Deutschklassik
Es dreht sich was noch Klasse hat
In Deutschland um eine Kleinstadt
In Thüringen mit Namen Weimar
Und ist damit vielleicht typisch
Ziemlich in der Mitte gelegen
Von Wäldern umgeben mit vielen
Gut sanierten alten Gebäuden mehr
Schein als Sein aber sehr nett
Sicher hat auch Berlin seine Klasse
Einzelne große Autoren die jene Stadt
Im Leben und Sterben beschrieben
Doch bleibt Brecht immer ein Prolet
So beschrieb ihn einst Graf Kessler
Genau die Physiognomie betrachtend
Des unter der Diktatur des Proletariats
So hochgejubelten Schwarzwalddichters
Doch in Weimar hatte auch Kessler schon
Große Pläne für die vereinigte Kultur
Auch wenn die am lokalen Kleingeist
Damals noch scheiterte wie so vieles
Wo Goethe und Schiller um die Ecke
Beieinander wohnten in fußnähe noch
Ist nach des Herzogs Mutter Anna Amalia
Deutschlands schönste Bibliothek genannt
Abgebrannt und wieder aufgebaut im
Strahlend weißen Kleid eben wie neu
Freute mehr was Kulturdeutschland
Bewegte damit sie wieder erstand
Die erweiterten Archive im Keller
In denen eben auch die Geschichte
Der Weimarer Klassik zu Teilen liegt
Wurde eher Bibliothek unserer Zeit
Wer jemals durch Weimar flanierte
Und ich meine flanieren als Flaneur
Nicht gehetzt sondern in Ruhe um
Es zu erspüren versteht was war
Auf einem Raum kleiner fast als die
Nur Museumsinsel in Berlin lebte
Was zur literarischen Klassik wurde
Beisammen von Herzogs Gnaden
Umgeben von Hügeln wie schönsten
Thüringer Wäldern voller Wild auch
Hat sich dort alles konzentriert durch
Den Geist der Mutter Anna Amalia
Am 13. Juni 1794 forderte Schiller
Goethe zur Mitarbeit an den Horen auf
Und erhielt oh Wunder eine Zusage
Nachdem die Zuneigung anfangs gering
Mit dieser Verbindung die weiter wuchs
Bis zu Schillers Tod 1805 beginnt die Zeit
Der Weimarer Klassik die Epoche wurde
Bis heute Literaturgeschichte schrieb
Zur Weimarer Klassik dem Viergestirn
Zählen neben Goethe und Schiller
Noch Herder und Wieland sie begann
Nach Goethes erster Italienreise
Manche meinen sie dauerte bis zu
Goethes Tod andere sahen sie schon
Mit Schiller wieder sterben und den
Alten Goethe romantisch infiziert
Der Begriff selbst wurde erst später
Im 19. Jahrhundert geprägt in der dann
Gern schwülstig unpräzisen Romantik
Keiner der Dichter nannte sich Klassiker
Eine weit gefasste Sicht betrachtet nur
Ort und Zeit des gemeinsamen Wirkens
Der vier Dichter und Denker der sonst
Sich nur von der Frühromantik abgrenzt
Die engere Definition der Klassik dagegen
Beschränkt sich auf die elf Jahre in denen
Goethe und Schiller gemeinsam schufen
Was als ästhetische Allianz ihnen galt
Goethe führte diese Allianz nach dem Tod
Seines engen Freundes Schiller weiter
Auch lebte Schiller bis 1799 als Dozent
Noch in Jena die Allianz war brieflich also
So blieben letztlich sechs Jahre nur um
Zu formen vor Ort was als Weimarer Klassik
Dann Geschichte wurde als Dichterfreundschaft
Zwischen zweien die Klassiker wurden
Die Französische Klassik war der weltweite
Höhepunkt des Strebens seit der Renaissance
Die Dichtung der Antike aufleben zu lassen
Nach Ludwig XIV. 1715 Tod änderte sich dies
Es wurde bald mittelalterlich märchenhaft
Bis sagenhaft kitschig und überladen
Daher rührte das Bemühen die Antike zu retten
Dazu wurde Reiseliteratur und Archäologie genutzt
Johann Heinrich Winkelmann schrieb in seinen
Gedanken über die Nachahmung griechischer Kunst
Dazu ohne zu ahnen welch durchschlagende Wirkung
Seine ästhetischen Betrachtungen haben sollten
Edle Einfalt stille Größe war der Wahlspruch seiner
Bewunderung der antiken Kunst damit wurde die
Kunst und Ästhetik anders als französischer Prunk
Vermittelnd zu bürgerlich Schlichten gebracht
Dieser Vermittlung zwischen Bürgertum und Adel
Blieb auch die Weimarer Klassik prinzipiell treu
Die Günstlinge des Herzogs bauten lieber noch
Brücken als weiter zu polarisieren ohne Grund
So war Schiller und besonders seine Frau
Später wesentlich adelsstolzer und rigider
Als Goethe der früher vom Herzog schon
Erhoben worden war und dennoch frei blieb
Eine Geschichte dazu ist die Aufregung
Wie die Lästereien der Schillers über
Goethes unverheiratetes Zusammenleben
Mit der Mutter seines Sohnes Chistiane Vulpius
Das konnte der Adel um die Stein oder Schillers
Kaum dulden der Hof schimpfte ohnehin über
Die Sitten des Dichters des Werther der früher
Mit dem Herzog durch die Wälder zog
So waren manche Situationen zwischen
Dem vermeintlich einigen Paar die doch
Auf den zweiten Blick die Entfernung andeuten
Schiller der schwäbische Aufsteiger war bemüht
Goethe warf vieles einfach hin aus Genie
Wenn Schiller wissenschaftlich oft exakter
Als Arzt erfolgreich studiert während Goethe
Sein Jurastudium nur mühsam beendete
Schiller reizte den arrivierten Geheimrat
Mit der Aufforderung zur Mitarbeit an den
Horen als neuartigem Werk mit Bezug
Zur hingebungsvoll verehrten Antike
Ihren Anfang nahm die Weimarer Klassik
Als die gerade Herzogenwitwe gewordene
Anna Amalia den Dichter Wieland zur
Erziehung der Söhne nach Weimar rief
Als Goethe 1775 nach Weimar auch als
Erzieher gerufen wurde war er vor allem
Durch die Leiden des jungen Werther
Als Sturm und Drang Verführer bekannt
Danach wurden die Werke kontinuierlich
Reifer und näherten sich dem klassischen
Ideal langsam an im ästhetischen Ideal
Das suchte er auf der Reise nach Italien
Als sich Goethe und Schiller nach Goethes
Rückkehr aus Italien erstmals in Rudolstadt
Trafen waren beide ernüchtert bis enttäuscht
Schätzten sich eher falsch gegenseitig ein
Beide sahen im anderen den der durch Werke
Die längst hinter beiden lagen berühmt wurde
Nahmen weniger das aktuelle Gegenüber wahr
Die Erwartungen wurden also enttäuscht
Noch 1776 holte Goethe Herder aus Bückeburg
Als Generalsuperintendenten nach Weimar
Worauf sich deren Verhältnis bald abkühlte
Der eine war Günstling der andere Angestellter
Nach seiner Italienreise hatte Goethe seine vorher
Amtsgeschäfte kaum wieder aufgenommen um
Sich lieber ganz der Kunst zu widmen was auch
Schillers absolutem Wesen näher kam
Die frustrierende Erfahrung mit der Realität
Im revolutionären Fankreich das unter den
Jakobinern einfach nur mörderisch wurde
Verband sich mit vorigen Katastrophen
Die Welle von Selbstmorden im Sturm und Drang
Die Dichtung und Realität verwechselten gern
Führte auch bei den Autoren zur Hinwendung
Zur nach klassischem Ideal Suche nach Ausgleich
Während Goethe den universellen Zusammenhang
In der Natur zu erkennen versuchte nach antikem Ideal
Wandte sich Schiller der Geschichtsschreibung zu
Fordert eine evolutionäre Entwicklung statt Revolution
Der revolutionären Unruhe der Zeit wurde das Ideal
Einer ästhetischen Erziehung gegenübergestellt
Durch die Menschen zur Humanität gelangen sollen
Nach dem Erziehungsideal der schönen Seele
Die Epoche wurde zeitlos indem sie Ideale wählte
Die als menschliche Werte über alle Zeit erhaben
Sind wie sich im Streben nach Harmonie in der
Gesellschaft auch zeigt statt vorigem Egoismus
Zu den wichtigsten Motiven der Klassik gehören
Menschlichkeit und Toleranz im Sinne eines
Gelebten Humanismus schreibend nähern sich
Goethe und Schiller dem klassischen Aufbau
Der Name Klassik bezog sich nicht nur auf
Die klassische Antike sondern machte sie
Auch zu einer klassischen Epoche selbst
Vor allem die Romantik wertete es ab
Getrieben ist die Klassik von einer Mischung
Aus Abgrenzung vom eigenen Sturm und Drang
Wie Hinwendung zum Geist der Aufklärung
Wozu die Antike vernünftig idealisiert wurde
Die Weimarer Klassik versuchte Kunst mit
Dem Geist der Zeit zu versöhnen ein auch
Ganzheitliches ästhetisches Konzept soll
Die Menschen miteinander versöhnen
Die Zusammenarbeit begann mit der
Gründung der Zeitschrift Horen 1795
Durch Friedrich Schiller die als das
Gründungselement der Klassik gilt
Der Verleger Cotta aus Tübingen plante
Noch 1794 eine politische Zeitschrift
Doch Schiller hatte nach der Revolution
Genug von Politik wollte ein Weltbürgerjournal
Sie einigten sich auf zwei Projekte dazu
Die Allgemeine Zeitung wurde dann zur
Bedeutendsten Zeitung des 19. Jahrhunderts
Obwohl oder weil sich Schiller bald zurückzog
Das andere Projekt waren die Horen
Als Mitarbeiter gewann Schiller neben Goethe
Auch Fichte und Wihelm von Humboldt
Zu den Themen Philosophie und Kunst
Die Publikation wurde nach drei Jahren
Wieder eingestellt auch wenn sie vielen
Immer noch als ideale Zeitschrift gelten
Die sich Musen und Schönheit widmete
Schiller wollte sich hehren Ideale widmen
Dem rein menschlichen über alle Zweifel
Erhabenen um die wahre Humanität
Wieder ans Licht zu bringen
Die Rückbesinnung auf die Ideale noch
Der Antike brächten den guten Kern des
Menschen von alleine ins Licht förderten
So die menschliche Entwicklung besser
Die Zeitschrift sollte dem Leser helfen
Sich auf die Ideale aus Philosophie
Wie Geschichte zu besinnen und sie
Für sich anzuwenden um zu wachsen
Schiller glaubte der Mensch würde
Seiner Natur nach diesem Ideal dann
Wenn einmal geweckt nachstreben
Um höheres in sich zu erkennen
Der Wandel der Gesellschaft durch
Die Besinnung auf die Ideale der
Antike schien ihm logisch sollte
Den Leser von der Masse wegleiten
Die Horen wollten die Schönheit mit der
Gelehrten Welt vereinen den Leser von
Den Gedanken der Masse wegleiten
Kunst und Wissenschaft zu vereinen
Die Horen sind als Töchter des Zeus
Wie der Termis Figuren antiker Sagen
Sie sind die Göttinnen der Jahreszeiten
Des Schönen und der Ordnung
Wohlgesinnt wachen sie über das
Menschenwerk und bewachen wie
Homer in der Illias berichtet auch die
Himmelstore mittels verschobener Wolken
Goethes Propyläen steht programmatisch
Wie mythologish in der Tradition von
Schillers Horen der sich trotz aller Ideale
Ein regelmäßiges Einkommen erhoffte
Goethe verdiente bereits zehnmal mehr
Als Geheimrat verfolgte mehr das ideelle
Ziel der Kulturnation ohne Hauptstadt eine
Hauptzeitschrift endlich zu geben
Schiller träumte von der kulturellen Vereinigung
Der Deutschen in einer literarischen Assoziation
So sah sich die Zeitschrift als die Verbindung
Der schönen und der gelehrten Welt
Es sollte lediglich Beiträge von allgemeinem
Interesse geben die mehr als Unterhaltung boten
Sie sollten nicht entzweien oder die Kulturnation
Zerreißen womit Politik und Religion tabu waren
Philosophie und Geschichte wurden dort viel
Debattiert unter Aussparung der Gegenwart
Es ging den Machern um die wahre Humanität
Womit sie antirevolutionäre Akzente betonten
Die Horen sahen sich als weiterhaltende Ordnung
Aus der alles Gute fließt sie sind als Göttinnen
Antirevolutionär voll von schöner Menschlichkeit
Doch zeigten sie die Flucht der Geister aus der Welt
So wurde die überzeitliche Ordnung zur Hypothek
Der deutschen Klassik das hehre Ideal wurde nach
Vier Jahren auch aus verlergerischen Gründen
Wieder eingestellt noch suchen wir nach ihm
Bräuchte es wieder neue Horen für die Schönheit
Eine Konzentration auf die schönen Künste mehr
Als auf den nur politischen Alltag um bleibendes
Zu schaffen statt nur Lärm zu machen
Heute gibt es wieder Die Horen als Zeitschrift
Die viemals jährlich zur Literatur erscheint
Mit dem Ziel junge Autoren zu entdecken wie
Alte dem Vergessen zu entreißen
Elfenbeintürme gibt es heute genug für jeden
Ob es die Welt besser macht wenn wir die
Grausame politische Realität ausblenden
Wäre wohl der Frage wert gerade jetzt
Vielleicht ist Ausschließlichkeit immer
Zu wenig zumindest aber gibt es uns
Einen ästhetischen Blick der im Alltag
Zu leicht verloren geht was ein Wert ist
Ob die reine geistige Schönheit nach dem
Antiken Ideal im Zeitalter von Internet wie
Reality TV ein großes Publikum findet wäre
Vielleicht schon zu ökonomisch gefragt
Natürlich muss sich alles erstmal rechnen
Denken wir und vergessen dabei schnell
Was eigentlich wirklich wertvoll ist denn
Die Horen schufen bleibende Werte
Der Blick auf die Schönheit als Ganzes
Im Geist von Antike und Aufklärung
Könnte den Blick weiter öffnen noch
Als viele Zeitungen es heute tun
jens tuengerthal 13.6.2016
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