Dienstag, 28. Juni 2016

Kulturgeschichten 0272

Kriegsnotstand

Ein Krieg begründete die Macht Preußens
Als es noch nicht Preußen hieß sondern
Bloß die Mark Brandenburg war im Sand
Große Ödnis größtenteils wie heute

Inmitten gab es Berlin auch noch klein
Eher überschaubar und unbedeutend
Kurfürst Friedrich Wilhelm residierte dort
Mit seiner oranischen Prinzessin als Frau

Heute ist Berlin eine der wichtigsten Städte
Im kulturellen Europa geworden und dort
Regiert die derzeit mächtigste Frau der Welt
Mit ruhiger Hand nach viel zu vielen Kriegen

Aber um Merkel geht es nicht sondern nur
Um den Großen Kurfürsten der noch kein
König in Preußen war sondern einfach ein
Amtsträger im Reich sein wollte

Berlin und Magedeburg waren vom Krieg
Der 30 Jahre währte schwer gebeutelt als
Am 28. Juni 1675 die Märker die damals
Zahlenmäßig überlegenen Schweden schlugen

Es war als würde Island gegen England die
Mutter des Fußballs in einem Turnier gewinnen
Unwahrscheinlich aber im Ergebnis schön
Für viele noch völlig überraschend

Gemessen an der Zahl der Beteiligten
War die Schlacht bei Fehrbellin nur eine
Kleine Schlacht doch für Brandenburg
War sie in vielem existentiell

Es standen doppelt so viele Schweden
Halb so vielen Brandenburger gegenüber
Die nicht mal halb so viele Kanonen hatten
Am Ende starben 4000 Schweden und 500 Märker

Der Kurfürst schlug sich eigentlich als die
Schweden in sein Land einfielen noch im
Holländischen Krieg mit den Franzosen die
Gerade die kaiserlichen im Elsass besiegten

Daraufhin fiel ein Wrangel in die Mark ein
Schweden sollte Preußen ablenken dies
Im Auftrage Frankreichs damit sie ihre
Tuppen am Oberrhein abzögen

Der Kurfürst marschierte mit seiner Truppe
Im höchsten Galopp gen Norden sehen wir
Von Monaten der Winterpause noch ab
So war er im Juni zur Verteidigung bereit

Die Schweden wurden vor allem vom später
Berühmten Feldmarschall Derfflinger dabei
Vernichtend geschlagen durch Überraschung
Damit begann der Aufstieg Preußens erst

Als Brandenburg nur in den Krieg gezogen
Zur bloßen Verteidigung gegen die immer
Supermacht Schweden zogen sie vom
Schlachtfeld als Sieger und neue Macht

Des Großen Kurfürsten Sohn Friedrich mutierte
Vom III. Kurfürsten zum I. König in Preußen
Was außer dem Reich lag und also egal war
Ließ königlich in Berlin dafür bauen

Das Gleichgewicht der Kräfte verschob sich
Die Mark und ihr ostpreußischer Zipfel dazu
Wurde östlich zunächst zum König in Preußen
Friedrich dann teilte Polen und wurde einer von

Der Aufstieg dieser märkischen Sandprovinz
Zur europäischen Supermacht begann bei
Fehrbellin in jener Schlacht in der die zuvor
Unschlagbaren Schweden verdrängt wurden

Daraus wurden später zwei Weltkriege die
Mit eitler Selbstüberschätzung mehr noch
Zusammenhingen als mit der Verteidigung
Echter Interessen für irgendwen noch

Auf beiden Seiten schickten Verbrecher
Viel zu leichtfertig Millionen in den Tod
Für nichts und wieder nichts aus dem
Nichts werden konnte mehr in Zukunft

Der Große Kurfürst schonte die seinen
Er hatte viel weniger aber auch in der
Schlacht fiel nur ⅛ an Menschen nur
Was berechtigt ihn groß zu nennen

All jene die Massen metzeln ließen
Kriegsverbrecher zu nennen wäre nötig
Denn groß ist nur wer Frieden sichert
Auch wenn wir es anders gewohnt

Die Schweden waren die Antwort
Der Protestanten auf die Ignoranz
Von Karl V. und des Papstes auf
Die Reformation als auch Freiheit

Der vermeintlich große Kurfürst
Steht in einer Reihe von Mördern
Die Massen opferten aus seinem
So peinlichen Geschlecht noch

Der größte Massenmörder am Ende
War der peinlichste Wilhelm II. wohl
Der einzig andere Große Friedrich II.
Stand an Toten wenig nur nach

So gesehen war der Große Kurfürst
Gemessen an den Opfern ein Großer
Unter denen die Menschen opfern
Der Soldatenkönig war noch größer

Friedrich der Hasardeur der spielte
Stände mit Wilhelm ganz hinten
Trotz  Aufklärung und Reformen
Einer der größten Massenmörder

Würden wir Soldaten Mörder nennen
Was wir zwar dürfen als Meinung
Aber komisch finden eigentlich
Darum ändert sich nie etwas

Groß ist wer etwas riskiert
Gerne auch Menschenleben
Wenn das zum Spiel gehört
Klein ist wer achtsam war

Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.
Gehörte eher nie zu meinen Vorbildern
Sein zotig männliches Tabakskollegium
War mir zuwider wie Herrentagstouren

Lieber musizierte ich mit oder auf den
Damen die mir geistig näher kamen
Als die großen Krieger warum ich nie
Ein Großer wurde außer als Genießer

Gemessen an der Kürze meines Lebens
Wie der Zahl meiner Opfer fühle ich mich
Im Vergleich sogar zum Sieger von Fehrbellin
Geradezu großartig zumindest im Durchschnitt

Unbedeutend zu sein hat so viele Vorteile
Darüber zu schreiben relativiert es zwar
Dennoch Lust und Liebe mehr genießen
Als tödlichen Ruhm zeugt von Größe

So sage ich es mir und fühle mich groß
Auch wenn mich keiner dabei bemerkt
Oder vielleicht auch weil was zeigte
Wie relativ alle Größe immer ist
jens tuengerthal 28.6.2016

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