Flaneurgewinn
Bei einer Tasse Tee in Ruhe darüber
Nachdenken was unsere Zeit braucht
Konzentriert sich auf das Wesentliche
Lässt die überall Sorge vorüber ziehen
Vielleicht wäre es nötig sich mehr Sorgen
Um den Zustand und die Zukunft zu machen
Doch führt Besorgnis eher zu Angst als zu
Den notwendigen vernünftigen Entscheidungen
Hektisch sind die meisten und mühen sich darum
Sich möglichst gut zu verkaufen damit sie einen
Gewinn davon haben oder doch zumindest noch
Irgendwie im Alltag der Großstadt zu überleben
Braucht es wen der sich gegen den Strom stellt
Einen Flaneur der alles nur beobachtet um sich
In Ruhe sein Bild von der Welt zu machen die
Der Betrachter dann von außen beschreibt
Möglichst viel noch vor Weihnachten erledigen
Um am Jahresende gut dazustehen scheint das
Einige Ziel all der bemühten Beschäftigten zu sein
Viele in Vorfreude auf den Urlaub voller Aktion
Urlaub ist für sie totale Entspannung wenn sie
irgendwohin fahren um sich dort unterhalten
Zu lassen etwas zu erleben was sie sonst
In ihrem Hamsterrad immer nur verpassen
Sie laufen mit als Rädchen im Getriebe das ihr
Immer reibungsloseres Funktionieren wünscht
Sie überall erreichbar macht damit sie so der
Pflicht genügen und die nötige Präsenz zeigen
Diese Getriebenen steigen irgendwann aus der
Herde zu Führungspositionen auf in denen sie
Mehr verdienen und mehr Verantwortung tragen
Um noch gehetzter sich natürlich zu geben
Zu der Sorge um die gewachsene Verantwortung
Kommt dann noch die um das eigene Vermögen
Mit dem sie es sich gut gehen lassen wollen wenn
Sie irgendwann Zeit dafür finden nichts zu tun
Wer mitläuft merkt es nicht weil Teil des Rades
Das sich immer schneller dreht um dafür den
Stets steigenden Standard aufrecht zu halten
Keine Zeit zum ruhigen sinnieren mehr bleibt
Doch wohin wollen eigentlich alle die es so
Eilig haben und sich bemühen um nur gut
Zu wirken beim großen Wettlauf der Welt
Geht es nicht nur darum es zu genießen
So lehrte es Epikur vor über 2200 Jahren
Lud seine Schule in seinen Garten um dort
Bei Brot Wasser und Wein über das Leben
Und wie es gut zu führen sei nachzudenken
In Rom war einst sein Schüler Lukrez berühmt
Der seinen Lesern in schönster Versform noch
Die Dinge der Welt erklärte das nichts zu tun sei
Außer es sich mit dem was ist gut gehen zu lassen
Kirchenväter und Staatsführer bemühten sich über
Jahrhunderte und fast Jahrtausende schon den
Geist der Epikuräer als faul und schädlich jedenfalls
Unmoralisch zu verbannen weil er glücklich macht
Mit wenigem zufrieden sein und nichts erstreben
Als zu genießen was ist passt niemals in eine auf
Wachstum getrimmte Ökonomie sondern macht
Die es leben folglich zu Versagern im System
Die Leugnung von Göttern oder ihre Überflüssigkeit
Weil sie sollte es sie geben sie sich nicht um unser
Leben kümmern würden es nur auf uns für unser
Glück ankommt genügte der Kirche zum Angriff
Die Herrschenden arrangierten sich mit den
Kirchen lieber weil Untertanen die noch in der
Ehrfurcht vor höheren Wesen leben gehorchen
So wurden Macht und Glaube lange Zeit eins
Die großen atheistischen Bewegungen die es
Im letzten Jahrhundert zu traurigem Ruhm noch
Brachten wie Kommunismus und Faschismus
Waren ihrem Wesen nach genauso religiös
Die jeweiligen Heilsversprechen genügten viele
Mit mehr oder weniger starkem Zwang zu bewegen
Ihren Führern ins Unglück zu folgen statt es sich
Möglichst so gut gehen zu lassen wie noch nie
All dies sind wie der globale Kapitalismus immer
Bewegungen die Ruhe verabscheuen weil Zeit
Zum verweilen und beobachten nachdenklich
Wohl machte was wem dabei noch gut tut
Wer nicht im System hier funktioniert kann sich
Über komplexe Anträge eine soziale Sicherung
Über Hartz IV unter teilweiser Aufgabe seiner
Freiheit gewähren lassen bei unklarer Zukunft
Ziel ist es die Menschen nicht fürs Nichtstun
Zu bezahlen sondern sie sogar dann wenn
Sie staatliche Hilfe beziehen noch zur heute
Nicht so genannten Zwangsarbeit zu bringen
Teil des Systems kann so nur sein wer auch
Produktiv ist und sich also verkauft um damit
Das Hamsterrad am Laufen zu halten in dem
Alle ihre ewigen Runden ohne Glück drehen
Manchen ist ihre Arbeit auch Erfüllung was
Wohl das erstrebte Ziel sein sollte doch auch
Diese müssen sich dem Gewinnstreben noch
Funktional logisch unterordnen für alle Zeit
Das großartige Jugendbuch Momo beschrieb
Schon die Herrschaft der grauen Herren die
Uns die Zeit stehlen oder abkaufen um sie
Dafür auf Konten der Zeitsparkasse zu horten
Der Gewinn war dass sich die Menschen die
Sich folglich immer hektischer bewegten weil
Alle ständig etwas wichtiges zu tun hatten
Ersatzbefriedigungen dafür kaufen konnten
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit gelingt
Momo die Rettung indem sie die Uhr anhält wie
Die von der gesparten Zeit lebenden grauen Herren
Damit sich in Nichts wieder auflösen ließ ohne Zeit
Momo der Gegenwart ist der Flaneur der sich
Ohne etwas zu wollen dem Strom entgegen stellt
Die Menschen beobachtet und durch sein Sein
Ein Beispiel der genüsslichen Langsamkeit gibt
Der Flaneur als einst literarische Figur ist heute
Ein wichtiger Kontrapunkt hektischer Zeiten die
Sich alle korrekt und fleißig stets bemühen das
Ihre zur Pflichterfüllung noch pünktlich zu tun
Jede Minute mehr die ein Flaneur schlendert
Ohne etwas zu wollen als zu beobachten was ist
Bremst die Zeit ein wenig aus und bringt Ruhe
In den unruhigen Fluss der Beschäftigten als Fels
So ist der Flaneur wie Franz Hessel es treffend
Im Flaneur der Großstadt beschrieb immer ein
Störenfried für die mit Erledigungen eilenden
Steht wie ein Fes unnütz in der Brandung herum
Manche stören sich daran und fragen unwirsch
Was willste denn oder was guckste so haste grad
Nix zu tun oder wie und wenn er dann antwortet
Er beobachte einfach erntet er häufig auch Zorn
Zumindest das Kopfschütteln der Berlinerin kann
Dem so unbeschäftigten Beobachter sicher sein
Was wird das schon für ein Typ sein der Zeit hat
Rumzustehen und nur zu schauen wie Nante einst
Der Flaneur ist im hektischen Leben der Großstadt
Für viele ein unattraktiver Fremdkörper der noch dazu
Unproduktiv ist weil er ja damit nichts verdienen kann
Die Frau von heute aber beschenkt werden möchte
Nur Aufmerksamkeit und manchmal auch noch seine
Räsonierenden Gedanken verschenkt der Flaneur
Was viel dem ist der sich Zeit nimmt darüber auch
Nachzudenken und nichts denen die mitschwimmen
Wie sieht die Bilanz des Flaneurs aus fragt sich
Der fleißige Unternehmer und sieht nur die immer
Verschwendete Zeit dier er doch viel effektiver mit
Bezahlter Arbeit wohl verbringen könnte endlich
Warum in Zeiten endlicher Ressourcen aber
Der Flaneur ein gesundes Vorbild wohl ist das
Sich nicht hetzen lässt sondern die Ruhe hat
Versteht nicht wer ständig in Bewegung ist
Manche wollen immer dringend was machen
Weil so Nichtstun doch unendlich öde wäre
Muss etwas unternommen und geplant werden
Die Freizeit mit Aktivitäten zu füllen noch
So fliegen sie in Urlaub oder fahren Ski
Was sie für einen Ausbruch aus ihrer Mühle
Des Berufs halten und als solchen preisen
Statt sich Zeit zu nehmen zu beobachten
Gehe seit fünf Jahren täglich mindestens
Einmal manchmal auch mehrmals die immer
Gleiche Runde um meinen Platz und entdecke
Dabei staunend immer wieder auch neues
Muss nirgendwohin um mich zu entspannen
Setze mich auf eine Bank und beobachte die
Hier mit irgendwas beschäftigt vorübereilen
Ohne jemals als für Momente anzukommen
Sie wollen alle noch so viel machen wie auch
Die Bücher bei ihnen beliebt sind von Orten
Die sie wie andere schreiben gesehen haben
Müssen und die sie gern bei sich dann abhaken
So feiern sie auch in den Bars und Cafés um
Den Platz an dem ich lebe ihre Feste laut und
Wild mit möglichst vielen als wäre es die letzte
Gelegenheit nochmal so ein Fest zu feiern
Der Flaneur beobachtet dies alles nur ohne
Je irgendwo dazuzugehören manchmal nur
Findet sich für Zeiten eine Begleitung auf eine
Runde um den Platz lieber ist er in Ruhe
Ist dazu gehören wollen Teil des Hamsterrades
Das alle so hektisch antreibt um es im Leben
Zu etwas gebracht zu haben über das sie in
All der Hektik nie zum nachdenken kommen
Edgar Allan Poe und Flaubert etablierten den
Flaneur zuerst in der Literatur den Baudelaire
Proust Benjamin und Hessel verfeinerten zum
Beobachter der Beobachteten beim beobachten
Viele sehen den Flaneur als dandyhafte eher
Überflüssige Kreatur die im Alltag meist stört
Weil sie als Beobachter nur im Weg steht statt
Auch eine nützliche produktive Arbeit zu tun
Ob die letzten Flaneure sich nun an die Hektik
Anpassen die von den Erbsenzählern noch als
Wohlklingende Optimierung verkauft wird oder
Uns vor den Grauen Herren retten fragt sich
Alle müssen irgendwie überleben und so das
Ihre tun um nicht zu verhungern sagt dazu
Der Ökonom fachkundig und treffsicher wohl
Dem sollte lieber keiner mehr widersprechen
Dann entdecken wir die reziproke Produktivität
Der Flaneure in der Entdeckung der Langsamkeit
Die eine hektische Welt mit endlichen Ressourcen
Eher retten wird als beschleunigte Maßnahmen
Fragt sich nur ob der Flaneur dann angestrengt mit
Nichtstun und Beobachten beschäftigt sein muss
Oder dies seiner Natur widerspräche von der viele
Noch so viel lernen könnten blieben sie nur stehen
jens tuengerthal 23.11.2016
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen