Was sind die Töne der Natur
Welche sind noch natürlich
Was empfinden wir künstlich
Worauf baut die Unterscheidung
Thoreau berichtet in Walden
Sehr anschaulich von Tönen
Welche ihm fehlen welche nicht
Was er dagegen deutlich hört
Natürlich hört er draußen Vögel
Wenn sie singen oder da sind
Weniger hört er in seiner Hütte
Am Ende nur das Eichhörnchen
Deutlich dagegen die Eisenbahn
Deren Personal ihn schon grüßt
Wie einen alten Bekannten nur
Vom täglich Vorüberfahren vertraut
Vielfältig beschreibt er den Klang
Der vom fauchenden Stahlroß wie
Seiner teils lebendigen Ladung tönt
Wie die Eile alles übrige übertönt
Den Schrei des Hahns vermisst er
Staunt über dessen lautes Organ
Dass gackernde Hühner ermahnt
Viele Menschen zur Arbeit ruft
Nie hätte er diesen wilden Fasan
Der einst aus Indien ausgewildert
Gehört sich von ihm stören lassen
Auch wenn es wohl erstrebenswert
Der Hahn der immer früher kräht
Steht beispielgebend für unser Streben
Schneller eher besser immer zu sein
In und für was auch immer dabei
Die Eisenbahn ist das lärmende Dampfross
Dass laut durch in seine Einsamkeit eindringt
Stampfend fauchend pfeifend mehr Raum
Fordert als es einem Transportmittel zusteht
Sie verunsichert Tiere und betäubt Menschen
Wie es heute noch mehr Flugzeuge überall tun
Als müssten wir überhaupt in die Luft gehen
Für den vermeintlichen Gewinn an Zeit
Thoreau kennt noch keine Raketen oder Flieger
Keine Überschalltunnel oder Teilchenbeschleuniger
War nicht überall auch immer allzeit erreichbar
Gelegentliche Züge waren Eindringling genug
Die Stille hören aber konnte er viel besser
Vielleicht weil er sich weniger bewegte
Den Dingen um sich mehr Raum gab
War darum mehr in und bei sich
Viele eilen heute mit Tempo um die Welt
Damit ihnen Gurus irgendwo Wege zeigen
Mit denen sie wieder zu sich finden wollen
Besser sie blieben alle viel mehr da
Wer sich rasant durch die Welt bewegte
Galt meiner Generation als weltgewandt
Ein Siegertyp der sich überall auskennt
Dabei sind solche meist nur haltlos arm
Manche hören heute Wale in Alaska an
Morgen Gebetsmühlen in Tibet leiern
Dann Dampfer im Ozean laut tröten
Um im Lärm einer Großstadt zu enden
Alle die sich um die Welt bewegen
Verursachen dabei immer mehr Lärm
Der uns weniger hören lässt was ist
Aber was ist schon noch natürlich
Bald werden mehr das Meer wie
Den Urwald nur aus der Dose gehört
Haben fraglich nur was besser ist
Für die Natur und ihre Hörer
Wer auf die Töne der Natur hören will
Muss ganz still stehen um zu merken
Was sich um ihn an Schallwellen bewegt
Aufhorchen auch jenseits des Nichts
Aber wen interessiert das Nichts noch
Wozu auf Nachtigallen nächtelang warten
Wenn sie auf YouTube sofort verfügbar
Womit gewinnt die Natur dabei mehr
Wollte einst O-Töne von brünftigen Hirschen
Kletterte ins Gehege mit Tonbandgerät leider
Hörte und sah ich nur Wildsauen viel zu nah
Floh aus dem Wald und nahm eine Platte auf
So stammten die schönsten O-Töne in meiner
Reportage aus dem Herbstwald Anfang der 90er
Schon aus nichtdigitalen Konserven damit es
Echter wirkte als was ich in der Natur vorfand
Viele Hörer begeisterten die eingespielten Töne
Sie berichteten von eigenen Walderlebnissen
Die Sendung bekam damals ein großes Echo
Auch wenn es eigentlich nur Fake-News war
Die Vermittlung eines Gefühls von Natur
Funktionierte besser ohne echte O-Töne
Der Anschein machte die Hörer glücklicher
Als meine echten Erlebnisse in der Natur
Seitdem galt ich im Sender als Spezialist
Für Naturthemen dabei hatte ich Natur nur
Aus der Konserve gezaubert im Radio das
Als Klang kaum gehört schon verklungen
Echt waren die Aufnahmen der Tiere
Die mir ein großer Naturschützer lieh
Mit dem lokalen Wald hatten sie nichts
Zu tun aber die Klangqualität war gut
Lieber ließen sich die Zuhörer täuschen
Über die Echtheit der Naturklänge um sich
Mit entsprechender Erwartung an ihre Natur
Wie die dort nie gehörten Klänge zu erinnern
Untermischte mein Waldgetrampel ohne
Auffällige Töne mit denen aus der Konserve
Bekam noch mit Tonbändern eine Mischung
Die ziemlich realistisch klang am Ende hin
Die Natur liefert vielfältige Töne immer wieder
Heute schiene mir die Stille wichtiger als sonst
Möglichst realistisches Röhren wie ich sie noch
In einsamen Winternächten im Wald hören durfte
Weiß nicht wie der Wald klingt außer vielleicht
Immer verschieden je nach Jahreszeit auch
Hirsche röhren im Frühling Vögel schweigen
Eher im Winter noch viel mehr
jens tuengerthal 29.08.2018
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen