Erzhuren
Preußen ist untergegangen in den Wirren des 2. Weltkrieges und als Reaktion auf die Verbrechen eines ehemaligen Österreichers, der mit seiner Verbrecherbande, die preußisch korrekt funktionierte, Europa in den Abgrund stürzte. Die Alliierten beschlossen nach dem Krieg, dass von Preußen nie wieder ein Krieg ausgehen sollte, dieser Staat untergehen müsse. Entsprechend und konsequent eigneten sich zur Hälfte Polen und Russland das frühere Ostpreußen an, das Preußen über die Pruzzen erst seinen Namen gab und das dank kurfürstlichen Ehrgeizes vor über 300 Jahren zum Königreich außerhalb der Reichsgrenzen wurde. Eigentlich war das Gebiet wie große Teile der heute baltischen Staaten früher Deutschordensland. Die Ostgebiete eines Ritterordens, der lieber gen Osten als ins Heilige Land zog, um zu christianisieren und über hohenzollersche Hochmeister und den Umweg Nürnberg, den Besitz schließlich an die Kurfürsten der Mark Brandenburg brachte.
Preußen ist auferstanden auf der Museumsinsel, im Neubau des Schlosses, das als Zentrum der Insel ein Museum der Kulturen der Welt wird. Mit seinem Gründungsdirektor Neil Mac Gregor holte es sich einen der genialsten Museumsmacher der Welt dazu an Bord, um Geschichte neu zu erzählen, was kaum einer kann wie der schottische Brite, der lange das British Museum leitete und mit zahlreichen Publikationen Geschichte schrieb. Ein genialer Schachzug von Merkel und ihrer Kulturstaatsministerin Monika Grütters, mit diesem international renomiertesten Mann den Kern Berlins zu einem Anziehungspunkt der Weltkulturen zu machen, der Geschichte erzählen wird.
Lebendig wurde Preußen und seine Geschichte auch in der großen Monographie Preußen von Christopher Clark, dem Australier, der in Cambridge Geschichte lehrt und kongenial mit viel Liebe die Geschichte des untergegangenen Staates schrieb. So reanimierten Briten aus der Kultur den Staat als kulturelle Institution wieder, der auch unter britischer Führung als politisches Wesen nach 1945 endgültig starb. Um den Militärstaat Preußen ist es nicht schade, auch wenn er manch geniale Offiziere hervorbrachte, vom alten Dessauer über Schwerin bis Moltke. Die reiche Kultur zu erhalten und historisch einzuordnen in diesem ehemaligen Kurfürstentum, das seinen Namen erst durch polnische Teilungen und die Landverbindung nach Ostpreußen erhielt, scheint ein Wert zu sein, der keinem Angst machen muss.
Wann aber fing der Wunsch an dies Preußen zu zerschlagen und von wem ging er aus?
Am 1. Mai 1756 schlossen Maria Theresia von Österreich und Ludwig XV. den ersten Vertrag von Versailles. Dieser war von Österreichs Kanzler Wenzel Anton Kaunitz über Madame de Pompadour, der Geliebten Ludwigs XV. und einflussreichsten Gestalt im Frankreich ihrer Zeit, eingefädelt worden. Er stellte eine Umkehrung der alten Allianzen dar, da traditionell Frankreich und Österreich Gegner waren, sich im spanischen Erbfolgekrieg auch noch als Feinde um Spanien gegenüberstanden. Nun verbündeten sie sich, nachdem Österreich zwei erfolglose Kriege gegen Preußens Friedrich II. um die vom jungen König geraubte österreichische Provinz geführt hatte und den dritten damit wohl vorbereitete, auch wenn im Vertrag davon noch nicht die Rede ist.
Der Vertrag war zunächst ein reines Defensivbündnis, bei dem jede Seite der anderen mit 24.000 Mann an Truppen im Angriffsfalle beistehen solle. Ausgenommen davon waren nur die englisch-französischen Kriege wie sie auch in den Kolonien noch in den nächsten Jahren weitergingen. Die Einigung, die auf geheimen Wegen diplomatisch ausgehandelt wurde, bei der Kaunitz und die Pompadour ihr Geschick und ihre Macht zeigen konnten, war auch eine Reaktion auf das Bündnis Preußens mit England, weshalb sich Frankreich in Europa plötzlich im Stich gelassen und einsam fühlte.
Österreich hatte dafür in weiser Voraussicht darauf verzichtet, dem englischen Wunsch nach einer Erhöhung der Truppenkontingente in den nach dem spanischen Erbfolgekrieg österreichischen Niederlanden, Folge zu leisten, um Frankreich nicht zu provozieren, dessen expansive Politik England, immer um ein Gleichgewicht bemüht - Checks and Balances eben - begrenzen wollte, so zumindest der offizielle Tenor - ganz real wollten sie französische Truppen an der Grenze zu den österreichischen Niederlanden binden, damit diese in den Kolonien fehlten und England sich dort durchsetzen könnte. Zwar nicht ganz die feine englische Art, Partner zu benutzen, um eigene, expansive, imperialistische Politik zu betreiben aber vermutlich ein realistischer Blick auf englische Interessen in Europa, die gerade wieder auf Messersschneide stehen mit der anstehenden Abstimmung zu Europa.
Ein Jahr später nur am 1. Mai 1757 schlossen Österreich und Frankreich den zweiten Versailler Vertrag. Dieser stellt die politische Reaktion auf den von Friedrich ausgelösten dritten Schlesischen Krieg dar und zielt bereits auf eine Zerstörung Preußens ab. Der dritte Schlesische Krieg wurde zum Siebenjärigen Krieg und viel hat dabei nicht gefehlt, dass Preußen endgültig untergegangen wäre und manche der Ereignisse in diesem Zusammenhang verklärte Friedrich auch selbst später als das Mirakel des Hauses Brandenburg.
Viele beziehen diese Formel heute, auch nach Friedrichs literarischer Bewältigung seiner Kriegserlebnisse auf den Siebenjährigen Krieg als Ganzen und den Tod der Zarin Elisabeth I., nach der ihr Sohn, der kurzzeitige Zar Peter III., der Friedrich verehrte, den Krieg gegen Preußen beendete, was aber historisch eigentlich falsch ist, auch wenn es richtig ist. Friedrich verwendete diesen Ausdruck, der so gut auf Friedrichs Massel in diesem Krieg passt, in dem er ganz Europa gegen sich hatte, erstmals in einen Brief an seinen Bruder Heinrich am 1. September 1759, den er so liebte, dass er ihm, dies sei ganz nebenbei erzählt, sein Jugendschloss Rheinsberg schenkte, wo der noch Kronprinz Friedrich frisch verheiratet seine schönsten Jahre verbrachte, wie er selbst schrieb, wo ihn Voltaire erstmals besuchte und er seine ersten Bücher schrieb und Konzerte gab. Wenige Tage vor diesem Brief am 12. August war er bei Kunersdorf von den verbündeten Russen und Österreichern vernichtend geschlagen worden und wären die Russen oder Österreicher zu diesem Zeitpunkt, als er am Boden lag, nach Berlin vorgedrungen, wäre es wohl mit Preußen vor der Zeit vorbei gewesen.
Wörtlich schrieb Friedrich an Heinrich:
„Ich verkündige Ihnen das Mirakel des Hauses Brandenburg. In der Zeit, da der Feind die Oder überschritten hatte und eine zweite Schlacht hätte wagen und den Krieg beendigen können, ist er von Müllrose nach Lieberose marschiert.“
Im zweiten Versailler Vertrag, der für Preußen noch bedrohlicher als der erste wurde, stockte Frankreich seine Truppenhilfe auf 100.000 Soldaten auf und zahlte 12 Millionen Gulden für weitere 10.000 deutsche Söldner, die mit Österreich gegen Preußen ziehen sollten. Als Gegenleistung verlangte es drei niederländische, ursprünglich brabantische Städte als Abrundung seiner Gebiete. Österreich erklärte sich bei weiterer Hilfe sogar dazu bereit Frankreich die indirekte Kontrolle über die österreichischen Niederlande zu überlassen, indem erwogen wurde, Don Philip, den Herzog von Parma und Schwiegersohn Ludwigs XV., dort als Statthalter zu installieren, falls Österreich Schlesien zurückgewänne, was aber bis zum Untergang Preußens und der kuk Monarchie nicht mehr gelang.
Der zweite Versailler Vertrag war eine Reaktion auf Friedrichs Einmarsch in Sachsen Ende August 1756, mit der er den Siebenjährigen Krieg auslöste. Ob der damals noch junge Fritz dabei der Auslöser wirklich war oder nur vorbeugend reagierte wurde lange gestritten. Aus Sicht der Franzosen, Sachsen und Österreicher liegt eine klare Aggression Friedrichs vor, der Sachsen ohne Ankündigung angriff, wäre er auch ein schlechter Feldherr gewesen, wenn er seine Eroberung noch angemeldet hätte, wird jeder Militär einwenden, aber davon abgesehen, lag eine klare Aggression vor, militärisch wie strategisch. Vorausgegangen waren schon einige Gefechte der anderen Verbündeten im noch sieben Jahre währenden Krieg.
Begonnen hatte es zwischen Franzosen und Engländern in Nordamerika um Ohio, wo nach der Beschlagnahme französischer Handelsschiffe durch Großbritannien der Krieg unausweichlich schien. Als im Januar 1756 Briten und Preußen die Konvention von Westminster schlossen, in welcher beide Mächte garantierten Norddeutschland von fremden Truppen zu schützen, damals wurde England und Hannover von einer Krone gemeinsam regiert, sollte dieses Abkommen kein Affront gegen Österreich sein, weil Friedrich davon ausgehen musste, dass Österreich immer noch Frankreichs Hauptgegner wäre.Gleichzeitig nahm Friedrich an, dass Russland nun nichts gegen ihn unternehmen könnte, ohne die Verträge mit Großbritannien zu verletzen. Für Georg II. von Hannover und England war dies Abkommen schlicht ein Schutz seiner Stammlande.
Für Frankreich aber war dieser Vertrag ein Problem, weil er sie an der Besetzung von Hannover hinderte, das sie als Faustpfand in ihrer Auseinandersetzung mit England in Amerika brauchten und dachten, leicht besetzen zu können, da englische Truppen anderweitig gebunden wären. In dieser Situation kam es unter Federführung von Kaunitz und der Pompadour zum ersten Vertrag von Versailles, dem Defensiv-Bündnis zwischen Frankreich und Österreich, das eine klare Umkehrung der Allianzen bedeutete. Damit würde Frankreich Preußen in einem Krieg gegen Österreich nicht mehr beistehen. Gleichzeitig hatten österreichische Diplomaten bereits Kontakte zum russischen Hof geknüpft, um ein Bündnis gegen Preußen auszuloten. Damit war Friedrich II. weitgehend isoliert und Österreich konnte sich voll auf die Wiedergewinnung Schlesiens konzentrieren und konnte dazu noch mit dem Beistand Russlands, eventuell Sachsens und Frankreichs rechnen.
Als dann im April französische Truppen die britische Insel Menorca besetzten und Truppen auf Korsika stationierten, eskalierte der Konflikt. Am 17. Mai 1756 erfolgte die offizielle Kriegserklärung Englands an Frankreich, die Frankreich wiederum mit der Kriegserklärung gegen Großbritannien am 9. Juni erwiderte.
Anders als die patriotische preußische und österreichische Geschichtsschreibung behauptete, verfolgten sowohl Österreich wie Preußen Ziele, die weit über die bloße Wiedergewinnung beziehungsweise Verteidigung Schlesiens hinausgingen. So bezeichnete Friedrich schon als Kronprinz Sachsen als nützlichste und größtmöglichste Erweiterung. Friedrich wollte eigentlich Sachsen oder zumindest die Niederlausitz gerne halten und dafür Sachsen mit Erfurt entschädigen, das zum Erzbistum Mainz gehörte. Alternativ hoffte er nach dem Tod des kranken sächsisch-polnischen Königs August III. dann Westpreußen zu erhalten, um die Landbrücke nach Ostpreußen zu schließen. Dann wäre er König von und nicht mehr nur in Preußen, was er erst viel später nach der ersten polnischen Teilung ohne Krieg dann doch noch wurde. Auch in seinem politischen Testament von 1768 wiederholte Friedrich die angestrebte Abrundung durch Einverleibung Westpreußens und Sachsens.
Wien wollte Friedrich schwächen und seinen Staat auf das Gebiet Kurbrandenburgs von 1614 zurückschrumpfen. Das war nur das Kerngebiet um die Mark Brandenburg. Der Rest sollte an die Bündnispartner verschachert werden, die Pläne waren bereits gemacht. Pommern und Hinterpommern sollte an Schweden fallen, was dem Bündnis gegen Friedrich dafür zusätzlich beitrat. Magdeburg sollte dafür an Sachsen gehen, falls Sachsen im Tausch die Lausitz an Österreich gäbe, deren schlesisches Gebiet es damit abrundete. Kleve und die Mark im Westen sollten dafür an die Kurpfalz gehen und Ostpreußen mit Polen vereint werden, wie es heute, von der russischen Exklave abgesehen, der Fall ist. Österreich kaufte sich seine Partner mit Versprechen auf den noch ungejagten Braten, was bei erfolgloser Jagd selten Freunde macht.
Großbritannien wollte neben der Verteidigung der Erblande in Hannover, Frankreich als Rivalen in den Kolonien Amerika und Indien am liebsten ganz verdrängen. Sollten die Franzosen helfen, Schlesien zurückzugewinnen, würde Österreich ihnen die Niederlande abtreten. Rußland sollte Kurland bekommen, da Polen als Verbündeter ja mit Ostpreußen entschädigt würde.
Als Friedrich durch Spione an den europäischen Höfen von den Petersburger und Versailler Verträgen erfuhr, ließ er sein Heer in Schlesien und Ostpreußen mobilisieren, um sich zumindest gegen Angriffe zu schützen. Dem immer mehr drohenden Angriff wollte Friedrich durch den Einmarsch in Sachsen noch zuvor kommen. Warum sich an dieser Stelle fragt, was ihm als Alternative geblieben wäre.
Der Einmarsch in Sachsen hatte militärische und wirtschaftliche Gründe. Militärisch wollte er durch die Besetzung des Erzgebirges einen Schutzwall gegen die österreichische Provinz Böhmen schaffen. Außerdem konnte er dann, die benötigten Kriegsmaterialien von Magdeburg aus die Elbe hinauf transportieren lassen, was die eigene Schlagkraft effektiv erhöhte. Wirtschaftlich sollte das reiche Sachsen schlicht die Kriegskasse des klammen preußischen Königs füllen. Er kam als ein Räuber. In dieser Situation wollte er Prag besetzen, um Maria Theresia aus der Situation der Überlegenheit zu Friedensverhandlungen zwingen zu können. Dann hoffte er, würde ihn Rußland und die ihm nicht wohl gesonnene Zarin Elisabeth I. ihn nicht einfach angreifen.
Es gestaltete sich dann schwieriger und langwieriger als gedacht, auch wenn Friedrich noch in der Schlacht bei Leuthen, mit 33.000 Preußen den 66.000 Österreichern haushoch unterlegen, dank der schiefen Schlachtordnung einen glänzenden Sieg einfuhr, der ihm wohl auch den Namen der Große einbrachte, war er noch oft nahe dem Untergang, da er dank der geschickten österreichischen und damit auch kaiserlichen Diplomatie ganz Kontinentaleuropa gegen sich sah. So überlebten bei der verheerenden Niederlage in der Schlacht von Kunersdorf nur 3000 von 48.000 preußischen Soldaten. Danach war der im Krieg häufig auch an Depressionen leidende Friedrich dem Selbstmord so nah wie nie zuvor. In der Schlacht hatte ihn auch eine Kugel tatsächlich getroffen und nur seine goldene Schnupftabaksdose hatte ihm das Leben gerettet. So verabschiedete Friedrich, der stets Gift in einem Amulett bei sich trug, für den Fall der Fälle, sich nach dieser Schlacht bereits von seinem Vertrauten Graf Finck von Finckenstein, weil er alles für verloren hielt und sein Unglück sei, dass er noch lebe.
Es kam am Ende anders, weil Elisabeth I. starb, ihr Peter III. folgte, der Frieden mit Friedrich schloss und seine ihn kurz darauf beseitigende Gattin Katharina die Große nichts an den Plänen ihres Mannes änderte, war doch die Anhaltinerin seit Kindertagen am Berliner Hof eine enge Freundin von Friedrichs Bruder Prinz Heinrich gewesen. Frankreich zog sich, nachdem es im kolonialen Krieg klar gegen England verlor, das nun die dominante Weltmacht in Übersee wurde, aus dem Kriegsgeschehen zurück und auch England verlor sein Interesse an dem nur kontinentalen Konflikt und so einigten sich Preußen und Österreich schließlich im Frieden von Hubertusburg 1763 nach sieben schrecklichen Jahren auf einen Frieden, mit dem alle leben konnten und der Preußen Schlesien erhielt.
Das blieb so bis zur Auflösung Preußens durch den Alliierten Kontrollratsbeschluss Nr.3. Danach war Preußen nur noch Geschichte, wie es Frankreich und Österreich bereits im zweiten Versailler Vertrag angestrebt hatten. Kämpfte das in Deutschland aufgegangene Preußen, das sich allerdings mit Österreich vereinigt hatte, doch zuvor gegen Russland, Frankreich, England und die USA und hatte weder Verbündeten noch Perspektiven.
Die heute erinnerten Versailler Verträge Nummer 1 und 2 zeigen, wie Bündnispolitik plötzlich gewohnte Welten auf den Kopf stellen kann. Geschickt hat Österreich damit Preußen unter Friedrich II. isoliert und es schien als habe er ganz Kontinentaleuropa gegen sich, denn mit Österreich und Frankreich waren auch Spanien, Parma, Russland und das Reich gegen ihn. Nach seinem illegalen Überfall auf Sachsen hatte der Reichstag sogar die Reichsexekution gegen Friedrich verhängt und nur Hannover als Verbündeten, das zwar mit Britannien vereint war, schien wenig. Da halfen auch Portugal, Sachsen-Gotha, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hessen-Kassel und Schaumburg-Lippe nur bedingt.
Der rechtzeitige Tod seiner schärfsten Gegnerin, die Erfolge Englands in Übersee und damit der Rückzug Frankreichs und der Zuspruch für Friedrich aus der Bevölkerung im ganzen Reich, sehen wir von Sachsen und Österreich einmal ab, stärkten den König und ließen ihn gegen vielfach überlegene Gegner durchhalten, eine andere Chance hatte er nicht aus seiner Sicht und so ist sein Einmarsch nach Sachsen zwar ein klar kriegerischer Akt der Aggression gewesen, der Friedrich völkerrechtlich vorgehalten werden könnte, wie der Einmarsch Russlands auf der Krim, nur das Sachsen nicht zur Hälfte mit Preußen besiedelt war, aber aus Friedrichs Sicht militärisch wie strategisch alternativlos gewesen, auch wenn sein Kalkül nicht so schnell aufging, wie er dachte, weil die auch seine Gegner stark waren, zahlenmäßig ohnehin überlegen und wie er längst den Krieg suchten.
Wer war nun der Aggressor, in einer Situation in der sich eine Seite bedroht sah und die andere nur darauf wartete, den aufmüpfigen König in die Schranken zu weisen?
Beginnt einen Krieg, wer faktisch einmarschiert oder wer Bündnisse schmiedet, die den anderen schon vor jedem Krieg erwürgen und begrenzen?
War Putin der Aggressor oder wollte er nur den einzig sicher eisfreien Hafen der russischen Flotte verteidigen, als die USA auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO und die Provokation Russlands drängten?
Wird eine militärische Okkupation legitim, nur weil sie strategisch verständlich und eine politisch gute Abrundung der eigenen Territorien ist?
War Friedrich nun der Große oder ein Erzhalunke wie Putin?
Die Geschichte mit den 3 Erzhuren am Ende noch. Friedrich nannte Maria Theresia, Zarin Elisabeth I. und Madame Pompadour so. Damit drückte er seine Verzweiflung über die nun Verschwörung der drei gegen ihn nach den Verträgen von Versailles und Petersburg aus, die ihn isolierten und zur Aggression quasi zwangen, wollte er sich nicht vorab geschlagen geben. Für eine Lösung im Verhandlungswege sah er keinen Raum mehr. Vor allem wusste er nicht, wie er Schlesien gegen diese Übermacht verteidigen sollte. Erzhuren war eine besondere Beleidigung der Majestäten Maria Theresia und Elisabeth, die sie mit der Geliebten des Königs von Frankreich gleichsetzten. Zugleich beschreibt es auch Friedrichs Haltung zu Frauen, zu denen er, außer zu seiner Schwester und seiner Mutter, selten überhaupt einen Draht fand. Dennoch fragt sich 550.000 Tote später, ob das Ergebnis von Hubertusburg, das nur festschrieb, was schon vorher galt, nicht auf friedlichem Wege besser hätte erreicht werden können, wer dafür verantwortlich war.
Sehen wir den Vergleich mit Putin, der sich wie Friedrich einfach nahm, was für ihn militärisch wie strategisch unentbehrlich war, damit aber klar gegen Völkerrecht verstieß, fragt sich, ob die NATO gut beraten ist, weiter Druck auszuüben, um den Aggressor in die Schranken zu weisen oder dies nur die Kriegsgefahr erhöht. Der größte Erfolg Putins in der Blockadeauseinandersetzung ist derzeit ein strategischer in der Propaganda, indem er den von ihm finanzierten AfD und den Front National in seinen Propaganda Medien der Rechten erfolgreich stärkt, damit die Demokratien in Europa nervös macht, dort Bürgerkriege mit dem Mittel der Angst etwa vor Flüchtlingen fast schürt. Dem nur eine militärische Drohung an der russischen Grenze etwa im Baltikum oder der Ukraine entgegenzusetzen, dürfte wenig zielführend sein. Ob da nicht Verhandlungen mit Russland als Partner, der sich europäischem Recht unterwerfen müsste, weiterführten, könnte einer Lösung näher kommen als die Spiele der Provokation.
Hätte Friedrich, statt hoffnungslos unterlegen gegen die neuen Bündnisse Sachsen zu überfallen, um dem Untergang vorzubeugen, lieber auf Verhandlungen setzen sollen?
Was hätte Maria Theresia, der Schlesien geraubt wurde wie der Ukraine die Krim, tun sollen, um ihr Land zurück zu bekommen?
Was wäre Putin in dieser Situation zu raten?
Ist es sinnvoll, eine östliche Front zu eröffnen, während im Süden die Auseinandersetzung mit religiösen Extremisten eskaliert, weil die bisherigen Staaten nach vorigen Interventionen zusammenbrachen?
Wie könnten Bündnisse aussehen, die den Frieden weltweit förderten, statt die Eskalation hier wie dort zu verschärfen?
Ist es klug nach Putins Rückwendung zur Sowjetunion und Erdogans Hinwendung zum osmanischen Reich, sich nur der Mittel des Kalten Krieges zu erinnern?
Was raten wir Kindern, die sich immer mehr bedrohen?
Wie gehen wir im zivilen Leben mit Menschen um, die andere bedrohen?
Bündnisse die sich gegen andere richten, sollten endlich Geschichte sein, sie führen stets nur zu einer Eskalation der Gewalt und mehr Brutalität der Konflikte. Suchen wir uns lieber Bündnisse, die für etwas sind und Perspektiven schaffen. Eröffnen wir Gegnern Wege, statt ihnen Mauern vor die Nase zu bauen, steigen die Chancen in Frieden zu leben.
jens tuengerthal 1. Mai 2016
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