aber dabei doch ihr
Einen genauen Spiegel vorhielt schon
Im Zauberberg schien er mir vollendet
Kulturgeschichte mit Ironie in der Klinik
Wurde meine geistige Heimat bis ich
Im Josephsroman mich verlor der
Ironisch lächelnd das Menschsein
Mit allen erfundenen Göttern betrachtet
Es wie ein Epos in eigener Sprache tut
Diese Kombination aus eleganter Bildung
Mit feinster Ironie die alles mild belächelt
Ist es was ich an Mann so liebe und was
Immer bleibt als kühle Distanz voller
Zurückhaltend feiner Ironie die nie
Böse aber immer liebevoll teilnimmt
Anders als Heinrich der im Untertan
Schenkelklopfend sich lustig macht
Über wilhelminische Bürgerlichkeit
Der zu grob für echte Eleganz ist
Schafft Thomas es mit noch steifer
Oberlippe lächelnd liebevoll zu plaudern
Weil er zwar betrachtet aber Teil des
Ganzen doch für immer auch bleibt
Ein Hanseat ist und keiner der in
Berlin für Erfolg in Theater und Film
Lautstark die Seiten wechselte
Sondern stets ein feiner Bürger ist
Uns die proletarische Solidarität ersparte
Die schlecht und billig immer wurde
Unelegant wie die Diktatur des Proletariats
Was ein Thomas Mann nicht nötig
Mehr hatte auch wenn dafür der
Laute Jubel am Set fehlte bekam
Der Zauberer den Nobelpreis wovon
Sein Bruder nur träumen konnte
Der Leser lauthals lachen ließ
Über kleinbürgerliche Spießer
Für den schnellen Witz aber
Die Klasse völlig verspielte
Aber als Bruder bekannt blieb
Außer im Exilroman Henri IV.
Doch auch bei dieser bunten
Wie lauten Gestalt des Königs
Von Navarra dem Paris noch
Eine Messe wert war fehlt es
An ironisch lächelnder Distanz
Was wer den Zauberer kennt
Als sein feinstes Mittel erkennt
Liebevoll lächelnder Teilnehmer
Der die steife Oberlippe erstmals
In Schriftform tanzen ließ

jens tuengerthal 14.5.21

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