Dienstag, 14. August 2018

Brückenzauber

Nachrichten aus Genua lesen
Dabei an Fontane denken
Den großen Dichter der Mark
Einer unserer großen Hugenotten

Erschrecken was dort passiert
Wie hundert Meter ins Nichts fallen
Menschen unter sich begraben
Grenzen der Technik zeigen

Sicher war es keine Zauberei
Materialermüdung vermutlich
Einsparungen vielleicht auch
Nachdenklich macht es sicher

Wie schnell stürzen Brücken ein
Was kann Technik noch aushalten
Trägt dann überhaupt wer Verantwortung
Was wenn so etwas einfach passiert

Risiko ist immer im Leben
Es zu merken schockiert dennoch
Wie hilflos sind wir wirklich dabei
Hilft es wenn Risiko berechenbar

Sollten uns Unfälle stets ermahnen
Die Grenzen des Lebens niemals
Zu vergessen bescheiden zu sein
Viele werden nun Götter anrufen

Technik versagt weil menschlich
Darauf können wir uns verlassen
Es braucht keinen Blick gen Himmel
Bescheidenheit vor der Natur genügt

Empfehle den Fontane zu lesen
Er berichtete von ähnlichem Unglück
Als im Dezember 1879 ein Zug mit
Der Brücke 75 Menschen in den Tod riß

Sicher waren es keine Hexen dort
Materialermüdung und Sturm wirkten
Zerstörerisch zusammen wie in Genua
Wie gehen wir mit tödlichen Fehlern um

Die Politik dort schreibt bereits laut
Nach Schuldigen die bestraft würden
Wie es den Populisten halt entspricht
Auch wenn es keine Schuldigen gibt

Passiert halt scheint uns unerträglich
Wenn die Brücke  22 Menschen tötete
Doch am Ende wird es dabei bleiben
Ein tragischer Unfall ganz ohne Magie

jens tuengerthal 14.08.2018

Die Brücke am Tay

When shall we three meet again?
[Macbeth, Shakespeare)

"Wann treffen wir drei wieder zusamm'?"
"Um die siebente Stund', am Brückendamm."
"Am Mittelpfeiler."
"Ich lösch die Flamm'."
"Ich mit."
"Ich komme vom Norden her."
"Und ich vom Süden."
"Und ich vom Meer."

"Hei, das gibt ein Ringelreihn,
und die Brücke muß in den Grund hinein."
"Und der Zug, der in die Brücke tritt
um die siebente Stund'?"
"Ei, der muß mit."
"Muß mit."
"Tand, Tand
ist das Gebild von Menschenhand."

Auf der Norderseite, das Brückenhaus -
alle Fenster sehen nach Süden aus,
und die Brücknersleut', ohne Rast und Ruh
und in Bangen sehen nach Süden zu,
sehen und warten, ob nicht ein Licht
übers Wasser hin "ich komme" spricht,
"ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
ich, der Edinburger Zug."

Und der Brückner jetzt: "Ich seh einen Schein
am andern Ufer. Das muß er sein.
Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum,
unser Johnie kommt und will seinen Baum,
und was noch am Baume von Lichtern ist,
zünd alles an wie zum heiligen Christ,
der will heuer zweimal mit uns sein, -
und in elf Minuten ist er herein."

Und es war der Zug. Am Süderturm
keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,
und Johnie spricht: "Die Brücke noch!
Aber was tut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
die bleiben Sieger in solchem Kampf,
und wie's auch rast und ringt und rennt,
wir kriegen es unter: das Element.

Und unser Stolz ist unsre Brück';
ich lache, denk ich an früher zurück,
an all den Jammer und all die Not
mit dem elend alten Schifferboot;
wie manche liebe Christfestnacht
hab ich im Fährhaus zugebracht
und sah unsrer Fenster lichten Schein
und zählte und konnte nicht drüben sein."

Auf der Norderseite, das Brückenhaus -
alle Fenster sehen nach Süden aus,
und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
und in Bangen sehen nach Süden zu;
denn wütender wurde der Winde Spiel,
und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel,
erglüht es in niederschießender Pracht
überm Wasser unten... Und wieder ist Nacht.

"Wann treffen wir drei wieder zusamm'?"
"Um Mitternacht, am Bergeskamm."
"Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm."
"Ich komme."
"Ich mit."
"Ich nenn euch die Zahl."
"Und ich die Namen."
"Und ich die Qual."
"Hei!
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei."
"Tand, Tand
ist das Gebilde von Menschenhand"

Theodor Fontane

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