Samstag, 29. August 2020

Partnerwahl

Wonach wählen wir Partner aus?

Die gewählten Verwandten, mit denen wir uns entscheiden ein Leben und hoffentlich auch ein Bett zu teilen, sind unserem Leben die nächsten. Außerhalb des Berufes, verbringen wir die meiste Zeit mit ihnen. Eine vernünftige Auswahl, würde sich also empfehlen, um nicht nach dem ersten Rausch der Hormone ernüchtert und enttäuscht zu erwachen.

Doch wann treffen wir je dabei eine vernünftige Entscheidung?

Die meisten Beziehungen beginnen heute hormonell gesteuert, weil wir uns verlieben und oder sexuell begehren. Dabei ans Ziel der Sehnsucht zu kommen, versprechen wir uns meist noch in völliger Unkenntnis des anderen manches, was wir später oder schon bald Liebe nennen. Im Alltag wundern wir uns dann, warum die wunderbare Zeit plötzlich endet, der oder die andere, für den wir vorher voller Glück schwärmten, uns plötzlich unerträglich erscheint, auch wenn sich bei nüchterner Betrachtung nur zeigt, was immer schon da war, die vorhandenen Eigenschaften haben wir nur unter dem Einfluss von Hormonen und Gefühlen erfolgreich verdrängt.

Kann mich nicht erinnern, eine Beziehung allein aus Vernunftgründen begonnen zu haben - wann haben wir auch wirklich die Wahl dazu, denke ich dabei und erinnere mich der Verwirrung,   in die mich die hormonelle und emotionale Steuerung immer wieder gestürzt haben. Bin unter Einfluss dieser unvernünftigen Steuerung mit einer vermeintlich großen Liebe zusammengezogen und wunderte mich später über das verstärkte Auftreten der vorher schon sichtbaren und bekannten Eigenschaften. Hätte sie in diesem Zustand beinahe und gerne geheiratet, weil sie mir so vollkommen erschien und diese Liebe als das größte Glück, welchen guten Grund sollte es für die Ehe sonst geben, denke ich immer noch manchmal, auch wenn mich Erfahrung und Vernunft eines besseren belehrt haben könnten.

Entsprechend stürzte ich nach dem Ende solcher Achterbahnfahrten mehr als einmal in tiefste Zweifel auch am Leben, weil ich so sehr und ganz an die Liebe glauben wollte, für sie lebte, was nun vollends unvernünftig scheint, statt froh zu sein, das ewige Theater hinter mir zu haben. Aber wir entscheiden in emotionalen Dingen eben selten vernünftig, Depressionen fragen nicht, ob es passt, wenn sie auftauchen, und wir wundern uns hinterher über das manchmal erschreckende Ergebnis. Vielleicht gibt es Menschen, die all das sehr vernünftig regeln und ordnen, sollte ich nicht wir sagen, sie verdienten sicher Bewunderung, mir ist das noch nie gelungen, im Gegenteil, es fing immer emotional und von Hormonen getrieben an und kaum eine wichtige Entscheidung wurde nach ruhiger Abwägung und vernünftig getroffen. Nicht mal meine Verlobungen, also die Versprechen ein Bündnis auf Lebenszeit zu führen, habe ich sonderlich abgewogen unter Berücksichtigung aller Umstände bisher entschieden, sondern immer eher von großem Gefühl und einem gemeinsamen Traum getrieben, vielleicht noch mit der Hoffnung auf sexuelle Erfüllung, wobei die dabei selten eine große Rolle spielte, eher der Wunsch eine Familie zu gründen.

War mir sehr bewusst, was das Eheversprechen bedeutet und was ein Lebensbund heißt, hatte es von meinen Eltern und Großeltern vorgelebt bekommen, sah vernünftigerweise die Hindernisse, die schon für die Liebe im Eheversprechen liegt aber wollte es dennoch immer wieder und würde es immer noch nicht für mich ausschließen, auch wenn ich sehr hoffe dabei nun vernünftiger und weniger emotional vorzugehen, was eine große Illusion schon war.

Was macht es also aus, was ein glückliches und gemeinsames Leben sein könnte?

Sicher gehört bei einer Beziehung auch die Liebe dazu, spielt die zentrale Rolle, spätestens seit der Romantik, wollen alle gern ihren Lebensbund darauf gründen, während vorher eher Vernunftgründe maßgebend waren und Ehen arrangiert wurden, wie es bis heute in vielen Teilen der Weltüblich ist. Dazu gehört auch der schöne Sex, wobei der mit zunehmendem Alter oft an Bedeutung verlieren kann aber nicht muss - manche entdecken auch erst jenseits der 50, was wirkliche Lust sein kann, nichts ist unmöglich. Viel wichtiger aber, und oft vernachlässigt, ist die Frage, was ein gemeinsames Leben ausmacht, wie der Alltag funktioniert und was an schönen Dingen geteilt werden kann.

Für mich wäre daher immer zentral, sehe ich von der gern idiotischen Hormonsteuerung einmal ab, ob ich mit meiner Partnerin die Liebe zu guten Büchern teilen kann, welche gemeinsamen Unternehmungen beiden Freude machen würden, was an kulturellen und sonstigen Dingen mit Freude geteilt werden könnte, wie kompatibel die Familien wären, insofern mir Familie sehr wichtig ist, womit die gemeinsame Zeit, die immer knapp bemessen ist, gerne und mit Lust verbracht würde. All diese Punkte entdecken wir oft erst lange nach der schon längst unter Einfluss der Hormone getroffenen Entscheidung. Dann kann es zufällig gut passen oder eben eher weniger, was oft zu großen Enttäuschungen führt, weil es sich doch vorher so schön anfühlte und im Rausch der Hormone noch große Versprechen gemacht wurden.

Der alte Spruch, drum prüfe sorgsam, wer sich ewig bindet, hat vernünftig betrachtet viel wahres in sich und ich würde ihn sofort unterschreiben, dahingestellt, ob ich auch immer danach handeln werde. Jemanden zu finden, mit dem du ohne viel Streit klar kommst, mit dem das Leben sich gut und harmonisch anfühlt, ist für ein dauerhaft glückliches Leben viel bedeutender als der größte sexuelle Reiz und die heißesten Gefühle und Liebesversprechen, deren Haltbarkeit bekanntlich oft relativ kurz gemessen am Ausmaß der Ankündigung sind. 

Es gibt sehr wenige Menschen, mit denen dir das gelingt, könnte sie vermutlich an einer Hand aufzählen, vielleicht gibt es auch nur einen oder eine für jeden und wenn du das Glück hast, die oder den zu treffen, würde ich inzwischen sagen, genieß es und denke über nichts anderes mehr nach, weil es ist, wie es ist, zumindest vernünftig betrachtet, doch wer ist in diesen Dingen schon vernünftig und wägt all diese Dinge nüchtern ab. So könnte ich noch lange über die vernünftige Partnerwahl wie ihre guten Gründe sprechen und wäre doch nicht sicher, ob ich im entscheidenden Moment von Vernunft geleitet würde oder, wie es mein Großvater gelegentlich angeheitert auszudrücken pflegte, genau dann das Hirn im Hintern sitzt und schieben hilft. Zumindest zu wissen, was gut und richtig wäre, worauf es im Leben wirklich ankommt, ist ja schon mal ein Fortschritt - ob dieser dann wirklich weiterführt, bleibt unklar und so bleibt es weiter spannend, wohin das Leben uns am Ende verführt und wieviel wir davon selbst und vernünftig entscheiden. Gerade bei der in so vielem entscheidenden Frage der Partnerwahl entscheiden wir doch meist viel weniger als wir glauben, zumindest war es bei mir bisher so und ich habe noch von niemandem gehört, der es entscheidend anders gemacht hätte, weil wir in Fragen der Liebe eben auch aus dem Bauch und nach dem Herz entscheiden.

jens tuengerthal 29.8.20

Auflösungserscheinung

Die Demo der Covidioten wie
Manche Politiker sie nannten
Leichtfertig wie populistisch
Wurde wegen Missachtung
Der Hygienevorschriften schnell
Wie erwartbar wieder aufgelöst
Was ohne vorherige behördliche
Verbote gelassener gewesen wäre
So einen Beigeschmack leider hat
Der keiner Demokratie gut steht
Inhaltlich stimme ich der Behörde
Völlig zu keiner will diese Narren
Hier in Berlin außer verwirrten
Attilas hier und dort die besser
Bei ihren Burgern blieben statt
Die Mehrheit weiter zu nerven
Die Gesundheit der Polizisten
Unnötig zu gefährden aber das
Müssen wir um der Demokratie
Willen ertragen denn Corona ist
Wie Merkel treffend formulierte
Eine demokratische Zumutung
Aber die sollten wir möglichst
Gelassen aushalten insoweit
Wörtlich der Kanzlerin folgend
Wir schaffen das sicherlich
Doch besser demokratisch statt
Mit rituellem Antifaschismus
Der eher das Gegenteil erreicht
Bin nicht ihrer Meinung aber
Sagen dürfen sie diese in Berlin
Diese Toleranz hat hier länger
Tradition als alle Parteien die
Bei abweichenden Meinungen
Lieber verbieten statt ertragen
Sich an Preußens Toleranz
Erinnern täte vielen besser
Die Demokratie zu verteidigen
Verbote helfen da nicht
Diese Leute sind peinlich
Eine schwäbische Invasion
Der schlichten Gemüter die
Lieber Verschwörungstheorien
Folgen statt kritisch zu denken
Eine echte Zumutung für uns
Freie Berliner die zu ertragen
Die sich Freiheitskämpfer noch
Dazu in ihrem Egoismus nennen
Aber da müssen wir drüber stehen
Diese demokratische Zumutung
So tolerant aushalten wie auch
Den schwarzen Block zum 1. Mai
Wer verbietet stärkt die Spaltung
Fördert die Verschwörung nur
Erreicht alleine das Gegenteil
Berlin ist da nicht klug regiert
Es braucht mehr preußische
Toleranz statt linker Meinung
Den Frieden zu erhalten denn
Eine Demokratie die Demos
Verbietet ist lang keine mehr
Zeigt Auflösungserscheinungen
Was ich für gefährlicher halte
Als einige schwäbische Covidioten
Die kann Deutschland ertragen
Sein wir sicher wir schaffen das

jens tuengerthal 29.8.20

Freitag, 28. August 2020

Bürgergoethe

Zu Goethes Geburtstag sei heute
Dem Bürger Goethe gedacht der
Als solcher vielleicht die wichtigste
Rolle seines Lebens spielte die ihn
Zum Dichter der Deutschen machte
Deren Wesen sehr bürgerlich ist
Heute noch mehr als zur Goethezeit
Wo der Staat vom Adel regiert wurde
Abgesehen von den freien Städten
Geboren in Frankfurt aus teilweise
Altehrwürdiger Familie stammend
Von der mütterlichen Seite her war
Die Familie Textor als Bürger schon
In der Stadt ehrwürdig stellten mit
Dem Großvater einen Bürgermeister
Wie Goethe in Dichtung und Wahrheit
Berichtet wie er als Knabe noch bei
Der Kaiserkrönung auf dem Balkon
Des Römers die Feier miterlebte
Er hatte ein gutes Leben in Frankfurt
Die Familie war angesehen wohnte
In einem schönen Haus war vermögend
Genug dass sein Vater der Jurist war
Schon nicht mehr arbeiten musste
Sich um die Bildung des Sohnes wie
Der Tochter nicht zu vergessen kümmerte
Doch woher kam das Vermögen in der
Heute Bankenstadt war das noch kein
Selbstverständnis sondern war vom
Großvater Friedrich Georg Göthé wie
Sich der aus Thüringen stammende
In Frankreich ausgebildete Schneider
Noch nannte bis der Vater latinisierte
Des Ansehens unter Bürgern wegen
Dieser von Goethe eher verschwiegene
Handwerker war ein sehr erfolgreicher
Gewandschneider zu Frankfurt der
Die Höfe bis Böhmen belieferte sogar
Einmal mit Goethes Ururgroßvater
Dem Heidelberger Juristen Textor der
Nach dem pfälzischen Erbfolgekrieg
Einem Ruf nach Frankfurt erst folgte
Wo er Justiziar der Stadt werden sollte
Durch Heirat der Kinder sich etablierte
Bis der Enkel Bürgermeister wurde
Wovon der dann Weimarer Goethe
Stolz in Dichtung und Wahrheit erzählt
Während er den Vater seines Vaters
Den wohlhabenden Handwerker der
Aus Nichts ein Vermögen sich schuf
Lieber stillschweigend überging weil
Es dem Selbstwert nicht entsprach
Was Goethes Leben lang finanzierte
Bis er als Geheimer Rat zu Weimar
Auch dort juristisch irgendwie tätig
Dank Wohlwollen des Herzogs sein
Eigenes Auskommen wie Titel fand
Herr von Goethe wurde worauf er
Weniger wert wohl legte als Schillers
Dessen Frau von Familie die Geltung
Bei Hof so wichtig war wie sie auch
Goethes so bürgerliche späte Ehe
Mit Christiane eher kritisch sah
Von den Kommentaren der Stein
Sei an dieser Stelle ganz abgesehen
Die andere Gefühle rühren mochten
Sofern sie nicht Anna-Amalia selbst war
Goethe war in Weimar wie in Frankfurt
Ein Bürger und verkehrte mit den
Guten Familien zu denen auch die
Brentanos zählten was später noch
Eine romantische Rolle spielen sollte
Die Betonung des ehrwürdigen Textor
Großvaters der auch Johann Wolfgang
Getauft worden war zeigt wie wichtig
Goethe die Verwurzelung in der Stadt
Wie ihrer bürgerlichen Gemeinschaft war
So war der auch Naturforscher zwar stets
Dichter und Denker aber mehr Zeit wohl
Verbrachte er mit der Verwaltung ob als
Theaterdirektor oder Bibliothekar wie
Mitglied der Sachsen-Weimarer Regierung
Mit der Ausnahme der Reise nach Italien
Jener Auszeit die sich der Beamte nahm
Vom Herzog großzügig dabei bezahlt
Auch kreativ noch weiter zu arbeiten
Am meisten erinnern wir den Künstler
Der als Dichter und Autor unsterblich
Doch Goethes Leben bestimmte mehr
Seine Existenzs als Bürger zuerst in
Frankfurt wie später in Weimar wo
Im Haus am Frauenplan viele Gäste
In bürgerlicher Tradition verkehrten
Ob seine Mitgliedschaft in der Loge
Der Freimaurer in Weimar wie später
Mit dem Herzog bei den Illuminaten
Auch den Bürger Goethe zeigt oder
Wie es gedacht war klassenlos eher
Zu sehen sein sollte mag dahinstehen
Überragend war sein Engagement hier
Weder noch warum auch das Gerücht
Der Herzog und Goethe wollten bei
Den von Knigge lange auch geführten
Illuminaten nur spionieren unwichtig ist
Sicher zumindest ist wie sehr Goethe
Auch in bürgerlicher Tradition stand
Dem Textor Großvater auch darum
Ein literarisches Denkmal setzte noch
Viel mit der Mutter über das Leben
In der einst Heimat Frankfurt schrieb
In Gedenken an den Bürger Goethe
Sei dem Dichterfürsten gratuliert als
Großem bürgerlichen Literaten auch

jens tuengerthal 28.8.20

Alles

Alles in einer finden wollen
Trägt das Scheitern schon
In sich während gelassen
Genießt wer sich an dem
Grenzenlos freuen kann
Was ist statt mit Erwartung
Sicher enttäuscht zu werden
So liebe ich lieber ganz ohne
Große Hoffnung habe dafür
Immer mehr real davon was
Vernünftig ernüchtert klingt
Ist in Wirklichkeit eine große
Liebeserklärung an die
Möglichkeiten des Glücks
Was alles sicher sein kann
Wird eine mir immer mehr
Ohne etwas zu müssen
Nennen manche es Liebe
Genieße lieber namenlos

Dzdw 28.8.20

Enthaltsamheiter

Enthaltsamheiter

Enthaltsamkeit ist das Gegenteil
Von einem lustvollen Leben
Setzt auf Verzicht statt Genuss
Auch wenn Entsagung so auch
Zu einem Rausch werden kann
Liegt sie dem Epikuräer fern
Außer um das Wesentliche so
Angemessen zu würdigen
Als Mittel zur Konzentration
Der Lust die sich so steigert
Wie auch weniger mehr wird
Wo wir was bleibt um so mehr
Dafür als besonders genießen
Die Perspektive können wir
Dabei auf den Verzicht legen
So am Mangel weiter leiden
Oder im weniger aufgehen
Um angemessen zu würdigen
Was eigentlich alles da ist
Glücklicher damit zu leben
Statt Mangel zu empfinden
Was einfach einleuchtend klingt
Fällt vielen Menschen schwer
Sobald es Gewohnheiten betrifft
Wie kleine Beispiele zeigen können
Auf Urlaub einmal zu verzichten
Weil Corona es nahelegte lag
Vielen völlig fern obwohl diese
Sonst weniger asozial wären
Niemandes Leben gefährden
Wollen würden es aber tun
Aus unbewusster Gewohnheit
Die nicht reflektiert was sie tut
Kaum einer der gerne fliegt würde
Dafür auch zugleich töten wollen
Nimmt es aber aus alter Gewohnheit
Wider besseres Wissen in kauf
Zerstören die Welt die sie lieben
Wie die meisten gerne vorgeben
In ihrer touristischen Umarmung
Die durch Besichtigung zerstört
Von Kant dagegen zu lernen hieße
So zu handeln dass in jedem Moment
Alles was wir tun allgemeines Gesetz
Werden könnte und aufgeklärt wäre
Wer sich dabei aus selbstverschuldeter
Unmündigkeit befreien würde also
Vernünftig am Gewissen prüfte was
Verantwortbar wie nötig wäre um
Gut leben zu können wüsste genau
Was danach sittlich geboten wäre
Pflegte kein tödliches Vergnügen
Auf Kosten leidender anderer
Sondern genösse Ruhe für sich
Ohne anderen damit zu schaden
Leben noch unnötig zu riskieren
Übte Enthaltsamkeit im Schaden
Könnte guten Gewissens genießen
Statt sich moralisch zu belügen
Lernte vom großen Geist Kant
Welche Reisen wirklich bilden
Was so einfach wie erfolgreich
Für das persönliche Glück wäre
Aufklärung und Mündigkeit dabei
Ganz nebenbei noch verschenkte
Warum der Sommer der eigentlich
Gebotenen Enthaltsamkeit besser
Als Chance zur Entdeckung eines
Nicht asozialen Lebens genutzt
Worden wäre statt die Folgen nun
Überrascht lautstark zu beklagen
Die so absehbar wie der Verlauf
Der viele Unbeteiligte töten wird
Wie keiner Kreuzfahrten macht
Wer nur etwas Verantwortung hat
Weil die Folgen untragbar tödlich
Sicher können wir weiter machen
Was Reiseindustrie uns nahelegt
Damit zum Vergnügen die Leben
Vieler Menschen riskieren was
Zumindest die Anzahl der Gefährder
Schnell deutlich reduzieren würde
Eine Art von Auslese sicher wäre
Neugierig nur wäre ich dabei wer
Dafür die Verantwortung übernimmt
Kategorisch sittlich wie ehrlich
Oder sich lieber unmündig belöge
Den unmündigen Idioten gäbe
Ohne Verantwortung zu übernehmen
Denn wir wissen was wir tun
Könnten es zumindest wissen
Mangelte es nicht am Verstand
Übe mich derweil lieber heiter in
Enthaltsamkeit so wird weniger mir
Zur immer mehr Quelle der Lust
Bei konsequent gutem Gewissen
Was die Nachaltikosophie mir zum
Dauerhaften Lustgewinn macht
Mit immer weniger mehr erleben
Macht mündig frei und zufrieden

jens tuengerthal 27.8.20

Donnerstag, 27. August 2020

Vaterunsicher

Was ist sicher an der Vaterrolle?

Die moderne Technik hat es ermöglicht die Vaterschaft mit sehr hoher Sicherheit nachzuweisen, womit die klassische Unsicherheit wegfiel, die durch soziale Dominanz in der patrilinearen Gesellschaft ausgeglichen werden sollte. Andererseits ist das klassische Rollenmodell im Prozess der Emanzipation weggefallen und Väter mussten ihre Rolle zwischen Haushalt und Beruf neu finden und definieren, was gelegentlich auf Schwierigkeiten und Widerstand stieß, in Ausläufern auch noch stößt, was die Dominanz klassisch dominanter Typen wie Putin oder Trump erklären kann.

Der Prozess der Emanzipation, der de facto nach den 2. Weltkrieg zur normativen Gleichstellung führte, um die noch verschiedene Kämpfe geführt wurden, hat seit der Kanzlerschaft Merkels in Deutschland eine andere Richtung genommen. Es ist durch Änderung der Gesetzgebung auch in Fragen der Kinderbetreuung inzwischen ein anderes gesellschaftliches Selbstverständnis gewachsen. Auch in traditionellen Familien ist es inzwischen normal, dass Väter Erziehungszeit nehmen und sich gemeinsam um die Kinder gekümmert wird, was in meiner Kindheit noch die große Ausnahme war, auch als ich zu Beginn der neunziger mein Studium begann noch als exotisch eher und der Karriere schädlich galt, wird heute als soziale Kompetenz gesehen.

Als ich noch zur Zeiten von Kanzler Schröder Vater wurde und vernünftigerweise eine zeitlang Hausmann, bis meine Tochter mit eineinhalb in den Kinderladen kam, war ich auf dem Spielplatz noch eher die Ausnahme unter vielen Muttis hier im Prenzlauer Berg. Das hat sich in den letzten Jahren völlig gewandelt. So ist heute etwa mein Schwager Hausmann geworden, während meine Schwester ihre Karriere verfolgte. Auch sie brachten ihre Kinder inzwischen früh in die Kita, was bei uns noch kritisch gesehen wurde, zumindest im Westen, während es im Osten als selbstverständlich und besser so galt. Hier hat sich unter der Kanzlerschaft von Merkel auch auf Initiative ihrer ersten Familienministerin von der Leyen ein relativ rasanter Bewusstseinswandel durchgesetzt, der die Egalität verstärkte.

So weit so gut im Sinne des Feminismus, der sich auch in ländlichen Regionen immer weiter durchsetzt. Dies ist für Kinder und Väter, die früher wenig vom Heranwachsen ihrer Kinder mitbekamen, eine große Chance. Mit einer gewissen Verzögerung ziehen langsam auch die Führungspositionen der Wirtschaft nach und Elternzeit ist kein notwendiges Karrierehindernis mehr, was auch die Chancen der Frauen im gebärfähigen Alter auf Führungspositionen bei gleicher Qualifikation erhöht hat. Das ist lobenswert und trägt zu mehr gesellschaftlicher Gleichheit bei, kann langfristig auch die immer noch große Einkommenslücke schließen helfen.

Ob es eine eher konservative, noch dazu kinderlose Regierungschefin brauchte, um diese zeitgemäße und gerechtere Politik auch in den traditionell konservativen Kreisen der Wirtschaft durchzusetzen, ist eine Frage, die nicht ohne Berechtigung scheint. Zumindest haben es die Sozialdemokratie oder die Grünen in der Zeit ihrer Regierung nicht geschafft, vergleichbare Veränderungen durchzusetzen. Ob sie ein größeres Selbstverständnis dafür schufen, ist unklar. Zumindest haben sie es noch nicht geschafft eine Frau länger erfolgreich in eine Führungsposition zu bringen, das Scheitern von Andrea Nahles sprach hier Bände, wie es künftig gehen wird, ist noch unklar, kann aber hinsichtlich der hier thematisierten Vaterrolle und ihrer größeren Unsicherheit dahinstehen.

Mit der Zunahme der Emanzipation nahm auch die Sehnsucht eines Teils der Frauen nach traditionellen Männern und ihrem Rollenverständnis zu, was sie andererseits gesellschaftlich ablehnten, fanden nicht wenige sexuell durchaus reizvoll, woraus manche erwartbare Konflikte entstanden. Parallel dazu nahm die Impotenz und das sexuelle Desinteresse bei vielen Männern zu. Ob dies am höheren Anteil von Pillenresten, also Östrogenen, im Trinkwasser lag, ist wissenschaftlich noch unklar. Beweise gibt es dafür bisher nicht. Eine Rolle könnte aber auch das unsichere Rollenverständnis spielen, in dem Männer der Gegenwart sich sehen.

Einerseits sollen sie verständnisvoller Vater und zärtlicher Partner sein, der aber bitte seine Aufgaben im Haushalt auch selbstverständlich wahrnimmt, was aufgrund eines unterschiedlichen Verständnisses der notwendigen Ordnung immer wieder auch zu Konflikten führt, andererseits, auch bewunderte Macher und starke Kerle, die ihren Mann stehen. Hausmänner werden immer noch von manchen verspottet, auch wenn das Selbstverständnis langsam zunimmt, sehen sie sich, wie ich in der noch frühen Phase sehr stark, dazu genötigt, ihre Rolle zu rechtfertigen, die mal als emanzipiert gelobt, dann auch nur milde belächelt wird. Es gibt kein Selbstverständnis in den Rollen und Aufgaben mehr und alles muss immer wieder ausgefochten und diskutiert werden, was nicht immer ohne Schäden für die Beziehung und die sexuelle Leidenschaft abläuft.

So war mein Ehrgeiz beim Putzen immer relativ gering ausgeprägt und ich empfand es nie als Auszeichnung dort zu glänzen, eher das Gegenteil erstrebenswert. Die Vaterrolle als Spielpartner meiner Tochter zu glänzen, nahm ich dagegen mit wesentlich mehr Engagement wahr. Dies kann in manchen Fällen auch umgekehrt sein, allerdings ist das Modell, was mir meine Eltern auch vorlebten, noch weiter verbreitet und führt immer wieder zu Rollenkonflikten.

Unsicher geworden ist die Notwendigkeit des Mannes als Erzeuger auch durch die künstliche Befruchtung und andere neue Formen der Fortpflanzung, die noch in der Entwicklung begriffen sind. So stehen sich die einerseits nun biologische Sicherheit der Vaterschaft, die allerdings meist nur zur Abwehr einer solchen und der mit ihr verbundenen Geldzahlungen geprüft wird und wohl eher sehr selten, um die eigene Vaterschaft zu beweisen und die Unsicherheit der neuen Rolle gegenüber, wobei noch unklar ist, wohin die Entwicklung führt und was das für alle Beteiligten beste Modell der Zukunft ist.

Dies ist nach tausenden von Jahren, in denen das patrilineare Modell in unserem Kulturkreis dominierte, eine sehr rasante Veränderung mit offenem Ausgang, bei der sich immer mehr Männer fragen, was ist eigentlich unsere Rolle, welche Aufgaben müssen wir erfüllen, wofür werden wir anerkannt und geliebt, was macht uns glücklich, wie wollen wir in Zukunft leben. Inwieweit es in früheren Kulturen noch andere Modelle gab, wie die Schlüsselherrschaft der germanischen Frauen, von der Tacitus berichtet und andere stärker matriarchal geprägte Formen des Zusammenlebens ist noch relativ unklar, da hier zu großen Teilen die schriftliche Überlieferung der sozialen Strukturen fehlt.

Was kann ich als Mann noch tun, als mich mit Liebe, in das zu fügen, was ist, frage ich mich, dem die chauvinistischen Allüren fremd sind, die sich gerade ins letzte Gefecht stürzen und habe doch auch Frauen erlebt, die genau das von mir erwarteten, was mir fremd war und den Feminismus lieber verspotteten, von dem sie andererseits profitierten. International betrachtet prallen hier auch verschiedene Kulturen und Lebensweisen aufeinander, die manche Männer zur Partnersuche eher in fernere Länder ausweichen lassen, um in gewohnter Weise zu leben, auch wenn es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich Freiheit und Egaliät überall durchsetzen.

Die Erwartungen an die Rolle des Mannes sind höchst unterschiedlich und es ist müßig, sich um das eine oder andere bemühen zu wollen. Es scheint vernünftiger, sich selbst zu genügen und die Umstände und Bedürfnisse, so zu nehmen, wie sie eben sind, statt ein allgemeines Modell zu suchen, lieber mit den je Umständen, so glücklich wie möglich zu sein, weil es ist, wie es ist und ich froh sein kann, wenn sich eine findet, der das genügt und gefällt.

Als Vater habe ich nach der Zeit als Hausmann und in einer Beziehung die Rolle gewechselt, war nicht mehr der strenge eher autoritäre Vater, sondern lieber der Kumpel, der großzügig war, weil es mir mehr lag und habe mich damit wesentlich wohler gefühlt. So gesehen, war es vermutlich gut so. Würde aber meinen Fall nie verallgemeinern wollen und denke es bleibt wie die Rolle des Vaters auch in Zukunft unsicher. Tröstlich nur ist, dass es den Frauen mit den Veränderungen ähnlich gehen wird und beide gemeinsam Wege suchen müssen, mit denen wir langfristig glücklich werden. Vielleicht hilft es diese Zeit des Übergangs und der relativen Unklarheit als für beide nicht ganz einfach aber den eben normalen Wahnsinn zu halten, mit dem wir eben leben müssen, was anderes bleibt uns auch nicht, also empfiehlt es sich, nach meinem Empfinden, was ist, so sehr wie eben möglich, zu genießen.

jens tuengerthal 27.8.20

Mittwoch, 26. August 2020

Bürgerfamilie

Die bürgerliche Familie
Löst sich immer weiter
Aus traditionellen Strukturen
Viele trennen sich wieder
Verbinden sich danach neu
Kinder werden gemischt
Unter neuen Bedingungen
Homosexuelle dürfen heiraten
Auch Kinder als Paar haben
Durch künstliche Befruchtung
Um Gleichheit zu gewähren
Die Demokratie garantiert
Deren Werte sich wandeln
Wenig ist mehr sicher als
Die Hoffnung auf Liebe die
So unsicher wie immer ist
Als bloßes Gefühl Basis
Dauerhafter Gemeinschaft
Sein soll und selten kann
Was die Frage stellt wie die
Bürgerliche Gesellschaft der
Zukunft aussehen könnte
Welche Konstante dann trägt
Ob Familie anders definiert
Rollen neu verteilt werden
Wie das Ergebnis aussieht
Was es dabei bedeutet dass
Väter sicher sein können durch
Biologische Nachweise zugleich
Mutterrollen übernehmen um
Für gerechte Verteilung damit
Sorgen zu können für die sie
Einige gering schätzen während
Andere es natürlich erwarten
Frauen als Ernährer der Familie
Neue Aufgaben übernehmen
Wie funktioniert der Gleichklang
Nach altem Modell in anderer
Rolle als aufgewachsen noch
Was ist jemals selbstverständlich
Können wir alles infragestellen
Fragt sich wohl mancher noch
Aber tun es natürlich längst 
Weil der Alltag es erfordert
Dennoch sollen den Kindern
Werte von Familie vermittelt
Ihnen auch Sicherheit geben
Wissen wir irgend schon wie wir
In der Zukunft leben wollen
Was bleiben soll was geht
Um die bürgerliche Familie
Zusammenzuhalten oder ist
Deren Bestand überflüssig
Was aber ersetzt sie dann
Braucht Gesellschaft sie noch
Wer entscheidet darüber als
Diejenigen die es leben 
Sie täglich neu definieren
Müssen ohne festen Rahmen
Scheint alles im steten Fluss

jens tuengerthal 26.8.20

Regenlauschen

Dem Regen lauschen ist
Wie verliebt sein in die
Natur wie ihren Wandel
Der das Leben spiegelt
In jährlichem Zyklus
Immer wieder kehrend
Doch sich wandelnd
In unserer Wahrnehmung
Schon immer liebe ich
Den Herbst über alles
Mit Stürmen Regen Farben
Die Zeit der reifen Trauben
Von der Rilke einst dichtete
Wie einsam lange bleibt
Wer jetzt allein ist sich kein
Haus mehr baut dafür wie
Blätter treiben durch die
Alleen unruhig wandern
Wird in den Herbststürmen
Nach dem großen Sommer
Während es langsam wieder
Immer düsterer um uns wird
Das alte Jahr im Winter stirbt
Was manchem Furcht bringt
Vor grauen Nebeltagen mit
Immer weniger Licht noch
Erfüllt mich mit Glück denn
Was ist schöner als im Herbst
Dem Abschied behütet lauschen
Wenn wie jetzt im ersten Sturm
Der den Sommer uns austreibt
Regen auf Fensterbänke prasselt
Wind böenweise Bäume schüttelt
Wird es wieder wirklich schön
Vorm Kamin in geteilter Welt

jens tuengerthal 26.8.20

Zugehörigkeit

Wer gehört zur Familie?

Ist die Zugehörigkeit zur Familie ans Blut gebunden, das verwandt ist, oder ist die angenommene Familie genauso wichtig, vielleicht sogar näher, fragte ich mich bei der Lektüre von Christina von Brauns Blutbande immer wieder.

Die Römer lebten die Tradition der angenommenen Kinder, die zu Erben wurden, über Generationen. Diese konnten auch ehemalige Sklaven sein, die später Teil der Familie wurden. Das Blut, also die eigene Brut und Verwandtschaft, spielte für das politische und ökonomische Erbe eine geringere Rolle. Konnte aber musste nicht und wenn sich unter den Verwandten kein passender Erbe fand, wurde eben einer auch namentlich angenommen und gehörte dann als gewählter Erbe zur Familie, trug die Tradition des Namens weiter.

In meiner Familie spielte die Blutsverwandtschaft eine große Rolle und an Weihnachten waren früher nur Verwandte und wenige ganz enge Freunde anwesend, weil Weihnachten eben das Fest der Familie war, wie der Großvater betonte. Jedoch gehörten die angeheirateten Mütter der nächsten Generation genauso dazu, wie meine Großmutter väterlicherseits, die auch erst seit der Ehe den gleichen Namen trug. Familie wuchs durch Zeugung und dazu mussten neue Mitglieder von außen in den Clan integriert werden und dessen Riten erlernen, sich an die Gewohnheiten anpassen und jede färbte es auf ihre Art. Diese wurden uns vorgelebt als gäbe es sie schon immer und dürften nie enden.

Bei den großen Festen anwesenden Freunde wurden besonders geehrt, aber nie als Teil der Familie gesehen, was sie erbbiologisch ja auch nicht waren, während die Mütter der folgenden Generation ihr Erbgut auch an diese weitergegeben hatten. Die Linien waren klar patrilinear und wurden mit dem Namen weitergegeben. Gelegentlich durfte aber auch die Schwiegerverwandtschaft noch teilnehmen.

Häufig anwesend war in meiner Kindheit auch eine enge Freundin der Familie, die mit meinem Vater und seinen Brüdern aufwuchs und deren Tochter, die lange eine der engsten Freundinnen meiner Kindheit war. Ihre Mutter hat wohl zumindest mit zweien der Brüder meines Vaters wie ihm selbst in Jugendzeiten einen Flirt gehabt, was im Ton zwischen den Beteiligten teilweisen noch hörbar war. Sie gehörte einfach dazu und war irgendwie Teil der Familie und auch ihr zweiter Ehemann wurde als geehrtes Mitglied der Familie aufgenommen. Damit lösten sich die Grenzen schon zu Lebzeiten meines Großvaters etwas auf. Aber es waren seltene Ausnahmen.

Später, als meine Eltern die Tradition übernahmen, wurden die beiden zu Lebzeiten des zweiten Mannes noch weiter voll integriert. Nach dessen Tod hat sich das, eher erledigt. Ob das daran lag, dass die Ehefrauen der Brüder kein so großes Interesse an der Jugendfreundin ihrer Männer hatten, unterliegt der Spekulation, zeigt aber zumindest, dass die Zugehörigkeit relativiert werden kann, sofern sie nicht mehr in den akzeptierten Konsens passt und Macht wie Regie der Frauen auch in der scheinbar patrilinearen traditionsbewussten Familie größer sind, als es den Anschein hat.

Später gehörten lange Zeit auch die Kinder von afrikanischen Freunden meiner Eltern zum Clan und wurden bei Festen integriert, was auch auf das Betreiben meiner Mutter wohl zurückging, die schon lange offen für eine Erweiterung des Kreises war, sich zumindest so äußerte, auch wenn sie als Gastgeberin gerne über die beschränkten räumlichen Möglichkeiten klagte, waren über 20 Personen an der langen Tafel die Regel. 

Wie gerne jemand dort gesehen wurde, lag auch an dem Grad der Anpassung an die familiären Regeln und Rituale, die noch immer in nahezu gleicher Weise zelebriert werden - vom gemeinsamen Singen über das Gebet vor Tisch, bis zum Händegeben vor dem Beginn des Essens und nach dem Gebet.

Christina von Braun beschreibt für die jüdische Gemeinschaft eine interessante Veränderung der Traditionen, so werden in Israel für die Definition des Judentums noch großer Wert auf die Matrilinearität und die alten Regeln gelegt, während in den USA und Deutschland sich liberalere Traditionen herausbildeten, die auch etwa den Söhnen jüdischer Väter, die keine jüdischen Mütter hatten, gestatteten Mitglieder der Gemeinde zu werden und an rituellen Festen teilzunehmen. Dies teilweise auch dadurch begründet, dass es zu zahlreichen überkonfessionellen Ehen kam, bei denen nur der Vater jüdisch war und viele Einwanderer aus der ehemaligen UDSSR nicht mehr in der jüdischen Tradition aufwuchsen aber selbst etwa in Deutschland bereits den größeren Teil der Gemeinden bilden. Es zeigt sich also auch im traditionsbewussten Judentum, dass als Reaktion auf die Erstarkung des Christentums erst unter rabbinischer Führung, die matrilineare Tradition entwickelte, ein Aufweichen dieser. Dies aber stärker in der Diaspora als bei den Juden in Israel, wo es einen starken und lauten orthodoxen Einfluss gibt, der es für Kinder jüdischer Väter schwer macht, zur Gemeinschaft zu gehören, wenn sie keine jüdische Mutter haben.

In meiner eher protestantisch geprägten Familie gehören alle Nachfahren, zur Familie, ob sie  den Namen tragen oder nicht, Vater oder Mutter zum Stamm gehören, wird nicht unterschieden, alle nun Enkel sollen sich als Teil der großen Familie fühlen. Früher bildeten Taufe und Konfirmation den Ritus der Initiation in die Familie. Wüsste nicht, dass ein Kind der folgenden Generation getauft wurde. So findet die Familie durch Teilnahme an den gemeinsamen Festen, die meist Ostern oder Weihnachten stattfinden, als Gemeinschaft zusammen und nimmt ihre neuen Mitglieder auf, die in die alten Traditionen hineinwachsen. Das Neuland der neuen Medien ermöglicht weitere Kommunikation über die rituellen Feste hinaus und entsprechende Gruppen schaffen eine eigene Zugehörigkeit, können das Gefühl der Gemeinschaft stärken.

Eine andere Gemeinschaft, die über die Familie hinaus verband, war die Turnverbindung in der von mütterlicher wie väterlicher Seite einige seit Generationen Mitglied waren. Dort lernten sich etwa meine Eltern auf einem der jährlichen Stiftungsfeste kennen, die ich auch aus meiner Kindheit in guter Erinnerung habe, wenn ich auch nie als erwachsener Teilnehmer der dort Bälle war und mir also diese Möglichkeit der Partnerfindung fehlte, die aber durch vielfältige andere Wege ersetzt wurde. Ein Vetter der mütterlichen Linie fand wieder seine Partnerin dort. Die Großeltern der mütterlichen Linie fanden sich in ihrer Reitquadrille, die sich im Bremer Bürgerpark traf, während sich die Großeltern väterlicherseits bei einem Fest auf dem Gut eines Kadettenkameraden meines Großvaters in Güstrow fand. So fanden sich meine Großeltern beiderseits wie meine Eltern in einer durch Zugehörigkeit geprägten Gemeinschaft, was sie in der Familie weiterführten.

Die Mutter meiner Tochter lernte ich beim Griechen um die Ecke am Kollwitzplatz kennen, was keinerlei besondere Gemeinschaft bedeutet. Die allermeisten meiner Partnerinnen fand ich inzwischen auf virtuellem Wege irgendwo. Ob die dortigen Gemeinschaften eine Zugehörigkeit begründen, scheint mir eher zweifelhaft. Fraglich, ob diese teils zufällige, teils gezielte Findung den gleichen Wert hat wie die Zugehörigkeit zu einer geteilten älteren Gemeinschaft. Früher traf ich sie über Schule, Studium, in Cafés oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Zumindest Schule und Studium brachte die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft mit sich, doch hatte ich nur selten Partnerinnen aus meiner Schule oder Klasse, woran immer das lag.

Kannte aus meiner Zeit in der SPD schon Fälle, dass sich im politischen Bereich Paare fanden, was aber andererseits auch etwas verpönt war und als gefährlich galt, weil es die Gefahr in sich trug privates und politisches zu vermischen, im Falle des Scheiterns zu schaden. Fand und suchte dort niemanden, dahingestellt, ob das eher am Angebot oder der Nachfrage lag, war aber auch nie zu diesem Zweck dort gewesen und habe diese letzte Vereinsmitgliedschaft ohne weitere emotionale oder sexuele Bindung beendet. Spätere sexuelle und emotionale Kontakte mit Genossinnen, standen in keinem Zusammenhang mit deren Mitgliedschaft oder meinem Austritt.

Trotz der verstärkten Partnersuche im virtuellen Raum war es mir bei den Versuchen der Partnerschaft, die dort begannen, immer wichtig auch die gewohnten familiären Rituale zu integrieren. Vom Händereichen vor dem Essen, das Gebet ersetzte ich als Atheist durch einen Handkuss, der mir näher lag als irgendwelche höheren Wesen, bis zur Vorstellung bei den Familienfesten und damit Aufnahme in die traditionelle Gemeinschaft, was der Bindung noch mehr Tiefe und Seriosität geben sollte. Teilweise praktizieren meine Cousinen und Cousins es ähnlich. Sich bei den Festen mit Partner zu zeigen, gab den Beziehungsversuchen einen eheähnlichen Charakter und sollten die Zugehörigkeit der Partner zur Gemeinschaft begründen wie den eigenen Erfolg dabei verstärken. Wer mit Partner kam setzte die Tradition der familiären Gemeinschaft fort und konnte sich anerkannt fühlen. Dahingestellt, ob das je die Haltbarkeit erhöhte, manche grausten sich davor, fühlten sich nie anerkannt, was auch an denjenigen gelegen haben könnte, andere wuchsen voll in die Familie hinein und verschwanden dennoch wieder.

Entsprechend aufgewachsen, war für mich immer klar, dass ich eines Tages heiraten würde, auch wenn das bisher Illusion blieb, ist der Wunsch nach dieser Vervollständigung meiner selbst als Mitglied der Familie noch nicht verschwunden, habe ich mich immerhin viermal verlobt, also das Eheversprechen zumindest ohne größere juristische Konsequenzen vorgehabt zu geben. 

Die einzigen Reisen, die ich heute noch freiwillig antrete und die mich mit der sonst konsequent gelebten kantschen Tradition der Immobilität als nachhaltigeres Lebensprinzip brechen lassen, sind Familienfeste. Ob ich noch heiraten werde, weiß ich nicht, würde es jedoch nie ausschließen, so unsinnig ich, vernünftig, kritisch betrachtet, das Institut der Ehe finde, was der Liebe eigentlich entgegensteht, doch ist die Tradition, in der ich aufwuchs, so frei und gelockert sie mittlerweile wurde, stärker als alle Logik und Philosophie, was mich auch emotional für diesen Traum, so unrealistisch er sein mag, immer wieder anfällig machte, mit mehr oder weniger gravierenden emotionalen Folgen.

Wer zu meiner Familie gehört, weiß ich nicht sicher zu sagen. Sicher die engen Blutsverwandten im ersten Grad. Juristisch auch die weiteren Grade, denen ich mich aber wesentlich weniger verbunden fühle als einigen Mitgliedern der erweiterten Familie. Welche Pflichten und Rechte daraus resultieren, frage ich mich selten. Es ist eher ein Gemeinschaftsgefühl, was durch traditionelle Zugehörigkeit zur Gemeinschaft begründet wurde. 

Es gibt einige Freunde aus Kindertagen, die ich dazu zählen würde, wenn ich auch mit den wenigsten noch in Kontakt stehe und das eher theoretisch betrachte. So etwa fehlt mir jedes Jahr an Weihnachten eine schon lange nach Paris verheiratete Freundin aus Kinderzeiten wie ihre Mutter. Auch Teile des Freundeskreises meiner Eltern, die sich seit vermutlich bald 50 Jahren jährlich zum Adventssingen bei meinen Eltern treffen, sehe ich inzwischen als Teil der Familie, was auch daran liegen könnte, dass der gemeinschaftliche Gesang ein wichtiger Teil unserer familiären Rituale immer war.

Weiß nicht, ob ich diese oder irgendeine Tradition fortsetzen werden außer den bereits genannten Ritualen, die ich mit den jeweiligen Herzdamen pflege, um sie, teils auch noch ohne dass sie es ahnen, in die Gemeinschaft der Familie aufzunehmen. Bin nicht sicher, ob diese in ihrer rituellen Art und Weise der Zelebrierung älter sind als mein Großvater, der Anfang des vorigen Jahrhunderts geboren wurde und wer sie in das nächste weitertragen wird, wie Zugehörigkeit dann definiert wird. Komme nichtmal auf die Idee meine Geburtstage größer zu feiern und dazu die Familie einzuladen, was ansonsten nahe läge, mir aber zugleich fern lag, so sehr ich mich der Tradition verbunden fühle, deren Chronist ich literarisch wurde. Vielleicht ist es das Amt des Chronisten auch Abstand zu wählen, passend für den Beobachter, sich ein wenig zu entziehen aber wer weiß, vielleicht ändert sich diese Sicht auch eines Tages nochmal, weil die Zugehörigkeit stärker wirkt als alle Gewohnheit und jeder vernünftige Vorsatz.

Fragte ich mich, ob ich gerne ein großes Fest machen würde, zu dem ich alle Frauen einlüde, denen ich emotional oder körperlich nahe war, was vielleicht etwas unübersichtlich würde, lässt mich die Vorstellung lächeln, auch wenn mir, realistisch gedacht, ein normales Familienfest vermutlich näher läge, bei dem ich mir ungefähr vorstellen kann, wie es abliefe, weniger emotionale und sonstige Schlaglöcher lauern würden, es deutlich überschaubarer bliebe und ich mich schon aus Traditionsgründen vermutlich für die realistischere Lösung entschiede, finde ich den Gedanken der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft aus einmal geschlechtlicher oder emotionaler Nähe nicht uninteressant und überlege mir, bis es zum einen oder anderen kommt, wie ein französischer Film zum Thema wohl aussehen würde und lache darüber.

jens tuengerthal 25.5.20

Dienstag, 25. August 2020

Beziehungsdialektik

Braucht jede Beziehung
Die auch geschlechtlich
Eine gewisse Dialektik
Um die Spannung zu halten
Mit der erst aufregend wird
Was sonst zu ähnlich sich wäre
Aller Schwüre von Einmaligkeit
In der Liebe zum Trotz die
Stets ewig unwiederholbar
Sich zu sein versichert um
Es der Gewohnheit zum Trotz
Miteinander auszuhalten wie
Dieses Tun besonders zu finden
Auch wenn das nur Reiben
Der Geschlechtsorgane
Aneinander eher schlicht ist
Sind wir uns zumindest verliebt
Des Zaubers dieser atavistischen
Vorgänge vollkommen sicher
Welche nüchtern betrachtet wohl
Eher lächerlich uns erschienen
Aber lieber unterwerfen wir uns
Auch dabei den Hormonen noch
Den Bestand der Art zu sichern
Was die Gaukelei ursprünglich war
Als es nüchtern kritisch zu betrachten
Was wenigen dabei gut stände
Eher lustvoll stöhnend wie Tiere
Als menschlich nachdenklich
Sogar in überwunden geglaubte
Rollen der Geschlechter dabei
Nur noch stöhnend statt redend
Verführerisch verfallend aber
Am Ende vollkommen glücklich
Außer wir betrachten es mit Distanz
Was so wenig zu empfehlen ist
Wie die Aufhebung der Dialektik
Weil Natur eben natürlich ist

jens tuengerthal 25.8.20

Glücksdauer

Glücksdauer

Kann Glück Dauer haben
Tritt es eher zufällig ein
Oder kann es erstrebt werden
Wie es die Verfassung der USA
Als Freiheitsrecht garantiert
Ohne die Erfüllung zu definieren
Wird die Empfindung zugelassen
Darf es ganz unterschiedlich sein
Manche streben nach Höhepunkten
Des Glücks oder der Lust als höchstes
Ziel eines geglückten Lebens in den
Momenten der Euphorie für die sie
Immer wieder unter großer Mühe
Geistige oder reale Berge besteigen
Sie erleben ein stetes Wechselspiel
In dem intensivste Glücksmomente mit
Größtem Leiden ständig abwechseln
Epikur und Kant dagegen streben
Nach einem gefestigten Zustand
Der Beständigkeit wie Dauer des
So gelebten Glücks in einer Welt
In dem Glückseligkeit das Leben
Eines vernünftigen Menschen ist
Dem es im ganzen seiner Existenz
Nach Wille und Wunsch geht
Damit in Übereinstimmung mit seiner
Natur lebt die ihn zum Glück führt
So wird das kantsche Glück weniger
Orgiastisch euphorisch sein als der
Jenseitige Glücksglaube des Augustinus
Oder die Empfindungen der Euphoriker
Dafür versprechen sie Kontinuität die
Im sittlichen Maßstab des KI gelebt wird
Wer sein Glück auf eine Liebe nur setzt
Oder auf den großen Lotteriegewinn hofft
Hängt sein Glück an Voraussetzungen
Die nicht von ihm wie seiner Überlegung
Abhängen ist damit glücklich allein nach
Den Gesetzen des Zufalls wie der Dinge
Außerhalb seines Verhaltens ist also
In seinem Glücksstreben stets unfrei
Wie Romeo und Julia musterhaft zeigten
Die nur unglücklich damit enden konnten
Während wer auf sein Verhalten setzt
Dauerhaft glücklich leben kann nicht
Vom zufälligen Gefühl anderer was
Nie Produkt seines Willens sein kann
Insofern es auf das des anderen ankommt
Dessen Beweggründe unberechenbar sind
Auch wenn es Indizien dafür geben kann
Die in der Liebe etwa die Euphoriker oft
Dazu verführt den so erstrebten Zustand 
Durch Kontrolle des anderen zu verstetigen
Weshalb sie Eifersucht für den legitimen
Ausdruck ihrer Liebe halten während
Die Kant und Epikur folgenden Liebenden
Dagegen ihr Glück aus sich suchen um so
Mit dem zufrieden zu sein was ist wie das
Was sie glücklich macht nicht an das aus
Unzählbaren Gründen motivierte Verhalten
Des anderen alleine zu hängen um sich
In ihrer Zufriedenheit nicht abhängig vom
Gefühl eines anderen dauerhaft zu machen
Was nach aller bisherigen Erfahrung auch
Die Chance dauerhaften Glücks erhöht
Auch den Grundsätzen des KI entspricht
So mögen die Euphoriker egal welchen
Geschlechts sie auch sein mögen wohl
Gelegentlich intensivere Erfahrungen
Des Glücks machen was jedoch da
Von unvernünftigen Zufällen abhängig
Keine Dauer verspricht warum auch die
Kantsche Definition der Glückseligkeit
Als einer nach Wunsch und Wille
Gestalteten Existenz in Summa mehr
Vor allem anhaltendes Glück verspricht
Während alle Euphorie Wechselspiel
Ohne Dauer bleibt dessen Bestand nie
Vom eigenen guten Verhalten abhängt
Was alles Tun ethisch wertlos machte
Sondern es an den anderen kettet
Wie den bloßen Zufall seiner Gefühle
Womit Euphoriker unfrei stets sind
Wie unaufgeklärt damit auch unmündig
Was ihnen die Chance raubt jemals
Dauerhaft glücklich zu bleiben auf der
Steten Achterbahn ihres Lebens warum
Die Erfahrung lehrt wo zu leben lohnt
Für jene die dauerhaft glücklich also
Frei selbstbestimmt wie zufrieden ihr
Leben auch geteilt weiterführen wollen
Was auf Dauer und in Summa mehr
Vor allem selbstbestimmt und frei ist
Also Teile des Glücks in sich trägt
Während die scheinbar großartige
Euphorie aller Voraussetzungen
Des dauerhaften Glücks entbehrt
Was mir zeigt wie ich leben möchte
Worauf ich lieber verzichte um so
Langfristig glücklicher zu bleiben
Dem eigenen Glück Dauer zu geben
Ein also verlässlicher Partner zu sein
Gute Nachhaltigkeit lieber zu leben

jens tuengerthal 25.8.20

Montag, 24. August 2020

Lustethos

Welcher Ethik folgt die Lust
Gibt es gute oder schlechte
Dabei je wo wir einem Trieb
Nach der Natur folgen der
Sich nur gegen Widerstand
Nicht von alleine durchsetzt
Zeugt schon die Frage vom
Naturwidrigen Denken dem
Mensch nie entsprochen hat
Davon wie fremd Moral wurde
Die der Natur widerspricht
Was vorab die Frage stellt
Was natürlich für uns ist
Wann bewerten wir es als gut
Kommt es auf die Situation an
Wo bleibt die Willensfreiheit
Die uns entscheiden lässt
Mit der also Entscheidung
Dem Handeln infolge Wert gibt
Ist gut was die Lust befriedigt
Oder sie nachhaltig überwindet
Kann gegen unsere Natur je
Gut sein oder nur mit ihr im
Einklang bewusst triebhaft
Weil vernünftig sein muss
Was Natur im Zusammenspiel
Ihrer Kräfte in uns bewirkt
Genügt auch bei triebhaftem
Handeln der kategorische Imperativ
Als ethische Handlungsmaxime
Steht die egoistische Natur die
Nach Befriedigung strebt nicht
Im Gegensatz zur strengen Ethik
Weiß unsere Natur was gut ist
Wo wir ihrem Antrieb folgen
Oder ist diese einfach ohne
Jede Bewertung überflüssig
Solange die Beteiligten es so
Wollen und genießen können
Ist also erlaubt was gefällt wie
Marquis de Sade es formulierte
Was in unserer Zeit sehr fraglich
Scheint im Schatten von me too
Wie modischer Pädophilie die
Gesellschaftlich gefördert durch
Nacktrasur und Girlie-Look 
Zugleich auch verpönt wird womit
Das Drahtseil der Lust auf dem
Die Beteiligten balancieren deutlich
Wir haben normierte Verbote die
Bestimmte Lust strafbar machen
Ohne Natur eine Antwort zu geben
Als bestimmten Trieb krank zu
Nennen während Grenzen fließen
Weil sich ethische Sicht ändert
Ist heute Homosexualität erlaubt
Pädophilie unwerte Straftat
Wofür aus heutiger Sicht viel spricht
Während es vor 100 Jahren noch
Umgekehrt war ohne dass sich
Die Natur jemals geändert nur
Unser Blick auf sie wurde es
Welcher Ethos sollte dabei nun
Allgemein gültig sein können
Außer der KI im Einverständnis
Der an der Lust beteiligten
Sofern wir ihnen zutrauen
Eine Entscheidung zu fällen
Sie für mündig halten was
Beim Sexualtrieb unterschiedlich
Nach der Natur immer wohl ist
Vielleicht könnte der Blick auf
Die differente Natur uns helfen
Zu erkennen wie wenig Normen
Allgemein taugen ein Verhalten
Im Einzelfall zu bewerten warum
Es wohl besser wäre sich allein
Auf das nicht normierbare Ideal
Des KI auch beim Trieb zu verlassen
Erlaubt ist was beiden gefällt wie
Wo es ihre Lust egal wie befriedigt
Als ethisch gut zu bewerten was
Manche gültige Norm erschütterte
Aber ethisch glaubwürdiger wäre
Haben wir nur endlich den Mut
Unserer Natur zu vertrauen
Könnten wir lustvoll glücklicher
Werden statt seltsam bigott
Nach untauglichen wechselhaften
Normen noch immer zu urteilen

jens tuengerthal 24.8.20

RheinsNeuhardenberg

Tucholskys Rheinsberg ein
Bilderbuch für Verliebte im
Traumhaften Schlosspark
Von Neuhardenberg bei
Schönstem Spätsommerwetter
Nach einer wunderbaren
Landpartie vorgelesen zu
Bekommen leicht beschwingt
Von einem Glas Wein dabei
Nebeneinander genießen
Gemeinsam statt einsam
Ließ den Sonntag strahlen
Auch in der Erinnerung
Dankbar erfüllt genossen
Schon vergessen dabei fast
Wie er sich dreimal verlas
Während sie perfekt spielte
Mit der schwereren Rolle
Verliebtes Naivchen gab
Mit weiblicher Überlegenheit
Die ihn blass aussehen ließ
In ihrem Perfektionismus
Einen Kontrapunkt zur Rolle
Gab die sie lächelnd füllte
Während Wolf der eigentlich
Kurt von 1912 den Spießer
Als Mahner mimte der sich
Durch seine Versprecher
Der Lächerlichkeit preisgab
Von perfekter Claire auch
Im Spiel vorgeführt wie
Umgeworfen wurde leichthin
War das wäre es Absicht gewesen
Die perfekte Umsetzung wohl
Auch angesichts des tatsächlich
Tragischen Ende der echten Claire
Jener Else Weil die Tucholskys
Erste Ehefrau wurde genau
Neun Jahre nachdem sie
Wirklich in Rheinsberg waren
Als sie endlich 1920 für 4 Jahre
Heirateten als Ärztin und Dichter
Die 1911 noch im Kaiserreich
Ein Leben vor sich hatte was
Dann nach Auslieferung durch
Die Regierung in Vichy 1942
Sein Ende in Auschwitz fand
Als ihr Kurt der Wolf hieß
Schon sieben Jahre zuvor
An einer Überdosis starb
Die er im Göteburger Exil
Unklar ob dabei versehentlich
Als verbannter wie verbrannter
Deutscher Schriftsteller schluckte
So liegt über Claire und Wolf
Der romantischen Posse die
Kurt erst erfolgreich machte
Auch der Schatten der Realität
Wie so oft im deutsch-jüdischen
Nach der Unmenschlichkeit die
Nach 1933 Realität wurde
Die allen Beteiligten 1912 noch
Bei Erscheinen der Erzählung
Völlig fern lag die aller vielleicht
Unfreiwilligen Komik mehr gab
Im Wissen um das was kommt
Ohne der wunderbaren Glosse
Auf viele typische Erwartungen
Der guten bürgerlichen Welt
Ihren klugen Humor zu nehmen
Halte ich mich mit Kritik an der
Wunderbaren Lesung im Park
Am Ende völlig zurück denke
Er könnte etwas schlampig
Aber auch genial gewesen sein
Beides passte vollkommen
Weil gute Literatur wie ihre
Inszenierung vieles offenbart
Denke ich dankbar an den Genuss
In Schloss Neuhardenberg zurück
Wo Rheinsberg lächelnd erschien
Als ein Stück preußische Kultur
Die viel Geschichte auch lehrte

jens tuengerthal 23.8.20

Sonntag, 23. August 2020

Pflichtlust

Die Pflicht ist was muss
Lust dagegen ist gewollt
Lange lernte ich noch
Vom Großvater überliefert
Der träumte Leben sei Freude
Erwachte und sah es war Pflicht
Lebte und die Pflicht ward Freude
Ein preußisches Ideal kennen
Das die Pflicht als Überwindung
Der trägen Natur die gegen
Unsere Pflicht der Lust folgte
Erscheinen ließ womit Natur
Niedrig und triebhaft war
Während die Pflicht wie ihre
Erfüllung als Ideal galten was
Die niedrige Natur überwand
Was aber natürlich gegen die
Menschliche Natur war die nur
Mit der Illusion des Gegensatzes
Von Geist und Natur erst ein
Unnatürliches Konzept schuf
Um Spannung zu erzeugen
Die eine Lust eigener Art wurde
Statt die Natur nur zu genießen
Wie es ihr natürlich entspräche
So ist es mir heute Pflicht
Der eigenen Natur zu folgen
Um mit dieser im Einklang
Voller Lust zu leben statt
Auf Spannung zu schauen
Die nur Überwindung als
Befriedigung genießt lasse ich
Als höchste Pflicht der Natur
Ihren Lauf den ich geistig
In Harmonie bringen will
Statt einen Gegensatz aus
Dialektik die Natur nicht kennt
Dagegen stellen zu wollen
Wurde zur höchsten Pflicht mir
Den Geist im Einklang mit der
Eben Natur zu bringen um
Mit dem glücklich zu sein
Was ist was mir genügt
Zufrieden zu bleiben
Und was sonst sollte ich
Wollen im Leben

jens tuengerthal 23.8.20

Samstag, 22. August 2020

Lustprinzip

Von Lust geleitet
Gehen wir gerne
Auch schwere Wege
Ob des hehren Ziels
Der tiefen Befriedigung
Scheint alles uns leicht
Was sexuell wie geistig
Immer Gültigkeit hat trägt
Weiter als Überwindung
Setzt positive Kräfte frei
So wir diese Lust dann
Auch aufgeklärt vernünftig
Begründen können wäre
In uns glücklich vereint
Was Menschen ausmacht
Wer dann noch dabei auch
Nachhaltig rücksichtsvoll
Dem kategorischen Imperativ
Entsprechend handelt kann
Tiefe Befriedigung aus dem
Guten an sich ziehen was
Glück genug wohl wäre

jens tuengerthal 22.8.20

Nachhaltigkosophie

Eine Philosophie des Lebens
Die Nachhaltigkeit zur Lust macht
Die eigenen Ressourcen nutzt
Ohne andere zu beeinträchtigen
Langsamkeit wiederentdeckt
Vollkommen genießen lässt
Geistige Welten sich erobert
Genuss an erster Stelle sieht
Bedürfnisse lustvoll befriedigt
Nachhaltig zufrieden macht
Dem kategorischen Imperativ
Als gelebtem Anspruch genügt
Dies willens voller Freiheit tut
Damit der Aufklärung auch dient
Vereinte alles Menschliche zur
Möglichst größten Zufriedenheit
Danach zu suchen sollte künftig
Vornehmste Aufgabe uns sein
So glücklich wie möglich zu leben
Was es konkret bedeutet werden
Die folgenden Verse nun suchen
Mit Vernunft und Liebe zur Sache

jens tuengerthal 22.8.20

Coronaval

Karneval oder Fasching
Als Fest zur Austreibung
Des dunklen Winters wie
Seiner Geister die später
Ordnungsgemäß christianisiert
Ist eine lasziv laut fröhliche
Massenveranstaltung die
Natürlich nicht stattfindet
In Zeiten der Pandemie
Eine Karnevalssitzung war
Quelle des ersten massiven
Ausbruchs in Deutschland
Weil Narren sich eben stets
Närrisch verhalten also
Weder Abstand noch Vernunft
Zu erwarten sind jemals
Dass darüber überhaupt noch
Diskutiert werden muss ist so
Lächerlich wie überflüssig
Statt verantwortungsbewusst
Voranzupreschen wie geboten
Lavieren uneinsichtige Veranstalter
Weiter um den heißen Brei herum
Als gäbe es eine ernsthafte Wahl
Zwischen Menschenleben und
Dessen Verspottung im Narren
Berlin und die Hansestädte leben
Seit Generationen gut auch ohne
Bis auf zugezogene Narren die
Sich zwar für bedeutend halten
Aber nun als Mitverursacher des
Ersten pandemischen Ausbruchs
Besser bescheiden schwiegen
Kein Karneval unter Corona
Damit wäre wohl alles gesagt

jens tuengerthal 22.8.20

Freitag, 21. August 2020

Sexmaß

Was ist der Maßstab
Für wirklich guten Sex
Gibt es diesen überhaupt
Oder ist es immer anders
Eine frühere Liebste wollte
Immer die Beste von allen
Für mich und vor sich sein
Was ich täglich bestätigte
Wollte ich Ärger vermeiden
Empfand es auch damals
Wie ich es sagte weil ich
Sie über alles liebte was
Aber mit Sexualität nichts
Jemals irgend zu tun hat
Aber was du so fühlst
Ist deine Realität dann
Doch würde ich heute sagen
Keine ist jemals vergleichbar
Wenn du liebst bist du nie
Objektiv in deinem Urteil
Aber die Liebe macht auch
Alles Erlebte zum schönsten
Der einzig taugliche Maßstab
Ist das Gefühl der Beteiligten
Auch wenn Sex auch ohne
Liebe wunderbar sein kann
Es technisch bestimmt ist
Bleibt es ohne eher sportlich
Was mich nicht mehr reizt
Weil die Illusion so schön ist
Das Tollste der Welt gerade
Mit einem Menschen allein
Erleben zu dürfen warum
Nach manchen Versuchen
Multiples mir reizlos erscheint
Andere lieben den Sport dabei
Mehr als emotionale Nähe
Finde es schnell zu konkurrent
Habe also keinerlei Maßstab
Traue nur meinem Gefühl
Genieße gern den Augenblick
Hingebungsvoll ohne Ehrgeiz
Vermeide jeden Vergleich um
Es einmalig schön zu haben
Womit ich am glücklichsten bin
Sollte jemals noch eine fragen
Ob sie auch die Beste ist
Werde ich sagen ich weiß es
Nicht weil ich nicht alle kennen
Aber schnell weglaufen danach
Weil Vergleich unglücklich macht
Jeder Moment einmalig ist der
Genießer in mir viel lieber
Den Augenblick verweilen lässt
Des größeren Wunders der
Liebe am Ende wegen

jens tuengerthal 21.8.20

Altersvorteile

Im Alter verlieren wir
Immer mehr wie uns
Häufig in Klagen über
Verluste wie Leiden daran
Vom Geist bis zur Potenz
Schwindet immer schneller
Was übermütig einst machte
Als Lebens höchstes Ziel
Uns glänzend einst erschien
Wird lächerlich mit Erfahrung
Schienen schöne Frauen mir
Einst nahezu jede Mühe wert
Verbog ich mich oft für Liebste
Sie bei Lust und Laune zu halten
Lasse ich heute gelassen ziehen
Was sich nicht bemüht oder passt
Genieße was bleibt dafür mehr
Weiß was nicht alleine kommt
Ist keinen Gedanken mir wert
Verlor an Kampfkraft wohl wie
An Antrieb um eine zu ringen
Noch für jede mich zu erheben
Gewann dafür an Gelassenheit
Wie Sicherheit im Wissen das
Kein Kampf im Leben lohnte
Was passt sich alleine findet
Wer wirklich will auch bleibt
So kann ich in der Minne wie es
Montaigne für das übrige schrieb
Ruhig sagen alles zu seiner Zeit
Findet sich was passt alleine
Nach seiner Natur muss keiner
Erkämpfen was zu ihm gehört
Für das was das Alter raubt
Schenkt es Gelassenheit
Die in so vielem das Leben
Uns ruhig wertvoller macht
Dachte lange was ich alles
Im Leben erreichen wollte
Genieße nun lieber was ist
Mehr als ein Hemd nimmt
Keiner am Ende noch mit
Nichts braucht es dann mehr
Dafür bis dahin genossen
Haben was Leben schenkte
Macht mich restlos zufrieden
Wo sich Liebe findet dies Glück
Gemeinsam zu genießen ist es
Gut so wo nicht keinen Gedanken
Wert weil alles seine Zeit hat
Planlos für die Zukunft dafür
Von allem Ballast befreit leben
Was ist ohne jede Erwartung
Gibt Leben und Liebe erst die
Freiheit glücklich zu gehen
Wenn es denn soweit ist
Bis dahin ganz da zu sein

jens tuengerthal 21.8.20

Bücherbetrachten

Manchmal betrachte ich nur
Die Bücher um mich herum
Freue mich an ihrer Schönheit
Streichle ihre Rücken ganz zart
Bin dankbar glücklich über die
Schätze mit denen ich lebe
Die ein erfülltes Leben geben
Als Leser wie als Bewohner
Einer kleinen Bibliothek die
Schon durch Anwesenheit
Glücklich zufrieden macht
Denke daran was alles noch
Zu lesen vor mir liegt wohin
Die Lektüre meine Gedanken
Entführen wird in die Welt
Ohne den Ort zu verlassen
Umfasst eine Bibliothek
Die ganze Welt für mich
Betrachte meine Bücher
Dabei voller Dankbarkeit
Was bin ich für ein reicher
Glücklicher Mensch heute
Der wenig mehr noch will
Beim Bücherbetrachten merkt
Wie wenig es nur braucht
Zufrieden zu leben stets
Auf Reisen zwischen Seiten
Ohne irgendwohin zu müssen
Wird Genügsamkeit zur Tugend
Helfen Bücher mir klimagerecht
Glücklich künftig zu leben

jens tuengerthal 20.8.20

Donnerstag, 20. August 2020

Liebesenttäuschung

Sich in der Liebe zu täuschen
Ist grausam enttäuschend
Besser noch ist es vorher
Zu erwachen um sicherer
Enttäuschung vorzubeugen
Mehr als einmal schon hätte
Die Liebe mich fast umgebracht
Klüger geworden bin ich nicht
Habe nie der Liebe abgeschworen
Bereue keinen Moment auch
Wenn das Leiden danach groß
Immer wieder war und sein wird
Wuchs ich damit an Erfahrung
Lernte wunderbare Frauen kennen
Nah und näher als je gehofft
Habe ein reiches Leben geführt
War wen ich liebte es auch wert
Enttäusche mich nur danach um
Nicht länger getäuscht zu sein
Wie weiter offen für die Liebe
Die in vielen Varianten erscheint
Von wilder Leidenschaft bis zu
Ruhiger Beständigkeit die darum
In der Lust nicht weniger
Leidenschaftlich sein muss
Vielleicht kommt einmal eine
Um zu bleiben und dann ist es
Gut so bis es weiter geht
Solange ich lebe und liebe
Was bliebe auch sonst als
Ersatz schönster Erfüllung
Habe ich nichts als die Liebe
Und ein paar Bücher noch
Aber das ist ja auch so eine
Liebe von mir irgendwie

jens tuengerthal 20.8.20

Feigheitsfolter

Feigheit sei die Mutter
Der Grausamkeit betitelt
Michel de Montaigne sein
Essay das von Beispielen
Von der Antike bis zu den
Klassischen Texten wimmelt
Für feige Grausamkeiten
Im Krieg oder Duell die so
Seine vernünftige Sicht wohl
Belegen helfen klug wie frech
Uns vorführen wie lächerlich
Feige ist wer den Gegner tötet
Was er als zu normal sieht
In seinen Zeiten in denen eine
Maria Medici strategisch auch
Gegner scharenweise vergiftete
Die Bartholomäusnacht noch
Ein Gemetzel ohne gleichen
Unter Protestanten brachte
Die in den Hugenottenkriegen
Immer wieder zurückschlugen
Bis Henri die Macht ergriff der
Als Konvertit Toleranz predigte
Waren es grausame Zeiten die
Keine 26 Jahre nach dem Tod
Des großen Essayisten sogar
In den 30jährigen Krieg führten
Der für feige Grausamkeit bekannt
Die aber nichts gegen die später
Feigheit von Nazis in Lagern 
Wie Atombomben auch war der
Amerikaner heute mit Drohnen
Leicht Konkurrenz machen die
Ein feiges Großmaul wählten
Um sich über das Ergebnis
Ohne jedes Niveau zu wundern
Was die Geschichte fortschrieb
Die Montaigne in der Antike begann
Es hat sich nichts geändert nur
Wer feige ist foltert grausam von
Der Inquisition bis Guantanamo
Offenbart Mangel an Größe die
Durch quälende Grausamkeit von
Feiglingen ohne Würde ersetzt
Wer wirklich Mut hat stellt sich
Dem Gegner lieber ideologisch
Denn Fanatiker wurden noch nie
Auf dem Schlachtfeld besiegt
Dafür leicht offen und in Freiheit
Was ihnen so fern liegt somit
Ihre Beschränkung offenbart
Was mutiger ist als von Ferne
Mit überlegener Technik billig
Mittelalterliche Krieger schlicht
Wegzubomben was alleine das
Völlige moralische Versagen
Des Westens bereits offenbart
Der besser seine Werte auch
Ihnen entsprechend verteidigte
Damit nicht länger nur Feigheit
Des großen Bruders die Welt
Regiert der die Regierung sich
Wählt die zu ihm auch passt
Spannender aber als das Land
Tief im Westen mit wenig Kultur
Wäre zu fragen wie sich all dies
Auf die engste Verbindung die
Menschen aus Gefühl finden
Auswirkt was die Liebe lehrt
Wer dort feige wie hinterhältig
Agiert und wer mit offenem
Visier in diesen Kampf zieht
Erzählt viel über Vertrauen
Was jemand wert sein kann
Denn letztlich ist die Liebe
Die schwerste Schlacht die
Wir im Leben zu kämpfen haben
Wer hier Scheingefechte führt
Schwächt sich auf Dauer nur
Wer einmal lügt bleibt dabei
Ehrlichkeit zahlt sich aus mit
Weitem Blick über das offene
Visier das den Ängstlichen in
Schwerer Rüstung den Blick
Für alle Zeiten wohl verstellt
Sie in sich gefangen hält als
Eben feige Opfer ihrer Ängste
Wie gut tut es davon frei zu sein
Niemals grausam sein zu müssen

jens tuengerthal 20.8.20

Mittwoch, 19. August 2020

Bücherwohnen

Lebe zusammen mit Büchern
Habe sie nicht nur überall
Auch stapelweise rumstehen
Lese auch regelmäßig in vielen
Nicht um Gerechtigkeit bemüht
Folge ich dabei dem Gefühl
Wähle nach Laune was gerade
Zu meinen Gedanken passt
Wechsel damit die Welten
Gerne täglich nach Stimmung
Folge keiner Systematik dabei
Sondern plaudere mit denen
Die mich gerade anlachen
Zum Glück sind Bücher selten
Zickig sondern lassen sich meist
Widerspruchslos dort weiter lesen
Wo ich zuletzt stehen geblieben
Bin ein leidenschaftlicher Leser
Aber nach Maßstäben des Marktes
Viel zu langsam und unstet weil ich
Keines schnell erledige sondern
Lieber mit Unterbrechungen frei
Genieße wie es gerade einfällt
Darum eher zufällig mal für
Neuerscheinungen zu begeistern
Die aber auch angelesen gerne
Ein Jahr noch herumliegen weil
Gerade anderes mich fesselt
Tauge wenig als Buchhändler
Als Rezensent eher zufällig
Lasse meine Gedanken lieber
Frei fliegen als Moden zu folgen
Wie sie Messen gern setzen
Nehme Montaigne als Vorbild
Was den Buchhandel eher
Zur Verzweiflung wohl trieb
Genieße dieses Zusammenleben
Mit schönen Büchern was alles
An Unterhaltung meist übertrifft
Was sich im Alltag so findet nur
Manchmal lenken noch Frauen
Vom vollkommenen Glück ab
Denke das nimmt mit dem Alter ab
Und die Bibliothek wird bleiben

jens tuengerthal 19.8.20

Superlatief

Oh du liebe Liebste
Denn liebste Liebste
Wäre doppelt gemoppelt
Im einmaligen Superlativ
Höbe sich wieder auf
Kennst du die Grammatik
Der Liebe auch wirklich
Tief war ich heute in dir
Erfüllt wollüstig dabei
Überschwemmten wir uns
Auf dem Gipfel angekommen
Kommend vor Glück wie
Dabei fließendem Sekret
Was weniger sinnlich klingt
Als es immer wieder war
Tiefer ineinander geht nichts
Am tiefsten aber rührt das Herz
Heute viel mehr als je zuvor
Als du mich plötzlich Liebster
Genannt im also Superlativ
Hab es so auch schriftlich
Nun neugierig wohin es führt
Mit höchster Steigerung in der
Offiziell Nichtbeziehung oh du
Am Ende stets liebe Liebste
So ist die Grammatik der Liebe
Verbeugung und Steigerung
Dabei lustvoll inbegriffen

jens tuengerthal 19.8.20

Schläfer

Schlief lange sehr sehr wenig
Fürchtete etwas zu verpassen
Wie noch mehr all die Träume
Die ungefragt gelegentlich kamen
Verlorene Illusionen vorgaukelten
Schlimmer noch suchen ließen
Was besser vergessen würde
Verzweifelt noch retten wollten
Was für immer verschwunden
Statt sich endlich selbst zu retten
So wurde ich fast unbemerkt
Ein Nichtschläfer der nur mal
Pflichtbewusst stundenweise ruhte
Froh wenn es traumlos endete
Leben wieder weiterging was aber
Immer erschöpfter dabei wurde
Nie ausgeruht immer angespannt
Hielt ich den Zustand für normal
Drama der Hochbegabung halt
War eine wohlklingende Ausrede
Sich Wahnsinn nicht zu gestehen
Leben war eben zu ertragen
Bis es irgendwann sicher endet
Die Gewissheit zumindest blieb
Schlaf bedrohte das Gleichgewicht
Durch Herrschaft der Traumwelten
Die doch längst gestorben waren
Ging es nach meinem Willen
Irgendwann schlief ich wieder
Ungeplant aber völlig erschöpft
Holte sich der Körper nach dann
Über einem Jahr wieder zurück
Was er ganz natürlich brauchte
Es geschah planlos machte erst
Hinterher bewusst was lange fehlte
Was schlaflos mir normal schien
Aber was weiß schon wer sein Herz
Für immer verloren glaubte von Ruhe
Wenn jeder Schlag schmerzvoll ist
Mit dem das Herz lebendig pumpt
Menschen können jahrelang ohne
Richtigen Schlaf sie werden nur
Wahnsinnig dabei wie ich merkte
Als der Wahnsinn wieder endete
Weiß nicht was wirklich normal ist
Wie Wahnsinn davon unterschieden
Merkte nur wie anders Leben wird
Wie der Blick drauf ausgeschlafen
Ein völlig anderer wieder wird
Denke an Friedrich den Großen
Der es auch über Jahre probierte
Bis der Körper wieder gewann
Werde kein Langschläfer mehr
Doch die todesnahe Bettflucht
Fand ein vernünftiges Ende was
Viel von Liebe und Wahnsinn
Erzählen könnte aber genug
Vom Leben was sich rettet sagt
Wenn der Körper die Regie führt
Was eine nette Geschichte wäre
Die zu erzählen zumindest lohnte
Bevor wir weiterschlafen im Leben
Weil wer nicht schläft nicht mehr lebt

jens tuengerthal 19.8.20

Dienstag, 18. August 2020

Selbstverständnis

Las gerade von einem Piloten
Der verzweifelt um seinen Job
Den gut bezahlten noch bangt
Kauft Flugtickets wie Klopapier
Als sei Fliegen noch normal
Klüger wäre es diese endlich
So zu benutzen also künftig
Auf das Fliegen zu scheißen
Es passt nicht mehr in die Zeit
Corona hat die Welt verändert
Es wird noch etwas dauern
Bis es die letzten begreifen
Was selbstverständlich war
Wird es nicht mehr sein
Reisen wird asozialer Luxus
Was es ökologisch lang schon
Auch wenn die Impfung kommt
Wird diese nur begrenzte Zeit
Vor einer Variante schützen
Neue stehen schon bereit
Wir müssen unser Leben
Wie ungesunde Gewohnheiten
Endlich radikal ändern
Luxus wird ein anderer künftig
Wer jetzt richtig investiert wird
Statt auf Mobilität noch immer
Lieber ins Dasein investieren
Es hat eine bessere Zukunft
Ist nachhaltig und einfach
Noch sind es Unkenrufe doch
Bisher kam alles wie erwartet
An dieser Stelle bedichtet
Will keine Kassandra je sein
Lieber den neuen Weg nun
Gemeinsam verantwortlich gehen
Brechen wir auf da zu bleiben
Dieses mehr zu genießen

jens tuengerthal 18.8.20

Montag, 17. August 2020

Leseblüten 001

Heute mal wieder zwischen
Sechs Büchern gewandert
Als literarischer Flaneur
Liebe den Wechsel der Welten
Der den Geist wach hält noch
Statt bloßer Unterhaltung
Oder gar medialer Berieselung
Tauche ich in literarische Welten
Die völlig unterschiedlich oft
Zufällig nebeneinander stehen
Als würde ich zappen aber
Heute wuchsen plötzlich
Ungeahnte Verbindungen
Von Christina von Braun die
In den Blutsbanden so klug
Die Entstehung des modernen
Judentums nach der Aufklärung
Beschrieb ging es in das Berlin
Des Nationalsozialismus der
Die vielfältige jüdische Welt
Zerstörte wie Jens Bisky in
Seiner Biografie einer Stadt
Einfühlsam beschreibt wie
Der Terror immer mehr wurde
Viele wegsahen oder mitmachten
Von Bisky ging es zu Borchardt
Wo der Berliner Jude aus 
Bester bürgerlicher Familie
In Weltpuff Berlin gerade den
Sex mit 3 jungen Damen wie
Das schicke Ambiente nebenbei
Eben gute bürgerliche Welt
Feinsinnig anschaulich beschreibt 
Wie im nächsten roten Band aus
Wagenbachs Reihe schließlich
Der anarchistische Bankier dem
Gesprächspartner erläutert 
Warum er Anarchist wurde was
Schliesslich fast naheliegend
Bei Giacomo Leopardi in dessen
Opuscula Moralia weiter geht
Das im Gespräch zwischen
Prometheus und Momos dem
Dieser die Würde seines Werks
Des Menschen vorführen will
Sich als Lorbeer würdig zu zeigen
Was gründlich misslingt diesmal
Angesichts verbrannter Witwen
Ein ironisches Ende fand in
Einigen Seiten in Henschels
Menetekel aus der Anderen
Bibliothek wieder mal vertraut
So baut sich ein Zusammenhang
Der Welten in der Lektüre auf
Die völlig unterschiedlich war
Doch ähnliche Fragen der Moral
Unterschiedlich beantwortete
So ein geistiges Bild malte
Was viele Seiten beleuchtet
Die Basis bildet von der ich
Als literarischer Flaneur lebe
Die Geschichten und Verse
Langsam wachsen lässt
Saatgut wie die Trommel
Zum Rhythmus der Bewegung
Der Gedanken mir sind die
Erst lesend zu tanzen beginnen
Weil auch eine kleine Bibliothek
Genügt den Geist zu bewegen

jens tuengerthal 17.8.20

Absolutismusmist

Kann die Liebe absolut sein?

Der kluge Einstein lehrte uns für die Physik, dass alles relativ ist und diese Weisheit wurde gern auf das Leben übertragen. Ob etwas fest und unvergänglich ist oder nur eine Form von Energie, hängt auch von der Beschleunigung der Masse ab, kurz gesagt, E=mc².

War immer auf der Suche nach der großen Liebe und dachte schon das eine oder andere mal, ich hätte sie gefunden, die ewige Suche und der stete Wechsel hätte ein Ende, ich wäre angekommen und alles könnte bleiben, wie es ist. Wiederholt versprachen wir uns das auch, wie Verliebte es so gerne tun und ich war trotz der Wiederholung eigentlich immer davon überzeugt, es könne nun für immer so bleiben.

Trotz tiefster emotionaler Überzeugung, die mich sogar mein Leben für die Liebe hätte geben lassen, weil dem Absolutismus eben jede Relativierung fehlt, hielt es nie für immer sondern nur eine relativ lange oder kurze Zeit.

Wäre ich klug, lernte ich daraus, nicht mehr auf die absolute Liebe zu hoffen, weil sie nur enttäuschen kann und dafür die relative mehr zu genießen, wie ich es gerade tue. Dennoch bleibt im Hinterkopf, das aller menschlichen Erfahrung widersprechende Ideal der absoluten Liebe, wie ich es schon gelegentlich empfand und wie ich es gern den Rest meines Lebens leben würde, obwohl ich weiß, eigentlich ist aller Absolutismus Mist, entspricht nicht den vielen Schattierungen des Lebens, in denen nichts immer gut ist und das Absolute sich meist als absolute Katastrophe erweist, die alles erfasst und das Denken lähmt.

Vernünftig wäre, einen guten Kompromiss zu suchen, damit zufrieden zu sein, statt auf ein Ideal zu hoffen, was es nicht gibt, weil nichts absolut ist, sondern immer von vielen Umständen abhängt, die wir nie alle überblicken können. Was funktioniert, ist gut und allem mangelt es an irgendwas, weil nichts vollkommen ist, außer unserer Phantasie, die jene Hoffnung und Erwartung erfand, die ewig weitersuchen lässt aber eigentlich nur unglücklich macht, weil nichts ewig ist und wir nur Glück haben können, wenn das Leben unter Fortdauer der Liebe endet, was aber für den, der übrig bleibt, meist eher ein noch größeres Unglück ist.

Frage mich also, woher resultiert diese Sehnsucht nach dem Paradies der Liebe, die für immer hält und in der alles gut ist?

Mit dem Bild vom Paradies, habe ich eigentlich schon die Antwort angedeutet, fällt mir dabei gerade auf. Es ist das religiöse Ideal vom Paradies, in dem alles vollkommen und glücklich ist, was uns danach streben lässt. Jene Sage, welche die Juden im babylonischen Exil erfanden, um in ihrer erstmals aufgeschriebenen Religion einen Gegenentwurf zum Gilgamesch-Epos zu bringen, der ihre Leute bei der Stange hielt und besser schien, weil es ja als vollkommene Harmonie beschrieben wird.

Während im Gilgamesch Epos Herikat durch Rasur seines Pelzes und Wochen bei einer Hure, die ihn in der Kunst von Liebe und Lust unterrichten soll, welche die Babylonier fein unterschieden, zum Menschen wird, also einen vernünftigen Weg zur Zivilisation durch Bildung und Kultivierung geht, wird der vom allmächtigen jüdischen Gott in eine vollkommene Welt gesetzte Mensch im jüdischen Mythos, der auch die christliche wie die islamische Welt entscheidend prägte, aus dem Paradies vertrieben, weil er vom Baum der Erkenntnis aß, sich also das ethisch nötige Bewusstsein von gut und böse verschaffte.

Wen wundert es da noch, dass wir Kinder dieser vom alten jüdischen Mythos, so schlecht und unsinnig er auch ist, geprägten Kultur noch vom Paradies träumen und es uns jenseits aller Vernunft lieber erhoffen, statt uns bewusst die Welt so schön wie möglich zu machen?

Dies obwohl uns klar sein könnte, es gäbe kein gutes Leben, ohne die Erkenntnis von gut und böse, wir dämmerten nur blöde im Paradies dahin, von der Gnade des gern ungnädigen und strafenden Gottes abhängig. Es kann also in der Welt keine Erfüllung ergeben, entweder wir geben unser Bewusstsein auf, um paradiesisch zu empfinden, was uns dann nicht mal gut erschiene, weil wir ja gut und böse nicht unterscheiden könnten oder wir finden uns damit ab, auf ewig Vertriebene zu sein und auf ein imaginäres Jenseits zu hoffen. Keine wirklich erfüllende Lebensaussicht für meinen Geschmack.

Warum es die monotheistischen Religionen mit ihren absurden Heilsversprechen dennoch geschafft haben, die Welt zu dominieren, habe ich bis heute nicht verstanden, auch wenn ich die politischen Zusammenhänge kenne, verstehe, warum diese Sekte den römischen Herrschern gut in den Kram passte, Mohamed als Sektengründer die Sage auch für sich nutzte und mit dem jenseitigen Heilsversprechen vielen Hoffnung schenkte, beides den lokalen Herrschern gut passte, viele Menschen Sehnsucht nach einer höheren Antwort oder einem Grund für ihr Sein haben, was einfach ist und erfüllt genannt werden kann, wenn wir es schaffen, es zu genießen.

Aber dies warum des Glaubens ist gerade nicht mein Thema, es war nur der kleine Ausflug, der zu erklären versuchte, warum wir dazu neigen, einem ungesunden Ideal der Liebe zu folgen, das nur unglücklich machen und schief gehen kann, weil nichts absolut und paradiesisch ist und wenn es das wäre, auch nach der alten Sage nur unter der Bedingung der Ahnungslosigkeit von gut und böse sein könnte.

Was will ich im Paradies, wenn ich dort gar nicht mehr wüsste, wie gut es mir geht?

Dann könnte ich das vermeintliche Glück nicht genießen, weil es bloß der Normalzustand wäre. Frage ich mich wie Sex im Paradies wäre, der nach der Natur auch immer aus der Spannung der Gegensätze besteht, bliebe auch ein enttäuschendes Ergebnis und so genieße ich lieber das mögliche hier, statt auf anderes jenseitiges zu hoffen oder mir Götter zu erfinden und dabei könnte es mir eigentlich gut gehen, wäre da nicht dieser idiotische Traum von der großen Liebe, die nie endet und für immer bleibt.

Als Staatsform hat der Absolutismus ausgedient und Politiker unserer Zeit, mit einer Neigung in diese Richtung von Trump über Putin bis Kim offenbaren meist über kurz oder lang ihr Scheitern, wie Deutschland es unter Hitler zuletzt erleben durfte. Am effektivsten und flexibelsten reagiert dauerhaft die offene Gesellschaft, die Mehrheiten demokratisch sucht, statt deren Prinzipien mit Tricks aushebeln zu wollen, die nur einen Schein wahren. Erfolgreich ist, wer Kompromisse und Verständigung sucht, sich vernünftig beraten lässt, statt seine Meinung für absolut zu halten, auch wenn sie, wie unter Corona in den USA gerade sichtbar, hunderttausende Menschenleben kostet.

Die Wirtschaft ist zu vernetzt und reagiert zu schnell auf unklare Situationen als das sich Staaten, die am Markt erfolgreich sein wollen, den Absolutismus noch auf Dauer leisten können, auch wenn China gerade einen anderen Eindruck macht, ist dies nur als ein Übergangsphänomen zu bewerten, was die Zeit korrigieren wird und im übrigen aber auch nicht Thema dieses Essays.

Die Sehnsucht nach absoluter Liebe, die völlig glücklich macht, ist dennoch tief in mir, auch wenn mir alle Argumente klar machen, es ist Unsinn und die Erfahrung bestätigt hat, umso absoluter eine Liebe gelebt wurde, desto unglücklicher machte sie im Ergebnis. Nie habe ich so lange gebraucht, das Leben wieder genießen zu können, wie nach der letzten großen Liebe, die alles versprach und vom Paradies der gegenseitigen Liebe schwärmte, die für sie alles und für immer wäre, für die sie ihr Leben geben wollte, was mich jede Relativierung, die alle Vernunft diktierte, aufgeben ließ und im Ergebnis logisch todunglücklich nur machen konnte.

All das weiß ich, habe ich oft genug durchdacht, kritisch abgewogen und verstanden. Weiß, wie gut es mir ohne den tödlichen Absolutismus geht und wie schön das relative Glück ist, was ich nach Möglichkeit genieße. Habe so gesehen alles und könnte zufrieden sein, wäre da nicht diese Sehnsucht, die nie Erfüllung finden kann und welche die von mir in so vielem verachtete Romantik erst so groß schrieb, von der ich mich als Aufklärer mit dem Verstand distanziere, die aber die Herrschaft über mein Gefühl noch nicht ganz aufgegeben hat.

Als Kantianer ist mir klar, wie unaufgeklärt und also unmündig dies absolute Gefühl ist, was nicht glücklich machen kann, sondern nur eine ewig ungestillte Sehnsucht wach hält, die logisch unfrei macht und wie habe ich mich unter dem Diktat der Launen dabei versklavt gehabt, im vermeintlichen Paradies friedlich leben zu können, um schließlich beim Einsatz der Vernunft daran zu scheitern, weil es kein realistisches Paradies geben kann, das vernünftige Kompromisse sucht, um so relativ glücklich wie möglich zu sein, sondern sogenannte große Liebe immer dramatisch und absolutistisch herrschen will, was zu einem freien Geist nie passt.

Kant hat nie geheiratet, hatte wohl ein Verhältnis mit seiner Haushälterin, doch darüber wird dezent geschwiegen, es spielt keine Rolle und er lebte seine Überzeugung in Freiheit konsequent. Denke er war dabei relativ glücklicher in Summa als diejenigen, die auf der steten Achterbahn großer Gefühle unterwegs sind, auf die ich auch für einen guten Kompromiss lieber verzichten würde, vernünftig betrachtet.

Frage mich nun, inwieweit die dennoch Sehnsucht Teil meiner Natur ist oder Resultat der Kultivierung mit der elenden Adam und Eva Geschichte, die inzwischen noch um Varianten von Romeo und Julia bereichert wurde, die aber ähnlich absolutistisch wie tödlich war, wird das Eis relativ dünn auf dem der Verstand noch steht.

Spüre mein Herz schmerzhaft schlagen bei dem Gedanken den Traum von großer Liebe endgültig zu beerdigen, um mit dem möglichen glücklich zu leben, aber höre zugleich den Verstand laut applaudieren und erleichtert seufzen. Ob das nun ganz natürlich ist, ich ein großer Liebender aus meinem Wesen heraus bin und bleiben möchte oder das nur ein Produkt meiner Prägungen und dem sozialen Traum von Familie ist, weiß ich nicht so genau zu sagen.

Vermutlich spielt beides eine Rolle. Betrachte ich mein ideales Bild von der Liebe, die eine gewollte Hingabe aneinander ist, sich gegenseitig gut will, erfordert dies absolute Freiheit und alles, was dem entgegenwirkt, kann nur schaden und sollte nicht weiter ernst genommen werden, ist eine Sklaverei des Aberglaubens, die wir endlich überwinden sollten, ich zumindest, wenn ich frei sein und glücklich leben und lieben will. Dann kann die Liebe zwar absolut sein aber ist, wenn sie es ist, im Ergebnis so ungesund wie jeder Absolutismus und sollte vergessen und überwunden werden, um frei zu sein. Sage es mir, lese es noch dreimal und vielleicht wirkt es irgendwann auf Dauer und der ungesunde Herzschlag der großen Sehnsucht hört auf, weil er nie gut tun kann, egal mit wem.

Nur so ein wenig Vorfreude und kleine Sehnsucht, im vernünftigen Ausmaß scheint mir langfristig tolerabel und ich bin gespannt, ob mein Herz so vernünftig ist, wie ich gerne wäre, um dauerhaft, glücklich zu leben. Der Absolutismus in der Liebe ist eine Krankheit, die zu häufig tödlich endet, als das er harmlos abgetan werden sollte. Es gibt nicht nur die eine, in Berlin gibt es viele wunderbare Frauen und wenn es mit einer zeitweise relativ schön und befriedigend für beide ist, wäre schon das Optimum erreicht und alles übrige fließt eben immer.

jens tuengerthal 17.8.20

Sonntag, 16. August 2020

Sommerlust

Sommer macht Lust
Durch mögliche Leichtigkeit
Sommer raubt Lust
Durch klebriges Schwitzen
Dazwischen lavieren wir
Immer mal unentschieden
Bis der Körper eben tut
Wss seine Sache ist
Nach der erotischen Natur
Die unter der Hitze
Gelegentlich zerfließt
Wie wir ineinander
Wo wir nicht zuvor schon
Im Schweiße unseres Angesichts
Voneinander abglitten
Und so fließt am Ende
Doch wieder alles

jens tuengerthal 16.8.20

Genidentität

Was macht Identität und Verwandtschaft aus?

Während der argentinischen Militärdiktatur wurden tausende Menschen ermordet und verschwanden teilweise spurlos. Ihre Kinder wurden von Angehörigen der neuen Eliten aufgenommen und als adoptierte groß gezogen, fern ihrer eigenen Familie.

Gegen diesen Kinderraub wehrten sich, wie Christina von Braun in ihrem Buch Blutsbande berichtet, die Mütter der Opfer und also die Großmütter der entführten Kinder, die nach dem Ort ihres Widerstands Madres de la Plaza de Mayo genannt wurden.

Sie setzten nach dem Ende der Diktatur in Zusammenarbeit mit Genetikern Zwangstests durch, die Gesetz wurden und mit denen sie die Kinder ihrer ermordeten Kinder in ihre Familie zurückholen wollten.

Ob das legitim und gut für die Kinder war, entschieden Gerichte, womit zumindest ein gewisser Schutz der Kinder gewährleistet wurde. Unklar ist, wie dieser Zwang zur Untersuchung der genetischen Identität für die Kinder war, die längst in einer anderen Familie aufgewachsen und integriert waren.

Hier fragt Christina von Braun vorsichtig, was familiäre Identität ausmacht, ob das Blut, also die natürliche Verwandtschaft entscheidend sein oder Familie nicht vielmehr ein soziales Konstrukt ist, unabhängig von genetischer Verwandtschaft, wie es die Sozialwissenschaften ohnehin eher vertreten.

Würden diese Kinder dann nochmal zu Opfern der längst beendeten Diktatur, wenn sie, um nachträglicher Gerechtigkeit wegen, aus ihrer nahen sozialen Familie gerissen würden und dafür in die ihnen sozial ferne genetischen Familie müssen?

Dies scheint auf der einen Seite natürlich und gerecht, es ist ja die Familie, in die sie hinein geboren wurden. Andererseits haben sie mit der natürlichen Familie keine soziale Beziehung, werden also in eine fremde Welt gestoßen, was traumatische Folgen haben kann.

Was macht ihre Identität aus und wer sind sie wirklich?

Familie ist eben immer auch der soziale Zusammenhang, in dem wir aufwuchsen und der uns damit geprägt hat. Habe immer versucht, meine Partnerinnen in meine Familie zu integrieren. Dabei aber auch Fälle erlebt, wo das einseitig war, weil sie nichts mit ihrer Familie zu tun haben wollten, weil diese ihnen angeblich nicht gut tat. Was ich immer akzeptierte, wenn auch unwillig, was blieb mir auch übrig, fand es aber immer komisch und letztlich fehlte damit eine wichtige Bindung an die eigenen Wurzeln. Es ging in diesen Fällen im Ergebnis nie gut, dahingestellt ob es allein daran lag.

Für mich ist Familie wichtig für das Verständnis meiner Identität, erklärt mir vieles über mich, meine Neigungen wie meine Aversionen. Ohne dieses Wissen und diesen Zusammenhang würde mir etwas fehlen.

Ob dieser allerdings aus der genetischen Nähe resultiert oder aus dem sozialen Kontext der Großfamilie resultiert, in dem ich aufwuchs, wüsste ich nicht zu sagen. In meiner Erinnerung sind es die sozialen Ereignisse und der Kontext, in dem ich aufwuchs.

Es taucht bestimmtes Verhalten in  meiner Familie über Generationen immer wieder auf. Von der Neigung zur Rührung bis zur Cholerik. Ob dies nach Vorbild angenommen oder durch die Gene zumindest mitbedingt ist, wüsste ich nicht zu sagen. Für beides spricht einiges.

Erst, indem ich mich etwa dem Element der Cholerik bewusst stellte, konnte ich es weitergehend überwinden, was für eine Prägung durch Erfahrung spricht. Indem ich nun darüber schreibe, wird der Prozess noch offener und klarer - aber es wird dieses Jekyll und Hyde Element auch wieder wie eine Urkraft spürbar, der ich quasi ausgeliefert war, wenn sie auftrat ohne bewusste Möglichkeit der Steuerung, was sehr für eine Anlage spricht.

Denke, es ist wichtig für Menschen auch ihre natürliche Herkunft zu kennen, um sich ganz zu verstehen. Aber die soziale Prägung wirkt sicher in noch mehr Bereichen. 

Vielleicht können wir uns eine Familie aussuchen, wenn wir, warum auch immer, mit der natürlichen nicht klarkommen. So wie viele von uns auch irgendwann eine eigene Familie mit ausgesuchtem Partner gründen. Dennoch bleibt manches in uns, das die Identität bis zur Symbiose ausmacht, was wir durch Anlagen geerbt haben. Beides macht erst kumulativ unser Sein aus, warum im argentinischen Beispiel auch die zwangsweise Rückführung, so gerecht sie scheint, mehr Probleme verursachen, als lösen könnte.

Es gibt in diesem komplexen Bereich keine einfachen Antworten aber viele offene Fragen, warum wir vermutlich am besten im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände entscheiden, statt auf klare und einfache Lösungen zu hoffen. Weil wir alle und das Leben eben komplex und kompliziert ist, braucht es viel Vorsicht, so gerecht wie nur möglich zu handeln.

jens tuengerthal 16.8.20