Liebestod
Mit 16 starb ich, nicht für die Ewigkeit, aber doch klinisch sehr plötzlich mit erstaunlich langen Folgen. Über was ich nichts weiß, gibt es nichts zu sagen, darum auch dazu nur wenig und das als ich wieder da war. Alles übrige geschah eher an mir vorbei und ohne meine Beteiligung veränderte aber mein Gefühl für Liebe und darum spielt es doch eine gewisse Rolle hier.
Der Liebestod ist ein klassisches Motiv, auch wenn mir der Gedanke im wertherschen Sinne später noch häufiger nah kommen sollte, habe ich ihn noch nicht erlebt, nur geträumt und meine Erlebnisse bescheiden sich in der Praxis auf das, was die Franzosen so treffend kleinen Tod nennen allerdings bis dahin noch relativ ungleichzeitig und einsam aber davon hatte ich ja noch keine Ahnung.
Zwischen dem dramatischen Liebestod und dem orgiastischen kleinen Tod aber liegt noch der ganz gewöhnliche, der Außenstehenden aber immer höchst dramatisch erscheinende, besonders bei gerade sechzehjährigen, die mit dem Fahrrad verunglücken. Wie oben schon gesagt, weiß ich nichts mehr davon, es ist durch den Schlag auf den Schädel, den mir der entgegenkommende Bus versetzte, gelöscht. Da ist nichts mehr und ich habe dazu nichts zu sagen.
Auch als ich tot auf der Straße lag, also mein Herz nicht mehr schlug, war da einfach nichts, was ja auch logisch wäre, von nichts kommt nichts, aber ich kann es nicht beurteilen, für mich ist es einfach dunkel und das erste Licht kommt etwa sechs Wochen später - dunkel habe ich den Besuch meines verehrten Patenonkels in Erinnerung, der an meinem Bett heulte, aber das tat er vor Rührung häufiger, außerdem wurde mir später davon erzählt und so gesehen ist es vermutlich keine Erinnerung sondern nur eine Täuschung, bewusstlos war eben nichts los.
Als es mich erwischte, war ich auf dem Weg in die Schule mit dem Rad einer meiner Freundinnen aus der vorigen Schule, die in der benachbarten Stadt wohnte und die ich am Abend mit anderen treffen wollte, um zum Geburtstag eines Freundes zu fahren, mit dem ich vor einigeeiniger Zeit bei einem Alkoholexzess in meinem Zimmer versumpft bin, aber das hat nichts mit dieser Geschichte zu tun, außer vielleicht die verbundene Einladung zu ihm, der sehr vornehm wohnte, weil sein Vater der Chef eines der wichtigsten Unternehmen der Stadt war, was aber auch relativ belanglos für die Geschichte ist, ihr nur eine lustige Note gibt, weil ich das Haschisch in der Tasche hatte, was wir am Abend zusammen rauchen wollten.
Ein winziges Stück nur, vermutlich hatte ich es bei dem Punk in meiner Realschulklasse gekauft, der immer etwas hatte oder organisieren konnte, ich erinnere es nicht mehr, weder ob ich dafür bezahlt habe, noch, ob er es mir schenkte - sollte er mich damit als Kunden werben wollen, war es nicht sehr erfolgreich - nach dem ersten Deal verschwand ich für ein halbes Jahr von der Bildfläche.
Dieses winzige Stück aber verschwand nicht sondern wurde von der Polizei mit meinen übrigen Kleidern, aus denen ich am Unfallort geschnitten wurde, zu meiner Mutter nach Hause gebracht, die das Zeug erstmal weggeräumt hat. Viel später fand ich das Stück in Aliufolie gewickelt in der Tasche meines Sakkos, es war wirklich winzig, kaute es, verschluckte es dann, eher unabsichtlich oder unachtsam und genoß auf einem Spaziergang durch den Ort einen herrlichen Rausch, stand mindestens eine halbe Stunde vor einer Ampel und freute mich an deren Farbspiel.
Dieser Unfall war auch wie ein Traum, das erste bewusste Erlebnis war der Transport mit dem Rettungswagen von der Intensivstation in den Reha, den ich aufregend fand und bei dem mir übel wurde, beim Blick aus dem Fenster des Rettungswagens. Dort erst, im Reha wurde ich langsam wieder bewusst, wenn auch widerwillig, weil es lästig war mit diesem gelähmten Arm, im Gitterbett und nicht sprechend sollte ich auf einer Tatstatur eintippen, was ich zu sagen hätte und ich tat es zu Beginn aus mir unerfindlichen Gründen auf englisch und das noch dazu relativ fehlerfrei wohl. Aber diese ganze Phase, die sich Wochen hinzog und mich etwas über die Relativität der Zeit lehrte, ist sehr verschwommen, häufig dachte ich noch, dies sei ein Alptraum aus dem ich hoffentlich bald erwachen würde - so schlief ich aus dem Nichts wieder aufgetaucht viel, habe wenig Ahnung was war und mit mir passierte.
Aus Erzählungen weiß ich, was mir gräßlich peinlich war zunächst, ich später aber lockerer sehen lernte und warum dazu gleich, dass ich in der Phase der Bewusstlosigkeit ständig onanierte und mit meinem erregierten Glied spielte - wohl mit rechts, da ich linksseitig ja diese spastische Lähmung nach dem Schlag auf den Kopf hatte. Wenn nichts mehr funktionierte und ich so fertig war, dass mein Vater anfangs überlegte, ob er nicht sogar die Maschine abschaltete, da die Hoffnung relativ gering war, dass es wieder würde, der Schaden zu groß bereits war, die Lust und der Trieb blieben und führten mich auch aus dieser dunklen Zeit wieder ins Licht des Bewusstseins zurück, da der bewusstlose Sex auch keine Erinnerung hinterlässt - da ich aber mit diesem Verhalten einige sehr junge Schwestern wohl ein wenig schockierte, ich weiß ja von nichts, wurde ich fixiert, was mein Vater dann bei seinen täglichen Besuchen wieder änderte.
So vergingen Monate in denen mich die Lust wohl umtrieb, ich von Liebe nichts weiß und die im übrigen im Nebel der irgendwie Bewusstlosigkeit nach Schlag auf den Kopf verschwinden. Später besuchte ich einmal die Schwestern, die ich so schockiert hatte und sie waren mehr als nett, wollte zwar keinen Kaffee mit ihnen trinken, den mochte ich immer noch nicht aber dafür die Schwestern um so lieber und eine lernte ich dann noch ein wenig näher kennen, aber das ist wirklich eine spätere Geschichte.
Als ich langsam wieder zu mir kam und zum ersten mal zu meinen Eltern in mein Zuhause durfte, konnte ich noch nicht wieder laufen, war also irgendwie bettlägrig, da ich zumindest ein Bein nach Fraktur im Oberschenkel, die mir eine prächtige Narbe brachte, zumindest ein männliches Kultobjekt an mir, dachte ich damals, noch nicht belasten durfte. Meine Freunde kamen mich besuchen und am längsten blieb eine bei mir am Bett sitzen, die ich vorher als unerreichbar angeschwärmt hatte, hielt meine Hand und war so süß mit mir, dass ich mir erstmals wünschte, dies möge real sein und ich nicht träumen, was ich ihr auch sogleich erzählte, um der Situation die genügende Dramatik und Rührung zu geben, was zumindest ein wenig gelang - sie bekam feuchte Augen, weinte ein wenig, ließ sich in meinem Arm trösten und wir küssten uns keusch, auch wenn meine Sehnsucht eine unendlich andere wohl war.
Tiefe Liebe fühlte ich für sie, die noch aus dem alten Leben kam, mir noch schöner schien und mich auch als damals Krüppel, ich saß noch im Rollstuhl, was mir mehr als unangenehm war, dachte sogar, wenn das so bliebe, wäre ich besser gestorben, das Gefühl gab liebenswert zu sein als Mann aber das war ja noch alles bloße Theorie und so gaben wir uns zärtlich dem großen Gefühl hin, was bei mir mehr wollte als bei ihr aber das war gerade egal, ich lebte und wollte wieder normal werden, um diese wunderbare Frau werben, auch wenn sie vermutlich unerreichbar blieb - immerhin erzählte sie mir nichts von einem anderen und war unendlich liebevoll.
Das fast halbe Jahr auf der Kinderstation im Reha, wo ich zu den ältesten zählte zog sich in meinen Augen unendlich, in Wirklichkeit waren es bewusst nur etwas über drei Monate, die mir liebe Freunde neben meiner Familie wunderschön verkürzten. Jeden Montag kam mein neuer bester Freund gleichen Namens mich besuchen und wir gingen zusammen eine Pizza in der Pizzeria gegenüber dem Reha essen und machten Pläne, was wir alles tun wollten, wenn ich hier wieder raus wäre, irgendwann. Er fuhr die lange Strecke jedesmal mit dem Fahrrad, ein nicht zu unterschätzender Liebesdienst, den ich ihm nie vergessen werde, so fern wir uns auch später noch wurden, als er die letzte der geteilten heiratete, in die Provinz zog, während ich in Berlin ankam.
Trotz der Behinderung und meines seltsamen Benehmens am Anfang gab es noch zwei wunderbare Begegnungen in dieser Phase, als ich gerade dem Tod noch von der Schippe hüpfte.
Das eine war der Besuch meiner alten Kinderfreundin, deren Mutter schon eine Freundin der Familie gewesen war und die ihren Schulabschluss fern von hier gemacht hatte, nun bereits in London studierte und zu Besuch bei ihrer Mutter war. Sie kam mich und meine Familie besuchen, wo sie wie eine Tochter war, erzählte viel und spannend, hatte aufregendes in der Welt schon erlebt, die sie bereits gut kannte. Diesmal machten wir keine Doktorspielchen, aber über die Erinnerung an diese kamen wir ins Gespräch. Von diesen war der Schritt ein kleiner über Sex zu reden und was wir besonders mögen, sie erzählte von ihrem ersten Mann, der auch aus einem fernen Kontinent kam, groß war und irgendwie typisch für diese Männer, was sie erlebt hätte im warmen Meer der dortigen Gefilde. Irgendwann sagte ich dann, schade eigentlich, dass wir nie und - oh Wunder der Natur - das fand sie auch. Sie war damals schon, obwohl eigentlich sehr sportlich eine sehr üppige Frau mit großem Busen, war ein Jahr älter als ich und so taten wir es unter meinem Hochbett.
Es war schön und ich erfreute mich an ihrer Figur, die nun eine ganze andere war, als das kleine Mädchen was ich noch kannte. Ein schlechtes Gewissen hatte ich aber dabei, weil ich dachte, wenn ich jetzt mit ihr Sex habe, dann waren wir doch irgendwie zusammen und das wollte ich irgendwie auch nicht und so blieb es bei dem einen mal, an das ich lächelnd dachte, als ich Jahre später bei ihrer Hochzeit in einem wunderbaren südlichen Badeort weilte - in der Kirche dachte, als die Braut in jungfräulichem weiß an mir vorüber ging, wie sie einst mit wogendem Busen auf mir ritt, als ich noch nicht ganz wieder auf der Höhe meiner Kräfte war. Es wurde eine traumhaft schöne Hochzeit und sie ist immer noch glücklich mit ihrem wunderbaren Mann verheiratet, glaube ich und denke, wir haben uns lange nicht mehr geschrieben, ich sollte ihr mal wieder eine Nachricht schicken, vielleicht dies zu lesen geben, mit einem Lächeln über die geteilte Vergangenheit. Damals aber plagte mich ein wenig mein schlechtes Gewissen, sie gehörte ja quasi zur Familie und sie war katholisch aber ich hatte nicht vor ihr einen Antrag zu machen oder ihr meine große Liebe zu erklären und dachte das wäre nicht in Ordnung, denn irgendwie gehörten Liebe und Sex doch zusammen.
Damals war mein emotionaler Haushalt nach dem Schlag auf den Kopf noch nicht ganz wiederhergestellt und ich wusste nicht mehr so genau, was Liebe war, was erlaubt war, was nicht, sondern musste mir alles irgendwie erklären und führte das auf den Schlag auf den Kopf zurück, den ich bekommen hatte. Dies Bedürfnis auch Gefühle erklären zu können und verstehen zu wollen, was mich umtrieb, verließ mich auch später nicht mehr aber ich lernte, damit zu leben und nannte halt Liebe, was andere auch so nannten und was bestimmte Gefühle auslöste wie die Flugzeuge im Bauch oder die unendliche Sehnsucht.
Erst viele, viele Jahre später, schon über vierzig lernte ich eine Frau, die so schön wie intelligent war, kennen und wir verliebten uns in unsere Worte und die gefühlte Nähe, die nur wenige male überhaupt real wurde und sie erzählte mir, wie es ihr mit den Gefühlen ging und das dies an ihrem Asperger Syndrom und ihrer Hochbegabung lag und mit einem mal wurde mir vieles klar - ich war zwar nicht normal aber doch wieder, sicher kein Asperger aber in manchem ähnlich und wir dachten und fühlten ähnlich schnell und intensiv. Damals aber führte ich es noch auf den Schlag auf den Kopf zurück und mit den Jahren vergaß ich es, weiter zu hinterfragen.
Müssen wir die Liebe verstehen oder genügt es, sie zu empfinden, um sie ganz zu genießen?
Weiß es bis heute nicht, finde die Frage immer noch spannend aber gebe mich zu gern auch einfach dem Gefühl hin, was ich nicht verstehe, weil es einfach wunderbar ist, zu lieben. Mehr weiß ich davon bis heute nicht, doch wo ich darüber schreibe und mich an viele Gespräche darüber erinnere, habe ich das Gefühl, dass es anderen ähnlich ergeht. Es ist eben da und wir müssen damit umgehen und manchmal verschwindet es auch einfach wieder, ärgerlich nur, wenn dies nicht gleichzeitig passiert und eine Seite über die noch vorhandene Liebe des anderen etwas befremdet ist. Seltsam daran ist auch, dieses Gefühl ist stärker als die Lust und verdrängt diese in mir sogar, wenn ich eine anbete, zumindest solange, bis es dazu kommt. Aber sogar dabei kann zuviel Gefühl fast hinderlich sein, hemmt mich eher als, dass es mich zum leidenschaftlichen Liebhaber macht, der auch nüchtern überlegt und versucht, was nun geboten wäre.
Ob wir darum mit weniger Gefühl leichter genüßlichen Sex haben können, ist vielleicht etwas übertrieben, aber eine gewisse Nüchternheit hilft dabei und erleichtert den Weg zum Ziel, ist mir aufgefallen und am erfolgreichsten war ich immer bei Frauen, wenn ich nichts vorhatte. Umgekehrt standen mir Berge von Gefühl, an denen immer noch der mir heilige Gedanke von Familie hing, auf dem Weg zum Sex manchmal im Weg und ich erging mich in langen Liebesrklärungen, später auch in Versen, statt nüchtern und zielgerichtet dorthin zu kommen, wohin alle Wünsche zielen.
Wobei gerade sensible Frauen, die ich besonders mag, es nicht mögen, wenn Männer zielgerichtet sind, sich aber dafür gerne Typen aussuchten, die nur das von ihnen wollten, sich dann immer wieder ausgiebig darüber bei mir beschwerten. Versicherte dann immer gerne, ich sei ganz anders und wollte doch oft auch nur das eine auf der einen Seite, während ein großes Gefühl in mir immer nach der großen Liebe suchte, mit der ich alles zärtlich teilen wollte. Im Ergebnis war ich also keiner der Männer, die nur das eine wollten, nur einer, der das eine auch gerne wollte, dem das andere innerlich viel wichtiger war, der sich aber im entscheidenden Moment auch gern von seinem Schwanz leiten ließ.
Damals war das alles noch ziemlich durcheinander in mir, wie ich dachte durch den Schlag auf den Kopf, aber vermutlich war es ganz normales pubertäres Denken und Erkunden neuer Welten, die aufregend schön waren.
Schön und aufregend war auch das nächste Erlebnis, als mich eine Schwesternschülerin aus dem Reha mit in die Stadt nahm, wo ich Freunde treffen wollte. Sie war ein Traum, groß mit weißblonden Haaren, schlank und ein Engel vom Wesen. Sie hatte auf der Schule Abitur gemacht, in die auch mein bester Freund ging und kannte ihn von Ferne vom Rudern, was sie auch praktizierte und was ihre tolle Figur noch unterstützte, ihren Po fest und rund machte - aber daran war auf der Fahrt ja noch kein Gedanke gewesen. Sie war eine Schwester und ich ein Patient, wir plauderten nett über Bekannte und irgenwann kamen wir zu meinem Verlauf, der rasant zum Guten verlief, ich stand kurz vor der Entlassung und sie fragte mich nach meinen Erinnerungen an die Zeit als ich bewusstlos war - weiß nicht mehr genau, was ich darauf antwortete, denn es gibt von der Wirklichkeit ja mehrere Versionen, die immer am besten zum Zuhörer passten, ich wollte ja gefallen und gerade ihr wollte ich gefallen. Schließlich kamen wir auf die Zeit auf der Intensiv, an die ich ja keinerlei Erinnerungen hatte und ich erzählte ihr lachend, was mir mein Vater erzählt hatte, dass ich die ganze Zeit onaniert hätte, auch wenn ich ehrlich gesagt etwas fürchtete, es könnte sie verschrecken, wurde sie immer neugieriger und stellte Fragen, die ich nicht beantworten konnte.
Einmal beim Thema Sex angekommen, blieben wir dabei, sie erzählte von ihren ersten schlechten Erfahrungen mit einem Typ, der sich einfach nur genommen hätte, was er wollte und sich überhaupt nicht fragte, was sie schön fände und ich empörte mich mit ihr solidarisch über diesen Idioten, sagte mehr aus Spaß, dass würde mir nicht passieren, wenn ich denn dürfte und sie antwortete, das glaube sie auch, wir sahen uns einen Moment an, es kitzelte aber dieser Traum schien mir zu schön, Realität zu werden. Witzelte ein wenig darüber und schließlich waren wir da, sie stellte den Motor ab und fragte noch, ob sie mich irgendwo hin bringen sollte, sie hätte es über das Gespräch ganz vergessen, zu fragen und ich sagte nur, ja, ich habe auch alles vergessen - dann umarmten und küssten wir uns und sie fragte mich, ob ich mitkommen wolle.
Natürlich wollte ich, welch Frage, nichts schöneres konnte ich mir vorstellen, der Traum von einer Frau. Es wurde schön aber weniger wild als ich es geträumt hatte, eine nahezu perfekte Figur im Arm, die ich begehrte und in die ich mich zu gern verliebt hätte, mit der ich stolz durch die Straßen gezogen wäre, damit alle sehen, was der eben noch Behinderte für eine Eroberung gemacht hatte und hoffte in ihrem Schatten zu erstrahlen. Leider hatte sie schon vorab klargestellt, dass, was immer nun auch passiere, ein strenges Geheimnis bleiben müsse, von dem niemand erfahren dürfe, sie sei schließlich Schwesternschülerin und ich ihr Patient, noch dazu minderjährig, sie könne ins Gefängnis kommen und ich würde ihre Existenz zerstören - nichts lag mir ferner, ich wollte sie ja glücklich machen, aber es geheim halten, was ich vor Glück in die Welt hinausrufen wollte, war auch komisch.
Mehr sage ich darüber nicht, versprochen ist versprochen und sie kann sich auch fast 30 Jahre später auf mein Wort verlassen, keiner wird je erfahren, was passierte, ob etwas passierte oder irgendetwas, was sie in eine mißliche Situation brächte - hätte mich ja gern der Liebe ganz hingegeben, aber ich traute mich nicht, fürchtete, sie würde mich nur unglücklich machen und was sollte ich mir da auch für Chancen ausrechnen, realistisch betrachtet und so geschah, was geschah und was unserer Natur entsprach über das aber auch hier der Mantel des Schweigens gedeckt sei.
Bald danach wurde ich aus dem Reha entlassen und es gibt nichts abenteuerliches mehr zu vermelden, weder in Hinsicht der Ritterlichkeit noch der Minne und ich ging ganz normal wieder in die Schule, sonst nichts und lebte weiter, als wäre ich nicht gestorben, was uns wieder zeigt, der Tod geht uns nichts an, es geht um den Genuß des Lebens, wie es sich zeigt, schnell ist es vorbei und darum gut, sich an jedem Glück zu freuen, weil mehr ist es nicht - nichts danach und nichts davor, wir sind, solange dies Herz schlägt oder noch rechtzeitig wieder dazu überredet wird, sonst nichts und wenn wir nicht mehr sind, ist nichts mehr und darum ist, was nicht ist, für uns, solange wir sind, herzlich egal und der Tod hat nichts bedauerliches, nähmen wir uns weniger ernst und genössen den Augenblick mehr, als was er ist, wären wir wohl oft glücklicher und was sonst, sollten wir wollen?
jens tuengerthal 15.12.15
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