Mittwoch, 14. Dezember 2016

Gretasophie 002

002 Worum es geht - Natur oder Seele

Gestern ging es um den Anfang und da sprach ich schon von der Seele, an die ich nicht glaube, die aber auch in der Schule meiner Tochter immer wieder erwähnt wird, als sei das völlig normal, solchen Aberglauben vor vernünftigen Menschen zu verkünden. So hat die christliche Sekte unseren Verstand bereits soweit eingenebelt, dass keiner mehr kritisch fragt, was soll denn das Gerede von der Seele überhaupt, wo soll die sein, was ist das, denn was es nicht materiell gibt, ist vernünftigerweise nicht existent. Sind Natur und Seele ein Gegensatz, weil da irgendwas außerhalb unseres Gehirns herumwaberte und was soll das der Natur nach sein, wem nutzt dieser Gegensatz von Natur und Seele und was ist überhaupt noch Natur und was genau nicht?

Diese Frage treibt mich in den nächsten vier Kapiteln um, die mit je kleinen Buchstaben als Unterüberschriften noch abgeteilt werden, was viel systematischer klingt, als es in meinem Kopf vorgeht, mir aber hilft, mich beim Schreiben nicht völlig zu verwirren und vom Thema abzukommen, bei dem zu bleiben, worum es geht.

002a Naturbetrachtung und Glaube

Sind wir nur Natur oder mehr und was könnte je mehr sein, wenn alles Natur ist?

Alles ganz natürlich oder eher abstrus und künstlich, denke ich und werte mit abstrus alles nicht natürliche ab, als sei ich wie der inkontinente Rousseau ein Anänger des zurück zur Natur, was ich über 25 Jahre nach der Lektüre von Hesse irgendwie hinter mir habe, wie ich dachte.

Doch wenn ich sage, alles sei Natur, da wir Natur sind, ist auch alles natürlich, was wir tun und auch die Produkte unserer Chemie und was wir Kunststoff nennen, der wiederum aus dem Naturprodukt Erdöl gewonnen wird.

Klingt auch unsinnig gerade wenn wir an die katastrophalen Folgen etwa des Naturproduktes Uran in der Natur denken, wenn zufällig ein Kernkraftwerk nicht wie geplant funktioniert. Dann lebt wie in Tschernobyl oder an manchen Orten Japans für tausende von Jahren nichts mehr.

Manche warnen uns vor dem Missbrauch der Natur, die Veganer wollen uns vor dem Fleisch beschützen oder die armen Schweine vor uns, so ganz klar ist das noch nicht, wem sie sich näher verwandt fühlen. Andere weisen auf die Folgen unserer Lebensweise hin, die Lebensräume zerstörte und Katastrophen logisch herbeiführe. Der gerade in den USA die Wahlen gewann, glaubt das alles nicht und möchte lieber auf Wachstum und mehr Reichtum setzen, statt jede Entwicklung mit Bedenken auszubremsen.

Alle die vom Aussterben bedrohte Tiere retten wollen, schreien auf und warnen vor der Katastrophe, die ein weiter so, für die Umwelt bedeuten würde. Die Natur droht in deren Augen unterzugehen, wenn wir weitermachen wie bisher und viele wissenschaftliche Erkenntnisse sprechen für diese Sicht der Welt, zumindest nach allem, was wir bisher wissen.

Ob die Klimaveränderung auch positive Wirkungen hätte, ist bisher nicht bekannt, auch sonst wissen wir manches noch nicht so ganz genau, etwa ob eine kommende Eiszeit durch die globale Erwärmung ausgeglichen würde oder was passiert, wenn durch Abschmelzen der Pole als Folge der Erwärmung unser Planet als Trabant der Sonne ein winziges Stück aus der gewohnten Bahn rutschte und sich die Temperaturen in die Gegenrichtung bewegten.

Vieles spricht dafür, mit der Natur, die uns umgibt, so vorsichtig wie nur möglich umzugehen, so wie wir es auch mit uns täten, wenn wir wollen, dass es uns gut geht. Doch wer den Fortschritt ewig aus Angst blockiert, wie es gerade auch im Sinne des zurück zu den guten alten Sachen und eben zur Natur wieder normal scheint, säße noch immer in einer Höhle ohne Strom und Internet, wenn nicht andere mehr gewagt hätten.

Wir müssen alle gerade irgendwie eine Haltung zur Natur finden und zur Umwelt. Wer ein guter Mensch ist, will sie schützen und die Tiere retten, scheint unsere Ethik sich über die Natur zu legen. Aber ist der weniger gut, der mit Ausbeutung der Natur Arbeitsplätze  schafft, Menschen ernährt, Wohlstand schafft?

So ist manches in unserem Verhältnis zur Natur verwirrend, obwohl es doch ganz einfach sein müsste eigentlich. Ist Gentechnik, die uns vor dem Tod durch Krebs oder überhaupt vor dem frühen Sterben vielleicht retten kann, eine Therapie bei vielen bisher tödlichen Krankheiten bieten kann, gut oder schlecht und was ist der Maßstab dies zu sagen?

Darf über solche Fragen nur urteilen, wessen Leben damit gerettet wurde oder gerade die nicht, weil sie ja befangen wären und warum ist nicht automatisch gut, was hilft?

Während ich diese Fragen zu unserer Natur und zum Umgang mit der Natur stelle, was noch natürlich ist und was nicht mehr, fragt sich wohl mancher, ist es seine Seele, die ihn dazu treibt, die seinen Worten Feuer gibt oder liegt es in seiner Natur so über ganz natürliche Dinge zu schreiben und nachzudenken.

Für mich scheint es völlig natürlich, sich danach zu fragen, wäre es im Gegenteil, total unnatürlich, dies nicht zu tun, weil Hinterfragen Teil meiner Natur ist, oder ist es das Produkt meiner Erziehung, der vielen Fragen, die mein Vater sich ständig stellte und auf die er mich hinwies mit seinem liebenden aber immer auch kritisch dialektischen Blick in die Natur?

Was wird es für meine Tochter sein, die ungetauft ist und so wenig, glaube ich zumindest, glaubt wie ich, zumindest an keine Kirche und keine Heiligen?

Sie hört von Seele in der Schule reden, nicht nur in Religion, auch in anderen Fächern wird davon geredet, als sei es normal und nicht verrückter Hokuspokus, elender Aberglaube, weniger wert noch als die verlogene Astrologie, die schon schrecklich genug mir immer schien. Was wird sie sich denken, wenn ihr Vater sagt, alles Blödsinn, gibt es nicht, die sind alle doof - befreie ich meine Tochter damit von der Sklaverei der Vorurteile oder stürze ich sie unnötig in einen Konflikt, sollte ich ihr besser die Anpassung leichter machen, muss ich, wenn ich mein Kind schon auf eine Waldorfschule gehen lasse, nicht auch an diesen ganzen Anthro-Unsinn glauben?

Leichter für sie wird es, wenn sie im Strom mitschwimmt, aber ich habe so das Gefühl, dass ihr das so wenig liegen wird wie mir und sie lieber aneckt, wenn ihr Verstand ihr etwas anderes sagt, es auch schon getan hat, als sie das Beten verweigerte und sich damit durchsetzte, ohne dass ich ihr je etwas dazu geraten habe, als schau es dir an und folge dem, was dir richtig scheint. Ist dieser ganze Seelenmüll, den so viele ständig von sich lassen, der so verlogen ist wie der Müll vom Unterbewusstsein, der für mich auch nur mit der Psychoanalyse als postreligiöse Sekte mit gleichen Mitteln kam, etwas wert?


Hätte sie diesen Querkopf und diesen eigenen Willen von mir geerbt, wäre ich stolz, aber ich glaube er könnte genauso von der Mutter stammen und ist vor allem ihr eigener, wenn sie ihn denn hat, was ich aber ein wenig schon glaube, jedenfalls wird sie es damit schwerer haben. Bei allen Lehrern, die nur ihren Stoff durchziehen sind solche Schüler, die mitdenken und eine Meinung haben immer unbeliebt.

Was der Gewinn davon ist, anders zu sein als die meisten, selbständig und kritisch zu denken, kann ich nicht so genau sagen, es bringt erstmal hauptsächlich viel Ärger, macht das Leben anstrengender weil logisch unangepasster und bringt auch sonst keinen messbaren Gewinn. Diejenigen müssen sich nur mit Gedanken quälen, auf die andere nicht mal kämen, können dafür Antworten finden, die vorige nicht mal ahnen. Ob das ein Gewinn ist, weiß ich nicht - in messbaren Kriterien der Anpassung und Optimierung sicher nicht. Es ist aber auch egal, wie es müßig ist, sich über die  eigene Haarfarbe zu grämen, wenn es eben meine Natur ist, sie so hell oder dunkel zu haben.

Ob es uns gut tut, unsere Natur zu verändern, uns die Haare zu färben, den Busen oder die Schamlippen operieren gar die Nase korrigieren zu lassen, ist nicht gewiss. Bei den Haaren richten wir wohl am wenigsten Folgeschäden an, beim Rest fehlt die wirklich lange Erfahrung damit noch. Andererseits, können Opfer von Unfällen oder Krankheiten nun wieder hergestellt werden, wo sie früher wie Aussätzige leben mussten, die sich nichts anderes wünschten, als normal zu sein. Was ist da noch normal, was ist gut und warum braucht es dabei überhaupt Grenzen als die eigene Lust und den eigenen Geschmack?

Muss ich die Natur und den Wunsch sie zu verändern bewerten?

In bestimmten Kreisen wird es immer üblicher der Natur nachzuhelfen, von Botox bis Silikon ist alles gut, was den Anschein von straffer Jugendlichkeit weckt, statt ehrliche Reife zu zeigen. Junge Frauen mit natürlich kleinen Brüsten lassen sich grässliche Ballons anoperieren, die nicht zum Rest passen, weil die Natur es doch so vorgesehen hat, denke ich und frage ich doch zugleich, wer darüber urteilen kann und darf.

Finde da kein klares Urteil, wenn es einer Frau das Leben rettet, sich die Brüste abnehmen zu lassen und sie sich danach diese künstlich nachbilden lässt, finde ich das gut und verständlich, dagegen scheint es mir absurd, wenn eine nur ihre Körbchengröße aus welchen Gründen auch immer verändern will, um sich besser zu fühlen.  Frage mich aber, ob meine Unfähigkeit hier klar zu urteilen, damit zusammenhängt, dass ich nicht an eine Seele  glaube, für mich Geist und Körper eins sind und wer so etwas tut, doch nicht ganz zurechnungsfähig sein kann für mein Empfinden.

Erleichtert vielleicht die Trennung von Körper und Seele diesen idiotischen Umgang, den viele Menschen mit ihrem Körper zeigen oder ist das schlicht eine Frage von Geschmack und Stil und wem es an beiden mangelt, der lässt sich eben operieren?

Urteile zugegeben schon in der Frage ein wenig, weil ich ja auch meiner Tochter hier die Welt erklären will und es dabei darum geht, wie es sein sollte, was ich für richtig und gut halte. Doch wäre ich unaufrichtig und völlig bescheuert, wenn ich nicht auch meine Urteile hinterfragte, ob ihrer Basis und ihrer Tauglichkeit.

Schönheits OPs sind nicht mein Ding, außer wenn medizinisch dringend indiziert, völlig überflüssig, wie die immer noch zulässige Beschneidung von Knaben aus nur Gründen des albernen Aberglauben, doch werde ich in der Frage des Aberglaubens und der Beschneidung nicht zu laut werden, weil es eben auch ein sensibles Gebiet ist, ich meinen jüdischen Freunden gerade als Deutscher nicht auf die Füße treten möchte, auch wenn ich ihnen meine Meinung dazu immer sagen würde. Was mich zu der Frage bringt, wo fängt bei der Behandlung der Natur die Toleranz an und welche Rechte müssen wir schützen?

Bei der Klitorektomie sind wir sicher, dass die Opfer schutzbedürftig sind, bei der Beschneidung nicht, weil die Folgen nicht so gravierend meist sind. Aber in der Sache unterscheiden sich beide voneinander so wenig wie sich letztlich auch die Taufe nicht von diesen unterscheidet, auch ohne jeden körperlichen Eingriff. Es geht also scheinbar nicht ums Prinzip sondern nur um eine graduelle Unterscheidung von mehr oder weniger schlimm in der konkreten Auswirkung.

Nehme ich mir aber meinen Kant und seinen kategorischen Imperativ als höchsten moralischen Maßstab des Handelns, fällt mir auf, dass passt hinten und vorne nicht, ist einfach völlig verlogen. Entweder ich schütze die körperliche Integrität und also auch die geistige Freiheit eines jeden Kindes von Eingriffen der Sekten oder ich lasse diese aus Tradition halt machen, weil wir es so gewohnt sind, aber das eine mehr als das andere zu verurteilen, ist einfach nur verlogen und sollte überwunden werden. Egal was alle Gesetze sagen, entweder die Taufe ist so schlimm wie die Beschneidung und die Klitorektomie, weil sie auch in die psychische Integrität und Freiheit unschuldiger Kinder eingreift, die vor Religion möglichst lange zu verschonen sind, oder ich lasse eines wie das andere aus Gründen der Achtung anderer Traditionen geschehen, weil es mich als freien Ungläubigen ohnehin nichts angeht.

Darum auch habe ich meine Tochter nicht taufen lassen und finde schon den Gedanken daran absurd, denke aber auch, vielleicht ist es auch ok alte Sitten zu tolerieren, wie gerade bei meinem besten Freund, der seine Tochter wie üblich als Baby taufen ließ. Moralisch müsste ich meinen alten Freund damit entweder den Verrückten gleich setzen die Klitorektomie betreiben, weil es inhaltlich um das gleiche geht, was ich ablehne oder einfach Toleranz üben, weil es nicht immer darum geht, Recht zu haben, sondern auch miteinander auszukommen.

Nach dem kategorischen Imperativ müsste ich kategorisch urteilen und den Freund einen Verbrecher nennen, der sich auf einer Stufe mit diesen Mädchenbeschneidern befindet, rituell ist es ja nichts anderes als die eben übliche Initiation, doch scheint mir nichts absurder gerade bei ihm, der aus einer Familie stammt, die auch auf ihre ethische und soziale Haltung großen Wert legen und den ich als nachdenklichen und sehr kritischen Menschen kenne und in manchem eben auch sehr traditionellen Menschen.

Weiß da nicht wirklich klar und logisch zu urteilen, denke, ich werde auch ihm und jedenfalls meine Tochter weiß auch wem, diesen Text zu lesen geben und bin gespannt, was er dazu sagt, wenn er meine Gedanken über Natur und erfundene Seele so liest.

Der gute Lukrez, den die römische Kirche so gerne totschweigen wollte, weil er zu radikal epikuräisch dachte und zu klug und schön dabei noch schrieb, führt in seinem großen Werk de rerum natura, also von den Dingen der Natur für alle fast Nichtlateiner wie mich, der nur gern gebildet tut, 23 gute Gründe an warum die Seele sterblich ist und weitere ganze Kapitel warum sich die Götter nie um uns kümmern würden, wenn es sie denn gäbe, was er noch weiter infrage stellt damit als sein geistiger Lehrer Epikur, den er lobt. Dem ist wenig hinzuzufügen, denke ich und ich empfehle allen die Lektüre, auch meiner Tochter, die ja weiß, wo er steht.

Könnte noch von mir etwas erzählen, was ich schon oft genug gesagte, wie einfach nichts mehr war, als ich klinisch tot war und mich diese ganzen Phantasien derer, die behaupten zurückgekommen zu sein aus dem Reich des Todes eher amüsieren und langweilen, wie mich ja auch der Herr der Ringe bald langweilte, Fantasy und Märchen sind nicht meine Welt, ist halt so.

Ob ich wohl leichter auch an eine Seele glaubte, wenn ich mehr Fantasybücher wie die Bibel lesen würde oder mir meine Vernunft dabei immer im Wege stünde, frage ich mich und weiß doch, ich will es gar nicht anders, weil dieser olle Aberglaube an etwas außer mir oder gar etwas unsterbliches für mich nichts tröstliches hat sondern nur mir nur dumm vorkommt, als wollte mich jemand für blöd verkaufen, mir so etwas erzählen zu wollen. Leute die an Außerirdische glauben, halten wir meist für eher blöde, auch wenn dafür wesentlich mehr spricht, als an den Sagen der Religionen je dran war, bei denen noch dazu die Theologie versuchte den Unsinn logisch zu begründen durch so absurde Thesen wie den Gottesbeweis des Anselm von Canterbury, der sagt, er muss einfach da sein, weil wir nichts höheres mehr denken können, weil wir ihn denken können aber nichts über ihn sein könnne.

Dies kam mir schon immer suspekt vor, doch Anselm war kein Idiot, er gilt als Großvater der Scholastik und schrieb auch andere kluge Sätze, die ich lieber gleich ohne Vortäuschung falscher Ahnung auf deutsch zitiere: “Glaube, der nach Einsicht sucht” “Ich glaube, damit ich verstehe.” Der letzte Satz, lohnt sich doch mal sich auf Latein auf der Zunge zergehen zu lassen - Credo ut intelligam - da steckt manches drin, was wir in unserem alltäglichen Wortschatz benutzen, ohne an seine lateinischen Wurzeln noch zu denken. Ein wichtiger Lehrer, dem Katholiken wie Protestanten und Anglikaner gleichermaßen am 21. April jährlich gedenken.

Sein Glaube ist mir fremd, sein Gottesbeweis, scheint mir unsinnig, aber seine Suche nach vernünftigen, also philosophischen Gründen für den Glauben im ansonsten dunklen Mittelalter liegt mir nahe. Umberto Eco schrieb über diese scholastischen Fragen wunderbar in seinem Roman der Name der Rose, bei dem am Ende die wunderbare Klosterbibliothek und das Kloster verbrennen damit nur keiner die verbotene gefährliche Schrift von Aristoteles über die Komödie läse, zum Lachen gar gereizt würde in grimmiger Welt in der wir nur die üble Zeit vor dem erstrebten Paradies verbrächten, als sei was ist auch nur eine erfundene Vorhölle.

Eine Hoffnung auf ein Jenseits oder eine andere Welt ist auch heute noch in der Welt in der meine Tochter lebt präsent, so absurd das auch klingen mag. So hoffen muslimische Selbstmordattentäter auf ihre gute Position im Jenseits mit wievielen Jungfrauen auch immer, was ich noch nie verstanden habe, denn nichts ist langweiliger beim Sex als Jungfrauen beim ersten mal, aber es gibt ja immer auch ein zweites mal noch zu erhoffen.

So dumm und lächerlich blöd aus der Welt des naiven Aberglaubens einer chauvinistischen Männerwelt entliehend dieser islamische Mist auch klingt, es reizt viele und so viel besser ist der Gedanke an ein christliches Paradies auch nicht, für den auch noch viele leben, die wir für relativ normaler halten als die Selbstmordattentäter.

Islam, Christentum und Judentum unterscheiden sich nur graduell nicht inhaltlich wirklich. Sie nennen ihren Gott nur anders oder nennen ihn auch gar nicht lieber aber folgen den gleichen 10 Geboten alle und haben darauf dann je nach Art sektiererisch noch ihre Geschichten dazu erzählt. Es finden sich solche Sagen und Erzählungen genauso im Hinduismus in Indien oder bei asiatischen Religionen verschiedenster Art wieder. Von den Eskimos bis zum Amazonas gibt es Sagen mit übersinnlichem Charakter von der jeweils umgebenden Natur beeinflusst.

Es gab auch schon immer eine Gruppe von Zweiflern am überall verbreiteten Aberglauben und die hatten es meist schwer, galten als gefährlich wurden auch hingerichtet oder noch besser gleich verbrannt als Ketzer. Unter diesen gab es einige der klügsten Köpfe wie einen Giordano Bruno, der starb, weil er die Unendlichkeit des Weltraums in Raum und Zeit postulierte, was nicht zum geozentrischen Weltbild passte. Inzwischen haben sogar die Römer 2000 diese Hinrichtung der Inquisition durch den Papst als Unrecht anerkannt aber das nützt Giordano nichts mehr, so wenig wie sich Leonardo da Vinci noch auf die Vernunft verließ, als er wusste, dass die Erde sich doch bewegte, weil er lieber weiterleben wollte und darum nach Tagen in Haft wunschgemäß widerrief.

Die Erde war nach katholischer Lesart lange eine Scheibe von der einer runterfiel, der zu weit an den Rand ging warum es ja um so erstaunlicher war, dass Ferdinand und Isabella die Könige des allerkatholischsten Spaniens der Inquisition und der Vertreibung der Muslime in der Reconquista und Juden tatsächlich diesem verrückten Genuesen Geld gaben, der in westlicher Richtung einen Seeweg nach Indien entdecken wollte und die hispanischen Inseln fand, sich Christoph Kolumbus nannte.

Vielleicht taten sie das, weil der Seefahrer eigentlich nur Geld damit sammeln wollte, um Jerusalem von den Mauren zurückzuerobern. Ein hehres katholisches Ziel, gegen das auch der Papst nichts haben konnte, auch wenn dieses ursprüngliche Ziel völlig vergessen wurde, nachdem das Gold der Azteken und Inkas entdeckt wurde. Damit wurde Spanien für einige Generationen sehr reich und leistete sich viele Kriege auch für den Glauben, die es sich eigentlich nicht leisten konnte. Bei einem davon kam der Schwiegersohn von Ferdinand und Isabella ums Leben, der schöne Philipp, worauf seine Witwe, die bestimmt auch nicht hässliche Johanna, angeblich wahnsinnig wurde und der Enkel Karl nach dem Tod seines Opas König von Spanien wurde und die Kolonien in Südamerika mit Goldgruben erbte. Bald danach starb auch Karls anderer Großvater, der dem Jungen aber zumindest noch einige Jahre ließ, erwachsen zu werden. Wenn der eine Opa schon Ferdinand von Aragon hieß und mit seiner Isabella von Kastilien zusammen durch die Ehe Spanien vereinte in einer Krone, wird der andere auch vermutlich nicht Bäcker gewesen sein.

Der war sogar noch berühmter, er wird der letzte Ritter genannt und war Kaiser Maximilian I., den Dürer mehrfach malte, der später auch den Enkel portraitierte. Dafür wurde der Enkel Karl in Spanien I. und im Heiligen Römischen Reich irgendwie Deutscher Nationen, was immer das noch war, der V., jener Kaiser in dessen Reich die Sonne nie unterging, dessen Vater in einer dazu noch Liebesheirat den Habsburgern noch Burgund erheiratet hatte, einer der mächtigsten Herrscher, den diese Welt je sah, reich vom Gold aus den Kolonien und arm von den vielen Kriegen, die er gegen Nachbarn und Konkurrenz führen musste, denn seine Zeit war eben auch diejenige der Reformation, in der Luther die Kirche im Reich spaltete, was auch Karl persönlich aus dem schönen Spanien in einige Schlachten ziehen ließ.

Karl war nicht sehr beliebt bei vielen, hatte auch manche Feinde, aber war auch ein nach seiner Überzeugung ganz korrekter Arbeiter, der seine Regierungsgeschäfte so gewissenhaft und korrekt erledigte wie eine Merkel, die auch weniger die Massen begeistert, als einfach als zuverlässig gilt, der Ausrutscher mit den Flüchtlingen war eben nur einer.

Doch nicht nur in Deutschland reformierte sich die Kirche, auch in England und in Italien und Frankreich tobte die Renaissance teilweise auch die Reformation, bei der es die Hugenotten, die französischen Protestanten oft sehr blutig tragf, bis sie wie die Mauren aus Spanien vertrieben aus Frankreich wurden, dass die Mauren da länger schon beherrschten als die Christen jetzt, die seit Karl aus dem Hause Habsburg kamen, bis der Enkel des französischen Königs Henry IV. die Schwäche des Hauses Österreich nutzte, um für seine Schwiegertochter den spanischen Thron zu erstreiten vor den österreichischen Habsburgern, womit seitdem das Haus Bourbon in Spanien an der Macht war, die dort heute noch repräsentieren, während sie Frankreich nur bis zur Revolution und später noch kurz regierten. Dieser berühmte Enkel von Henry IV, den die Franzosen so lieben, war Ludwig XIV., wie es nach Henry bis zur  Revolution in Frankreich nur Ludwige von 13.-16. gab.

Dieser kleine historische Ausflug sollte zwar auch unterhalten, nicht nur einschläfern, darum auch die schnellen Sprünge über die gähnenden Abgründe meiner Ahnungslosigkeit im Urwald des bruchstückhaften Wissens, vor allem aber ging es darum zu erklären, warum die Macht der Kirche auf die Menschen eine so große Rolle spielte, weil sie die Kaperfahrten in die Kolonien legitimierte, die Welt zwischen Spanien und Portugal  auf dem Weg nach Indien untereinander aufteilte. Es veränderte sich damit auch die alte Welt und alte Reisewege über die Porzellan, Seide und Gewürze nach Europa kamen.

War es früher die Seidenstraße, die über Byzanz und Venedig nach Europa führte, war es nun der Seeweg, bei dem kein kleiner Herrscher zwischendurch Zölle erheben oder Waren beschlagnahmen konnte, auch wenn das Wetter immer wieder auch unsicher war, manches Schiff sank, die Reisen viele Monate dauerten, es lohnte sich für Spanien und Portugal, die aber keine eigene Wirtschaft im Land damit aufbauten, sondern mit dem Gold der Kolonien quasi auf Pump lebten, was manche Zahlung verzögerte, wie jene Karls an seine Söldner in Italien, die dann den berühmten Sacco di Roma zur Folge hatte, was zu einer Umverteilung vieler Kunstschätze führte und so ist sie bis heute teilweise sichtbar.

Die über Maximilians Hochzeit mit Burgund an die Habsburger gelangten Niederlande wiederum teilten sich in Zeiten der Reformation auf und was im sonstigen Reich zum 30jährigen Krieg führte, dauerte dort bis zum Frieden 90 Jahre, auch wenn es zeitgleich etwa endete, und dann gab es eine Republik, die Vereinigten Niederlande und einen Teil, der katholisch und bei Habsburg blieb. Dass wurden nach Karls Abdankung die spanischen Niederlande, die sein Sohn Philipp II. bekam, der die Krone Spaniens erbte, während er die des Reichs an seinen Bruder Ferdinand überschrieb und so gab es nun spanische und österreichische Habsburger, die  oft untereinander noch heirateten, um den Besitz beisammen zu halten. Wer sich die späten Bilder dieser degenerierten Familien mit dem auffälligen Kinn ansieht, merkt wie offensichtlich Vererbung manchmal funktioniert, alles eben nur Natur ist, auch in Herrscherhäusern.

Frankreich kämpfte in diesen Kriegen mal auf Seiten der protestantischen Schweden dann wieder gegen eigene Protestanten zuhause, mit denen mühsam Frieden ausgehandelt wurden, die betrügerische Katholiken wieder für den wahren Glauben mörderisch brachen im Auftrag des Herren. Dies ist auch die Zeit in der in Frankreich gegen Ende des 16- Jahrhunderts Michel de Montaigne schrieb und durch Deutschland und Italien reiste, um darüber zu berichten, was tiefe Einblicke in bis heute unveränderte Charaktermerkmale auch einheimischer deutscher Bevölkerung bestimmter Regionen des Reichs offenbarte.

Nicht nur darum lohnt sich die Lektüre von Montaignes Reisetagebüchern so sehr wie seine Essays, in denen er so gerne weitschweifig plaudert über, das, was ihn umtreibt und seine Zeit veränderte, allerdings nicht in erster Linie für seine Tochter, sondern für sich aber auch er war ein Tochtervater, der zwar Gutsherr war und eine zeitlang auch Bürgermeister von Bordeaux und zuhause Winzer und Gutsverwalter, ansonsten aber eher vor seiner Frau in seinen Bücherturm floh, lesen und schreiben wollte, sich darum auch relativ früh in eben diesen Hugenottenkriegen, während Pest und Cholera neben Raubrittern die Bevölkerung stark dezimierten, von allen Ämtern zurückzog.

Montaigne war katholisch, aber er war mit dem früheren Protestanten Henry IV., der erst für seine Krone, oder genauer für den Friede mit Paris seinen Glauben als Nachfahre der Könige von Navarra aufgab, weil Paris ihm eben eine Messe wert war, wie gerne oft und vermutlich falsch zitiert wird, was sich aber immer gut macht, zu wissen. Er hatte mindestens so viel protestantische Verwandte wie Katholiken unter den selbigen waren, hielt sich darum lieber raus und wollte nur in schweren Zeiten in Frieden leben, am liebsten in seinem Turm mit seinen Büchern. Er wurde noch von einigen der Henry Könige und Fürsten, die sogar mal zu Dritt gegeneinander fochten, um Rat gefragt und ritt immer wieder dazu nach Paris auch wenn ihn seine Gallensteine dabei plagten und er des Reisens müde war, weil er seine Pflicht als guter Franzose tun wollte.

Henry hat als Experiment von seinem Vater, der ganz dem Geist der Renaissance verpflichtet war, eine interessante Erziehung erhalten. Direkt nach der Geburt kam er weg von seinen Eltern und für die ersten Jahre auf zu Bauern in einem nahen Dorf, auf dem er ganz ländlich gesund in einfachen Verhältnissen die ersten Jahre aufwuchs. Dann engagierte der Vater einen Lateinlehrer, der mit seinem Sohn nur in der Sprache der Humanisten sprechen sollte und alle wurden verpflichtet nur Latein mit Michel zu reden, was kaum einer konnte, doch Michel lernte es fließend, wie später in der normalen Schule, auf die er dann noch kam, französisch und griechisch. Er war hochgebildet und belesen, vom Geist der Renaissance beseelt in ständiger Korrespondenz mit den großen Geistern seiner Zeit, zu deren größten er zählt. Frühe Erfahrung mit dem Tod seines Bruders und später seines besten und engsten Freundes während der Pestepidemie prägten sein Denken lange, bis er nach der Lektüre von Lukrez, seine Angst vor dem Tod auch schreibend verlor und frei wurde, sich von möglichst allen Pflichten frei machte und sein Leben so genoss, wie er nur konnte

Keiner der Macht wollte, sondern einer der nur seine Pflicht tat, wie es eben nötig war und den der Glaube nur am Rand interessierte, dafür aber ein atheistischer Philosoph wie Lukrez um so mehr, den er häufig zitierte und also ein freier Geist, der seinen Weg ging, um das Leben so zu genießen, wie es ihm gefiel. Im höheren Alter, naja viel älter als ich jetzt, ist er ja nie geworden, liebte er noch eine viel jüngere Leserin, die seine letzten Editionen verwaltete und seine geliebte auch Briefpartnerin wurde. Ein Philosoph und Liebender also, welch wunderbares Vorbild beim Nachdenken über das Leben, was es ausmacht und wonach wir streben sollten, um glücklich zu sein.

Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen, sagte Cicero so passend, dem kann ich mich nur anschließen, auch wenn ich den Garten wie Montaigne die Verwaltung seiner Güter auch lieber meiner Frau überließe, wenn ich denn eine hätte, aber so soll jeder nach dem Streben, was ihn hier und jetzt glücklich macht - falls es ein Paradies gibt, werde ich es spätestens erfahren, wenn ich da bin und wenn nicht, kommt es darauf auch nicht mehr an, so wenig wie eine drohende Hölle, mir hier Sorgen macht, während ich genießen sollte, was ist, statt mir ewige Sorgen noch zu machen über Götter, ihre Regeln oder nicht, sondern mich mehr bemühe, mein Leben so zu genießen, wie es mir gefällt.

Ob es in der Natur, die ich als einziges sehe, eine Seele gibt, weiß ich nicht, wüsste aber weder wo sie sein sollte noch wozu, noch weniger habe ich je verstanden, was es mir nützt, so etwas zu erfinden, um es zu fürchten. Manche sehen das anders und beten um ihren Seelenfrieden, den ich lieber ohne allen Glauben ganz menschlich genieße, am liebsten in meinem Turm voller Bücher für mich. Früher hätte ich noch um die logische Nichtexistenz einer Seele gefochten, heute ist es mir einfach egal, was andere glauben wollen, wenn es sie glücklich macht und solange ich die Freiheit habe diesen Aberglauben und Blödsinn aus meiner Sicht auch so zu nennen, bei vollem Respekt und aller Hochachtung gegenüber den im Aberglauben gefangenen Menschen ohne Seelen.
jens tuengerthal 14.12.2016

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