Mittwoch, 22. Juni 2016

Kulturgeschichten 0266

Wahrheitsverteidiger

"Da es ganz klar ist, dass zwei Wahrheiten sich niemals widersprechen können, so ist es die Aufgabe der weisen Ausleger, sich zu bemühen, den wahren Sinn der Bibelstellen, der mit den Naturgesetzen übereinstimmt, zu finden."

"Die Philosophie steht in diesem großen Buch geschrieben, das unserem Blick ständig offen liegt [, ich meine das Universum]. Aber das Buch ist nicht zu verstehen, wenn man nicht zuvor die Sprache erlernt und sich mit den Buchstaben vertraut gemacht hat, in denen es geschrieben ist. Es ist in der Sprache der Mathematik geschrieben, und deren Buchstaben sind Kreise, Dreiecke und andere geometrische Figuren, ohne die es dem Menschen unmöglich ist, ein einziges Bild davon zu verstehen; ohne diese irrt man in einem dunklen Labyrinth herum."

"Und sie bewegt sich doch"
(Könnte Galileo Galilei gesagt haben oder Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen, meist Galilei zugeschrieben als Aussage beim Verlassen des Inquisitionsgerichtes jedoch weder belegt noch wahrscheinlich - gedacht haben wird er es dagegen wohl)

Die Verteidiger der Wahrheit sind meist
Die größten Lügner was in der Natur
Der Wahrheit als Erfindung eines Lügners
So sehr liegt wie in der des Menschen

Dies geht uns bei der nüchternen Betrachtung
Der nur Natur genauso wie bei Meinungen
Oder Überzeugungen der je Beteiligten
Die naturgemäß nur relativ wahr sind

In der Naturwissenschaft sprechen wir dennoch
Von wahren und falschen Aussagen wie vor
Gericht Millionen meineidig behaupten sie würden
Nichts als die Wahrheit sagen die keiner kennt

Einer den die nur Beobachtung der Natur als das
Was sie ist vor Gericht brachte wurde berühmt
Weil er wusste die Welt drehte sich nach dem
Weltbild des Kopernikus dem er folgte

Dies entsprach aller Logik und Berechnung
Nur nicht dem katholischen Aberglauben
Der über Leben und Tod noch entschied
Eines der größten Genies der Menschheit

Am 22. Juni 1633 kam es in Rom gegen den
Astronomen Mathematiker wie Philosophen
Galileo Galilei zum Schauprozess vor dem Gericht
Der heiligen Inquisition der Reinheit des Glaubens

Galilei entwickelte der Tradition der Griechen folgend
Erst die Methode die Natur durch Kombination von
Experimenten Messungen und mathematischer Analyse
Zu erforschen und begründete Naturissenschaft damit

Viele seiner Entdeckungen gelten bis heute noch als
Bahnrechend für Naturwissenschaft und Astronomie
Berühmt machte ihn auch der Inqisitionsprozess den
Rom gegen das Genie Galilei anstreckte

Es dauerte bis 1992 dass Rom wiederrief und seine
Unsinnige Behauptung die Erde sei der Mittelpunkt
Des Universums wie Galileos Verurteilung für das
Gegenteil zurücknahm was genug aussagt an sich

Galiliei stammte aus einer verarmten Florentiner
Patrizierfamilie und den Namen eines berühmten
Vorfahren eines Arztes angenommen gehabt
Sein Vater war Tuchhändler und Musiker

Galilei wurde im Kloster erzogen und wollte
Zunächst Benedektiner werden jedoch vom
Vater nach Hause geholt um ihn sodann
Nach Pisa zum Medizinstudium zu schicken

Nach vier Jahren brach er das Studium ab
Um bei Ricci in Florenz Mathematik anstatt
Zu studieren und finanzierte sich dabei durch
Privatunterricht und hielt Vorträge zur Mechanik

Zugleich glänzte er schon da vielfältig begabt
Vor der Accademia Fiorentina mit einem Vortrag
Über die Toppographie von Dantes Hölle und löste
Das antike Problem des Heron durch eine Waage

Er machte auch später als Lektor an der Universität
Von Pisa zahlreiche physikalische Entdeckungen
Führte geniale Beweise baute Instrumente fand auch
Anderes was sich ihm offenbarte wie Fallgesetze

Er stellte die Verbindung von Natur und Philosophie
Logisch her und begründete dies aus Kenntnis der
Griechischen Texte die er weiterdachte um nicht im
Dogmatismus des Platon steckenzubleiben

Ob Galilei schon damals etwas vom Schiefen Turm
Fallen ließ wie sein Biograph behauptet scheint
Zumindest zweifelhaft jedenfalls nutzte er ihn als
Theoretischen Beleg seiner physikalischen Beispiele

Durch Protektion erhielt Galilei einen Lehrstuhl für
Mathematik in Padua auf den auch Giodano Bruno
Vergebens gehofft hatte und lebte nun in der viel
Liberaleren Republik Venedig  für 18 Jahre

Schon da schrieb er an Kepler er bevorzuge wie dieser
Das heliozentrische Weltbild des Kopernikus was dem
Geozentrischen der katholischen Kirche entgegenstand
Unvereinbar mit diesem logisch immer war

Seine Untersuchungen zur Supernova von 1604
In denen er wieder das heliozentrische Weltbild
Logisch belegte und bestätigte ärgerte die Peripatetiker
Wie sich die Schüler des Aristoteles nannten

Als er von einem in Holland erfundenen Fernrohr hörte
Erfand er selbst eines schliff dazu sogar Linsen die bis
Zu 33fach vergrößerten und überließ der Signoria
Von Venedig das Alleinverwertungsrecht der Erfindung

Ob er sich als Erfinder ausgab und Venedig damit doch
Verärgerte ist unklar zumindest war er der erste der
Mit einem Fernrohr den Himmel beobachtete um
Etwa Saturn Monde und Milchstraße zu entdecken

Ab Herbst 1610 ernannte ihn der Großherzog der Toskana
Cosimo II. de’ Medici ihn zum Hofmathematiker in Florenz
Konnte sich dort in völliger Freiheit seinen Forschungen
Widmen und den Sternenhimmel weiter erforschen

Erstmals widmete sich die Inquisition 1616 in einem Verfahren
Dem kopernikanischen Weltbild und erklärte es für unvereinbar
Ein das Gegenteil behauptendes Buch wurde gebannt alle wurden
Aufgefordert sich in dieser Frage zurückzuhalten was Galilei tat

Zuvor hatte er noch mit Jesuiten zum Thema korrespondiert
Hatte vor ihnen Vorträge gehalten und sein Fernrohr der dort
Akademie in Rom vorgeführt war stolz auf deren Ehrungen
Galten die Jesuiten doch als die geistige Elite Roms

Als sein alter Förderer aus Venedig noch Kardinal Barberini
Zu Papst Urban VIII. wird widmet ihm Galilei eine Schrift
Über Kometenerscheinungen in der er seiner Überzeugung
Ausdruck gibt alles stehe mathematisch im Buch der Natur

Er verteidigte darin indirekt in seinen Ausführungen über
Kometenerscheinungen das kopernikanische Weltbild machte
Machte Brahe und Grassi zugleich lächerlich wobei seine
Kritik in der Polemik nicht empirisch fundiert war

Diese Schrift der Saggiatore wurde wegen Atomismus wie
Verstoß gegen Dogmen des tridentinischen Konzils anonym
Angezeigt jedoch versandete dieser Versuch noch dank
Der Gönner und Freunde Gailieis im Vatikan

Angeregt durch einen Besuch bei Papst Urban VIII. schrieb
Galilei seinen Dialog über zwei Weltsysteme 1624 wie es
Seinen Vorstellungen entsprach jedoch verspottete er dabei
Sogar seinen Gönner Urban ein wenig zu sehr

Der Inquisitor verbat die weitere Verbreitung der Dialoge
Galillei wurde nach Rom bestellt durch die Pest verging
Jedoch noch der Winter bis er dem endlich nachkam
Galilei widerrief sofort alle vorigen Behauptungen

Er behauptete nie das kopernikanische Weltbild noch
Vertreten zu haben nachdem er 22 Tage in Haft
Der Inquisition gewesen war schwor nachdem ihn ein
Brief das Gegenteil bewies ab und verfluchte sie

Damit entkam er gerade noch dem Scheiterhaufen
Wurde zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt jedoch
Hielt er an seiner Überzeugung fest woraus das
Gerücht entstand er habe sie bewegt sich doch gesagt

Der Kerker verwandelte sich in Hausarrest unter Auflagen
Die auferlegten Busspsalmen betete seine Tochter für ihn
Lehren durfte er nun nicht mehr und forschen eingeschränkt
Jedoch schrieb er weiter etwa mit Milton und Hobbes

Es ging bei diesem Kampf mit der Kirche um die Hoheit
Zur Erklärung der Welt und die damit verbundene Macht
Zunächst beschränkte sich die Kirche noch Galilei einen
Bloßen Irrtum des Glaubens zu unterstellen sehr milde

Erst als Galilei wieder das kopernikanische Weltbild
Offensiv vertrat ein Exemplar an den Inquisitor sogar
Provokativ schickte wurde der Prozess gegen ihn
Eröffnet endete aber immer noch relativ mild

Bedenkend dass ein Giordano Bruno noch verbrannt
Todesurteile der Inquisition grausame Realität waren
Kam Galilei mit seinem Trotz noch milde davon der
Nie in einem Kerker tatsächlich sitzen musste

Tragisch am Fall Galilei ist dass der tiefgläubige
Forscher und Philosoph zeitlebens versuchte die
Kirche vom richtigen Weg zu überzeugen sich nie
Von ihr abkehren oder sündigen wollte

Benedikt XIV. bat bereits 1741 die Inquisition darum
Eine Gesamtausgabe der Werke Galileis herauszugeben
Unter Pius VII. wurde das kopernikanische System 1822
Erstmals als physikalische Realität anerkannt

Erst 1979 beauftrage Papst Johannes Paul II. die
Päpstliche Akademie der Wissenschaften mit der
Aufarbeitung des Falles der Bericht wurde 1992
Übergeben und führte zur formalen Rehabiltation

Später 2008 distanzierte sich Rom noch einmal
Vom Urteil der Inquisition hinter dem weder der
Papst gestanden hätte der es nicht unterschrieb
Noch alle Kardinäle bloß die Inquisiton war es

Amüsant ist dass dies ausgerechnet unter dem
Pontifikat des ehemaligen Großinquisitors
Benedikt XVI. alias Kardinal Ratzinger geschah
Aber so ist Rom manchmal widersprüchlich eben

Wohin der Aberglaube Menschen gegen alle
Vernunft und Beobachtung der Natur führt
Wurde wohl sichtbar spannender wäre was
Daraus künftig zu folgern ist für die Welt

Mehr milde in Urteilen denen sich die Weisen
Ohnehin lieber enthalten schiene angemessen
Doch fordert unsere Zeit gern das Gegenteil
Was selten vorausschauend noch war

Von Montaigne gäbe da viel zu lernen
Der auch ein wenig Ärger hatte mit der
Inquisition und Zensur bei seinem Besuch
In Rom einige Jahre früher noch als Galilei

Klug war es von Galilei zu widerrufen
Um nicht verbrannt zu werden womit
Sein Wissen keinem mehr genutzt hätte
Unklug war die Provokation davor

Die engstirnigen Richter sich selbst
Lieber bloßstellen lassen als dagegen
Zu entscheiden scheint manchmal
Wesentlich klüger als laut zu brüllen

Erdogan etwa macht sich lächerlich
Jeden Tag mit jeder Aktion etwas mehr
Kluge Diplomatie lässt ihn das alleine
Tun um unangreifbar zu bleiben

Wie Merkel deren Zweifel an der Türkei
Als Partner in Europa lange bekannt sind
Den Sultan sich blamieren und auflaufen
Lässt zeigt so gesehen viel Weisheit

Galileo zeigt trotz langer kirchlicher Gunst
Auch wenn er sachlich in allem Recht hatte
Mehr unsinnigen Trotz statt weiser Haltung
Zu der ihm die Kirche schon so lange riet

Erstaunlich genug komme ich so am Ende
Zu keinem harten Urteil gegen die Römer
Denke Verständnis bringt mehr als bloße
Provokation und enthalte mich im übrigen

Galilei hat unser Denken in ganz vielem
Revolutioniert nicht jedoch in dem Teil
Der es erst wirklich anwendbar macht
Der Infragestellung jeglicher Wahrheit

Und sie bewegt sich doch wird also
Dem Trotzigen weiter nachgesagt
Was weiß ich schon meinte dagegen
Montaigne den Rom auch bekämßfte

Es offen lassen weil ich nichts wissen
Noch etwas gewiss sein kann ist drum
Die hohe Kunst der Gelassenheit die
Das Leben ruhiger genießen lässt

Noch habe ich viel zu üben dies auch
Alltäglich zu leben doch scheint mir
Wenig zum friedlichen Leben jemals
Erstrebenswerter noch zu sein

So komme ich von Galilei zu Epikur
Wie seinem Schüler Lukrez mit der
Kurve über Montaigne um es nun als
Ganzes genüsslich zu betrachten

Voller Fehler sicher hat es aber doch
Viel Freude gemacht über die Welt
Was sie bewegt und zusammenhält
Ein wenig mehr nachzudenken noch
jens tuengerthal 22.6.2016

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