Mittwoch, 1. Juni 2016

Kulturgeschichten 0241

Gesetzesfreiheit

Machen uns Gesetze erst frei
Oder sind sie ewige Bedingung
Unserer Unfreiheit weil immer
Ein beschränkender Rahmen

Was ist die Bedingung der Freiheit
Ist es gerade bedingungslos zu sein
Oder nehmen wir sie überhaupt erst
Beschränkt wahr weil alles Grenzen hat

Es haben sich wohl die Bedingungen
Gewandelt unter denen wir frei uns fühlen
War es einst die Bewegungsfreiheit noch
Ist es vielen viel mehr freies W-Lan heute

Dennoch suchen viele noch die Freiheit
In der Wildnis wo sie sich ungebunden
Fühlen von den Regeln des Alltags
Machen was sie wollen wie sie meinen

Damit die Wildnis so wild bleibt für alle
Gibt es natürlich genaue Regeln wie
Sich wer dort zu verhalten hat denn
Natürlich wollen nicht alle das gleiche

So wünscht sich der Berliner gern
Einsamen Ostseestrand aber bitte
Mit Netzempfang um den Nachbarn
In der Großstadt Bilder zu schicken

Wenn die Funknetze nun krank machen
Oder Handywellen wider Erwarten doch
Krebs erregen den sie wachsen lassen
Wer ist am Ende dafür verantwortlich

So wie wir erwarten dass wer etwas
Gefährliches tut dafür Verantwortung
Übernimmt so wollen wir Sicherheit
Für unsere Freiheit lieber haben

Was ist der Rahmen für Sicherheit
Wo bleibt die Freiheit neben ihr
Wie wirken Gesetze dabei für was
Sind alte Fragen der Menschheit

Die Römer schrieben ihr Recht auf
Es galt das römische Recht lange
Nicht nur im ihm folgenden Reich
Sondern wirkte in ganz Europa

Wo Konflikte nicht mit Gewalt
Wie lange durch Fehden noch
Geklärt werden sollten braucht
Es einen rechtlichen Rahmen

So gab es lange ein Fehdeverbot
Schon Karl der Große regte es an
Karl V. kämpfte noch um die Umsetzung
Später ging es um Rechtssicherheit

Ein Gesetz für alle das auch klar
Die Freiheit regelt für jeden kann so
Dem Recht des Stärkeren vorbeugen
Mehr Freiheit schaffen als ohne war

Diese Absicht verfolgte auch Friedrich II.
Als er mit der Arbeit am Landrecht begann
Das  am 1. Juni 1794 unter seinem Neffen
Friedrich Wilhelm II. in Kraft trat

Das Preußische Allgemeine Landrecht
Versuchte erstmals die Rechtsordnung
Als Ganzes in einem Gesetzeswerk für
Alle fraglichen Bereiche zu erfassen

Friedrich der Große wollte ein klares
Wie eindeutiges Recht und war dabei
Vom Müller-Arnold-Fall geprägt warum
Er die Macht der Juristen begrenzte

Der Müller Arnold hatte eine Wassermühle
Der durch den gersdorffschen Karpfenteich
Das Wasser abgegraben wurde weshalb er
Sich weigerte für die Mühle ohne Wasser
Weiter Erbpacht zu zahlen wozu ihn aber
Ein Gericht verurteilte nach geltendem Recht
Worüber er sich nach zweiter Instanz
Bei Friedrich persönlich noch beschwerte
Was dieser nutzte selbst einzugreifen
Die beteiligten Richter zu Festungshaft
Zu verurteilen und den Müller dafür
Entschädigen zu lassen weil er das Urteil
Als ungerecht empfand was zwar sehr
Menschlich klingt aber gegen geltendes
Recht verstieß ein wilkürlicher Eingriff
Eines absolutistischen Herrschers war
Sich dessen bewusst begnadigte er
Die Richter bald wieder und nutzte
Die Gelegenheit sich endlich an das
Vorhaben seines Großvaters Friedrich I.
Zu machen ein Gesetzbuch zu schreiben

Zunächst verfügte Friedrich II. ein
Analogieverbot um so den Rechtsmißbrauch
Durch die Juristen zu verhindern es sollte
Nur noch der Wortlaut ausgelegt werden

Das ALR sollte für jedermann verständlich
Nachlesbar sein damit ein jeder sein Recht
Finden könne wie es geschrieben steht
Es keine Wilkür mehr gäbe

Zunächst 1792 fertiggestellt wurde es dann
Nochmal überarbeitet und nahm so auf
Die Bedenken der preußischen Eliten mehr
Rücksicht denen es zu freiheitlich war

Viele freiheitliche und vernunftrechtliche
Bestimmungen wurden wieder gestrichen
So etwa auch die Wohlfahrt als Staatszweck
Die Friedrich aufgeklärt unbedingt wollte

Das ALR regelte alle Rechtsbereiche vom
Zivilrecht Lehnsrecht Ständerecht Gemeinderecht
Staatsrecht Kirchenrecht Polizeirecht Strafrecht
Strafvollzugsrecht in über 19.000 Vorschriften

Es sollte jeden einzelnen Fall regeln und war
So gesehen ein großer Fortschritt auch der
Vorrang des Naturrechts darin war wichtig
Wie der keine Strafe ohne Gesetz Grundsatz

Der Entwurf des ALR verkündete noch eine
Selbstbeschränkung der Monarchie doch war
Dies am Ende nicht mehr enthalten so wenig
Wie eine Beschränkung der Privilegien

Der Grund für die Verfassung des ALR war
Der Fall des Müller Arnold wie die Furcht
Friedrichs vor der Bamten Wilkür die er
Durch seine eigene anstatt ersetzte

Ähnlich ging es dem preußischen ALR
Das den Wilkürschutz am Ende doch
Weitgehend aushebelte und so wurde
Was gut gedacht war nur mäßig gemacht

Doch der Aufopferungsgedanke aus § 74 ALR
Wurde bis heute Gewohnheitsrecht wonach
Der Staat in Eigentum eingreifen darf doch
Zugleich dafür nach § 75 ALR ersatzpflichtig ist

Nur 17 Jahre später schufen sich auch die
Österreicher am 1. Juni 1811 gültig ab 1812
Ein Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
Was bis heute als älstestes noch gültig ist

Bürgerliches Recht heißt es regelt nur
Die privaten Rechte und Pflichten der
Bürger unter sich nach § 1 ABGB womit
Es dem Deutschen ein A voraus hat

Die Vorarbeit  dazu leisteten bereits
Der Codex Theresianus sowie das
Josephinische Gesetzbuch wie konkret
Das Westgalizische Gesetzbuch von 1797

So kamen die Österreicher wohl etwas
Später als die Preußen die schon immer
Schnell schossen besonders in Königgrätz
Aber hielten länger als das ALR noch

Die Preußen wollten alles in einem regeln
Genau kodifiziert für jeden Einzelfall wovon
Nichts heute übrig blieb die Österreicher
Blieben zivil und haben es immer noch

Recht beschränkt die Freiheit und gibt sie
Es ist der Kompromiss den es braucht
Das Zusammenleben friedlich zu ordnen
Aber bleibt ein schlechter Kompromiss

Besser vertrauten die Bürger der Vernunft
Als nur dem Recht das schnell vor Gericht
Im Streit endet weil es eben auslegbar ist
Nur gilt was formal beweisbar auch war

Gericht und Gerechtigkeit klingt nur seltsam
Ähnlich wovon sich besser keiner mehr
Täuschen lassen sollte da Recht an sich
Einfach gilt als Selbstzweck der Ordnung

Gesetze sind nicht einfach gut sondern
Meist nur ein schlechter Kompromiss
Doch schlimmer wäre nur was ohne sie
Unter den ihm Unterworfenen los wäre

So schafft das Recht keine Gerechtigkeit
Sondern nichts als eine Rechtsordnung
Doch ist diese meist besser noch als das
Recht des Stärkeren was hieße Gewalt

Der Rechtsstaat bringt keine Gerechtigkeit
Er bietet nur das Recht anstatt zur Lösung
Wenn sonst nur der Stärkere immer siegte
Ist also ein schlechter fairer Kompromiss
jens tuengerthal 1.6.2016

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