Montag, 14. Dezember 2015

Frauenliebe 010

Unwillkommen

Hatte dort nicht hingewollt und fühlte mich nicht wohl mit den Kleinen in meiner Klasse, schaute auf sie herab, war ja Provinz hier, was wussten die schon von der großen Stadt in deren Nachbarschaft ich groß wurde, ohne sie selbst wirklich zu kennen, aber das merkte ja keiner.

Amüsiert habe ich neulich festgestellt, dass einer meiner neuen Klassenkameraden dort, die alle noch ein Jahr jünger als ich waren, inzwischen Finanzvorstand bei einem der wichtigsten DAX Unternehmen ist, spannend, wie sich Dinge ändern - er, von dem ich auch dachte, keine Ahnung, Langweiler, jünger eben, hat, vielleicht begünstigt von oben, er arbeitete schon als Schüler dort, eine große Karriere hingelegt, weil er vermutlich einfach gut ist, wie ich neidlos bewundernd anerkenne.

Als ich mich noch auf meinem Denkmal ohne Grund suhlte, sprach mich eine an, die zwar auf den ersten Blick nicht mein Typ war aber auf den zweiten dann um so mehr wurde, die ich ohne ihre Initiative glatt übersehen hätte, was schade gewesen wäre. Sie hatte sich gerade von ihrem Freund getrennt oder besser eigentlich er von ihr und da passte ich ihr als Trostpflaster gut und meine Beziehung am alten Ort lief langsam leer, es war Zeit anzukommen. Was ich als Neuer noch nicht wusste, dass über sie das Gerücht ging, schon durch einige Betten gewandert zu sein, sie keinen guten Ruf hatte - ich hatte ja keine Ahnung und nahm es, wie es kam.

Das erste mal unter meinem Hochbett erinnere ich noch genau, sie trug einen Body, was ich schon sehr scharf fand, auch wenn der eher sportlich war, fand ich es doch überaus erotisch nur zwei Druckknöpfe öffnen zu müsen, um an den Ort meiner Träume zu kommen. Sie war sehr blond und hatte ebensolche Schamhaare, was selten und traumhaft genug eigentlich war, ihr Busen war relativ groß und hatte auch diese leichte Birnenform, wie ich es schon von drei meiner Freundinnen kannte, was nicht wie im Playboy aussah, aber vielleicht veränderte es sich ja noch, dachte ich und mit der dritten nun, die ich so sah. Es war in den Zeiten bevor es ein Internet gab und jeder Junge schon bevor er den ersten Busen berührt mehr Formen von Brüsten in Bildern gesehen hat, als die meisten im Leben je berühren. Fand diese größeren rosa Brustwarzen ohne echte Spitze oder Nippel nicht das Ideal meiner Vorstellung aber doch schön und sinnlich genug, es zu genießen und fragte mich nur kurz, ob die Brüste in den Herrenmagazinen oder der meiner Mutter in der Realität wirklich vorkamen oder ein Busen einfach Zeit braucht, um seine volle Schönheit zu entfalten.

AIDS war zu diesem Zeitpunkt 1986 bei uns noch nicht wirklich ein Thema, auch wenn wir vielleicht etwas davon gehört hatten, seit 1981 kursierten die Gerüchte darum Unter uns gerade 16jährigen war es noch nicht so verbreitet, zumindest machten wir uns keine Gedanken darüber sondern schliefen einfach ungeschützt miteinander. Sie nahm die Pille, ich musste mir keine Gedanken machen und genoß es. Sie war etwas erfahrener, wusste, was sie wollte, auch wenn ich mit ihr nicht das Wunder an weiblichem Höhepunkt erlebt habe, hatten doch beide fühlbar ihren Spaß dabei, was mehr war als mit der vorigen Beziehung und Lust auf mehr machte.

Wir trafen uns noch ein zweimal, waren ein wenig Paar aber auch nicht so richtig, sie hing ja noch an ihrem Ex und dann war sie auch nicht die Frau meiner Träume gewesen, sondern eher die Brücke weg von der einen, die half am neuen Ort anzukommen, an dem ich noch keine Freunde hatte, mich eher einsam gemacht hatte, weil ich dort nicht sein wollte. Vielleicht hätten wir auch glücklich werden können, ich war mir nicht ganz sicher, machte mir aber nicht viele Gedanken, als es endete, sondern nahm es, wie es war, lächelte und stolperte weiter. Wir sahen uns später noch einige mal in dem kleinen Ort oder im Theater und lächelten uns an, es gab da mal was und das kleine Geheimnis der geteilten Erinnerung ist doch das schönste, wenn du früheren Geliebten, mit denen du es genosssen hast, wieder begegnest - wenig oder nichts dagegen bleibt, wenn das Genießen fehlte, dann vergessen wir es besser schnell wieder und ziehen lieber weiter, ohne der Narben zu gedenken.

Auf die erste, die klug und ehrgeizig war, aber für mich zu sehr auf ihre Mikrobiologie fixiert, als dass eine große Liebe daraus werden konnte, diese Beziehung, die für uns beide eher das Sprungbrett aus der alten Beziehung war, die uns emotional beide wohl noch mehr umtrieb als der Sex, den wir miteinander hatten, auch wenn er in der Erinnerung schön war, hinterließ sie keine tieferen Spuren in mir. Ganz anders als die nächste dort, wo ich nicht hinwollte. Sie war blond und hatte wunderbare, lange Haare und eine sehr üppige Figur, die auch einen Rubens wohl die Brauen hätte hochziehen lassen.

Sie war eine Dicke aber unglaublich sympathisch, Nachbarin eines Klassenkameraden von mir, einem halben US-Amerikaner mit dem ich kurzzeitig erwog in ein Fitnesstudio zu gehen, um mit Body Building zu beginnen, meine Schwimmerfigur auszubauen, auf die Mädchen Eindruck zu machen. Nach dem Besuch zweier, kam mir das ganze schon etwas fremd und komisch vor, diese Studios waren nicht meine Welt, Sport nicht mehr so interessant und wenn er nur den Muskeln diente noch stupider, wie die meisten, die dies exzessiv betrieben. So wurde ich kein Body Builder aber lernte die Nachbarin kennen, die ich sofort mochte und mehr als das, wäre sie nicht so dick gewesen.

Wir erzählten viele Abende in ihrem Zimmer unter dem Dach ihres Reihenhauses, ich kaufte ihrem Halbbruder mein erste Moped ab, das ich real nie fur, sondern nur zur Sanierung in Einzelteile zerlegte, um diese dann irgendwann in einer Kiste meinem besten Freund zu schenken, als ich von dem Traum einer 80er wieder weg war, die mich leicht und schnell in die alte Heimat auch tragen sollte und mit 16 hatten meine Eltern mir, gegen ihre Überzeugung, erlaubt, den Führerschein zu beginnen. Doch all das hatte nichts mit ihr zu tun, sie war blond und wie alles sonst an ihr war auch der Busen sehr groß und ist so schön in Erinnerung wie ihr zauberhaftes Lachen.

Irgendwann kamen wir uns näher unter der Dachschräge in ihrem gemütlichen Zimmer kuschelnd und quatschend und wenig später lagen wir nackt im Bett und streichelten uns. Sie war etwas älter als ich, besuchte das Gymnasium in der benachbarten Stadt, das einen guten Ruf genoss und wäre, wäre sie nicht so dick gewesen, in vielem ideal wohl - damals fehlte mir die Größe, dies zu übersehen - mit ranker, schlanker Schwimmerfigur gerade noch dem Fitness-Studio als dem Ort organisierter Geistlosigkeit entkommen, war sie noch eine Nummer zuviel für mich und ich genoss die fummelnde Nacktheit - wir haben, meine ich, nie zusammen geschlafen, wie wir ja auch nie wirklich zusammen waren, ich mich nie ganz zu ihr bekannt habe.

Der Sex war, gemessen am sonstigen Tiefgang unserer Beziehung eher belanglos, wie ein lustvoller Ausrutscher, in dem ich dem Trieb ohne mehr im Herz folgte, obwohl ich sie als Freundin so gern mochte. Sie tat sehr cool dabei und ich weiß nicht, was sie wirklich vorher bereits an Erfahrung hatte. Etwas älter als ich, der Sitzenbleiber, war sie da schon zwei Klassen über mir und ich bewunderte sie auch dafür, zeigte es aber nicht, sondern versuchte es durch meine Verführungskünste wieder auszugleichen - wir waren uns nah, näher als Freunde und hatten so etwas wie Sex, ohne zusammen zu schlafen und vielleicht darum habe ich sie verletzt, ohne es zu wollen, durch Unachtsamkeit und sie hat es mir, mit einem Geschenk deutlich gezeigt.

Ein Playmobiltaucher im Glas mit einem Brief dazu, der mir meine Arroganz vorhielt und meine Art andere zu behandeln, einfach abzutauchen, statt mich zu dem zu bekennen, was ich tat, nicht nur Sex zu haben, sondern auch den Menschen gegenüber zu sehen - ich fühlte mich missverstanden, wies die Kritik, die ich teilweise mit schlechtem Gewissen innerlich gut verstand, zurück und wandte mich lieber von dieser Frau ab, die mir innerlich sehr nahe, vielleicht zu nahe kam, aber ich war 16 und manchmal dauert es, zu erkennen, was wertvoll ist und bleibt, schlechtes Gewissen gegenüber all den Frauen, denen ich nicht gerecht wurde, treibt mich noch immer und gerne täte ich alles, sie alle zu versöhnen - bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob das ganz altruistisch die Liebe zu den Frauen ist oder eher egoistisch das Bedürfnis von allen geliebt zu werden, in guter Erinnerung zu bleiben, vergleichbar dem fast sportlichen Wunsch jeder Frau den tollsten Sex zu bescheren, also ob es in Gefühlsdingen darum ginge. Damals schob ich es weg, dachte, sie ist halt dick und beleidigt, weil ich sie nicht als Freundin wollte, weil mir so eine Dicke damals peinlich gewesen wäre, ich noch auf besseres hoffte, das heute kritisch zu sehen, ändert nichts und es sollen auch nicht die Bekenntnisse des Augustinus II werden, der sich für sein Verhalten schämt und geißelt, aber es würdigt mit Abstand und setzt einer weiteren wunderbaren Frau, die ich noch nicht so würdigen konnte, wie sie es verdient hätte, ein kleines Denkmal, was nichts ändert aber vielleicht das Gewissen nun ein wenig beruhigt.

Arroganz macht einsam und so blieb die Zahl der Freunde zunächst überschaubar, woran sich erst etwas änderte, als mich einer aus der 10., in der ich eigentlich wäre, wenn ich nicht zuvor sitzengeblieben wäre, ansprach und kennenlernen wollte. Mit diesem meinem lange Jahre dann besten Freund erst dort ankam, die Provinz schätzen lernte - der Sohn eines Bundeswehroffiziers und jüngste von 3 Brüdern war gebildet, weltoffen, kultiviert und führte mich in ganz neue Welten ein - wie die der klassischen Musik und der Oper. Er war auch schwul, was ich nicht wusste, erst Jahre später erfuhr, weiß gar nicht, ob er sich zu diesem Zeitpunkt schon ganz sicher war, aber er war anders und wir bildeten ein spannendes Team, das geistig immer enger wuchs, als nach einem halben Jahr klar war, ich musste dies Gymnasium verlassen, wenn ich nicht zum zweiten mal sitzen bleiben wollte - was wieder Umbruch und noch dazu Abstieg auf die Realschule bedeutete. Aber ich nahm es relativ locker - mein Vater war ja auch mindestens zweimal sitzengeblieben und noch was geworden als Chefarzt. So würde ich bald wieder wechseln nachdem ich gerade mit meinem neuen besten Freund, mit dem ich in den wenigen Jahren, die wir teilten, so nah war wie später mit kaum einem wieder, hier ankam, auch diesen Ort irgendwie schätzen lernte. Dies Buch handelt von meiner Liebe zu den Frauen aber den einen oder andern Absatz zu der zu den Männern, die mein Leben veränderten, muss ich hier auch schreiben - jener hat mich außer dem liebenden und begehrenden einen sehr wertschätzenden Blick auf die Frauen gelehrt, auch wenn ich noch sehr widerspenstig zunächst war, bin ich heute dankbar für die frühe Erweiterung des Horizontes durch einen Mann, der Frauen nicht begehrte aber als Freunde liebte und von all meinen folgenden Freundinnen sehr geschätzt wurde.

Durch ihn lernte ich eine andere kennen, die das Ankommen vor Ort noch beschleunigte, eine Eingeborene war, leicht den Dialekt der Region sprach, der mir doch eigentlich so zuwider war - sie war für mich ein unnahbarer Engel, den ich anbetete und verehrte, aber über das Händchenhalten ging die Verehrung damals, meine ich, nicht hinaus. Sie hatte zahlreiche Verehrer und wurde vom Barkeeper des örtlichen Cafés begehrt, galt jedoch als unnahbar, was den Reiz logisch noch erhöhte, darum hob ich sie in eine Sphäre der Marienverehrung, die mir zu der mal wieder katholischen zu passen schien, die aber, wie die Erfahrung inzwischen zeigt, selten zielführend ist, denn Frau will kleinen Mann, der sie als Heilige anbetet, sondern einen Freund, der mehr als das tut und auch wenn ich keinen Scheu hatte dies zu tun, auch große Lust auf sie hatte, tat ich doch nichts anderes, als mich in die Reihe ihrer Verehrer einzureihen und kam dabei erst viel später unter besonderen Umständen etwas weiter, die dort zu beschreiben sind aber noch peinlicher wurden als die vorher Marienverehrung. Eine sehr schlanke junge Frau mit flachem Busen, wenig Po und meist strengem braunem Zopf, bewegte sich sportlich und war überall beliebt, eine Schwiegertochter, wie sie sich Mütter wünschen, eine, die überall beliebt war, schien es mir, anders als ich, der gerne auch mal überall aneckte.

Vielleicht braucht jeder Mann im Leben solche eine Maria, die er jungfräulich verehrt, ich weiß es nicht, rational betrachtet, war es Blödsinn, da wenig Ziel führend, im Gegenteil und emotionale Ressourcen an eine Frau verschwendete, die lieber nicht so verehrt werden wollte und es völlig ok gefunden hätte, einfach zusammen zu sein, wenn ich nicht so eine große Wolke darum gemacht hatte, die jede Möglichkeit für sie zu kommen in der vorher Heiligsprechung meines ungläubigen Begehrens erstickte.

So verehrte ich sie und versuchte kurz bei einer guten Freundin von ihr zu landen, die der üppigere pragmatischere Typ war, weiß nicht, warum wir das nie weiterverfolgt haben, es hätte schön sein können, später war sie mit einem anderen Freund von mir kurzzeitig zusammen und ehrlich gesagt, darum habe ich ihn beneidet, körperlich hätte sie mich immer gereizt, ein Traum geradezu, geistig kamen wir uns, glaube ich, nicht so nah, aber auch das kann täuschen, später hatte ich noch mit ihrer Mutter einen Briefkontakt, der ein wenig flirtend war, was uns beide faszinierte, ohne zu etwas anderem als Worten zu führen.

Eine große Liebe hatte ich also vor Ort gefunden, eine von hier, eine von der ich sagte, ich würde sie sofort heiraten, wenn sie nur wollte, auch wenn ich das in meinen ersten 45 Jahren schon manches mal dachte, diesmal war das erste mal nach jener, gegen die ich mich damals entschied, weil mich die Freundin ihren Busen streicheln ließ, war sehr ernst gemeint und ich frage mich manchmal, was wohl aus mir geworden wäre und uns, wenn sie meinen Wunsch und Antrag erhört hätte. Besser aber ist es, die Heiligenbilder, die im Alltag nichts taugen, in ihrem Schrein zu lassen, sie von Ferne anzubeten und das Liebesleben zu genießen, wie es sich zeigt.

Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis ich ankam - dann war ich in den Cliquen, die mich interessierten, akzeptiert, kannte einige, wurde auf Partys eingeladen und da verließ ich die Schule wieder, weil es zum Halbjahr danach aussah, als würde ich auch beim zweiten mal in der neunten sitzenbleiben, denn der jugendliche Aufbau eines sozialen Lebens war wichtiger als jede Schule. Da hatte ich klare Prioritäten gesetzt und so geht es nach dem Wechsel mit einem neuen Kapitel weiter.
jens tuengerthal 13.12.15

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