Sonntag, 12. Juni 2016

Kulturgeschichten 0253

Gepaltene Gestalten

Der 12.6  ist 2016 wohl für manches
Zahlenspiel manchen gut und doch
Enthält dies Datum schon an sich viel
Mehr als uneingeweihten Augen sichtbar

Ob eingeweihte mehr dort sehen oder
Nur gern mutmaßen als würden sie
Mag offen bleiben lächerlich machte
Schon die Anmaßung es sei so

Die Quersumme des Tages ist 18
Wovon die Quersumme wieder 9
Was 3 mal 3 ist allein die 12 ist
2 mal 6 wie auch 3 mal 4

Wollten wir nun kabbalistisch oder
Sonst leicht verrückt weiter mutmaßen
Fiele uns auf dass die Quersumme 16
7 ist und also 3+4 was auch egal ist

Was zu manchen Mutmaßungen wohl
Esoterikern und anderen Verrückten
Anlass genug gäbe allein was weiß ich
Schon vom Wahnsinn als es zu sein

Es ist mit den Zahlen wie mit den Sternen
Wir können darin viel lesen wenn wir wollen
Der Preis ist unsere Freiheit immer wenn
Wir uns der Prädestination hingeben

Bin ich wahnsinnig ist mein Urteil nichts
Wert allen Vernünftigen meine ich es
Eher nicht zu sein spricht mehr dafür
Enthalte ich mich bloß bleibt nichts

Anders zu sein ist noch kein Wahnsinn
Vielen aber nahe daran sofern es nur
Vom Durchschnitt weit genug abweicht
Außer sie nennen es irgendwann Kunst

Am 12. Juni wurde zwei Künstler geboren
Die für sich anders waren und mühsam
Mancher auch nur kurz überlebte erst
Spät Anerkennung wie Würdigung fanden

Im Jahre 1890 war es Egon Schiele
Im Jahre 1892 Djuna Barnes
Der eine kuk Bahnbeamtensohn noch
Die andere Kind von US Freidenkern

Schiele war das dritte Kind des Tullner
Bahnhofsvorstandes der noch zwei
Ältere und eine jüngere Schwester hatte
Die ihm später auch Modell stand

Schieles Vater starb 1905 an Syphilis
Worauf sein Pate Vormund wurde
Jedoch war dies Ereignis prägend
Für seine spätere Kunst wird gesagt

Nach der Volksschule in Tulln wie dem
Realgymnasium in Krems kam er auf das
Gymnasium Klosterneuburg wo ein
Kunstlehrer seine Begabung entdeckte

Von Lehrer gefördert kam Schiele mit 16
An die Wiener Akademie der Bildenden Künste
Wo er anfangs mit großer Begeisterung studierte
Doch nach zwei Jahren der Akademie müde wurde

Frei von der Akademie gründete er mit Kommilitonen
Die Wiener Neukunstgruppe die kein Ziel hatte
Sondern sich als Abwehr gegen den Stumpfsinn
Der Akademie sah aus der sie sich befreien wollten

Ab 1907 sucht Schiele Kontakt zu seinem Vorbild
Gustav Klimt und bezog in Wien sein erstes Atelier
In der Leopoldsstadt am Rande des Praters ein Jahr
Darauf beiteiligt er sich an seiner ersten Ausstellung

Erste Erfolge erzielt Schiele ab 1909 mit der Ausstellung
Seiner noch sehr an Klimt erinnernden Werke in Wien
Dabei fiel er dem Kunstkritiker Arthur Roessler auf
Der für Schieles Entwicklung entscheidend wurde

Durch Roessler wurde er in der Kunstszene etabliert
Lernte erste Auftraggeber kennen wie Reininghaus
Durch die Freundschaft mit Max Oppenheimer wandte
Er sich vom Jugendstil ab und dem Expressionismus zu

Bald vom Rummel der Hauptstadt übersättigt zog er
Aus Wien weg mit seinem bekanntesten Modell
Wally Neuziel nach Krumlov dem Geburtsort seiner
Mutter wo eine äußerst produktive Phase begann

Die Bevölkerung dort fand seinen Lebensstil anstößig
Vor allem die wilde Ehe mit Wally und der Besuch von
Kindern in seinem Atelier warum sie weg zogen was
Zur Verhaftung wegen Sex mit Kindern führen sollte

Der Missbrauchsvorwurf erwies sich als haltlos
Dennoch wurde er wegen Verbreitung unsittlicher
Zeichnungen veruteilt und verbrachte 24 Tage in Haft
Wo  ihn Wally mit Papier und Stiften versorgte

Als er 1912 nach Wien zurückkehrte fasste er trotz
Des ihm vorauseilenden schlechten Rufes dank
Seines Freundes und Gönners Klimt schnell wieder
Fuß fand ein Atelier und feierte dort große Erfolge

So wurde er 1913 Mitglied im Bund österreichischer
Künstler durch dessen Präsidenten Gustav Klimt
Die Fackel veröffentlichte 1914 erstmals Gedichte
Von Schiele aber ohne dessen Genehmigung

Bis 1916 reichte er mehrfach literarische wie
Theroretische Texte bei der Berliner Zeitschrift
Die Aktion ein die 1916 ein eigenes Schiele Heft
Herausbrachten seit 1915 war er eingezogen

Als Einjährig-Freiwilliger war er in den militärischen
Verwaltungsdienst abgestellt worden dabei
Heiratete er vor der Versetzung nach Prag
Seine langjährige Freundin Edith Harms

Seine Frau forderte dafür aber den Bruch mit Wally
Sie wollte kein Dreiecksverhätnis und schweren
Herzens stimmte Schiele dem zu und tat nebenbei
Seinen Dienst im Kriegsgefangenenlager Mühling

Er malte in dieser Zeit nur ein einziges Ölbild
Die verfallene Mühle die er im Erfttal vorfand
Deren Besitzer auch eingezogen worden
Nichts mehr reparieren konnte die Verwüstung

Nach der militärischen Grundausbildung
Wie den verbundenen Versetzungen dabei
Kam er wieder als Schreiber nach Wien
Diente in der kuk Konsum Anstalt für Gagisten

Nach dem Tod Klimts am 6. Februar 1918 stieg
Klimt in der Wiener Kunstszene auf so wurde die
Ausstellung 49 der Wiener Secession gewidmet
Wozu er 19 Gemälde und 69 Zeichnungen beitrug

Zuletzt wohnte Schiele in Alt-Hietzing als dann
Gegen Ende des Krieges die spanische Grippe
Nach Wien kam und die im 6. Monat schwangere
Edith Schiele ihr erlag starb Egon 3 Tage später

Schieles Werke erzielen heute auf Auktionen
Höchstpreise im zweistelligen Millionenbereich
Seine Werke hängen im Leopold Museum wie
Im Belvedere und der Albertina sowie in Tulln

Das jung verstorbene Genie wurde längst zur
Legende auf einer Stufe mit Klimt auch wenn
Seine Bilder nicht so gefällig für jeden sind
Ob dies der frühe Tod steigerte dahingestellt

Der Faible der Wiener für den Tod hat den
Zu lange verkannten Meister noch zusätzlich
In den Olymp zu jung verstorbener Genies
Wie etwa Mozart gehoben

Djuna Barnes dagegen war 90 Jahre als
Sie am 18. Juni 1982 in New York starb
Die Schriftstellerin und Illustratorin zählt
Zu den wichtigsten Autorinnen der Moderne

Barnes Kindheit war  geprägt durch das Leben
Auf einer ländlichen Farm und den dort erlebten
In ihren Werken verarbeiteten sexuellen Missbrauch
Durch Vater und Großmutter die Freidenker waren

Als solche lehnten sie den Schulbesuch Barnes ab
Der Vater unterrichtete sie lieber zuhause selbst
Die Großmutter blieb trotz des Missbrauchs Vorbild
Durch ihre faszinierend starke Persönlichkeit

Mit 19 zog Barnes in die Bronx um zu malen
Nebenbei arbeitete sie als Journalistin wobei
Sie ab 1912 regelmäßig in Tageszeitungen in
New York erfolgreich veröffentlichte

So zog sie bald in das Künstlerviertel
Greenwich Village wo sie den Theaterkritiker
Courtenay Lemmon kennenlernte mit dem sie
Eine nur drei Jahre dauernde Ehe einging

Nach ihrer Ehe zog sie 1919 nach Paris wo sie
Bald Eingang in den intellektuell-lesbischen Kreis
Natalie Clifford Barney fand und so ab 1923 mit
Thelma Wood in einer Beziehung zusammenlebte

Neben dieser Beziehung hatte sie weitere Affären
Mit Männern und Frauen war jedoch sehr verletzt
Dass auch Wood dauernd Affären hatte warum sie
Wohl ständig zu viel trank während sie schrieb

So erschienen 1928 ihr Roman Ryder und der
Ladies Almanack in dem sie sich über Barney
Wie ihre Freundinnen lustig machte und sie zog
Nach Trennung von Wood zu Peggy Guggenheim

Bei Peggy ihrer zeitlebens nun großen Gönnerin
Wie guten Freundin schrieb sie an ihrem wichtigsten
Roman Nightwood bis sie 1939 wieder zurück nach
New York ging aber nur noch wenig schrieb

Sozialhilfe und Zuwendungen der großen Mäzenatin
Peggy Gugenheim hielten sie noch über Wasser
So fand in Guggenheims Galerie Art of this century
Noch 1943 eine Ausstellung ihrer Bilder statt

Dies war ihre einzige Anerkennung als Künstlerin
Die sie in der Öffentlichkeit je fand und so schrieb
Sie bis 1959 ihren letzten Roman The Antiphon
Ein Bühnenstück über eine Inzestbeziehung

Die literarischen Werke von Barnes zeichnen sich
Durch einen ironisch manchmal grotesken Stil aus
Sie setzt sich dabei mit dem Leben als Frau auseinander
Nahm jedoch nie die Feministinnenrolle ein

Ihre Figuren sind banale Alltagsmenschen die
Völlig überspitzt dargestellt werden warum sie
Bereits zu ihrer Zeit als zu speziell galt um noch
Für ein Massenpublikum tauglich zu sein

Der 1928 anonym veröffentlichte Ladies Almanack
Ist eine erotische Persiflage auf die lesbischen Zirkel
Der 1920er Jahre in Paris orientiert sich sprachlich
An Joyce und war in den USA zunächst verboten

In Ryder beschrieb Barnes die neurotischen Beziehungen
Innerhalb einer Familie die ihrer eigenen sehr ähnlich war
Nightwood ihr wichtigster Roman verarbeitet die Beziehung
Zu Wood nach dem Zerbrechen anhand von 5 Paaren

Eine Frau die sexuell frei und mutig das Paris der 1920er
Beschreibt indem sie eine spöttische Haltung einnimmt
Ohne gleich in den sexuellen Kitsch der Mechanik einer
Annaeis Nin zu verfallen sollte doch heute reizen

Scheinbar sind aber noch die schlichteren Muster
Wie sie in Sex and the city genutzt werden beliebter
Als die ironische Distanz einer klugen Frau die noch
Immer scheinbar vielen unheimlicher ist als Porno

Das Verkennen der Größe in ihrer Zeit ist wohl das
Leid vieler großer Künstler die mühsam überleben
Zwischen dem Drang etwas zu sein und sich dabei
Auch zu verwirklichen in dem was sie sind

Schiele ging ins Gefängnis und Barnes litt an der
Fehlenden Anerkennung die ihr zumindest posthum
In der Literaturtheorie zugesprochen wurde während
Der Maler Schiele inzwischen ganz oben ankam

In der Bildenden Kunst braucht die Masse meist eine
Bis zwei Generationen länger bis die Avantgarde zum
Massengeschmack wird worunter diese logisch leidet
Fraglich nur ob Abhilfe nötig und gewollt sein kann

Wo die Kunst nicht um ihre Existenz ringt wird sie
Schnell auch gewöhnlich und es fehlt ihr das Ringen
Abgesichert fließt es selten so frei wie bedrängt
Ob schreibend malend oder auch komponierend

Eine Existenz am Rande freiwillig führen wollen
Ist nichts was planbar ist sondern ein steter Kampf
Aus dem erst wird was Späteren groß erscheint
Fraglich wie produktiv verbeamtete Künstler wären

Wollte ein Staat die Kunst fördern weil er erkannte
Sie ist die Saat aus der erst Ewigkeit erwächst
Würde er ein bedingungsloses Grundeinkommen
Wohl für alle einführen und erreichte das Gegenteil

Nichts wünschte ich mir mehr als einfach frei
Schreiben zu können war mir gerade einfällt
Wie ich es dennoch seit Jahren irgendwie tue
Und dann auch wieder nicht was es wohl ist

Der unauflösbare Zwiespalt einer Existenz
Jenseits bürgerlicher Grenzen bei zugleich
Um so größerer Sehnsucht danach ist es
Was den Konflikt im Werk sichtbar macht
jens tuengerthal 12.6.2016

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