008c Zukunft der Familie
Hat Familie noch eine Zukunft oder ist das Modell in unserer Zeit überholt?
Früher war die Familie nicht nur emotionaler Rückhalt sondern mehr noch die soziale Absicherung. Wer nicht mitkam, wurde von der Familie durchgefüttert und so sorgte einer für den anderen und jeder hatte seine Rolle in einem Sozialsystem ohne Staat. Dies hatte den Vorteil einer persönlichen Sicherung und der dadurch Nähe zu den Betroffenen. Keine riesige anonyme Verwaltung entschied über ihr ferne Sozialfälle nach normierten Kriterien, sondern die Familie beriet sich oder das Familienoberhaupt, gleich welchen Geschlechts, entschied, wie es weiterging.
Ein sehr gutes Modell, solange du dich mit deiner Familie verstehst, mit ihr zusammenlebst, nicht alleine in Not kommst. In allen anderen Fällen, die heute noch häufiger sind, wird es schwieriger für die Beteiligten. Sie sind von den Eltern oder Großeltern abhängig, können sich nicht selbst entscheiden und werden nur geduldet. Ein permanent schlechtes Gewissen kann auch vor jeder anderen Tätigkeit lähmen und das Leben zur Hölle machen, während ein Recht auf Zuwendung des Staates, keinem ein schlechtes Gewissen aufnötigt.
So wäre das viel diskutierte Bürgergeld die große Chance zur Freiheit für viele Menschen, würde die Wirtschaft stark ankurbeln durch den geförderten Binnenkonsum und machte die Menschen von der Willkür anderer unabhängig. Es müsste nicht länger um Hartz IV gebettelt werden, sondern es gäbe einen staatlichen Anspruch für jeden Bürger, der ansonsten von der Steuerleistung am Ende abgezogen wird. Damit würde die Familie als Solidargemeinschaft überflüssig und es wäre unabhängig, ob du aus armen oder reichen Verhältnissen kommst, möglich ein gutes Leben zu führen und am sozialen Leben teilzunehmen.
Doch ist ein solches Sozialmodell, das der Staat mit Komplettversorgung durch Steuern finanziert, trägt, wirklich ein Zukunftsmodell und eine gerechte Alternative zur Familie?
Wo es einen Anspruch gegen den Staat auf Bürgergeld oder Leistung gibt, fragt sich, was noch ein Ansporn zur Leistung sein könnte und ob diese Komplettversorgung nicht viele Menschen in gering bezahlter Tätigkeit dazu bringt, ihren Job aufzugeben und sich versorgen zu lassen vom Staat, vor dem sich ja keiner mehr rechtfertigen muss, sofern ein Anspruch besteht. Andererseits sind Menschen viel leistungsfähiger, wenn sie nicht permanent unter existentieller Angst stehen und das System wäre im ganzen wesentlich günstiger und ökonomisch deutlich effektiver.
Warum der Staat aus moralischen Gründen nicht tut, was günstiger und besser wäre, wird wohl vielen rätselhaft bleiben aber eine Solidargemeinschaft besteht eben auch aus nicht materiellen, also geistigen Werten und an diesen gemessen ist das Bürgergeld etwas, dass Teile der Politik ablehnen, auch ganz Linke teilweise, weil sie meinen, Leistung müsse sich immer mehr lohnen als bloßes Sein und jeder solle etwas tun müssen, um hier leben zu dürfen und wer das nicht wolle, müsse sich eben rechtfertigen dafür, damit es gerecht zugeht.
Finde an dieser Sicht sehr problematisch, dass sie eine persönliche moralische Sicht damit anderen aufzwingt, von deren Lebensbedingungen ich nichts weiß und Menschen zwingt, sich vor dem Amt zu entblößen, auch um Sozialbetrug zu vermeiden, statt die Bürger frei zu lassen, das günstigere und effektivere System zu nutzen, jedem Bürger einen Anspruch zu geben und die Verwaltung dafür massiv zu verkleinern. Die Populisten machen sich die sozialen Ansprüche derzeit auch zu Nutze, um gegen Flüchtlinge zu hetzen, dem könnte so effektiv entgegengetreten werden. Ist der Fortbestand und die ewige Finanzierung dieser relativ untauglichen Solidarsysteme nur die Krücke, mit der sich eine sonst überflüssige Verwaltung und Politik am Leben erhält?
Dagegen wäre die Familie eine gesunde Sozialstruktur, die aus eigenen Kräften schöpft und damit die Versorgung ihrer sozial schwächeren Teile übernimmt. Um einen Ausgleich für all diejenigen zu schaffen, die durch unglückliche Zufälle nun keine Familie haben, könnte für solche Ausnahmen, die allerdings heute teilweise schon fast wieder die Regel sind, ein Anspruch auf staatliche Hilfe zugesichert werden, entsprechend dem Bürgergeld, das sonst in die Familien ginge. Eine Solidargemeinschaft, die aus lauter freien und voneinander unabhängigen Zellen bestünde, die sich in der Regel selbst versorgen und nur in Ausnahmefällen auf den Staat zurückgreifen, könnte eine große Entlastung für die Gemeinschaft darstellen. Diese brächten die gleiche Leistung, die sonst Heime und die Solidargemeinschaft tragen müssten, deutlich günstiger, was für beide Seiten lohnen sein sollte.
Ob dem Familienverband dann entsprechend seiner Eigenleistung die Steuer erlassen wird, wie es dem augenblicklichen Prinzip ungefähr entspricht, wenn auch noch viel zu kompliziert im Einzelfall geregelt und ohne echtes Primat der Familie, könnte angedacht werde, änderte jedoch nichts am Anspruchdenken nur dann eben der Versorger. Warum es sozial und psychologisch schlecht sein soll, Armen einen Anspruch auf staatliche Leistung zu geben, es aber andererseits gut und gerecht sein soll Reichen die Abschreibung ihrer Leistung an die Armen zu gestatten und wie sich das eine vom anderen unterscheidet, wäre wohl der Diskussion wert, die ein vernünftiges Gefühl, welch sinnige contra dictio, für das soziale Miteinander entstehen lassen könnnte.
Es zeigt sich bei genauerer Betrachtung, darum diskutiere ich das Thema hier überhaupt, wo es doch eigentlich um die Familie und ihre Zukunft gehen soll, wie sehr die Familie dem Sozialstaat ähnelt vom Prinzip her, wo dieser jene überflüssig macht und was diese aber jenem immer voraus hat.
Einige Staaten wie Argentinien, nach ihrem totalen Staatsbankrott, oder Norwegen, nachdem sie mit ihren Ölvorkommen in der Nordsee zu schier grenzenlosem Reichtum kamen, haben ihre Systeme umgestellt vom klassischen Sozialversicherungssystem, das auf die Zukunft hofft und einen Generationenvertrag abschließt, in dem die aktuelle Generation für die vor ihr arbeitende Gelder zurücklegt, in ein am Kapitalmarkt finanziertes freies System umgewandelt und damit sehr gute Erfahrungen gemacht und Milliarden eingespart, sich zukunftssicher aufgestellt, völlig unabhängig von der jeweiligen Bevölkerungsentwicklung.
Staaten mit einem System wie Deutschland dagegen brauchen ein relatives Bevölkerungswachstum, um ihr System langfristig finanzieren zu können. Da diese Entwicklung in Deutschland aber seit Jahren negativ ist, also mehr Menschen in Rente gehen oder sterben, als Arbeit bekommen und geboren werden, muss der Staat draufzahlen und mit Steurgeldern das theoretisch umlagefinanzierte Sozialsystem stützen. Dies System am Markt orientiert und dennoch sozial so zu reformieren, dass es sich der realen Entwicklung auch der Bevölkerung anpasst, die zur Stabilisierung des Klimas und der Ökologie ohnehin besser schrumpfte, ist die große Aufgabe an der seit Bismarcks großer Lüge zur Schwächung der Sozialdemokraten wie im Kulturkampf auch des Zentrums, alle Parteien bis heute feige gescheitert sind.
Weil sich keiner hinstellt und sagt, Kinder, das System funktioniert so nicht und kann so nie funktionieren, wir müssen es grundlegend ändern, ihr habt euer Geld an falscher Stelle ein Leben lang investiert, ändert sich nichts. Es traut sich keiner, weil jeder um seine Wiederwahl fürchtet und sich nun noch den Dummheiten der Populisten ausgesetzt sieht.
Eine Krankenkasse ohne jede Zuzahlung. Eine Rente ohne Abschläge mit einem fairen Basisbetrag, den jeder noch privat durch Rücklagen erhöhen kann. Die Arbeitslosenversicherung, die auch als solche funktioniert und nicht zu einem System sozialer Bestrafung wird. All das finanziert durch eine direkte Versicherung und Steuern, kapitalisiert am Markt, führte faktisch zu mehr Gerechtigkeit, raubte aber dem Staat seine Möglichkeit autoritärer Einflussnahme, dahingestellt wie effektiv dies jemals war.
Die Familie als private Organisation muss sich immer am Markt selbst finanzieren. Für Ausgleich und Gerechtigkeit sorgt sie intern und schließt dafür die Gefahr des Sozialbetruges dauerhaft aus. Alle Mitglieder haben ein Interesse daran, dass mit ihrem Geld möglichst effektiv umgegangen wird und keiner Ansprüche missbraucht. So wäre die Familie als Kernzelle sehr geeignet die Umformung eines irrealen Sozialstaates in einen vernünftig auf kapitalbasis finanzierten, der ein Bürgergeld weil effektiver und günstiger jedem gewähren könnte und der nur viele Beamte überflüssig machte.
Eine für viele Bürger durchaus verlockende Vorstellung, die lieber steuerlich absetzbar ihre Familienmitglieder durchfütterten, statt es einem uneffektiven Staat in den Rachen zu werfen, damit langfristig nebenbei ein besseres Sozialsystem etablieren könnte, das sich radilkal verschlankte, weil Familie sich selbst regelte, statt einer gesetzlichen Vorgaben genügenden immer aufwendigeren Verwaltung.
So könnte die Familie beim Umbau eines falsch konstruierten und uneffektiven Sozialstaates eine große und wichtige Rolle in Zukunft spielen. Ob sich die Politik traut diesen mutigen Weg zu gehen, der sowohl liberalen wie konservativen Grundsätzen gut entspräche und nur der alten linken und sozialdemokratischen Tradition widerspräche, die Bürger durch mehr staatliche Fürsorge an den Staat zu binden, scheint noch offen, zumal ich ihn so formuliert noch nirgendwo anders als hier las, aber manchmal bringt ja schon ein Satz einen Stein ins Rollen, was angesichts eines kranken, teuren und uneffektiven Systems, das immer asozialer wird und zu viel Geld dafür ausgibt, seine Bürger zu überwachen, doch nötig scheint. So könnte dies Essais der Stein des Anstoßes einer Renaissance der Familie als Sozialpartnerschaft für den effelktiven Umbau des Sozialstaates werden, wenn wer den Mut hätte, es aufzugreifen.
Die Aufnahme von noch nicht ganz einer Millionen Flüchtlinge könnte der Politik leider eine Atempause geben, da es die Illusion nährt ein aussterbendes Sozialsystem sei so, trotz aller damit erstmal einhergehenden sozialen Schwierigkeiten noch weiter finanzierbar, was eine falsche Illusion wäre, auch wenn sie dem System der Vermeidung und Verschiebung entspräche, für das die Kanzlerin Merkel vor ihrem großen Mut im Umgang mit Vertriebenen noch bekannter war.
Das deutsche Sozialsystem ist todkrank und hat keine Chance, es befindet sich quasi, um mit Manns Zauberberg zu sprechen, im präfinalen Stadium, vernascht noch einige teure Ballons Oxygen, könnte aber gleich den Geist aufgeben, um effektiv ersetzt zu werden, hätte wer den Mut zu sagen, wir waren zu feige ehrlich zu sagen, dass dies System nicht funktionieren kann und wir sicher pleite gehen, wenn wir es nicht radikal umbauen. Es braucht keine Hilfen mehr, die den kranken Krücken geben, damit noch ein wenig humpelt, wer nicht lebensfähig ist und nur immer mehr kostet, ohne eine Aussicht auf Erfolg zu haben. Hier wäre ich ein Befürworter sozialer Euthanasie am System, was schlimmer klingt, als es gemeint ist.
Darin liegt die größte und wichtigste Chance der Familie, wieder die Rolle zu übernehmen, die sie schon immer hatte und es könnte und sollte sich für diese lohnen, eine staatliche Aufgabe zu übernehmen, die sie effektiver erfüllen kann. Fraglich wäre jedoch, ob diese Übernahme staatlicher Aufgaben durch die Familie, die steuerlich begünstigt würde, noch mit Freiheit und Würde des einzelnen vereinbar wäre, der sich aus der Selbständigkeit plötzlich in der Not in den Schoß der Familie zurückgeworfen sähe, mit dieser klären müsste, wie er sich die Zukunft vorstellt. Ob es allerdings schlimmer ist, sich vor der Familie zu rechtfertigen, um einen Anspruch zu begründen oder vor einem Amt, was dessen Bestehen sonst überprüfen müsste, wäre wohl der Frage wert.
Sollte ein solches soziales Zerwürfnis in der Familie bestehen, dass eine Kontaktaufnahme unzumutbar wäre, könnte es andere Lösungen eventuell geben, doch wäre wieder die kleinnzelligste Sozialstruktur die Basis der Zukunft und die eines effektiven Umbaus aller Sozialsysteme, die deren Funktionieren unabhängig von absehbaren Entwicklungen der Bevölkerung macht, weil der Staat als Teilhaber am Kapitalmarkt das soziale Vermögen der Bürger im Stile einer Versicherung verwaltete und damit erheblich lukrativer und erfolgreicher arbeiten kann, als es momentan möglich ist.
Anzunehmen, dass die Familie soziale Fragen effektiver und besser löst als der Staat, weil sie näher dran ist und dafür eigenes Kapital aufwenden muss, auch wenn dieses absetzbar sein sollte, müsste es doch erst wieder als Leistung überhaupt eingebracht werden, um genutzt zu werden, scheint mir sehr naheliegend. Der soziale Druck mag für einzelne sehr hoch sein, aber auch nicht höher als er derzeit bei Ämtern ist und in Härtefällen sind immer auch Ausnahmen dabei denkbar.
Die Familie ist die Welt im Kleinen - ein Markt so sehr wie eine Solidargemeinschaft, die sich erstaunlich flexibel, geänderten Bedingungen anpassen kann. Vielleicht mag die Vorstellung zuerst lästig sein, im Alter mit seinen Eltern zusammenleben zu müssen, zu pflegen oder füreinander zu sorgen, wenn es nötig ist - doch rechneten wir gegen, wie sehr es sich lohnt, könnten wir den entsprechenden Beitrag absetzen oder bekommen, wäre es immer noch besser als die momentane Lösung, vor allem würden sich viele, wenn sie wüssten, sie müssen bis zum Ende miteinander klarkommen, auch anders benehmen miteinander, was dem System und jedem einzelnen gut täte.
So sehe ich die wichtigste Rolle der Familie in Zukunft als effektives Sozialsystem und als Solidargemeinschaft, die viele wichtige staatliche soziale Aufgaben übernehmen könne, ohne dass es dafür einer Verwaltung bräuchte und dafür den Betrag einfach den Familien auf ihr Einkommen gut schrieb. Also vom steuerpflichtigen Einkommen am Ende abzöge oder zum Bürgergeld je nach Leistung dazu zählte. Es bräuchte dann weniger Staat, was schon so viel Geld wiederum sparte, dass dieses System der Familiensozialversicherung sehr viel zukunftsträchtiger scheint als alle bisher probierten. Dass es zugleich eigentlich das alte und natürliche System ist, tut dem keinen Abbruch. Im Gegenteil eine Renaissance der Familie als Solidargemeinschaft könnte im Bewusstsein heutiger bürgerlicher Freiheit und im Lichte der Würde des Menschen langfristig das bessere Modell für die Zukunft wieder sein.
Dies würde auch ein Umdenken in vielen alten Strukturen bedeuten, die Familien so leicht und schnell scheitern lassen. Ein Hauptgrund ist etwa die illusionäre all-in-one-Annahme vieler Menschen, die glauben der Lebenspartner, müsse und dürfe auch nur der einzige sexuelle Partner sein. Der geistige wie der körperliche Totalanspruch an dem so viele scheitern könnte angesichts der Sozialfunktion der Familie zeitgemäß relativiert werden. Du kannst mit den einen Menschen deine soziale Familie glücklich bilden und mit anderen deine sexuelle Erfüllung finden, mit wieder einer auf geistigen Höhen oder zumindest gleichem Niveau dich bewegen, je nach Gusto.
Eine solch zeigemäße Flexibilität in der Bedürfnisbefriedigung, passte besser zur Familie als dauerhafter Institution sozialer Absicherung, die nicht an einem kleinen sexuellen Bedürfnis hängen, sondern frei davon sein sollte, da die emotionale Basis der Liebe ohnehin schwer genug ist auf Dauer vernünftig gehandhabt zu werden. Wie groß die sexuelle Erfüllung mit meiner je Partnerin ist, wäre dann viel weniger wichtig, als die sonstige soziale Passung, die Ehen schließen ließe. Ob es dabei weiter auf das große Gefühl ankommen sollte, also ein Faktor relativer Instabilität sich in eine so wichtige Frage wie die soziale Sicherheit mischen sollte, wäre sicher der Diskussion auch wert. Früher und in anderen Weltregionen heute noch, wurde das selbstverständlich anders gehandhabt. Ob das immer schlechter war oder nicht die Dauerhaftigkeit früherer Ehen für das Gegenteil spricht, wäre im Geiste des 21. Jahrhunderts dabei auch einer Diskussion wert.
Habe keine Antwort auf alle Fragen der Zukunft und der Familie zwischen Liebe, Vernunft, sozialer Sicherung und Sex wo auch immer, aber es scheint mir wichtig, über diese Fragen neu nachzudenken, um die Zukunft jenseits alter eingefahrener Modelle gestalten zu können. Vor allem auch möchte ich meiner Tochter zeigen, Leben ist so vielfältig denkbar, dass wir offen sein sollten, statt einfach nur an Gewohnheiten festzuhalten, um uns die Welt auch in diesem Bereich offen und neu entdecken zu können, nichts muss, alles kann. Zumindest hätte die Familie als Solidargemeinschaft und sozialer Vertrag für das Leben noch eine Zukunft und mehr als wir vielleicht ahnen in einer alten Gesellschaft.
jens tuengerthal 15.1.2017
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