Ist einer, der sich das Leben nimmt, zu betrauern oder zu beglückwünschen?
Wer nicht mehr ist, leidet an nichts mehr, freut sich aber auch an nichts mehr und hat also nichts davon, ist ja einfach nicht mehr. Rechtlich sind Leichen bewegliche Sachen, auf die aufgrund der Tradition und der Gesundheit besondere Regeln anzuwenden sind. Sondermüll also, um den ein moralisches Gerüst gehängt wird. Sie sind nicht mehr, als Wesen egal, weil keines mehr sondern nur noch eine eher unnütze Sache, die wir nur ordentlich entsorgen müssen, auch wenn uns diese ehrliche Betrachtung schockiert oder ernüchtert, mehr bleibt nicht von uns und alle anderen Annahmen sind nur irgendeine Form des Aberglauben, den manche auch Glauben nennen, um ihn abzugrenzen und seine Existenz aufzuwerten, mehr nicht.
Also ist, wer sich das Leben genommen hat, wohl, bis es gelingt, womöglich frei zu nennen und danach einfach nicht mehr, er ist vermutlich weder zu beglückwünschen, noch zu bedauern. Ob es einen Grund gibt, den Tod zu fürchten, bezweifelte Lukrez, der seinem Leben erfolgreich ein Ende setzte, weitere Gründe sind an sich nicht ersichtlich, denn warum wir uns vor dem, was nicht mehr ist, fürchten sollten, ist nicht ersichtlich.
Mensch zu sein, heißt sterblich sein und nichts ist so sicher wie der Tod, auch wenn über das wann manche spekulieren, andere lieber zur Tat schreiten, statt abzuwarten, wird sich über die, die zur Tat schritten, entsetzt, sie werden krank genannt und ihr ausscheiden aus einer Gesellschaft, die sich zwischen Kriegen zu Tode quält, um mehr zu haben, als sie mitnehmen kann, davon abgesehen, ob das letzte Hemd Taschen hat und einer, der nicht mehr ist, noch etwas brauchte, gilt als eine unverständliche Tat.
Dabei ist der Weg ins nicht mehr sein nicht nur die Aufgabe allen Seins, dass ist er ohnehin und ob etwas anderes sein könnte, obliegt wohl allein der Phantasie an der es mir völlig mangelt, was alles mehr angeht, sondern ist auch die freiste Entscheidung unseres Lebens, die unwiderlegbare Möglichkeit unsere Handlungsfreiheit im endlichen Rahmen gegen alle transzendenten Hypothesen zu beweisen. Somit wird das Ende und die Möglichkeit darüber zu entscheiden zur sichersten Möglichkeit, sich seiner Freiheit gewiss zu sein,
Oben wurde festgestellt, Mensch sein heißt sterblich zu sein, eine negative Definition vom Ende her also. Nun könnte angesichts der Freiheit zum Suizid, die uns gern moralisch beschränkt wird, damit wir gut sozial funktionieren, positiv formuliert werden, menschlich sein heißt, seinem Leben ein Ende setzen zu können, in diesem Sinne frei zu sein, wann es ein Ende hat. Diese Definition ist logisch nicht ausschließlich, da nicht denjenigen, die dieses aus physischen oder psychischen Gründen nicht können, das Menschsein abgesprochen werden soll, aber sie bietet eine Möglichkeit zum Kern dessen, was unser Sein ausmacht jenseits aller Dogmen vorzudringen.
Egal, ob wir den Suizid, den ich bewusst nicht Selbstmord nenne, um das Wort Mord und die mit ihm rechtlich verbundene besondere Verwerflichkeit zu vermeiden, nun betreiben oder nur denken ist die Möglichkeit sich für ein Ende des Seins zu entscheiden, weil uns dieses nichts mehr wert scheint oder eine Fortsetzung weniger erstrebenswert erscheint, um unser Glück zu mehren, als ein selbstgewähltes Ende, Ausdruck unserer Herrschaft über das Leben, Ausdruck unserer Freiheit aus der sich logisch vieles folgern lässt, was das Leben gerade zu etwas besonderem macht.
Daraus lässt sich die logisch folgern, dass wir rein tatsächlich frei sind und diese Freiheit, schon in der Möglichkeit des Gedankens über ein Ende zu entscheiden liegt. Die tatsächlichen Folgen dieser Entscheidung im Alltag belegen, wir können unsere Natur und die Teilnahme an ihr beeinflussen, macht uns endlich menschlich, egal ob wir uns dafür oder dagegen entscheiden und aus welchen Gründen auch immer, treffen wir damit eine sittliche Entscheidung, wobei ohne Belang dabei ist, ob wir all deren Folgen überblicken können.
Als also sittliche Entscheidung treffende Wesen und in der Freiheit diese Entscheidung abzuwägen, könnten nun aus der rein tatsächlichen Wirkung dieser Entscheidung ableiten, dass die Entscheidung über Leben und Tod rein tatsächlich in unserer Hand liegt, wie auch die, wie wir mit den sittlichen Folgen einer solchen Entscheidung weiter umgehen und können damit feststellen, dass eine zentrale Entscheidung über Glück und die Möglichkeit dazu allein in unserer Hand liegt und was mehr könnte noch sein?
Ich bin also frei zu entscheiden, ob ich weiterleben will oder mir etwas anderes wünschen würden ganz unabhängig von der tatsächlichen Umsetzung und den Folgen dieser Entscheidung. Wer sich für das irreversible nicht mehr Sein entscheidet, beendet seine Existenz tatsächlich und drückt damit die Freiheit aus, dies zu tun. Dabei ist egal, ob ich dies nach Ansicht der herrschenden Lehre von einer tiefen Depression befallen tue oder weil mein Hirn aufgrund einer Veranlagung, sein Glück nicht würdigen kann, es ändert nichts an der Freiheit zum absoluten Ende, die sich darin ausdrückt, es zu setzen.
Ist also wer sich umbringt immer frei dies zu tun und sind die Suizide nicht doch Hilfeschreie der Betroffenen, die lieber gerettet werden wollten, gäbe es eine Möglichkeit dazu?
Vermutlich gibt es solche Fälle, sind manche die gerettet wurden, hinterher unendlich dankbar für das, was ihnen geschenkt wurde, was aber nichts damit zu tun hat, dass die Möglichkeit sich zwischen Leben und Tod zu entscheiden gerade ihre Freiheit ausmacht und darum nicht immer und notwendig die Rettung das Ziel sein sollte oder richtigerweise ist.
Es ist im Gegenteil ein großer Moment, wenn ein Mensch diese seine Freiheit entdeckt und von daher erst einmal ein menschlicher Moment zu dem diejenigen zu beglückwünschen sind, denn jenseits aller moralisch bigotten Bewertung, die das Sein. wären sie ehrlich nur auf seine funktionale Existenz reduzieren. ist es die Fähigkeit zu entscheiden mit tatsächlichen Folgen, die uns befreit. Es geht den Predigern des Lebens als Aufgabe, die von der Sünde des Selbstmordes faseln, nicht um das Glück der Beteiligten, sondern allein darum sie im System wunschgemäß funktionieren zu lassen.
Die menschlliche Existenz wird von alleine funktional, weil wir im sozialen Kontext funktionieren wollen und müssen. Wir arbeiten in unseren Berufen, leben in Familien, treffen Freunde und bemühen uns überall um Anerkennung nicht so sehr nach unserem Wesen sondern nach dem, was von uns erwartet wird. Dem setzen wir uns relativ freiwillig aus, schon allein, um nicht völlig zu vereinsamen, wie es die Dichter gern auch in ihren Gedankenwelten tun, warum unter den Dichtern auch immer wieder die Zahl derjenigen, die ihre Freiheit sich gegen das Leben zu entscheiden, nutzten, relativ hoch war. Was auch daran liegen kann, dass die Funktion des Dichters, der für sich eben schreibt eine relativ asoziale ist, gesellschaftlich gesehen und sein Ruhm meist erst mit seinem Ableben besonders wächst. Die funktionale Existenz ist also für die meisten positiv, weil sie sich gebraucht sehen und damit ihr Sein weiter begründen, als bräuchte es einen Grund für etwas, was einfach ist.
So ist einer der häufigsten Gründe für Menschen aus dem Leben zu scheiden der Verlust ihrer Funktion und sozialen Rolle, die sich dann mit Zweifeln am Leben überhaupt verbinden. Interessant wäre also, ob eine Lösung von der Funktion glücklicher machte und mehr Menschen dazu brächte, ihr Leben als solches zu genießen, auch wenn sie die Freiheit erkennen, es zu beenden.
Sicher ist insoweit zumindest, dass wer ohne Funktion oder Aufgabe glücklich ist, durch deren Verlust keinen existentiellen Verlust erleidet. Fraglich daher wäre, ob der Suizid aufgrund funktionaler Verluste ein freier ist und auf einer freien Entscheidung fußt oder gerade nicht.
An der Entscheidung und ihrer Freiheit ändern die Gründe nichts im Grundsatz. Nur macht uns unser Leben mit anderen automatisch unfrei, da dies aber in der Natur der Dinge liegt und sich auch nicht ändert, was wir auch denken und ob wir nun funktionieren oder nicht, kann es für die Frage der Freiheit der Entscheidung dahinstehen.
Wir erkennen in der Tat wie schon im Willen dazu die Möglichkeit zu sittlichem Handeln. Wie wir diese im Ergebnis bewerten, liegt vor allem am sozialen, also funktionalen Kontext in dem wir stehen. Spannend wäre es nun zu fragen, wie solch eine sittliche Bewertung zu betrachten ist und ob sie nicht mehr kontraproduktiver Grund ist als Hindernis, was sie vorgibt zu sein.
In der hiesigen postideologischen Gesellschaft in der auch die Religion nur noch ein eher Schattendasein zu Geburt, Eheschließung und Beerdigung spielt, wird zur moralischen Beurteilung vor allem auf den sozialen Kontext abgestellt. Demjenigen also, der die Freiheit sein Leben zu beenden nutzt, vorgeworfen, er denke nicht an seine darunter leidende Umgebung, was wieder den Zusammenhang zur funktionalen Existenz herstellt. Gleichzeitig zeigt dieses Urteil seine moralische Fragwürdigkeit dadurch, dass es die Fortexistenz nur funktional begründet.
Sie bietet daher logisch keinen Hinderungsgrund sondern im Gegenteil einen Antrieb. Die Würdigung der Fähigkeit dazu, jenseits aller moralischen Bewertung, könnte das Leben als solches würdigen und damit dem Beteiligten die Wertschätzung geben, die seine Würde als freier Mensch verdient.
Es ist gut, diese Entscheidung treffen zu können. Menschlich ist es, sich dies auch immer wieder mal zu fragen, unabhängig vom je Grund. Es zu verurteilen, oder zu beurteilen ist logisch also unmenschlich. Ob es logisch oder nur konventionell ist, den Verlust im Falle eines Gelingens zu betrauern, wäre der Frage noch wert.
Diese Frage kann vermutlich nur jeder für sich beantworten, wenn die Bereitschaft besteht, alle Konventionen zu hinterfragen. Konventionen als Ausdruck unserer Anpassung in die funktionale Existenz, sind immer ein Hindernis der Freiheit.
Vielleicht können diese Gedanken denen, die sind, einen leichteren Umgang mit denen die sich entschieden zu gehen, ermöglichen, sich über ihre Freiheit freuen, die sie hatten und zu akzeptieren, dass dies ein guter Ausdruck unserer Freiheit ist, auch wenn sich alle sonst gerne von konventioneller Trauer dominieren lassen, lohnt es sich auch die Freiheit zu würdigen, die uns zu Menschen macht, bis wir es nicht mehr sind und vielleicht ist das Nichts eine Überlegung wert auch im etwas noch einen Wert zu sehen, sich also in Würdigung der Freiheit, ohne zu urteilen, für die Möglichkeit weiteren Genusses zu entscheiden und mehr fällt mir dazu auch nicht ein.
jt 12.8.14
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