Weniger Reisen aber dafür
Alles langsamer ansehen
Um es richtig zu würdigen
Schlägt uns Thoreau vor
Wandern sei viel besser als
Mit der für ihn schon 1850
Viel zu schnellen Eisenbahn
An Orte unnötig zu eilen
Er fiel und fällt aus der Zeit
Damals wie heute noch mehr
Doch irrt er oder bringt uns der
Ruhige Spaziergang viel mehr
Das Tempo beim Laufen ist
Auch nach Thoreau weniger
Wichtig als die Erfahrung sich
Land erst erlaufen zu haben
Der Ort an dem ich am längsten
In meinem Leben wohne ist Berlin
Doch Heimat wurde es mir erst
Als ich mir die Stadt ganz erlief
Sie mit der Ringbahn umfahren
Ist eine Kleinigkeit von kaum einer
Stunde ohne etwas dabei zu sehen
Durch die Stadt radeln zu schnell
Schaue ich mein Berlin an kann ich
Thoreau nur bestätigen dass erst
Mit der Langsamkeit die Entdeckung
Überhaupt möglich sein kann
Was ich durcheile erfahre ich nie
Wer rast ist nirgendwo ganz da
Sondern immer mehr unterwegs
Meint nur schneller da zu sein
Fontane wanderte durch die Mark
Wie auch jenseits des Tweed durch
Schottlands Geschichte und Berge
Er schreibt mit viel Gefühl darüber
Wandere außer durch mein Berlin
Am liebsten durch Bücherwelten
Was den Horizont mehr erweitert
Als diesem hinterher zu laufen
Es hat nicht jeder so viel Zeit
Stundenlang durch die Gegend
Wie andere Städte zu laufen
Um sie so kennenzulernen
Sicher viele Touristen buchen
Europa in einer Woche um sich
Alles wichtige zeigen zu lassen
Ohne etwas wirklich zu sehen
Wer keine Zeit hat zu reisen
Sollte nicht reisen oder sich
Die Zeit dazu nur nehmen
Denn Zeit ist immer genug
Hinfahren anschauen weiter
Ist noch schlimmer als der
Verachtenswerte Cluburlaub
Nur eben noch gehetzt dabei
Wer eilt kann nichts erkennen
Sondern wird nur unterhalten
Konsumiert Gegenden wie die
Chipstüten beim Fernsehen
Wer seine nähere Umgebung
Wirklich zu Fuß erobert kennt
Sie erst wirklich im Gegensatz
Zu vielen die nur mal da waren
Wichtiger als etwas zu kennen
Was nur ein Maßstab übereilter
Konkurrenz von Geltungsgier ist
Ist es bei sich anzukommen
Bin eigentlich täglich unterwegs
Mit ganz wenigen Ausnahmen
Laufe ich bei jedem Wetter immer
Womit ich viel Zeit gewonnen
Nicht was ich sah oder wieviel
Tausend Kilometer ich dabei lief
Ist der Maßstab meines Glücks
Sondern wie wenig es braucht
Veränderungen am gleichen Weg
Betrachten der Pflanzen im Jahr
Wechselnde Witterung in der Stadt
Neue und verschwundene Gebäude
Laufen ist ein Glück auf dem Weg
Nicht rennen sondern lieber flanieren
Sich Zeit nehmen um anzuschauen
Was ist und sich daran zu freuen
In der Frage der Reisezeit
Stimme ich Thoreau voll zu
Bei Telegrafenkabeln sehe ich
Mehr Nutzen im Fernsprecher
Muss nichts mehr erledigen
Nichts unbedingt gesehen haben
Nirgendwo noch gewesen sein
Um hier einfach glücklich zu leben
jens tuengerthal 17.08.2018
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