Montag, 12. Oktober 2020

Authentizitätswahn

Der Wahn nach Authentizität
Greift immer mehr um sich
Diagnostiziert Thomas Bauer
In Die Vereindeutigung der Welt
Diesmal sehr treffend für alle
Bereiche von Kunst bis Architektur
Aber auch etwa für den Islamismus
Wie dem Bedürfnis diesem zu folgen
Beschreibt es dabei als ein typisch
Artifizielles Problem dem genau die
Ambiguität fehle weil es nur auf eine
Schlichte Eindeutigkeit in eben der
Vermeintlichen Authentizität zielt
Die zum Wert an sich wird auch
Wenn ein Fanatiker genauso
Authentisch ist wie ein Fälscher
Fragt sich was am Ende bleibt
Von der vermeintlichen Echtheit
Die Bauer im Widerstreit zur Kultur
Als dem vom Menschen geschaffenen
Sieht von dem sich entfernt wer mehr
Nach der Natur in allem noch sucht
Die sich in der Authentizität ausdrücke
Richtig dabei ist sicher dass Kunst
Die authentisch sein will eigentlich
Sich ihres Werts als Kultur beraubt
Das also paradoxe Bedürfnis wird nun
Zum Werkzeug einer großen Lüge
Die ihre Wurzeln in einem Ideal hat
Was schon Rousseau so erwartbar
Wie verlogen beschwor die viele
Im zurück zur Natur sehen aber dabei
Die Wurzeln dieser Ideologie ignorieren
Die eigentlich schon bei Adam und Eva
Wie der Geschichte vom Paradies als
Gegenentwurf zum Gilgamesch-Epos
Ihren Anfang nahm in der babylonischen
Gefangenschaft der Juden wie dem
Versuch der jüdischen Priester mit der
Verschriftlichung ihrer Religion wie dem
Eigenen Gründungsmythos der Kultur
Der weiter entwickelten Babylonier ein
Ideal entgegen zu stellen welches ihr
Volk zusammenhalten kann was mit der
Sage vom ursprünglichen Paradies wie
Der Vertreibung aus diesem geschah
Einer schlichten Opposition zum viel
Kultivierteren Gilgamesch-Epos in dem
Eine Stadtkultur ihre Zivilisation feiert
Woraus in allen von diesen Texten
Weltweit beeinflussten Kulturen sich
Das zurück ins Paradies Ziel entwickelte
Was die Jünger Rousseaus in der Natur
Andere im geaberglaubten Himmel sehen
Die Moderne in der Authentizität sieht die
Wie eine nicht hinterfragbare Monstranz
Vor sich her getragen noch wird ohne die
Gründe oder Folgen kritisch zu reflektieren
Monstrosität in der Architektur legitimiert
So ist die Beschwörung von Authentizität
Als Wert das Bedürfnis nach Natürlichkeit
Die wesensmäßig das Gegenteil von Kultur
Als menschlich geschöpfter Welt ist warum
Eine Kultur die zuerst Authentizität erstrebt
Ihr den höchsten Marktwert auch gibt sich
Aus Gründen die im Aberglauben liegen
Dessen sie sich selten noch bewusst ist
Selbst beseitigt und ad absurdum führt
Kultur lebt davon kultiviert zu sein also
Nicht naturbelassen sondern geformt
Nur geben sich alle gern der Illusion hin
Die reine Natur wirklich zu lieben obwohl
Sie dies nur in menschlicher Form wollen
Doch lassen entsprechend immer mehr
Menschen etwa im Internet alle Kultur
Also auch den Anstand im Gespräch
Fallen was dann eben authentisch ist
Auch wenn sich noch empört wird
Ist dies nur die logische Konsequenz
Die zu hinterfragen so nötig wäre um
Kultur wieder kultiviert zu schätzen
Statt wertlose Authentizität zu loben
Die zurück zur unkultivierten Natur
Den entsprechend rohen Mensch führt
Wie sie Reality-TV so gerne verkauft
Mit der erwartbar primitiven Verrohung
Fern aller Kultur was auch Bauer zurecht
Deutlich kritisiert dabei jedoch verpasst
Die Gründe der Entwicklung zu hinterfragen
Welche in Babylon ihren Anfang nahm wo
Ein besiegtes schlichtes Hirtenvolk seine
Identität mit dem Ideal vom authentischen
Paradies unter ihre Anhänger warf was
Die drei abrahamitischen Religionen dann
Über die ganze Welt weitertrugen woraus
Ein Rousseau so sehr schöpfte wie die
Kunst und Kultur bis in unsere Tage
Statt den eigenen Wert zu schätzen
Die kultivierende Wirkung der Kultur
Die Vielseitigkeit zulässt wie hervorbringt
Zwar irrt Thomas Bauer wenn er meint
Authentizität schade Vieldeutigkeit mehr
Sie sucht diese im individuellen was echt
Alleine sein soll ja gerade aber der Wunsch
Nach einer idealen Natur negiert alle Kultur
Die unseren Umgang zivilisiert wie Kunst
Als hohes Kulturgut erst wertvoll macht
So sucht der Authentizitätswahn gerade
Den individuellen und echten Ausdruck
Schadet Vieldeutigkeit also nicht auch
Wenn es zu Bauers konservativem Tenor
Gut passt dies zu bemängeln irrt er dabei
Führt seine These aufs Glatteis von dem
Er keinen Boden mehr gewinnen kann
Den Wahn zur Authentizität kritisiert er
Richtig mit teils guten Argumenten doch
Ihm seine Natur vorzuwerfen geht fehl
Weil diese gerade Vieldeutigkeit bringt
Die aus authentischem Ausdruck resultiert
Falsch an ihm ist seine logische Ablehnung
Der Kultur bei Erhöhung unkultivierter Natur
Als vermeintliche authentische Kunst die
Schlicht unkultiviert wertlos damit bleibt
Was kritikwürdig ist statt mangelnder
Ambiguität die sie gerade fördert womit
Thomas Bauer sich in seiner Kernthese
Ohne Argument in die falsche Richtung
Verrante und etwas unstimmig wird was
Jedes weitere Wort an dieser Stelle hier
Überflüssig macht es bleibt nur Schweigen
Ideologie braucht keine Logik ist aber
Auch ohne jede nötige Schlüssigkeit

jens tuengerthal 11.10.2020

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