Dienstag, 17. Januar 2017

Gretasophie 009a

009a Natur und Geist

Wie Unterscheiden sich Natur und Geist - was ist am Ende noch natürlich?

Folge ich Epikur und Lukrez ist alles Natur und nichts außer ihr, jede Dialektik  da überflüssig, weil, was der Mensch tut, Teil seiner Natur ist. Doch ist dieses Denken über 2000 Jahre später noch aktuell, nicht seit Hegel oder spätestens der Moderne völlig überholt?

Weiß zu wenig, um aktuelle philosophische Moden zu kommentieren, die sich gerne in eigener Sprache in geschlossenen Begriffswelten selbst bestätigen, statt den alltäglichen Dialog zu suchen, die eben akademisch sind und es auch bleiben möchten. Kenne nur die Kneipengespräche aus den Bars um den Platz und die Fragen, die sich Menschen dort stellen, ob sie nun internationale Bänker sind oder waren, Physiker, Hutmacher, Musiker, Wirte oder Schauspieler, spielt dabei für mich weniger eine Rolle, als wie weit es mein Denken weiterbringt.

Staune immer wieder, wie erstaunt auch Philosophen, die gerne bei Epikur erstmal abwinken, über die Konsequenzen dieses Denkens sind, das die eigene Lust zum Mittelpunkt des subjektiven Universums macht, da wir nichts anderes als glücklich sein können, wenn wir uns um ihre Befriedigung bemühen. Wobei für Kurzsichtige angemerkt sei, obwohl Epikurs Schule, wie später all seine Schüler als einzige Frauen gleichberechtigt zuließ, geht es bei dem Wort Lust nicht in erster Linie um Sex nur höchstens auch, aber nicht mehr als es mein Sein und meinen Begriff von Glück sonst auch betrifft.

Spätestens, wenn die Rede auf den Tod und die angeblich natürliche Angst vor ihm kommt, die wir Epikuräer natürlich nicht kennen, weil wir uns der alten Weisheit erinnern, dass uns der Tod nichts angeht, der nie irgendwo mit uns zugleich ist und viel Theater um das nicht mehr Sein uns unwürdig erscheint, wird der intuitive Protest vieler groß.

Was habe ich davon, zu trauern, wer profitiert vom Jammern über den Tod, welchen Gewinn habe ich davon, mich der Trauer hinzugeben und warum sollte dies in meiner Natur nicht liegen, in jener der Gläubigen schon, die angeblich doch ein Himmelreich erwartet?

Wie ich behaupten könne, dass nichts bliebe, wo doch die Seele unsterblich immer sei, wird mir gelegentlich zornig entgegengehalten. Dann verweise ich gerne auf Lukrez, der besser in Versen die natürliche Sterblichkeit der Seele begründete, als ich es in Prosa nun schaffe. Aber versuchen will ich es doch, mit ähnlich möglichst einfachen Worten, um die Dinge auf den Punkt zu bringen.

Wie soll bleiben, was nicht mal irgendwo in der Natur ist und nur im Glauben existiert? Warum soll ich an etwas glauben, dass nur dann existiert und keinen Vorteil für mich hat, als mir obwohl vermeintlich unsterblich, nun Angst vor dem Tod zu machen?

Wo diese Seele, die mir nur ein Produkt des Aberglaubens ist, sitzen soll, hat noch kein Mensch herausgefunden und so gilt sie einigermaßen vernünftigen Gläubigen heute auch mehr als Idee denn noch als zu findende Materie. Ein Glaubenssatz, der unsterblich sein soll, weil viele es sagen und daran glauben wollen, damit zumindest etwas von ihnen bleibt.

Dies ist keine vernünftige Begründung sondern höchstens eine etwas eitle allzu menschliche, von Angst und der Gier nach Bedeutung genährt, zeugt sie eher von kleinem Geist als von großer Bescheidenheit für diese angebliche Krone der erdachten Schöpfung.

Warum sollte ich mehr sein wollen, als alle Natur, die natürlich sterblich ist und in ihre Atome zerfällt, um sich in einem ewigen Kreislauf der Elemente, deren Zahl auch im Universum vermutlich relativ übersichtlich bleibt, weil irgendwo doch alles eins ist, frage ich mich und denke, dass mir solche Eitelkeit völlig fremd ist oder gar zu meinen, dass, falls es tatsächlich Götter geben sollte, wie manche meinen, also allwissende und allmächtige Wesen, diese sich überhaupt um uns kümmern sollten in ihrer himmlischen Existenz, statt es sich einfach gut gehen zu lassen.

So scheint mir, wie die Brüder Goncourt es so treffend sagten, der Atheismus immer noch die geringere Beleidigung dieser erdachten höheren Wesen, als die Albernheiten, die Kirche und Gläubige darum veranstalten und die noch dazu meist jenseits aller Vernunft liegen, auch wenn die Versuche den Aberglauben vernünftig zu begründen inzwischen ungezählt sind.

Warum sollte also die Aussicht eines vernünftig betrachtet albernen Aberglaubens mir die Angst vor dem Tod nehmen, die nur dieser mir mit der als Gegenpol zum erdachten Himmel erfundenen Hölle einzureden versucht?

Es bleibt, wie ich es auch drehe oder wende für mich ein absurdes Denken, zumal es noch für sich in Anspruch nimmt, umfassend zu sein und darum immer aktualisierte Versionen der Schöpfung als solche den Gläubigen zu verkaufen suche. Dazu nimmt der Glaube noch das so menschliche Gefühl der Liebe als sein Monopol in Anspruch soweit irgend christlich und erklärt dabei ihren schönsten körperlichen Vollzug meist zur Sünde, um durch diese spannungsreiche Dialektik noch die Lust zu steigern, was bei vielen erstaunlich gut funktioniert.

Doch mag es Menschen geben, die dadurch Trost empfinden, dass sie glauben, es gäbe einen Schöpfer, der alles beobachtet und bewacht, etwa wie die Stasi, und am Ende über uns richtet und die Menschen nur Dank seiner Gnade und der moralischen Lehre seines angeblichen Sohnes, des abtrünnigen jüdischen Rabbis Jesus, erst gut und menschlich handeln würden. Sie halten die Gebote der menschlichen Kirche für irgendwie göttlich und meinen, es ginge ihnen besser, wenn sie nicht mehr sind, sofern sie sich daran halten, solange sie sind und meinen darum, nur die christliche Moral könne noch ein moralisches Handeln des ansonsten unmoralischen Menschen begründen.

Muss zugeben, dass ich diese Begründung der Existenz einer Seele als moralischer Instanz schwer verständlich finde und ihre vorgeblicher moralischer Mehrwert mir nicht einleuchtet. Im Gegenteil scheint mir diese Weltsicht eher logisch zu einer Deantwortung der Beteiligten im göttlichen System zu führen, ob wir gut handeln, wie Hiob, oder schlecht wie die von Babel, die mit ihrem Turm den Himmel erreichen wollten, uns geht es beiden zu Lebzeiten schlecht, weil es dem Herrn so gefällt und das einzige, was der Aberglaube uns dafür bietet, ist die Aussicht auf ein besseres Jenseits, falls es das gibt und für das wir nun geduldig leiden sollen.

Ob es nun besonders böse ist, diese Ideologie sehr herrschaftskonform zu nennen, weiß ich nicht, mir scheint der Aberglaube wurde in ein neues Gewand gesteckt, auf das Jenseits orientiert, damit die Leute blöd und gehorsam bleiben konnte und hofften, es würde irgendwann besser, spätestens im erfundenen Himmelreich als Zielort ihrer dämlichen Geduld.

Was dafür spricht, dass es ein Himmelreich gäbe oder wir nach dem Tod weiterlebten, gar wiedergeboren würden, ist mir rätselhaft, wo wir doch alle Natur als klar sterblich und damit endlich erkennen. Zugleich wissen wir, dass wir auf subatomarer Ebene, in der Welt des Welle-Teilchen-Dualismus immer in ähnlicher Weise fortexistieren, sich nur die Verbindung der Atome, aus denen wir bestehen völlig neu konfiguriert. Doch folgt aus der Fortexistenz der Atome, aus denen wir nunmal alle bestehen, auch die Kontinuität des Wesens, das aus ihnen zusammengesetzt ist?

Wenn ich einen Rechner in all seine elementaren Bauteile zerlege, wird auch keiner erwarten, dass, egal was irgendwann aus den vorher verbundenen Elementen wird, sich auf dem neuen Gerät die Festplatte des alten mit gleicher Formatierung befindet. Genau das tut aber die Lehre von der Seele, die behauptet unsere komplexe menschliche Natur, die sich aus Milliarden von Gehirnzellen und ihren Billionen von neuronalen Verbindungen zusammensetzt, die zusätzlich noch durch den chemischen Cocktail vieler verschiedener Hormone in ihrer Reaktionsweise verändert werden, sei in diesem erdachten Ding, das an keinem körperlichen Ort vorhanden sei, gespeichert. Es gäbe also den unsichtbaren Rechner, der alles umfasst, was uns ausmacht, noch dazu unsterblich sei und in genau der Programmierung, die er einmal beim Tod hatte, auch nach der totalen Defragmentierung unseres Systems weiterbestehe.

Halte diese Theorie für zu albern, sie hier weiterzuverfolgen und denke der Vergleich mit dem Rechner machte deutlich, wie absurd der Fortbestand eines so komplexen Systems ohne Ort wäre.

Natürlich halte ich Vererbung für eine in der Natur angelegte Sache, die logisch und sinnvoll mir erscheint. Ob und inwieweit wir auch die Informationen, die unser Gehirn im Laufe eines Lebens speicherte mit unserem Erbgut weitergeben können, oder es dabei vornehmlich um die bereits im genetischen Code fest angelegten Dinge geht, ist noch nicht völlig klar. Es kann das Genom auch durch Einfluss von außen verändert werden, wie wir auch bei Strahlenschäden sehen konnten. Ob sich bestimmte neuronale Verbindungen, die gewissen Gedanken entsprechen als Spannungsbogen weiter vererben, ist noch nicht erforscht worden, weil es uns bei einigen Dingen noch am Wissen im Detail fehlt.

Was ist zwischen den neuronalen Netzwerken und ihrer sowohl hormonellen als auch sonst externen Beeinflussung etwa durch Nutzung und Übung übertragbar?

Wenn ich etwa dies Buch für meine Tochter schreibe und sie es irgendwann vielleicht liest und versucht, es zu verstehen, setze ich ihr Gehirn damit indirekt in Aktivität und versuche ihr meine Gedankenwelt, in Form von Sätzen zu vermitteln und es fragt sich, ob es bei der Lektüre etwa einen Aha-Effekt gibt, weil sie nur liest, was sie schon im Erbgut teilweise mitbekam an kritischem Geist, der den Dingen auf den Grund geht. Setze ich noch neben den mentalen Duftmarken des Textes, über den die Leserin nachdenkt, auch solche in ihrem Gehirn, die durch bestimmte dadurch ausgelöste neuronale Verbindungen oder Reaktionsweisen in uns festgeschrieben werden, als programmierten unsere Gedanken das Gehirn wirklich wie eine Festplatte, die auch einen physischen Prozess in dem technischen Gerät in Gang setzt?

Noch fällt uns der genaue Nachweis der physischen Spuren einzelner Gedanken schwer, weil Rechner, die der Komplexität unserer Gehirns entsprechen würden, noch nicht existieren, auch wenn wir diesen leistungsfähigsten Rechner der Welt meist in beschränkter Gefangenschaft auf RTL-Niveau halten, um uns das Denken zu ersparen. Aber könnten wir es, bewiese es, wie sehr der Konsum der Sender für bildungsferne Schichten unser Gehirn auf deren Ebene programmierte, wenn es denn so wäre und das Gehirn sich je festschreiben ließe, nicht immer neu kreieren könnte, wie die Rekonvaleszenz nach Schlaganfällen oder schwerem Schädelhirntrauma beweisen, wie es mein Kopf vor bald 30 Jahren erlitt - dies macht zumindest Hoffnung, dass auch jahrelange Berieselung großer Teile der Marzahner Wohnblöcke nicht zu dauerhaften Schäden im Erbgut führen muss, sogar im Einzelfall noch eine Befreiung möglich wäre, wenn die Betroffenen plötzlich selbständig zu denken anfingen.

Es ist diese Welt des Gehirns und der Gedanken höchst komplex und langsam erst beginnen Neurologen diese Welt teilweise zu entschlüsseln, ohne bereits alles zu verstehen, oder wirklich taugliche Landkarten des Gehirns geben zu können. Wie sich immer mehr zeigte, kann wohl jede Zelle im Gehirn nahezu beliebig jede neuronale Funktion übernehmen. Auch darum konnte ich, obwohl ich mir den Kopf kräftig anschlug und vorne in meinem Schädel nur noch Schrott an toten Hirnzellen herumlag, relativ bald wieder selbständig atmen, reden und sogar so etwas ähnliches wie denken lernen, dahingestellt, wie gut das Ergebnis nun ist.

Wären die Funktionen im Gehirn an bestimmte Orten festgelegt, gingen die Funktionen bei Schäden in diesem Bereich unwiderruflich verloren, was sie, wie ich an mir selbst merken durfte, nicht taten, ohne dass ich darum nun wüsste, was sich warum wohl verlagert hätte. Vermutlich könnten im  EEG oder in einem MRT diese Dinge zum Teil nachgewiesen werden und es wäre vielleicht spannend zu erfahren, wie weit sich bestimmte Funktionen verlagert haben von ihrem Ursprungsort. Spannend für Neurologen, mir genügt bisher, dass alles wieder einigermaßen funktioniert und wenn gerade nicht, ich zumindest theoretisch die beste Ausrede der Welt habe.

Ob allerdings die Größe des Hirnschadens angesichts dieser rein theoretischen Reflektion noch als groß genug gelten kann, irgendwas zu entschuldigen, weiß ich nicht und bin dennoch zufrieden mit den Dingen, wie sie sind.

Spannend war die Erfahrung nach dem Unfall, bei dem ich mir meinen Schädel anschlug indem ich die Windschutzscheibe eines fahrenden Autos mit dem Kopf zuerst einschlug, wie sehr ich auch bestimmte soziale Kompetenzen und moralisches Handeln neu erlernen musste und wie fern mir viele Dinge lagen, die anderen völlig normal schienen. Etwa Treue in Beziehungen, was bis heute noch ein eher sehr theoretisches Ziel für mich ist, was vielen Frauen ewig unverständlich wohl bleiben wird, dahingestellt, mit wie vielen unbeschädigten Männern und Frauen ich das teile und es also gar keine physisch pathologische sondern allein eine moralische Programmierung wäre, bei der ich mich auf das Erbe meines Großvaters herausreden könnte, wäre das je nötig.

Unterscheidet sich hier der Geist vom Gehirn wie die Software von der Hardware?

Weiß nicht so genau, was wer unter Geist versteht. Die ollen Griechen nannten ihn Psyche und die Römer sprachen von Spiritus. Philosophen, Theologen, Psychologen und der Alltag nutzen den Begriff ganz unterschiedlich und mit verschiedener Weite, insbesondere im Aberglauben kennt die Ausdehnung wie der eigene Beglückungsanspruch meist keine Grenzen mehr. Der ganze Bereich des spirituellen Hokuspokus, der für einige schwächere Geister heute Ziel der Sinnsuche ist, die ihnen weniger nötig schien, wüssten sie ihren Verstand in rechter Weise zu nutzen, wären sie also frei, wird auch vom geistigen Bereich erfasst, zu dem aber auch schlicht alle kognitiven Fähigkeiten des Menschen gehören und so steht in diesem Bereich der kluge Kant neben den leicht minderbemittelten Esoterikern, die stets Antworten auf die Fragen des Lebens nach Schema spirituell wissen.

Ob diese theoretische Gleichberechtigung der Sache gut tut, könnte fraglich sein, weil sie nicht die Vernunft vom nur Aberglauben scheidet. Doch hat der Mensch dazu ja seinen Verstand und kann selbständig denken oder nicht, wenn welche den Vorbetern lieber folgen, statt kritisch zu denken, lieber Gläubige als Philosophen im Leben sind, dann ist das eben so. Aufgeklärt ist, wer sich aus dieser selbstverschuldeten Unmündigkeit auch des Aberglaubens befreit hat und so handelt, wie es ihm sein Verstand sagt, der also bewusst und klar ist. Wer unaufgeklärt bleiben will und weiter in diesem Zustand verharren möchte, lieber auf Wunderheiler und spirituelle Meister, statt auf die schlichte Vernunft hört, ist eben so unfrei glücklich. Über die Dummheit und Beschränkung der anderen habe ich nicht zu urteilen, es ist ihr Weg und ihre Sache, doch muss ich mich nicht weiter mit diesem albernen Hokuspokus für Geisterseher beschäftigen, den Kant über Svedenborgs Träume lästernd schon so klug verspottete, es ist kein Thema, hier geht es um den aufgeklärten und vernünftigen Geist.

Wen das nicht interessiert und wer lieber dem Aberglauben folgt, soll dies tun und wird vermutlich längst aufgehört haben zu lesen. Es wird für diese Schatzsucher der Mystik im weiten Feld der menschlichen Dummheit hier nichts zu finden geben. Meine Absicht ist es jeden Winkel des Geistes und seines Verhältnisses zur Natur genau auszuleuchten, um einen kleinen Beitrag zur Befreiung aus der Unmündigkeit zu leisten.

Geist ist also für mich alles kognitive, was wir denken und fühlen. Es ist  zum allergrößten Teil Produkt unseres Gehirns und seiner neuronalen Verbindungen. Teilweise wird es jedoch gerade im emotionalen Bereich auch von den Hormonen mitbeeinflusst. Voller Lust oder mit sehnsüchtiger Liebe von meinen Trieben gesteuert, schreibe ich gänzlich anders, als ich es mit klarer Vernunft tue, trunken anders als nüchtern, im Rausch der Sinne mit völlig anderen Worten als ohne Lust. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn ich versuche den Geist in seiner Weite zu beschreiben und nicht gleich in den Aberglauben an eine Seele abzurutschen oder das Herz, die schlichte Blutpumpe für seltsame unvernünftige Reaktionen verantwortlich zu machen.

Es funktioniert alles in der Natur logisch und kausal, auch wenn ich die Kausalität nicht immer schon verstehen oder überblicken kann. Der Zufall ist Ausdruck solch komplexer Kausalität, deren Gründe wir nicht im einzelnen benennen können. Seltsam ist nur, ob unsere Existenz überhaupt, wir also in einem Moment Materie als Teilchen oder Welle sind, sich bisher nur nach Faktoren des Zufalls bestimmen lässt, aber auch das könnte, wie so oft in diesem Bereich, an einem fehlenden Überblick liegen. Alles von dem wir wissen aber, funktioniert so und steht in einem Zusammenhang, weil eins das andere durch sein Sein auch verändert und beeinflusst, wie minimal diese Veränderung auch immer sein mag.

So logisch ist die Evolution und alles Sein ohne einen Schöpfer sondern als Teil einer kausalen Kette der Natur. Nach einem Anfang fragt dabei nur, wer in den engen Schranken seines linearen Denkens eingesperrt ist, denn die meisten Prozesse verlaufen zyklisch zwischen Ausdehnung und Zusammenziehen. So war es auch mit dem Universum. Es dehnte sich nach dem Urknall in für uns unendliche Weite aus. Nur weil wir nicht wissen, was diesen auslöste und die Energie dazu lieferte, anzunehmen, es gäbe dafür einen Schöpfer oder Gott über den Wolken, statt logisch zu vermuten, es wird eben noch andere Universen geben und alles bedingt sich immer in ewigen Zyklen gegenseitig, scheint mir sehr menschlich, wenn auch von keinerlei Vernunft getragen.

Es ist egal, bis zu welchen Details, wir zurückgehen. Ob wir den Urknall als Ursprung annehmen und von da aus betrachten, immer wird die Energie, die da ist irgendwo her sein, denn von nichts kommt nichts und kam noch nie etwas. Dann können wir, weil wir etwas nicht erklären können, zum Aberglauben Zuflucht nehmen und eben Götter erfinden oder lieber kritisch und vernünftig prüfen, was ist und wie es sein kann.

Warum viele Menschen das Bedürfnis haben, sich eine höhere Erklärung für all das zu suchen, was sie noch nicht wissen, habe ich noch nie verstanden, zumal die Geschichte uns zeigte, wie weit die Sekten des Aberglaubens, genannt Kirchen, diese Grenze immer wieder verschieben mussten, um der erkannten Wirklichkeit zu entsprechen, die jede immer eine weitere Bestätigung nur der wissenschaftlichen Sicht der Welt war, die keine Götter braucht. Vielleicht hängt das mit der Angst zusammen, die von diesen Sekten zugleich gepredigt wird. Der vor dem Tod, der Hölle, den göttlichen Strafen und ähnlichem Unsinn, vor dem Menschen noch immer teilweise erzittern.

Eines wird aber deutlich, es geht beim Verhältnis von Geist und Natur schon ziemlich ums Eingemachte und die Grundlagen unseres Seins. Für den Epikuräer und die Wissenschaft bleibt nach uns nichts, sind wir nur Materie und was die anderen Geist oder spirituelle Welt nennen, ist für uns das Produkt unseres Gehirns mit manchmal noch hormonellen Einflusses, dennoch behalten manche Wissenschaftler ihren tradierten Aberglauben bei, weil es ihnen so gefällt und sie ihn etwa für ethisch wertvoll halten, doch spielt dies für ihre Arbeit und die Seriosität ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse nie eine Rolle und darf dies auch nicht.

Der logisch auf verlorenen Posten stehende Aberglaube versucht gerade noch mit manch seltsamen Aktionen, wie den Stellungnahmen der Kreationisten, die wirrsten Aberglauben verkünden, dass es eine beweisbare Schöpfung etwa gäbe und es so teilweise wie etwa in Hessen sogar in Biologielehrbücher schafften, auch wenn es nichts als dummer Aberglaube ist, der nur aufgrund des Respektes und Schutzes des Grundgesetzes Lücken sucht, um die Dummheit wach zu halten. Es steht jedem frei, dumm bleiben zu wollen, wenn es auch in naturwissenschaftlichen Lehrbüchern nichts zu suchen hat sondern nur im Bereich Ethik als Form des Aberglaubens dargestellt gehört.

Der menschliche Geist erdenkt sich immer wieder Formen, in denen er meint, seine Natur zu überwinden, sich unsterblich zu fühlen, an höhere alberne Welten zu glauben und ähnlichen Irrsinn. Diese werden damit nicht vernünftiger, dass sie Mittel und Sprache der Naturwissenschaft zu den Mitteln des Aberglaubens missbrauchen.

Aber ich will hier gar keine Brandrede gegen Aberglaube und Dummheit halten, muss ja jeder für sich entscheiden, was ihn glücklich macht und womit er sich wohl fühlt oder auch sie und wer seine geistigen Mittel eben lieber zur Verwirrung statt zur Aufklärung nutzen möchte, soll dies tun und damit glücklich werden, denn es gibt immer viele, die diesen Weg mitgehen wollen - die zunehmende Zahl der Yoga-Studios in meiner Umgebung und der tatsächliche Erfolg etwa der Geisterheiler und ähnlicher Leute, die ökonomisch so schlichten Aufklärern nur wie mir immer weit überlegen sind, lässt schon fragen, worauf es im Leben wirklich ankommt und warum.

Die zumindest, die mit der Ungnade von genug Verstand gesegnet sind, diesen Unsinn noch glauben zu können und anders als spöttisch zu betrachten, haben es bis heute nicht unbedingt leichter in einer Gemeinschaft voller irgendwie Gläubiger. Doch können sich diese mit Kants Diktum über die Aufklärung trösten. Sie haben die Chance, sich zu befreien, während große Teile ihrer Umgebung noch am närrischen Aberglauben festhalten, es irgendwie gern spirituell hat halt, mit Räucherstäbchen und Yoga und so, ohne die ihnen natugegebene Vernunft nutzen zu wollen, außer es geht darum andere damit finanziell noch abzuzocken.

Uns Epikuräern ist Geist ein Teil unserer Natur und sonst nichts. Das macht viele Diskussionen über metaphysische Gründe des Seins und anderen Hokuspokus schlicht überflüssig. Es gibt nichts, was nicht ist. Alles ist Materie und was keine ist, ist nicht existent. Die Kernsätze, über die alle Gläubigen aufschreien, die doch ihren Glauben spüren, von belegten Wundern faseln und der segensreichen Wirkung der Heiligen.

Heiligenbilder sind Materie, wer sich davor hinkniet und sich danach besser fühlt oder durch die psychosomatische Wirkung kollektiver Indoktrination eine Heilung spürt, mag damit glücklich werden. Doch gibt es dieses Wunder nirgends in der Natur und nur in seinem Geist. Ein Produkt real existierender Phantasie.

Wenn die Stärkung des Geistes auch im Aberglauben zu einer solchen Kräftigung des Immunsystems führt, dass Menschen davon gesund werden, wunderbar für sie und alle, die es glauben können. Es steht mir nicht zu, darüber weiter zu urteilen, da halte ich mich lieber völlig zurück, denn mir fehlt eben jeder Aberglaube an Wunderheiler, Kügelchen oder sonstigen Hokuspokus. Muss mich allein auf meine Vernunft verlassen und alles, was dieser widerspricht und mir nicht einleuchtet, ist wirkungslos immer gewesen. Ging mir bei der Homöopathie so, wie beim Gedundbeten, dem Handauflegen oder sogar den Nadeln der Akupunktur mit dem geglaubten chinesischen Kreislauf. Verstehe ich nicht, leuchtet mir nicht ein, scheint mir Unsinn, wirkt bei mir nicht.

Dabei kenne ich eine ganz wunderbare Ärztin und Homöompathin, die ich das Glück hatte einmal als Liebhaberin genossen zu haben, welche ich auch für eine kluge Frau halte und die mich auch mal mit Kügelchen versorgte, ohne dass diese mich irgendwie beeinflussten und mich vor allem darum stutzig machten, weil sie mir nicht erklärte, warum sie dies oder jenes nun für geeignet hielt und die genaue Erklärung auch für falsch erklärte, weil es auch um Vertrauen ginge. Durch diese unaufgeklärte Haltung zur Sache, die sich dem Patienten nicht logisch erschließen kann, ist es für mich immer Hokuspokus geblieben, an dessen Wirkung ich nie glauben konnte, so lieb ich diese wunderbare Frau auch immer hatte. Es tat mir leid, ich wusste ja, sie meint es gut mit mir, aber ich konnte nicht anders als es innerlich ablehnen, so sehr ich mich andererseits von ihr immer wieder angezogen fühlte. Es war für mich der gleiche Hokuspokus wie Handauflegen, auch wenn es das ganz sachlich nicht ist.

Überhaupt teile ich ja mittlerweile, nachdem ich noch in meiner Jugend 10 Jahre nebenbei in der Krebsbaracke gerarbeitet und dem Krankenhaus gedient habe, Montaignes sehr kritische Sicht auf die Ärzte und ihre Kunst. Sicher wussten die Ärzte der Renaissance nur einen Bruchteil dessen, was heutige Ärzte lernen und wissen, die ja auch eigentlich ernsthaft wissenschaftlich arbeiten und doch einen partiell sektiererischen Blick auf nur Ausschnitte des Körpers haben, der mir nicht gefällt und der aus meiner Sicht nicht gut und gesund sein kann.

Denke ich daran, wie meine Allergien nach den Versuchen der Desensibilisierung, die sie nur verschlimmerten, erst richtig aufblühten und mich um Luft ringen ließen oder an die Zahnkorrektur meiner Kindheit, die dazu führte, dass ich mir im nun fortgeschrittenen Alter die Weisheitszähne herausnnehmen lassen musste, was ja keiner ahnen konnte angeblich und was ich in der Tumortherapie über Jahre bei Patienten sah, entspricht diesem ungesunden albernen krank machen, wo wir der Natur lieber ihren Lauf ließen. Wo der Patient mit ärztlicher Behandlung nach vielleicht 6 Monaten stirbt und ohne nach einem halben Jahr, schiene mir die Entscheidung immer klar. Auch eine geringfügige Verschiebung dieser Zahlen änderte daran nichts. Lieber einen Monat frei als zwei Jahre sich zu Tode quälen, sagte ich damals schon und heute noch entschiedener. Es kommt nicht darauf an wann sondern wie und eine Haltung dazu zu finden.

So meide ich heute, wenn ich irgend kann, jeden Arzt, nicht weil ich Angst hätte, dass vermutete ich beim Zahnarzt lange selbst und manche begrenzt sensible Freundin legte mir das auch nahe -  im Gegenteil, wie ich heute weiß - ich fürchte weniger die Tätigkeit der Ärzte als die Folgen ihres Tuns, das sie nie überblicken, wie sich immer wieder zeigt und warum es mir gesünder erscheint, auf meinen Körper zu hören, statt noch einer Medizin zu vertrauen. Die meisten Dinge heilt der Körper besser aus sich heraus als es menschliche Mechaniker je können, die immer nur lege artis auf dem aktuellen Stand ihres Wissens arbeiten.

Als die von mir sehr geschätzte  Homöopathin und Ärztin mir erzählte, sie impfe ihre Tochter eigentlich nicht, mit wenigen Ausnahmen, war ich zuerst über diesen albernen Aberglauben sehr empört, wie es alle vernünftigen Menschen heute sind. Ihre sehr naturwissenschaftliche Begründung, dass der Körper und sein Immunsystem die Probleme selbst besser lösen könnte, leuchtete mir aber ein. Allerdings ist eine Impfung auch nichts anderes als eine noch gesunde Provokation des Immunsystems und also nichts unnatürliches eigentlich, sondern die Behandlung mit dem Gegenmittel durch körpereigene Kräfte, eben Immunisierung.

Andererseits starb gerade in den USA eine Frau an einem Virus, der gegen alle 26 Sorten von Antibiotika resistent war und die immer wieder und verstärkt auftauchen werden. Es ist die Sicht der natürlichen Stärkung des Immunsystems nicht einfach unvernünftig und dumm oder gefährlich, nur weil sie der herrschenden Meinung widerspricht. Im Gegenteil manche Zweifel an der Schulmedizin erwiesen sich am Ende als wohlbegründet. So halte ich die Zweifel an der Impfung zwar für unsinnig und verstehe sie nicht, denke es ist eher ein Aberglaube, aber da ich zu wenig davon verstehe, halte ich mich inzwischen lieber mit festen Meinungen zurück.

Sehe ich was meine Eltern nun an Medikamenten schlucken, um Kreislauf, Blutdruck und den Rest in Gang zu halte, gruselt es mir vor meinem Alter. Ist das je erstrebenswert und was ist der wirkliche Gewinn von diesen Dingen, die auch soweit in unsere Psyche, also griechisch den Geist, eingreifen, dass wir gar nicht immer so genau wissen, wer und wie frei wir noch sind?

Stimmt die Einstellung der Blutdruckmedikamente nicht, kann mein Vater ganz schön anstrengend für die Umgebung werden. Will ich das mit Medikamenten erreichen oder lieber ohne vorher gehen, wenn es meine Natur nicht länger hier hält?

Ist es erschreckend, wie unfrei wir sind und wie abhängig, was wir für unseren Geist gern halten, von solchen kleinen Zufälligkeiten des Wohlbefindens ist, die sogar lebensentscheidend sein können?

Sein Übergewicht in Verbindung mit langem Stress im Beruf und teilweise auch ungesunder Ernährung bei zu wenig Bewegung haben zum ersten vermutlich Herzinfarkt meines Vaters geführt und den im folgenden nötigen Eingriffen am offenen Herzen.

Relativ normal und geht vielen älteren Menschen in diesem Land so, bedenke ich, dass mein Vater mir als Jugendlicher noch sagte, er würde nicht älter als 65, wenn überhaupt, weil er sich früher einer zu großen Strahlenbelastung immer wieder ausgesetzt hätte, dann denke ich, dies schon um bald 11 Jahre überschritten zu haben, ist doch ein ziemlich guter Schnitt, wenn auch wieder eine schlechte ärztliche Prognose dem zugrunde lag, was mich lehrt, diesen nicht mehr zu vertrauen, um frei auf mich und meinen Körper zu hören.

Natürlich gibt es Unfälle und Notfälle, wie der durchbrochene Appendix meiner Tochter, bei denen schnelle medizinische Hilfe gut und nötig ist. Dann bin ich dankbar für die gute Ausbildung der Ärzte heute, die auch mal mein Leben rettete und ohne die ich hier nicht schrieb.

Aber wäre das schlimm, wenn nicht?

Also für mich nicht, ich wäre dann ja nicht mehr. Für meine Tochter wäre die Frage existentiell, hätte es mich zum Zeitpunkt ihrer Zeugung schon 14 Jahre nicht mehr gegeben, wäre sie nicht und ich nicht ihr Vater. Was nicht ist, muss uns aber keine Sorgen machen und ist keine Frage, die uns etwas angeht.

Es kam anders und ich habe noch viele Lieben verlassen um zwischendurch ihre Mutter zu  treffen und mit ihr völlig glücklich dies wunderbare Kind zu zeugen. Ist passiert, mehr nicht, braucht keinen Grund und hat keinen Sinn. War das natürliche Zusammentreffen einer Eizelle mit einer Samenzelle zum richtigen Zeitpunkt und im übrigen ganz im Lauf der Natur. Nun hat die beste Tochter der Welt längst ihre Mutter überholt und ist mit ihrem Vater rein längenmäßig fast auf Augenhöhe, ohne dass dies Sein einen weiteren Sinn erforderte.

Sie erzählte mir gerade, wie selbständig sie schon ist mit ihren 15 Jahren, sich selbst Frühstück macht, einkauft, kocht und alles kann, was nötig ist, sogar bei der Mutter mit putzen Geld verdient und ich habe beschlossen, sie auch für guten Lohn zu engagieren. Gefällt mir dies Engagement und die Bereitschaft die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, damit sie es gut und schön hat. Ob dabei noch die frühe Lektüre von Sophies Welt fruchtet oder die noch frühere von Pippi Langstrumpf, die sich ja immer die Welt so machte, wie sie ihr gefiel, weiß ich nicht, aber gut ist es so, finde ich, weil mir scheint, dass sie, trotz des Einflusses der für mein Gefühl von Freiheit und Aufklärung zu sektenartigen Waldorfschule, ein großes Freiheitsgefühl entwickelt hat und weiß, was sie will, was wiederum so ganz nebenbei auch sehr für ihre Schule spricht, die in vielem den staatlichen überlegen auch ist, aus meiner Sicht.

Es lernen die Kinder dort etwa, beliebter Gegenstand des Spottes, ihren Namen zu tanzen, was ich erstmal nicht so spannend finde. Toll finde ich, dass die Kinder beider Geschlechter lernen sich auch im Tanz und in Bewegung zu erfühlen und auszudrücken und solange sie den Aberglauben dahinter kritisch genug sehen, scheint mir das besser, als vieles, was ich in meiner viel zu langen Schullaufbahn durchmachte.

So habe ich über die geistige Welt der Anthroposophie eigentlich ein klares sehr kritisches Urteil, andererseits, habe ich ein sehr gutes Gefühl dabei, meine, es tut den Kindern einfach gut, diese sind relativ ausgeglichener und das Menschenbild gefällt mir besser als an vielen staatlichen Schulen. Geist im Sinne der Vernunft und des Gefühls kommen hier also zu unterschiedlichen Urteilen und da ich mir damit nicht ganz eins bin, enthalte ich mich lieber des Urteils, denn, was weiß ich schon?

Einen kritischen Blick spüre ich bei meiner Tochter und wenn sie jetzt davon spricht, vielleicht wechseln zu wollen, was auch daran liegen kann, dass sie meine Reaktion darauf hören möchte, denn eigentlich scheint sie mir gerade ziemlich zufrieden da, aber, was weiß ich schon, was wirklich ist, dann bestärke ich sie eher im Gegenteil und lieber zu bleiben, weil Schulwechsel immer bescheuert und besser zu vermeiden sind.

Geist und Natur sind für mich eins, ich denke, wie ich bin und fühle meist so, wie ich denke und wenn es sich mal anders anfühlt, kann dies vermutlich daran liegen, dass ich von vielem keine Ahnung habe und folge dann mal eher dem Gefühl und dann wieder lieber dem Verstand, je nach Situation. Dies mag für manche Konsequenzialisten jetzt ziemlich schizophren klingen, was ich gern zugebe und keineswegs leugne, aber so bin ich eben auch nur ein wenig bescheuert und erkläre mir die Welt so, wie sie mir gefällt und so lange ich damit glücklich bin, kann es für mich nicht ganz verkehrt sein, denn am Ende bleibt doch immer, was Montaigne an den Anfang stellte - was weiß ich schon?
jens tuengerthal 17.1.2017

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