Dienstag, 5. August 2014

GeRECHTigkeitsdefizit

Die Empörung der Gerechten ist wieder groß, wo sich das Gericht zu München mit dem Milliardär Ecclestone im Verfahren auf Einstellung gegen Zahlung einer Millionensumme einigte und besonders laut empören sich mal wieder diejenigen, die m wenigsten Ahnung haben, wie die meisten Prozesse enden und warum es besser ist, sich zu einigen, als einen zu verurteilen und einzusperren, wie im Fall Hoeneß, was eben nie der Gerechtigkeit dient, sondern nur der Schaffung eines kriminellen Umfeldes und unnötige Kosten verursacht, ein atavistischer Ritus einer in zu vielem noch rückständigen Gesellschaft ist.

Eingesperrt oder weggeschlossen werden sollten nur Personen, von denen eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Alles andere stellt eine Form staatlicher Rachsucht zu hohem Preis mit schlechtem Ergebnis dar. Es wäre völlig unsinnig einen 83jährigen Mann einzusperren, sein Lebenswerek zu gefährden, an dem viele hängen. Dagegen kann es sehr sinnvoll sein, einen kleinen Kriminellen, der nur ein Tausendstel des hier strittigen Betrages betrogen oder ergaunert hatte, durch eine harte Strafe aufzuschrecken und aus seinem Umfeld zu holen. Kriminologisch betrachtet.

Ob wir dem Staat zugestehen so schematisch über Menschen zu urteilen, wäre auch eine weitere Diskussion wert, trägt aber nicht zur Klärung bei, ob im Fall Ecclestone ein gerechter und guter Kompromiss gefunden wurde, oder die Auflage zur Einstellung des Verfahrens wegen Bestechlichkeit eine neue Form der eben dieser darstellt. Bestechlichkeit wäre nur relevant, wenn den Richtern oder anderen Beteiligten des Verfahrens die hohe Summe persönlich zugute käme. Davon kann nicht aussgegangen werden, im Gegenteil wird gerade bei einer so spektakulär hohen Summe die offene Verwendung solcher Gelder im Justizwesen noch besser dokumentiert werden, die Gefahr direkter Bestechlichkeit ist in diesem Fall sehr gering. Es handelt sich bei der Einstellung nach §153a StPO um ein übliches Verfahren, das Armen wie Reichen nach ihren Möglichkeiten offensteht und natürlich ist es wie überall im Leben, wer sehr viel hat, hat es in manchem leichter, und eine einverständliche Lösung vor Gericht, ein Kompromiß also, ist immer besser als eine Verurteilung.

Es wäre bei einem Urteil der Täter als Ganzes zu beurteilen gewesen, wie rückfallgefährdet er ist, welche kriminelle Gefahr künftig von ihm ausgeht und welchen Nutzen es bringt, ihn einzusperren. Danach zeigt sich, dass die Verurteilung zu einer Haftstrafe in den meisten der relavanten Promifälle völlig überflüssig ist und weder zur Gerechtigkeit beiträgt, noch den Schaden behebt. Dummerweise haben oberste deutsche Gerichte festgeschrieben, dass ab einer bestimmten Summe einer Steuerhinterziehung eine Haftstrafe erfolgen muss.

Diese ist in diesen Fällen noch sinnloser als im kleinkriminellen Milieu. Welchen Schaden richtete ein Ecclestone im Gefängnis an, welchen, wenn er nicht sitzt, welchen produktiven Nutzen erstellt er. Dies zeigt, wie im Fall des früheren Bauunternehmers Schneider, es beruhigt zwar den dummen Plebs scheinbar, der von parallel dummen Medien aufgehetzt wurde mit Sprüchen von Gerechtigkeit, um die es nie geht, aber es ändert nichts, wenn wir Menschen einsperren, noch dazu welche, die in ihrem Umfeld verankert sind und außerhalb der Haft viel produktiver den von ihnen etwa der Gesellschaft verursachten Schaden ausgleichen können.

Nach dem Strafrecht der Karolinger etwa wurden viele Taten mit einer Geldstrafe geahndet, auch Tötungsdelikte, was heute nicht vermittelbar wäre, da sogleich der Verdacht aufkäme, wer reich wäre, könnte sich Leben kaufen und diese ganze dümmliche Neiddebatte beschränkter Geister, wie im Fall Ecclestone. Aber dächten wir weiter, überlegten wir uns, dass der allergrößte Teil der Tötungsdelikte im Affekt und im näheren Umfeld geschieht, würde sich der Kiefer der Gerechtigkeitsfanatiker vielleicht schon wieder entspannen. Wer tot ist, ist tot, der hat nichts davon, ob einer eingesperrt ist oder nicht. Wer dadurch einen Schaden hat, soll diesen sehr großzügig beglichen bekommen und das könnte, dächten wir hier weiter und nicht über den Fall Ecclestone und die angebliche Bestechlichkeit der deutschen Justiz nach, zu mehr Gerechtigkeit führen, als dieses teure Wegsperren je tat, es sei denn die Gesellschaft muss vor betimmten Subjekten geschützt werden, aber das ist noch weniger Thema und doch ein wenig.

Vor Ecclestone dem Milliardär der Formel 1 muss niemand geschützt werden. Es wäre ärgerlich für ihn und sein Lebenswerk, würde er eingesperrt, aber es geht keinerlei Gefahr von ihm aus. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass auf freiem Fuß in seiner Arbeit mehr Nutzen von ihm ausgeht als je Gefahr von ihm drohte, er produktiver weiter arbeitet als im Knast zu sitzen.

So gesehen bringt ein Deal, der ihn zu einer höheren Zahlung an den Staat verpflichtet, als es die deutsche Justiz in Verbindung mit einer Haftstrafe je durch ein Urteil sicher hätte erwirken können, dem deutschen Staat viel mehr als ein vermutlich teurerer weiterer Prozess mit ungewissem Ausgang und es besteht damit Einigkeit, der Streit ist beendet - wir nennen so etwas Rechtsfrieden - worin das Wort Frieden steckt, was doch immer besser und gerechter sein muss als ein nur Urteil.

Dennoch suggerieren auch Politiker, dies sei ungerecht, es verstoße gegen die Gleichheit, wenn sich einer mit viel Geld von der Strafe freikaufen könne, was wie nun gezeigt ja falsch ist im einen wie im anderen Sinne und noch dazu einen dummen Popullismus bedient, der behauptet, Gleichmacherei sei das Ziel der Strafjustiz, was es definitiv nicht ist und nicht sein darf. Hier gilt, dass auch der Angeklagte deutlich vor der Macht des Staates zu schützen ist und vielleicht macht es endlich deutlich, Gerechtigkeit trägt zwar das Wort Recht in seiner Mitte aber darum darf es nicht gehen im Strafprozeß, wo eben nur nach bestehendem Strafrecht geurteilt wird und nie nach Gerechtigkeitsempfinden, wie es die Nazis noch in ihren ideologischen Prozessen taten, es gesundes Volksempfinden nannten als Filter ihrer primitiven, kranken Ideologie, die massenkompatibel gemacht worden war. Genau das wollen wir nie wieder und aus gutem Grund, erschreckend nur, wie sich durch Medien und im Netz beim Volk, das scheinbar bei großen Zahlen aufhört kritisch zu denken, wenn es das überhaupt je tat, die Meinung durchgesetzt hat, hier kaufe sich einer frei, dies sei ungerecht, dabei ist es offensichtlich das genaue Gegenteil.

So werden die naiven Hörigen der Egalitätsdogmatiker zu Opfern ihres Mangels an kritischem Denken, denn fragten sie sich, wie sie in einem ähnlichen Falle beurteilt werden wollten, ob es nicht gerade in ihrem Fall nicht viel sinnvoller wäre auf Gefängnis zu verzichten und stattdessen finanziell verpflichtet zu werden.

Jeder Mensch ist des Denkens fähig und jeder der das ist, wird bemerken, dass es besser ist, jeden nach seiner Begabung zu beschäftigen, als ihn einzusperren, was nur Kosten verursacht, destruktiv ist, keinen Mehrwert schafft, sondern ein kriminelles Umfeld - Haft ist Mist und die Anmaßung deutscher Justiz teilweise so über andere urteilen zu dürfen, könnte genug empören - nicht im vorliegenden Fall, wo ein als sehr klug und vernünftig bekannter Richter die Einigung statt des Urteils suchte und nicht etwa weil er zu faul war ein Urteil zu schreiben, sondern weil damit eben allen Seiten besser gedient ist. Wer von Gerechtigkeit redet, sollte wissen, worum es geht. Aufklärung heißt Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit. Heute ist wieder so ein Tag an dem sich große Teile des deutschen Volkes kollektiv unmündig zeigen, statt vernünftig kritisch über die Dinge nachzudenken und erschreckend wird es, wenn politiker und manche Juristen diesem dummen populistischen Reflex noch nachgeben, statt sich über Gewinn und Frieden im Rechtsstaat zu freuen.

Teilweise wurde vorgebracht, es sei ungerecht, weil der zu bestochene Bänker zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, während der Mann dahinter, sich nun frei kaufe. Mit meiner Beurteilung dieser Einigung haben andere Fälle, die ungerecht sein mögen, nichts zu tun. Es ist also irrelevant.  Wir sollten uns jedoch bewusst sein, dass die kriminelle Energie eines Angestellten, der an seinen Profit nur denkt, logisch höher ist, als die eines Unternehmers, der sich auch um sein Unternehmen bemüht.

Es besteht in Deutschland auch und gerade nach der Einigung mit Ecclestone im Strafverfahren kein Gerechtigkeitsdefizit, im Gegenteil, aber wir könnten diese vernünftige Lösung nutzen, um kritisch über ein völlig überflüssiges atavistisches Strafsystem nachzudenken, in dem es noch viel zu viele alte Zöpfe gibt.
jt 5.8.14

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