Sonntag, 18. April 2021

Leserituale


Leserituale

In sonntäglicher Ruhe heute gelesen
Dabei wie immer zuerst Thomas Mann
In Joseph und seine Brüder ein Kapitel
Danach ein halbes in der Biografie von
Alexander von Humboldt geschmökert
Um mir viel Zeit dabei zu lassen von
Humboldt selbst zu Forster den er auf
Seiner Reise am Niederrhein begleitete
Also zeitlich quasi rückwärts gegangen
Während Humboldt wieder berichtete
Wie wenig er seekrank wurde was ich
Überhaupt nicht verstehe warum es
Leute wie ihn gibt die übers Meer
Die Abkürzung schneller wählen
Trotz drohendem Sturm und andere
Wie seinen Freund Bonpland die lieber
Vier Tage länger durch den Urwald laufen
Und solche wie mich die lieber nur davon
Lesen um davon zu erzählen weil der
Reale Gewinn abenteuerlicher Fahrten
Die ich früher oft genug selbst machte
Dem Vorbild der Familie folgend mir
Inzwischen eher gleich null erscheint
Das größte und schönste Abenteuer
Des Lebens sind mir bleibend Bücher
Sehen wir von der Erotik mal ab die
Real auch netter als gelesen sein kann
Allerdings keinesfalls immer eher selten
Weil das da sein im Dasein typischerweise
Völlig zu lasten des Wohlbefindens noch
Überschätzt wird denn immer wieder
Stellte ich im Gespräch fest dass ich
Von Orten über die ich las mehr wusste
Als diejenigen die schon da waren
Aber aufgrund ihrer ständigen Reisen
Natürlich nicht zum Lesen kommen
Welchen Gewinn es haben soll halt
Irgendwo gewesen zu sein erschließt
Sich mir nicht während ich den der
Lektüre von egal wo sofort spüre was
Bleibt und mich weiter bringt weil ich
Ein Leser also ein geistiges Wesen bin
Dem Lektüre schönste Befriedigung schenkt
Die nie mit den Unbill einer Reise noch
Irgend für mich vergleichbar wären aber
Das mag für die Alexander Humboldts
Dieser Welt anders sein die mir leid tun
Weil sie unterwegs sein müssen um
Anzukommen aber das nur nebenbei
Ein Alexander von Humboldt ist nur
Wenige male im Leben tatsächlich gereist
Aber ich verliere mich schon wieder
Rituell in meiner Predigt gegen das Reisen
Dabei soll jeder tun was glücklich macht
Solange es niemanden schadet also im
Sinne eines allgemeinen Gesetzes gut
Wie zulässig wäre was fraglich scheint
Doch noch weniger Thema ist nur las ich
Heute nur Reisebücher denn auch Joseph
Ist gerade von Palästina nach Ägypten
Unterwegs an der Küste von Gaza mit
Der Karawane die ihn verkaufen will
Nur einen Sprung weg von Jakob aber
Er flieht nicht sondern geht seinen Weg
Wie jener aus dem Salzburger Land der
In Riesebecks Briefen eines Franzosen
Der dessen Reise durchs Reich tarnte
Im Gefängnis seit 25 Jahren sitzt weil
Er gegen die herrschende Kirche nur
Seinem eigenen Glauben folgte ohne
Sich davon abbringen zu lassen weil
Er es so gut und richtig fand was
Riesebeck bewundernd von seinem
Charakter schreiben ließ als eine
Versteckte Kritik an der Macht der
Kirche oder des Aberglauben wie ich
Es lieber nennen würde die den Autor
Im 18. Jahrhundert so empörte wie
Humboldt die Macht der Mönche
In den spanischen Kolonien wie
Glaube überhaupt besser nur eine
Ganz private Angelegenheit wäre
Was Deutschland im 17. Jahrhundert
Dreißig schreckliche Jahre von Krieg
Hätte ersparen können von denen
Im Sinplicissimus den ich danach las
Genug die Rede ist und auch hier
Lässt Grimmelshausen seinen just
Frisch verheirateten Protagonisten
Gen Köln reisen um seinen Schatz
Bei einem Kaufmann abzuholen der
Bedauerlicherweise gerade nach dem
Konkurs seines Unternehmens mal
Untergetaucht ist was zeigt wie wenig
Sich wenn es um Geld geht jemals
Geändert hat in unserer Welt warum
Das sonntägliche Leseritual als Reise
Später noch fortgesetzt wird mit wohl
Mindestens Pückler und Karr weil es
Wunderbar ist in Gedanken zu reisen
Aber da zu bleiben um anzukommen
In einer Welt voller Unruhe mit sich
Wie bei sich glücklich zu sein

jens tuengerthal 18.3.21

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