Montag, 1. Mai 2023

Frauendienste

Frauendienste

Min vreude war vil ofte groz,
swenne ich kom, da man wazer goz
der herzen lieben vrowen min
uf ir vil wizen hendelin.
daz wazer, da mit si sich twuoc,
verholn ich daz von danne truoc,
vor liebe ich ez gar uz tranc;
da von so wart min truren cranc.

Meine Freude war immer wieder riesengroß
wenn ich gerade kam, als man das Wasser
meiner herzenliebsten Herrin
über ihre weißen Hände goss.
Das Wasser, womit sie sich wusch,
das trug ich heimlich davon,
und trank es vor Liebe restlos aus;
Davon wurde ich krank vor Sehnsucht.

Ulrich von Liechtenstein

Frauendienste

Am 1. Mai 1227 machte sich der
Minnesänger Ulrich von Liechtenstein
Auf die Reise nach Rom und unternimmt
Dann als Frau Venus verkleidet eine
Turnierfahrt von Venedig nach Böhmen
Das Herz seiner Dame so zu gewinnen
Der um 1200 geborene Liechtenstein
Gehörte einem in der Steiermark
Begüterten Ministerialengeschlecht an
Was sich nach seinem Stammsitz der
Burg Liechtenstein nannte die heute
Nur als Ruine erhalten noch ist
Er war Truchsess der Steiermark
Sowie Landrichter und Marschall
Es sind noch etwa 95 Urkunden erhalten
Die Liechtenstein teils ausgestellt hat
Sein Lieblingssitz war die Frauenburg
Die sich obehalb der gleichnamigen
Gemeinde in der Steiermark befindet
Ulrichs Lyrik wurde in den berühmten
Codex Manesse aufgenommen er hat
Selbst 58 seiner Minnelieder in der
Sammlung Frauendienst aufgenommen
Darin erzählt er als Ich Erzähler sein
Leben die Geschichte eines um Minne
Werbenden Ritters was angesichts des
Selbstbildes der Individuen im Mittelalter
Eine besondere Form der Erzählung ist
Der Frauendienst besteht aus 1850
Epischen Strophen sowie 57 Liedern
Einem Leich als Form der Lieddichtung
Drei Büchern und sieben Briefen es
War das erste in Ich Form erzählte Werk
In deutscher Sprache und schildert das
Leben Abenteuer wie Minneverhältnis
Zu zwei vom Ritter Ulrich verehrten
Damen und ist um 1255 entstanden
Er beginnt mit der Kindheit in der er
Sich schon als für die Minne geboren
Beschreibt und sich darum entschließt
Sein Leben in den Dienst von Frauen
Zu stellen so verliebt er sich als Page
In die Frau seines Hausherren der er
Sein Leben fortan widmen will die er
Mit vielen Frauenpreis dann lobt wie
Minnelieder genannt werden die eine
Verehrte besonders hoch loben bis er
Mit 24 Jahren seine Schwerlteite 
Erhält also zum Ritter damit wird
Auch die folgenden zahlreichen Turniere
Ficht er im Dienst seiner Verehrtesten
Als er ihr ein erstes Lied über Verwandte
Zukommen lässt um ihr seine Dienste
Damit anzubieten verweigert sie dies
Unter Hinweis auf seinen verunstalteten
Mund woraufhin Ulrich sich operieren
Wie mittelalterlich kosmetisch möglich
Woraufhin ihm die Dame ein erstes
Treffen gewährt bei dem er aber von
Ihrer Schönheit eingeschüchtert kein
Wort herausbringt aber ihr weiterhin
Seine Dienste verspricht die sie jedoch
Wiederum ablehnt bis er sich vor lauter
Verzweiflung einen Finger abschlägt
Wie diesen der Dame übersendet die
Von der Geste erschüttert ihm erlaubt
Die nächsten Turniere in ihrem Dienst
Zu unternehmen worauf er seine große
Venusfahrt als Dame verkleidet beginnt
So zieht Ulrich als Venus verkleidet auf
Einem wunderschönen Pferd von
Venedig gen Böhmen in 29 Tagen doch
Auch diese ehrenvolle Tat überzeugt
Die Dame noch nicht genügend der
Eine Versuch eines Treffens scheitert
Danach und Ulrich will sich lieber das
Leben nehmen statt ohne sie zu sein
Was gerade noch verhindert wird
Nach noch einigen Turnieren stellt sie
Ulrich die Aufgabe übers Meer zu fahren
Was größte Lebensgefahr bedeutete
Um danach ein Treffen zu gewähren
Wie ihn in den Minnedienst zu nehmen
Als er sich auf den Weg macht ist
Die Dame davon so gerührt dass sie
Als Reaktion auf die ihr gesandten
Verse Ulrichs ihm die Prüfung erlässt
Wie ihn in die Minnedienste nimmt
Im folgenden Sommer dann bricht
Ulrich den Dienst für sie ab weil die
Dame eine Untat begangen hätte
Von der die Leser nicht mehr erfahren
Jedenfalls beschließt Ulrich danach
Nie wieder einer Frau zu dienen
Im zweiten Dienst viele Klagen später
Findet er eine neue für die er auf
Reisen von Turnier zu Turnier geht
Diesmal als König Arthus verkleidet
Nach dem Mord an Herzog Friedrich
Kommt Ulrich für ein Jahr unschuldig
In Haft in der ihn die Liebe allein am
Leben erhält wie die Verse die er
Seiner verehrten Dame widmet
Er schwört ihr Dienst bis zum Tode
Ergraut jedoch in der Gefangenschaft
Und verliert die Freude am Dichten
Ob es an nachlassender Potenz lag
Gibt es erwartungsgemäß keinerlei
Hinweise im Roman in der Didaxe
Warnt Ulrich die Frauen vor Männern
Die nur schnelle Liebe im Sinn hätten
Was wir heute One Night Stand nennen
Den manche Damen ausschließen als
Ob wer wüsste was danach je käme
Und berät Männer wie sie die Gunst
Der Holden durch genug Ausdauer
Im Minnedienst erringen können
Im Epilog schließlich schreibt Ulrich
Er wisse wie unehrenhaft es sei
Über sein eigenes Leben zu schreiben
Was er sogar als Ich Erzähler über
Viele tausend Verse zuvor tat aber
Rechtfertigt sein Werk mit dem
Wunsch seiner Herrin deren Auftrag
Er mit dem Frauendienst nachkam
So war die erste Autobiografie keine
Sondern ein Werk im Dienst der Liebe
Fein beobachtend auf welche Irrwege
Die Liebe manche Ritter brachte wie
Ulrich sie belehrend im Frauenbuch
Später noch beschrieb ob wir heute
Uns wirklich weiter entwickelt haben
Wer sich was für die Liebe nicht alles
Antut für den Glaube an ein Gefühl
Oder sich um der Schönheit wegen
Wo auch immer operieren lässt
Könnte der Frage wohl wert sein
Änderte sich der Mensch irgend je
So gibt es weiter Minne noch wie
Zu Ritter Ulrichs Zeiten bis heute
Manche Dame weiß es zu würdigen
Andere lassen sich nur dienen wo
Erfahrene Ritter schneller flüchten

jens tuengerthal 1.5.23

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