Donnerstag, 26. Januar 2017

EroStory 000

Vom erotischen Erzählen - statt eines Vorspiels

Wann wird eine Geschichten sinnlich und zieht uns auch körperlich in ihren Bann?

Ist es die Story selbst, was zwischen den Protagonisten geschieht, als würden wir es nicht als Leser kennen und die mechanischen Abläufe längst erahnen, oder doch eher das wie, als das was?

Wäre eine detaillierte Abhandlung über den Analverkehrt etwa oder Schamlippenformen, eher was für ein Medizinbuch als der erotischen Stimmung zuträglich?

Henry Miller hat in seinem Opus Pistorum sehr detailliert über Sex geschrieben und alles nur vorstellbare beschrieben, sich dabei angeblich mit seiner Freundin Anaeis Nin, königlich amüsiert und herausgekommen ist etwas, was das Bundesverfassungsgericht erst irgendwann in den 90ern von der Zensur als Pornografie freigab und Kunst nannte.

Ist es nun künstlerisch wertvolle Pornografie oder pornografische Kunst, fragt sich der Laie und staunt der Fachmann. Insofern sehr explizit über jede nur mögliche Stellung und ihre Folgen geschrieben wird, ist es wohl, was eine christlich prüde Gesellschaft als Porno bannt vom Inhalt her und doch ist Millers Stimme in jeder Zeile zu hören, sein ironischer Ton, mit dem er von den Abenteuern seines Johnny Thursday erzählt, die kleinen intellektuellen Anspielungen und anderes bewirken eine ganz eigene Stimmung, auch wenn das Buch kaum am Stück zu lesen ist außer breit grinsend, im Wissen um die finanzielle Lage der meisten Dichter zu allen Zeiten. So gesehen ist es ein Stück Hurerei vielleicht auch, weil er seine feine Feder verkaufte, doch schreibt jeder vernünftige Autor nur unter Vertrag, was meine Unvernunft an dieser Stelle belegen könnte, jedenfalls eine Schrift nicht mehr zur Hurerei macht als die meisten Kunstwerke am Markt heute.

Es gibt dazu lange Begründungen und Diskussionen von Juristen, die wesentlich langweiliger sind als das Buch selbst, dem ich jedoch eher keine erotische Stimmung zusprechen würde, weil es nur um Varianten des einen geht und das wird in jeder nur denkbaren Art beschrieben. Sex halt und das ohne jede besondere Erotik, es sei denn wir nähmen Millers Ton als eine Erotik an und  für sich. Hat etwas für sich und wer Miller kennt, erkennt auch seinen etwas schnoddrigen Ton, der dennoch hochintellektuell ist, indem er mit der Sprache der Lust, diese verneinend spielt, da er sie nur noch zu einem Vollzugsakt macht, der in Varianten erledigt wird.

Erotik aber ist auch eine Stimmung, die kreiert wird und damit Lust schafft, dass sie den Weg zur Lust und ihrer Befriedigung mehr beschreibt als den eigentlichen Akt, während die Pornografie sich auf eine vielleicht auch mal künstlerische Darstellung des reinen Aktes konzentriert. Porno soll geil sein, aufgeilen, wenn es die Zuschauer mögen und Lust auf den Akt machen. Erotik ist das drumherum und der Akt an sich, ist dabei weniger wichtig, als der Weg dorthin, die Spannung, die dabei entsteht, Hormone freisetzt und uns wild macht.

Wer schon alles mal ausprobiert hat, wird irgendwann feststellen, dass Ficken an sich, ist weniger spannend, als der Weg dorthin und dabei herrscht eben eine lustvolle Stimmung oder nicht. Dies en Detail zu beschreiben ist relativ langweilig, auch wenn es verschiedene Stellungsvarianten des rein und raus gibt, finden es Menschen überhaupt nur so toll, weil es zur Befriedigung führen kann und der Kick kurz davor uns so selig daran denken lässt.

Es soll Männer geben, die in wenigen Minuten kommen und dann ist für sie alles erledigt - diese Fälle erregten bei mir schon immer Mitleid - mach es gern stundenlang und zögere den Moment davor gerne lange hinaus, um ihn am Ende möglichst gleichzeitig so spät wie möglich zu genießen. Früher war es ohne Befriedigung kein Sex und ohne zusammen zu kommen, schien mir dieser eher langweilig. Sehe ich inzwischen anders und finde es weniger wichtig, etwas dabei zu erledigen, als den Augenblick der Hingabe und der Lust zu genießen.

Wenn ich es mir selbst mache und etwa einen Porno dazu schaue, erledige ich das relativ zügig, aber auch dabei verzögere ich inzwischen gern, weil das Spiel darum die Sache erst aufregend macht, denn der mechanische Vorgang an sich, ist keine besondere geistige Herausforderung, sehen wir mal von dem steten Versuch ab, sich auf Frau einzustellen, was mal mehr oder weniger gut gelingt und für einen Mann, der gar nicht vermutet, er könnte Frauen überhaupt je logisch verstehen, ein geradezu artistischer Blindflug ist. Nicht das Kommen und erledigen ist die Kunst beim Sex für mich, sondern die Spannung kurz davor möglichst lange aufrecht zu halten. Eine Frau ist ja keine Akte und der Höhepunkt kein Termingeschäft, das zu erledigen wäre, sondern ein Vorgang, der entweder an sich unbeschreiblich schön ist oder eher entbehrlich, warum ich mit den Frauen, die Sex erledigten und ihre Pflicht taten, nie glücklich wurde. Die sollten sich die Minuten-Männer zulegen, dann ist es schnell vorbei.

Aber ich schweife ab, es geht ja darum, was Erotik ist und sie beim Schreiben aufkommen lässt, wie sich diese Stimmung davor kreieren lässt, die den Vollzug nicht mal braucht, denn die hohe Kunst ist es, wahnsinnig zu reizen und dann fallenzulassen, um die eigene Lust wach zu halten. Wer lang von erschöpfter Befriedigung liest, wird sich bald langweilen und am liebsten vielleicht noch, wenn es gut war, Arm in Arm einschlafen, wie es dem körperlichen Gefühl danach entspricht, warum der Fehler vieler, die gern erotisch schreiben wollen, ist, dass sie den Akt voller Lust und mit jedem Detail bis zum Ende beschreiben, ohne an das noch nicht und die Spannung zu denken, die eine erotische Stimmung braucht.

Eine Freundin von mir erzählte, als sie mit einem ihrer früheren Lover telefonierte, den sie noch nicht lange kannte und er fragte, was sie denn machen sollten, an diesem Wochenende, habe sie geantwortet, na ficken natürlich, worauf er sich völlig geschockt gab, dahingestellt, ob das daran lag, dass er meinte ein Stoiker zu sein oder an seiner eher prüden Erziehung sonst. Jedenfalls war damit die erotische Stimmung im Eimer, er gab sich geschockt und meinte, dabei verginge ihm alle Lust und irgendwie dachte ich, dass ich ihn verstehen könnte, denn sagte es eine Frau so zu mir, fände ich das auch völlig spannungslos und unerotisch, der Sex wäre nur noch der erwartete Vollzugsakt dann, eine eher sportliche denn erotische Leistung.

Die Betreffende ist Berlinerin und die mögen es ja gern sehr direkt, dennoch fiele mir wenig ein, was ich ernüchternder fände als diesen Satz. Wollen wir nicht Frau zumindest zum Schein noch irgendwie erringen und Widerstand überwinden? Möchte Frau nicht erobert werden und spüren, wie er alles für sie tun würde?

Dahin zu kommen und die Spannung auf dem Weg dorthin ist, was wir Erotik nennen und um so größer die Umwege, desto heißer das Ziel. Was willig vor mir liegt, wenn ich nicht schon will und mich nicht zuvor raffiniert verführt hat, ist langweilig für meinen Instinkt. Dies gilt auch in dauerhaften Beziehungen, nur gelten da etwas andere Regeln, mit denen wir es dennoch für eine längere oder beschränktere Zeit miteinander erotisch finden können, obwohl wir nicht mehr erobern müssen und kein Hindernis im Weg steht.

Wie Frau das schafft, weiß ich nur aus Erzählungen, mir gelingt es durch die Versöhnung nach Konflikten und das Gefühl der Liebe. So kann viel Streit auch ein Zeichen für eine hohe sexuelle Spannung sein und damit gutes bedeuten. Auch wenn das selten tatsächlich so ist, da erstaunlich viele Frauen die Neigung haben ihre Partner und eigentlich damit auch sich mit sexuellem Entzug zu bestrafen. Was sie davon haben, ist mir bis heute ein Rätsel, dennoch halten manche solche Sanktionen erstaunlich lange durch und schieben sie dann konsequent dem Partner zu, der sich nicht wie gewünscht verhielte. Täte er es aber, in der Art eines Schoßhündchens und gehorchhte, verlöre er auch jede sexuelle Attraktion für diese Frauen, warum diese Aktion nur zu einer unendlichen Geschichte des Misserfolges für beide werden kann, die dennoch zu den am häufigsten praktizierten Methoden des Machtkampfes gehört.

Völlig idiotisch im Ergebnis, da beide geladen und unbefriedigt, ändert sich nichts und egal wie es ausgeht, führt es nicht zum gewünschten Ergebnis, denn wenn Mann sich so ein gewünschtes Verhalten abpressen lässt, führt dies nur dazu, dass er spätestens damit endgültig jede sexuelle Attraktion verliert. Warum so viele Frauen dennoch zu diesem Mittel  mit “keine Lust” oder “ich hab Migräne” oder “verhalt dich erst mal anders” greifen und damit sich und den Partner bestrafen, ist mir ein Rätsel, spätestens, wenn es dazu kommt, sollte Mann gehen, da nichts verbindendes mehr da ist und es keine Lösung aus diesem Dilemma gibt, als sich zu trennen und ich spreche hier ausnahmsweise aus jahrelanger leidvoller Erfahrung.

Frauen die mir Vorwürfe machen, wenn es um die Lust geht oder damit erpressen wollen, müssen schon sehr gute Gründe bieten, damit ich dabei länger bliebe, als die Tür zum zuschlagen braucht. Entweder es macht beiden Spaß und sie genießen es zusammen, oder sie können es besser gleich lassen, weil das Ergebnis schlicht entbehrlich nur noch ist. Wer es aber tut, obwohl der Sex schön ist, schädigt sich selbst, wo er erpressen oder verhandeln will, erreicht, auch wenn die Erpressung erfolgreich sein sollte, nie was gewünscht, da der nachgiebige und wachsweiche Mann eben wie ein zu weicher Schwanz beim Sex langweilig ist, nicht mehr reizt. Sobald also einer, es soll ja auch Männer geben, die so idiotisch zicken, damit anfängt und es ist Zeit zu gehen. Wer dies entschlossen beginnt, kann manchmal noch etwas retten, wenn der andere zur Besinnung kommt, ansonsten, sollte jeder froh sein, dass hinter sich zu haben, denn Sex ist keine Handelsware und Leidenschaft wird nicht durch Erpressung erworben, so wenig wie sexuelle Attraktivität durch Nachgiebigkeit gesteigert wird.

Es braucht in der Beziehung zwischen den Geschlechtern, damit Erotik entstehen kann, die Lust für mich bedingt, Spannung und Reiz. Dies erfordert von beiden Seiten gewisse schauspielerische Talente und darum rasieren sich Menschen an manchen Orten zumindest teilweise, tragen schöne Wäsche, parfümieren und deodorieren, spielen und zieren sich oder verführen raffiniert, wenn sie etwas erreichen wollen. Alles andere und damit alles, was den meisten nach mehreren Jahren und gerade auch mit Kindern noch bleibt, ist was Miller beschreibt, nur Sex und der wird dann eben erledigt, mehr oder weniger begeistert und bei so etwas denke ich immer, ich könnte auch ein gutes Buch lesen nebenbei oder irgendwann anstatt und finde es nur noch viel Lärm um Nichts.

Um die Erotik aber geht es mir in den folgenden Geschichten. Jene Spannung, die aus Hoffnung und Unsicherheit entsteht und die mehr das davor als das danach und das dabei  beschreibt. Gut sind sie, wenn sie reizen und eine Spannung erzeugen, die nicht erlöst wird, in dem der Autor die schlichte Fickmechanik beschreibt sondern die Spannung schweben lässt.

Sehen viele anders, machen die meisten anders, auch große Autoren darunter und ich habe es noch nie verstanden, weil es zwar schön, ist Befriedigung und Erlösung beim Sex zu finden aber das Lesen soll Lust bereiten und nicht nehmen, damit wir andernorts alles tun, sie zu befriedigen und so erregt auch ausgefallene Wege mal einschlagen, statt sich am Wochenende zum Ficken zu verabreden und sich Pornos reinziehen, wie andere es tun, die nur so tun als hätten sie dabei Lust.

Darum seien die verehrten Leserinnen hier gleich vorgewarnt, ich werde sie nicht bis zum Ende befriedigen, zumindest in diesen Geschichten und alles andere wäre utopisch und daher vorläufig völlig uninteressant. Für die Leser gilt natürlich das gleiche, aber mir fällt auf, dass Männer meist immer weniger erwarten und eher nachplappern was Frau gerne an sich schön gefunden wissen will, um damit auf der sicheren Seite zu sein und die Zahl der Fallstricke bis zur Horizontalen zu verringern. Werde nur ein wenig Stimmungszauber machen, der in Luftlöcher entlässt in denen jeder selbst seiner hoffentlich geweckten  Lust folgen soll. Das wäre für mich Erotik, die Mechanik ist dann Porno und der Rest ist gerade uninteressant nebenbei, lassen wir uns verführen ….
jens tuengerthal 26.1.2016

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