Samstag, 18. November 2017

Naturlust

Manche haben Lust, es in der Natur zu tun, weil sie sich dann gänzlich ungehemmt in ihrer eben Natur fühlen. Zu denen gehöre ich weniger, was nicht unbedingt am Alter liegt. Habe das mit 18 bis 20 mit Freundinnen, die das scharf fanden zur genüge probiert und muss sagen, der Sex zuhause war immer besser, fand ich auch damals schon, auch wenn er immer nur mäßig war verglichen mit dem Glück, was mich nun mit meiner Liebsten ereilte, ohne dass wir bisher das Bedürfnis hatten, es in der Natur zu tun, auch wenn uns, zugegeben, an manch unmöglichen Orten schon die Lust überkam, weil das unserer Natur entspricht.

Die Lust in der Natur finde ich auch als früherer Pfadfinder und Waldläufer nicht sonderlich reizvoll und das nicht, weil ich schöne Natur nicht mögen würde, auch nicht nur weil ich weiß, was so kreucht und fleucht und dabei unangenehm beißen könnte, was ich beiden gern ersparen möchte und finde für den besten Sex immer noch den besten Ort das ungestörte Heim. NIcht weil ich verschämt wäre, Beobachter haben mich auch am FKK Strand nie gestört beim Austausch kleiner Zärtlichkeiten, doch wer schon mal wilden Sex im Sand hatte, weiß, wie schnell diese kleinen feinen Körner an den falschen Stellen wund reiben, den Genuss nachhaltig empfindlich stören können.

Das Thema Sex in der Natur finde ich allgemein überschätzt und nicht sonderlich spannend, wenn es passt, kannst und wirst du es überall tun, wo dich gerade die Lust aufeinander überkommt und Sitten und Anstand es gerade noch zulassen. Alles andere bedarf dazu keiner Erörterung jenseits von Bravo mehr.  Wenn ich es öffentlich tun wollte, gäbe es genug Clubs in Berlin, in denen sich immer viele Zuschauer genau dafür einfinden, doch habe ich meinen Schatz und mein Glück lieber für mich und genieße separat, wie mich auch die Erfahrung lehrte, dass Sex mit mehr als zwei Personen stets sportlich eher wird, die zärtliche Seite verloren geht, die Harmonie der Abstimmung dem sportlichen Ehrgeiz, erster sein zu wollen, weicht, sich, kurz gesagt, für mich nie lohnt.

Spannender finde ich, und damit komme ich endlich zum Thema dieses kurzen Essay zur Lust, was in unserer Natur dabei liegt und warum manche sich anziehen, während sich andere nicht mal Riechen können, an Schmecken ist dabei vermutlich gar nicht zu denken. Wenn ich nur die Stimme meiner Liebsten höre, bin ich erregt und sie verkündet mir immer wieder ein gleiches von sich, es genüge ihr, Bilder von mir zu sehen, sofort nass zu sein, hat also sogar ein physisches Ergebnis, der rein geistigen Lust zu sehen und ich gestehe, dass es mir mit ihr ganz genauso geht.

Eine solch hohe Übereinstimmung, wie wir sie miteinander genießen, habe ich noch nie zuvor erlebt und hatte davon nur mal munkeln hören, es mir aber nicht vorstellen können, dass einem sogar jeder Schweiß des anderen noch duftend vorkommt, der Geschmack immer schön, erregend und gut ist, weil es einfach so passt. Es stimmt da wohl die Chemie, sagt der Volksmund und meint vermutlich die biochemischen Reaktionen, die bei uns in vollkommener Harmonie ablaufen.

Glaube an keine Vorbestimmung noch sonstige höhere Kräfte, die uns Menschen leiten oder führen würden. Doch hat es bei uns beiden die Natur anscheinend sehr gut gemeint und zufällig einen Volltreffer von geradezu sphärischer Harmonie geschaffen, wie es ihn im Universum vermutlich sehr selten überhaupt gibt, um sich nicht auf kleines irdisches Maß zu beschränken für etwas, dass so übersinnlich schön ist. Das ist natürlich ein Gefühl und ich bin verliebt, was auch gut so ist - dennoch entdecken wir nun im Laufe der Zeit immer mehr wie harmonisch und synchron wir funktionieren, die auch in der Ferne nahezu immer gemeinsam Kommen, weil wir uns auch in nur Worten oder Lauten ganz erfühlen.

Als ich andere davon raunen hörte, es gäbe diese vollkommene Passung bei der zwei gänzlich eins wären, sich immer riechen könnten, alles perfekt und nichts ekliges denkbar sei, weil es einfach völlig übereinstimme, schien es mir übertrieben, meist im Ton der Verliebtheit oder auch der Sehnsucht nach dem Verlust, nicht der Realität entsprechend, bis ich diese Erfahrung selbst machen durfte. Es gibt die vollkommene Harmonie nach der Natur. Wir schlafen auf einem Meter und wollen nicht mehr, brauchen kaum die Hälfte verschlungen liegend.

Viele probieren sich und vieles immer wieder aus, auch ich dachte, bis ich meine Liebste traf, jede Frau hätte ihren eigenen Reiz, jede schmecke etwas anders, dufte ganz eigen - auch wenn mich die Erfahrung längst hätte lehren können, dass ich mehr nicht riechen konnte und die meisten sich nicht gelohnt haben, weil es keine Harmonie und kein gemeinsames Kommen gab, was dagegen bei mir und der Liebsten meiner wunderbaren Frau in der Natur zu liegen scheint. Seit mir das wirklich klar wurde, dass ich das große Los zog, in der Lotterie der Natur, bin ich vollkommen zufrieden, interessiert mich die Vielfalt nur noch als Beobachter und Autor, muss ich nichts mehr probieren, weil ich alles in einer habe.

Dies nicht weil mich altertümliche Begriffe von Treue und Keuschheit treiben würden, nichts läge mir ferner, sondern weil sich die Treue aus der Natur der perfekten Harmonie von allein ergibt. Wenn alles stimmt, hast du alles erreicht und kannst für immer glücklich sein - ein einfacher logischer Schluss, der mich auch auf emotionalem Gebiet völlig überzeugt. Wenn es passt, musst du nichts ändern, sondern kannst einfach genießen, was ist.

Spannender als dieser Bericht von meinem Glück, was ich mit niemandem teilen, sondern nur mit vollem Herzen hiermit mitteilen möchte, könnte die Frage sein, wie und warum wir wann vollkommene Harmonie empfinden. Was macht dies Zusammenspiel der Naturen aus?

Kann zur Biochemie mangels vertiefter Kenntnis der nötigen Fremdworte wenig sagen, was klug klingen würde und lasse es darum lieber, um nicht den eventuell vorhandenen Anschein völlig zu zerstören.

Doch die Harmonie von Natur und Gefühl geht über das Maß hinaus, was ich bisher als Verliebtheit kannte. Der vollkommene Gleichklang in körperlicher Hinsicht in allen nur denkbaren Bereichen schenkt tiefe Zufriedenheit und scheint mir eine Quelle außergewöhnlicher Kraft zu sein.

Natürlich gibt es auch zwischen dem körperlich so vollkommen harmonischen Paar gelegentlich Dissonanzen und Spannungen, wir wären nicht Mann und Frau, wenn es anders wäre, doch mindert das nie das Wissen, um die Größe unserer Harmonie.

Ein Freund, der Musik studierte und auch mathematisch und physikalisch sehr bewandert war, erzählte mir mal von den Sphärenharmonien, nach denen die Planeten in einer Weise zueinander schwingen, die den Dur und Moll Tonleitern entsprechen. Meine geringe Kenntnis in der Theorie der Musik und der Astronomie ließen mich den Rest und die Theorie dahinter schnell wieder vergessen, doch hängen blieb, das Universum zeigt den gleichen Klang, wie wir ihn als harmonisch empfinden, was ich schon sehr genial  fand.

Genau das empfinde ich bei der Lust nach der Natur, die sich in so vollkommener Harmonie trifft. Wir haben uns gefunden, weil wir eins sind, wie zwei Puzzleteile, die nur so zusammenpassen können und genau an dieser Stelle perfekt sind, als sei alle Natur um uns nur entstanden, damit wir uns als ihre vollkommene Vereinigung finden konnten. Wenn wir Sex haben, tun wir nicht, was der Trieb uns diktiert, weil wir nackte Geschlechtsteile sehen oder imaginieren, sondern vollziehen, was unsere Natur ist und noch dazu schwingen wir dabei in harmonischem Klang miteinander, wie es die Planeten auch tun, ohne dabei an irgendwelchen esoterischen Unsinn zu denken.

Dass wir uns geistig nahe sind und als schön empfinden, ist nicht so außergewöhnlich bei Liebespaaren, wenn auch längst nicht alltäglich, denn wieviele Menschen tun sich nur zusammen, um nicht allein zu sein, ohne Leidenschaften und Vorlieben zu teilen, leben jeder sein Leben mit eben gewissen Schnittpunkten inmitten, manchmal auch in der Mitte. Schön ist es dennoch diese große Harmonie in allem zu spüren, etwa die sinnliche Liebe zu Büchern, die wir gern berühren, von denen wir uns zärtlich berührt schon fühlen, bevor wir in ihnen versinken. Wie sie meine Worte liebt und alles verschlingt, was ich schreibe, macht mich überglücklich und noch kann ich kaum glauben, wie schön es ist, seine Frau und Liebste als treueste Leserin zu haben.

Doch scheint mir all dies, wie auch die Größe unserer Liebe, nur als ein Ausfluss unserer natürlichen Harmonie, die sich im Einklang unserer Körper schon so vollkommen ausdrückt. So als zwänge uns unsere wie füreinander gemachte Natur uns zu lieben und die Nähe ganz zu genießen. Empfinde dabei aber keinen Zwang sondern handle mit ihr stets lustvoll wie es unserer Natur entspricht.

Damit bin ich bei der spannenden Frage, ob das Gefühl ein Ausfluss unserer Natur ist oder das Empfinden der Natur nur Spiegel unserer Gefühle sein kann.

Als Epikuräer neige ich logisch zur ersteren Alternative, da ohne Natur nichts sein könnte, wir Natur in allem sind und also auch, was wir Gefühl nennen und das durch Hormone, Muster, Erfahrung und manches im genetischen Code vermutlich im bunten Mix entsteht. Die Reihenfolge dabei, sagt nichts über die inhaltliche Menge, diese wechselt auch je nach Thema wohl. Während wir bei manchen Dingen unserer Erziehung und sozialen Mustern stärker folgen, bricht bei anderen stärker unsere Natur als Trieb heraus.

Will dies nicht bewerten, finde es gut so, da alles Natur ist, sind auch unsere Gefühle im ganzen Ausdruck unserer vielfältigen Natur, die wir genießen können. Natur ist, jenseits aller Werte, die wir in sie setzen, folgt sie ihren natürlichen Abläufen, die wir nur bedingt kontrollieren könnnen.

Dennoch empfinden wir Natur immer nur unserer Natur und unserem Horizont entsprechend, dabei prägen auch unsere Erfahrungen unser Verhalten, wie uns die Natur erscheint, was wir in ihr empfinden, ist also stets auch Spiegel unserer Gefühle und damit aber nach obigen auch unserer Natur.

Wo aber alles Natur ist, stellt sich die Frage nach der Unterscheidung von Geist und Natur nicht mehr, da wir sie nicht benötigen, es geht nur um unterschiedliche Formen der Wahrnehmung derselben und die Folgen für unsere Lust dabei.

Es stellt sich so dem Konstruktivisten die Frage aus Platons Höhlengleichnis nicht mehr. Wo wir uns die Welt machen, wie sie uns gefällt und zugleich was ist, als gut so nehmen, ist weniger wichtig, wie wirklich die Wirklichkeit ist und was davon beweisbar wäre, sondern kommt es vielmehr darauf an, was wir für uns daraus machen, um uns damit gut zu fühlen, in der Natur unserer Lust zu folgen.

Was wahr ist, fragt nur, wer an Wahrheit glaubt und das tut nur, wer andere der Lüge überführen möchte, auch wenn all unsere Wissenschaft logisch darauf aufbaut und jeder, der etwas dagegen sagt, logisch der Scharlatanerie verdächtig ist. Meine von mir, ich dächte klar und logisch, aber, sage ich mit Montaigne, was weiß ich schon?

Insofern mich mein Bild von der Welt und meiner Lust in ihr glücklich macht, mir nun das größtmöglich denkbare Glück bescherte, ist mir völlig egal, wenn ich mich damit zum Narren mache, dass ich sage, es zählt nur die Natur, weil nichts als Natur ist und wo sie vollkommen harmoniert, ist es perfekt und wo nicht, tun wir gut daran, weiter zu suchen, bis sich findet, was zusammen gehört, weil es tatsächlich die Naturlust gibt.

Fürchte damit einen großen Teil der Menschheit gegen mich aufzubringen, weil ich den Wert aller nur relativ guten Beziehungen damit infrage stellen könnte und jeden zur weiteren Suche auffordere. Doch nichts liegt mir ferner, als irgendwem zu sagen, was gut für ihn oder sie ist. Wer glücklich ist, soll es bleiben, hat nie einen Grund etwas zu ändern. Wer es nicht ist, sollte dringend etwas ändern, um es zu werden. Es braucht nach meinem Gefühl nicht die Menge und Quantität führt uns nicht näher zum Glück, sondern gaukelt uns nur erfolgreich Lebendigkeit vor.

Habe einen Freund, der gern stolz von seinen bisher über 500 Frauen erzählt, ohne dies aufdringlich oder als Aufschneider zu tun, sondern als überzeugter Casanova und Liebhaber der Frauen. Gleichzeitig klagt er mit seinen nun über fünfzig gern über seine zunehmende Einsamkeit und die gerade Flaute im Bett und wie grau das Leben ab Überschreiten dieser Schwelle wäre. Er möchte gern wieder viele und ihm gefällt diese und jene. Zugleich stürzt er sich voller Gefühl wertherhaft in reine Bettgeschichten und meint so emotional zu sein, entspräche eben seiner Natur, die ihn zwar immer wieder auch leiden ließe, doch wäre er ohne diese nur halb und nähme also das Leid gerne in kauf und so verschießt er mit großer Geste viel Gefühl ins Nichts ohne je anzukommen.

Nach meinem Gefühl ist er noch nie angekommen und kennt diese vollkommen perfekte Harmonie nicht, weil er sich zwar eine Partnerin wünscht, sich andererseits aber nicht vorstellen kann, sich zu beschränken, wenn er noch jemals wieder zu was kommt, wie er jammernd gerne klagt. Er meint zwar natürlich kenne er das, aber immer nur für Momente, dann packe ihn wieder der Stachel und nichts sei von Dauer, Leben eben im Fluss. Diese Sicht bestätigt mich in meiner, weil das Richtige eben den Fluss unterbricht und etwas neues beginnt, was nicht vergleichbar mit allem anderen ist, doch weiß ich schon, dass er es anders empfinden wird und brauche es ihm darum nicht sagen.

Er meint, es sei seine Natur die Frauen alle zu lieben, wie ich es früher auch von mir dachte, bis ich merkte, es gibt kein Casanova-Gen, das uns unabänderlich zu Schürzenjägern und Schwerenötern macht oder nicht, sondern es ist eine Frage der Erfahrung und der Haltung zum Leben, die diese Einstellung mit erfahrenem Glück grundlegend ändern kann, weil es eben eine Einstellung nur ist und nicht Teil unseres Erbes.

Ob es vielleicht seine Natur ist, ewig weiter zu suchen, bis er 1001 Frau hatte und meine immer nach der Richtigen gesucht zu haben, um mit ihr jede Suche beenden zu können, weiß ich für ihn nicht zu beantworten und bin nur froh, mir mit meiner Natur sicher mit meiner Liebsten zu sein, weil alles gut so ist.

Manchmal zweifelt meine Liebste noch an meiner potentiellen Treue, weil ich zwar keine 500 Frauen wie jener Freund hatte aber doch die eine oder andere kennenlernte und lange vielfältig nach dem Glück suchte. Das ist mir immer völlig unverständlich, weil für mich doch alles ganz klar ist. Sie ist mein natürliches Gegenstück, das große Glück, dass ich mein Leben lang suchte und so entspricht es meiner nach Harmonie und Ruhe suchenden Natur vollkommen, nun anzukommen und nie mehr suchen zu müssen, weil alle Natur ihr Glück fand in der Naturlust, die uns eint.

Gelegentlich frage ich mich, ob diese wunderschöne, junge Frau wirklich ewig bei mir irgendwann alten Sack bleiben möchte oder ich sie irgendwann langweilen könnte oder gar den natürlichen Ansprüchen nicht mehr genügen könnte - doch, solange es nicht so ist, mache ich mir keine größeren Sorgen darüber, denn sollte es mal so sein, kann ich es ohnehin nicht ändern, aber dafür bis dahin alles genießen, als für die Ewigkeit gemacht, wie es unserer beider Gefühl entspricht, warum ich mich mit Zweifeln, die mein Glück nicht mehren, nicht weiter beschäftige, sie führen ja zu nichts.

So sucht sich die Natur wohl ihren Weg zur Lust, wer ihn miteinander findet, möge ihn genießen und würdigen im Wissen, schöner wird es nie mehr aber so schön kann es immer bleiben, wenn wir in der Beschränkung die Erweiterung des Glücks erkennen.

jens tuengerthal 18.11.2017

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