Sonntag, 17. August 2014

Krieg und oder Frieden

Während in der Ukraine noch der Krieg tobt und er im Irak versucht wird, durch die Bewaffnung einer Seite einzudämmen, schlafwandeln die westlichen Politiker mit unterschiedlichen Taktiken durch beide Konflikte, an denen sie sich offiziell nicht beteiligen wollen, jedenfalls nicht kämpfend und doch längst tief verwickelt sind, von NATO Soldaten, die in ukrainischer Uniform dort mitarbeiten, wo es nötig ist, um die Krise voranzutreiben, was angesichts der nach außen verlorenen Worte immer wieder erstaunlich scheint.

Auch der letzte angebliche Angriff auf einen vermeintlichen russischen Militärtransport spricht diese Sprache, wie auch die sofortige Reaktion der dortigen Alliierten, bei der erst auf mehrfache Nachfrage hin deutlich wurde, dass es keinerlei Beweise für die behauptete russische Kolonne gibt oder eine Beteiligung Moskaus an dem Angriff. Es wird den vielfach zweifelhaften Aussagen der neuen Partner aus Kiew so Glauben geschenkt in eine Richtung, die der behaupteten russischen Provokation entspricht.

Moskaus Worten dagegen, die klar das Gegenteil aussagen wird lieber entschieden widersrprochen auf dünner Tatsachengrundlage. Es ist nach dem Vokanular und der Bereitwillogkeit zufolge, mit der auch offensichtlichen Lügen Glauben geschenkt wird, längst Krieg und die Propaganda ist an die Stelle der Aufklärung getreten, die offenen demokratischen Gesellschaften im Frieden entspricht. Es werden die früher freien Medien genutzt diese Propaganda zu verbreiten und sie spielen ihre Rolle passend informiert gut. Entsprechend polarisiert sich die Bevölkerung in Gläubige der einen oder anderen Propaganda, die sich in sozialen Netzwerken wüst als bezahlte Jünger beschimpfen und wenige die zu Besonnenheit mahnen, während der Krieg immer näher rückt, unsere Panzer, vorgeblich zu Übungszwecken gen Osten rollen.

Noch herrscht offiziell Frieden und viele übersehen lieber die Gefahr, in der wir uns durch unsere Beteiligung an vielen Fronten längst befinden. Es ist darum an der Zeit, sich zu fragen, was eine nüchterne und klug strategische Lösung in dieser Situation wäre, die der Situaation gerecht wird, jenseits der Propaganda entschärft, statt immer weiter zu eskalieren.

Was wissen wir wirklich von allem was bisher geschah und welche Sprache wählen wir auf dieser Grundlage für unsere Sanktionen, was ging dem an Ereignissen voraus?

Beginnen wir mit der vermeintlich bürgerlichen Revolution auf dem Maidan, die uns als reine Bewegung des Volkes gegen einen Diktator dargestellt wurde und viele Menschen auch in Europa begeisterte. Es kam wieder die Euphorie der freiheitlichen Bewegungen von 1990 auf und dafür übersahen wir lange gerne welche Rolle sehr nationale Kräfte dort spielten, wie stark die sich selbst Faschisten nennenden Kräfte waren, die auf dem besetzten Platz den Ordnungsdienst bildeten. Auf dem Platz herrschte dennoch lange eine sehr friedliche und demokratisch revolutionäre Stimmung vor, die nach Europa drängte und von führenden intellektuellen Geistern in Europa unterstützt wurde, die immer als links galten und es schien lange einen guten Verlauf zu nehmen.

Dann kamen die Scharfschützen des Geheimdienstes, die angeblich in die immer wütendere Menge schossen und die Situation eskalieren ließen. Inzwischen wissen wir, dass es diese Scharfschützen nicht gab oder nicht so, wie behauptet, dass aber die revolutionären Kräfte vorab von der polnischen Armee ausgebildet und von diesen wie vom CIA bewaffnet wurde, dass auch das CIA selbst, das über zahlreiche Scharfschützen verfügt auf dem Maidan aktiv waren. Wir wissen nicht sicher wer wann zuerst geschossen hat, wie es zu der Eskalation kam. Spare mir hier alle Vermutungen, da jede Theorie welcher Verschwörung auch immer nur zur weiteren Eskalation beiträgt. Seltsam ist nur, dass die Revolutionäre kaum waren sie an der Macht, die Untersuchung der Todesfälle, die sie zuvor wütend die Bestrafung der angeblichen Täter, die teilweise der Volkswut schon ausgeliefert wurden, gefordert hatten, still einstellten, es bestand kein Interesse an einer weiteren Aufklärung. Unklar ist, warum dies so war, wie gegen alle Proteste dies Thema nicht weiter diskutiert wurde sondern dazu weitgehend Stillschweigen herrscht.

Die rechten Kräfte auf dem Maidan hatten sich zuvor schon in deutlicher Weise gegen die Russen und andere Minderheiten im Land geäußert. Dies geschah in einer Form, die in Europa von keiner Regierung toleriert wurde. Es gab bereits da unter den Russen eine große Angst, dass diese Kräfte in einer möglichen Regierung zuviel Kraft erhalten könnten. Diese Rechten standen vorher in enger Verbindung zur deutschen NPD und anderen kaum demokratisch zu nennenden Kräften in Europa. Dennoch wurden sie in die neue Regierung über ihrem Anteil an den Demonstranten eingebunden, die tatsächlich zum größten Teil friedlich orienntiert war. Die Ordnungskräfte des Maidan blieben neue Ordnungsmacht in der revolutionären Ukraine, übernahmen das Innenministerium und Teile des Geheimdienstes und besetzten Schlüsselpositionen mit Kräften aus ihren Reihen. Damit war eine undemokraitsche Kraft von Beginn an für die innere Ordnung der postrevolutionären Ukraine verantwortlich. Dies hat nicht unbedingt dazu beigetragen das Sicherheitsgefühl der russischstämmigen Bevölkerung zu erhöhen.

Mit dem Umsturz einher ging auch die Befreiung der unter zumindest strittigen Umständen aus vermutlich auch politischen Gründen inhaftierten Julia Timoschenko, der Heldin der vorherigen orangenen Revolution, die aber bereits da sehr erfolgreiche Unternehmerin und Milliardärin war, die sich am Umbau der Volkswirtschaft bereichert hatte. Es herrschten damals in der Ukraine nach Aussagen neutraler Beobachter sehr wilde Zustände und die Strukturen waren von organisierter Kriminalität durchwachsen. Jeder der damals aufstieg, überlebte und reich wurde, hat sich irgendwie an diesen Strukturen beteiligt, die nie europäischen Standards einer rechtsstaatlichen Wirtschaft entsprachen. Sofort nach ihrer Feilassung wurde sie wieder zu einer Führungsfiguren und plante ihre Rückkehr in die Politik mit der Kandidatur für das Präsidentenamt. Sie nutzte dazu den alten Stab ihrer Partei und wurde bei der Arbeit von einem vermutlich Geheimdienst abgehört, wie sie äußerte, sie beabsichtige Putin zu erschießen und die russische Bevölkerung der Ukraine nuklear zu beseitigen. Sie entschuldigte sich später für diese Aussage nur halb, versuchte sie aber teilweise zu relativieren. Dahingestellt wie glaubwürdig dies war.

Vorausgegangen war diesem Telefonat die russische Annektion der Krim mit angeblich dortigen nationalen Kräften, der über 90% russischstämmigen Bevölkerung dort. Es hat zu dieser Annektion seitens Russland für die der dortige Hafen aus strategischen Gründen unentbehrlich war. Es ist der einzig immer eisfreie russische Marinehafen, hat eine große Bedeutung für die militärische Kontrolle des Schwarzen Meeres. Unter Völkerrechtlern ist strittig wie rechtswidrig die anschließende Abstimmung und die inzwischen eingestandene Beteiligung der russischen Armee an der Besetzung war. Verschiedene Versuche einer friedlichen Einigung waren zuvor gescheitert. Jeder, der die militärisch strategische Bedeutung dieses Hafens kannte, wusste, die russische Armee würde ihn nie aufgeben, es konnte nur um einen Kompromiss gehen, den die revolutionäre mit von den USA unterstützten ultimativen Forderungen aus dem Weg ging. Die ultimativen Forderungen boten keine Lösungsmöglichkeit, wie immer wir die Annektion völkerrechtlich beurteilen - sie ist zumindest strittig, auch wenn Russland zu Teilen illegal gehandelt haben könnte, wofür viel spricht.

Hier muss die militärstrategische Situation von der politischen und der völkerrechtlichen getrennt werden. Davon ausgehend, dass Russland nicht bereit war seinen dortigen Hafen zu riskieren, sowenig wie die USA ihren Stüzpunkz Guantanamo auf Kuba je aufgäben, kann eine politische Lösung nur versuchen, diese nicht verhandelbaren Positionen in eine mögliche Lösung einzubeziehen. Dies wurde nicht versucht. Ob es langfristig eine völkerrechtlich taugliche Beurteilung dieses Prozesses geben wird, hängt vom weiteren Verhalten aller Beteiligten ab. Einen Krieg ist die Krim aus weltpolitischer Sicht nicht wert, dazu wäre es wohl auch nicht gekommen.

Die Situation eskalierte danach weiter als russisch nationale Kräfte begannen in den von ihnen mehrheitlich besiedelten Gebieten die Verwaltungen zu besetzen und eine militärische Auseinandersetzung zu  provozieren. Daran war Russland wohl beteiligt, Aber obwohl die Ukraine und ihr Osten eines der am besten von Satelliten kontrollierten Gebiete ist, gibt es dazu zwar viele Gerüchte und Behauptungen aber nahezu keine Beweise, anders als bei der nun noch umkämpften Besetzung des Donezk, wo es klare Nachweise gibt, dass Teile der Kommandeure vorher in russischen Diensten standen, Russen sind, oder sogar für den russischen Geheimdienst arbeiteten, ist die Situation unklar. Wie ein russischer Präsident rechtfertigen könnte, dass die eigene Bevölkerung oder sich seinem Land zugehörig fühlende Teile der Bevölkerung der Ukraine nicht vor den nun Geheimdienste und Ämter teilweise besetzenden Kräften des rechten Sektors bedroht würde und er sie nicht schützte, bleibt unklar, jenseits der Frage, dass der Einsatz der Kräfte des russischen Geheimdienstes in der Ukraine zum Schutz der eigenen Bevölkerung zumindest fragwüdig ist.

Politisch könnte eine Aufrechnung der jeweiligen geheimdienstlichen Tätigkeiten gelöst werden, insofern es beide Seiten dort stellvertretend ihre Geheimdienste oder private Truppen von diesen instruiert kämpfen ließen. Völkerrechtlich ist diese Frage wohl nicht lösbar, da beide Seiten sich weigern werden exakte Auskunft über die Tätigkeit der je Agenten und paramilitärischen Organisationen zu geben. Welche Seite hier mehr und stärker Einfluss nahm, ist unklar und nicht irgendwie objektiv zu beurteilen, es ist eben geheim und wird es bleiben, solange wir in Demokratien Geheimdienste haben und als legitim dulden, auch wenn diese den Grundprinzipien der Demokraie widersprechen. Im Gegenteil eher ein typisches Zeichen für die immer deutlichere postdemokratische Struktur unserer Staaten trägt, die sich in der immer größeren Macht dieser Dienste verdichtet. Aber bevor wir nun dieser These weiter folgen, die sehr weit führte, kehren wir zur Krieg oder Frieden Frage zurück.

Wer einen Weltkrieg verhindern will oder eine globale Eskalation der vielen lokalen Probleme, die momentan aus dem Ruder laufen, muss nach einer für alle Seiten verträglichen Lösung suchen, die nur ausgehandelt werden kann, da viele kollidierende Interessen hier zusammenstoßen.

Die Situation eskaliert ja nicht nur in der Ukraine sondern parallel im zerfallenden Irak, in dem wir eine humanitäre Katastrophe nun durch die militärische Aufrüstung einer Partei verhindern wolle. Wir rüsten die Kurden hoch, die damit indirekt als lokale Macht etabliert und in ihrem Streben nach einem unabhängigen Staat unterstützt werden. Sollten die Kurden dank unserer militärischen Unterstützung gewinnen, die vorher ihren Gegner in noch Syrien galt, als der Westen meinte, den Sturz Assads fördern zu müssen, haben sie damit ihre noch nicht Staatlichkeit mit hohen eigenen Opfern vermutlich verteidigt.. Die Sprache ist hier ganz klar, unterscheidet gut und böse, Terroristen und quasi staatliches Militär ohne Staat. Völkerrechtlich stehen sich eigentlich zwei Gruppen gegenüber, die beide keine staatliche Legitimation zum Kampf haben.

Der Sonderstatus der Kurden nach dem Irakkrieg ist auch aus Sicht der drei betroffenen Nationalstaaten problematisch. Sollten die Kurden erfolgreich sein, was uns einen Einsatz von Bodentruppen im wilden Kurdistan erstmal ersparte, was noch keinesfalls sicher ist, wird es schwer sein, danach ihrer Forderung nach eigener Staatlichkeit entgegen zu treten. Wie darauf die Kurden im Iran und der Türkei reagieren, ist vermutlich klar und sollte es analog zur Krim dann dort Voksabstimmungen geben, ist von einer Autonomie auszugehen. Wer die dann militärisch von Europa und den USA aufgerüsteten Kurden daran hindern soll, dies zu tun, wie die erstarkten Truppen wieder entwaffnet werden könnten ist völlig unklar.

Wir als Staaten Europas leisten dort momentan nur Nothilfe, um die bedrohte Bevölkerung auch zu schützen. Eine langfristige Lösung gibt es nicht. Wie die Staaten mit einer Volksabstimmung mit absehbaren Ergebnis umgehen, ist völlig unklar. Es gibt keinen Plan B, wie darauf reagiert werden soll. Sollten sich irakische, iranische und türkische Kurden zu einem Staat vereinen wollen, ist damit die territoriale Integrität des NATO Partners Türkei gefährdet. Wir stünden dann in der vertraglichen Beistandspflicht dessen bedrohtes Land zu verteidigen. Dabei kämpften von uns aus- und hochgerüstete kurdische Peshmerga plötzlich gegen die NATO, unsere Waffen gegen uns selbst. Der momentane Kriegsgeger der Kurden die sogenannte Terrororganisation ISIS kämpft weiter mit den gleichen Waffen, die sie teils über ihre Untertützer und Glaubensbrüder aus Saudi Arabien erhielten  und teils direkt unter Vermittlung des amerikanischen Geheimdienstes nach Syrien noch geliefert bekamen.

Dabei meinen wir noch immer, an diesem Krieg unbeteiligte zu sein und rechtfertigen oder verharmlosen gerade einen Kriegseinsatz im Irak selbst mit der realen humanitären Bedrohung durch ISIS. Sollten die Kurden langfristig nicht erfolgreich sein, wovon angesichts der enormen Ressourcen von ISIS auszugehen ist, die sich zudem aus großenteil fanatischen Gläubigen rekrutieren, wird eine noch schlimmere humanitäre Katastrophe nur durch den Einsatz von Bodentruppen zu verhindern sein.

Die lokale Strategie kann nur erfolgreich sein, sofern es der Regierung in Bagdad gleichzeitig gelingt ihr Land wieder zu befrieden, zu einen und ISIS erfolgreich zurückzudrängen, Ob ihnen das gelingt, hängt von der nun politischen Integration aller gesellschaftlichen Kräfte ab. Inwieweit die schiitische Regierung nun die vorher verdrängten und benachteiligten Sunniten wieder für den Staat gewinnen kann, ist weitgehend unklar. Eine klare Strategie für eine Lösung ist nicht ersichtlich.

Lokale militärische Schläge, sei es zu humanitären Zwecken, können nur erfolgreich sein, sofern es eine klare Strategie für eine Lösung gibt, die auf das Eingreifen folgt, andernfalls heizt jeder militärische Eingriff den Konflikt nur weiter an. Dies gilt für jeden militärischen Eingriff und in Europa, können wir beim Blick in die Geschichte sehen, wo nur durch die klare militärische Präsenz und Verantwortung Konflikte in Verbindung mit großen Konferenzen, die auf eine ausgewogene Friedensordnung gerichtet waren, über Jahrzehnte wieder eine Ordnung etabliert werden kann. Hier ständen, wie nach 2. Weltkrieg in Europa, die USA, deren unnötiges Opfer der Irak wurde, in der Pflicht. Eine bis zu vierzigjährige Präsenz und Ordnungspflicht wie in Deutschland bis zur Wiederverereinigung und über die NATO bis heute, ist noch sehr hoffnungsvoll geschätzt.

Zu einer solchen nachhaltigen politischen Strategie, die Lösungen böte, fehlt noch der politische  Wille. Es ist auch nicht ersichtlich, wie sich das ändern sollte ohne den Druck eines Krieges. Im Gegenteil versuchen die USA gerade immer mehr ihres Militärs nach hause zu holen. Sie wollen es nur partiell und punktuell einsetzen. Am liebsten nur mit Drohnen, um die Islamistischen Kämpfer ohne ausdrückliche Kriegsbeteiligung abzuschlachten. Es gilt aber weiter, ohne Friedensordnung oder einen strategischen Plan verbietet sich jedes militärische Eingreifen, weil es die militärischen  Konflikte nur weiter eskalieren lässt.

An einer solchen Strategie oder Ordnung fehlt es in der Ukraine, im Irak und auch in Israel, wo Terroristen Verhandlungspartner werden sollen, weil die Mehrheit der lokalen Bevölkerung hinter ihnen steht - ein Ziel haben nur die Jungens von der ISIS und noch dazu eines, das lengendenumwobene Kalifat, für das sie im himmlischen Auftrag bereitwillig in den Tod gehen. Dem hat der Westen als Motivation nichts entgegenzusetzen. Die Aussichten in diesem Kampf, der von der Hamas, wie von Boko Haram im Westen Afrikas und teilweise bis nach Ägypten mit unvorstellbarer Grausamkeit geführt wird und den ISIS noch erfolgreich im irak führt, sind mehr als gut und sofern wir mit einer nachhaltigen Strategie der Verantwortung dort hin gehen würden, wie es wohl nötig wäre dem zerrissenen Irak eine Perspektive zu geben, wird dies die Radikalen und ihre Anhänger stärken und noch fanatischer machen.

Es wird überall auf die Symptome eingeschlagen, weil keiner Verantwortung übernehmen will oder den Mut hat, zu sagen, eine selbständige Lösung ist derzeit nicht denkbar. Es wird dies teilweise nicht mal sich selbst eingestanden sondern die Diplomaten handeln in der Überzeugnug, das bestmögliche zu versuchen, indem sie nur kleinzellig die kriegerische Auseinandersetzung unterstützen, sich möglichst raushalten, wo es kein raushalten mehr geben dürfte und einmischen, wo sie nur den Zustand verschlimmern, da sie Position beziehen in kriegerischer Manier, statt zu verhandeln.

Dies ist eine Folge des politischen Spiels der Mächte, das außer Kontrolle geraten scheint. Vergleichen wir die Situation mit der Zeit um 1914 für die Christopher Clark so treffend die These der Schlafwandler aufstellte, damit das Deutsche Reich von der alleinigen Kriegsschuld zum einen entlastete aber vor allem einen Zustand partieller Blindheit aus ideologischer Verblendung beschrieb. Eine Situation in der alle Mächte, ohne es eigentlich zu wollen, durch Sturheit immer weiter in eine Krise rutschten, die logisch in einen Krieg nur münden konnte, der konsequent ein Weltkrieg wurde mit den erschreckenden Folgen und dem danach Umsturz der gesamten Ordnung, dahingestellt, ob dies nur ein Gewinn ist oder auch der Verlust einer Welt war, wie ihn Thomas Mann so fein im Zauberberg andeutete oder Joseph Roth in seinen KuK Romanen zärtlich traurig beschrieb.

Wir könnten an einem ähnlichen Wendepunkt stehen und die zunehmende Zahl der drohenden Krisenherde für die es keine konstruktive Lösung mehr gibt, trägt ein übriges dazu bei, dass die weltweite Situation vor einem Umbruch steht. Clarks These zum 1. Weltkrieg, dass die Schuld an der Katastrophe nicht allein einer vielleicht überzogenen Reaktion des Bündnisses von Deutschland und Österreich zuzuschreiben ist, sondern alle gemeinsam durch eben schlafwandlerisches Wegschauen in eine Situation steuern, die nur noch zum Krieg führen kann, ist erschreckend passend gerade. Es ist eine andere Zeit, es sind teilweise andere Akteure und Amerika, also die USA, kommen diesmal nicht später dazu sondern sind die treibende Kraft, ohne den Antrieb vorab zu bewerten. Gleich aber ist, alle Seiten handeln ohne eine langfristige Strategie. Reagieren auf Situationen, die im Moment dramatisch erscheinen, wie das Attentat von Sarajewo oder den wohl Abschuss von MH17 durch wen auch immer, völlig überzogen mit Vorwürfen gegen die andere Seite, die keine sachliche Grundlage haben.

Womit wir wieder bei obigem Ablauf der Ereignisse in der Ukraine sind und ihre unterschiedliche militärstrategische und politische Interpretation betrachten können. MH17 war der Kulturschock der Europäer, der sie bemerken ließ, wir haben einen echten Krieg nebenan und wir sind ganz schnell Teil dieses Konfliktes, sterben selber, auch wenn wir uns für völlig unschuldig und unbeteiligt halten.

Hier ein kurzer Einschub zur Schuld am Sterben - niemand, der sich nicht selbst tötet, stirbt schuldig und auch dann ist der Begriff der Schuld völlig fehl am Platz, weil die Schuld in einem dialektischen Verhältnis zur Willensfreiheit steht - ohne Wille keine Veraantwortung und also keine Schuld - es ist also eine müßige Benennung, die nur für solche Schurken wichtig ist, die sich etwa auch anmaßen, die Tötung anderer für legitim zu halten. Warum Europa zu solchen Staaten diplomatische Beziehungen aufrecht erhält, mit ihnen sogar verbündet gegen andere, die genau das ablehnen, könnte auch einen interessanten Blickwinkel auf die ganze Affäre und ihre Folgen werfen. Nach dem Rechtsverständnis der EMRK ist jeder Staat, der die Todesstrafe anwendet ein Schurkenstaat, warum auch von Russland bei der Annäherung an Europa ausdrücklich die Aussetzung der Todessstrafe verlangt wurde, was diese auch bereitwillig taten. Anders als die USA - aber da dies nicht weiter führt an dieser Stelle und zu sehr nach einer einseitigen Wertung klingen könnte, sei dieser kleine Einschub zum Sterben, seiner Freiwilligkeit, der nie dafür genügenden Schuld und der Unmenschlichkeit von Systemen, die bewusst andere richten, hier beendet.

Die also beim Absturz der koreanischen Passagiermaschine getöteten Menschen sind wohl Opfer eines lokalen militärischen Konfliktes geworden, jedenfalls sofern sie durch einen Fehlschuss der Rebellen vom Himmel geholt wurden. Dagegen spricht, dass sie keine Motivation dazu hatten, auch wenn die das Flugzeug umkreisenden oder sich jedenfalls in der Nähe aufhaltenden ukrainischen Jäger, ein legitimes Ziel gewesen wäre und somit die Rebellen im Falle des Nachweises ihrer Täterschaft auf die ukrainische Ablenkung hätten berufen können, die sicher nicht zufällig war.

Warum sollten Jäger ein ziviles Flugzeug begleiten, dass sich auf Anweisung des Towers unter der durchschnittlichen Flughöhe befand und wie lautete die Anweisung genau?

Es gibt dazu Aufzeichnungen aus dem Flugzeug und von der ukrainischen Luftraumüberwachung, den Fluglotsen - beides ist aus der Öffentlichkeit verschwunden. Die Ergebnisse werden nur spekluativ diskutiert nicht sachlich und ohne Tatsachengrundlage.

Es gibt eine These, die besagt, dies Flugzeug hätte eine hohe Ähnlichkeit in den Farben mit dem des russischen Präsidenten gehabt, das gleichzeitig in der Nähe weilte. Diesen abzuschießen, der als ihr Patron gilt, hätten die Rebellen wohl kein Interesse. Umgekehrt die ukrainische Armee schon. Inwieweit in dieser Situation auftragsgemäß gehandelt wurde, ist unklar. Es gibt von ukrainischer Seite keinen Beitrag zur Aufklärung der Ereignisse. Im Gegenteil, es wurde vertuscht, soweit es möglich war und mit später wieder verschwundenen Tonbändern, deren Fälschung inzwischen niemand mehr bezweifelt, versucht die Täterschaft den Rebellen in die Schuhe zu schieben.

Die Rebellen zeigten sich nach Ermahnung auch durch Russland kooperativ und um eine Aufklärung bemüht, bestanden aber darauf, dass die Blackboxes aus dem Flugzeug einer internationalen Kommission zur Auswertung übergeben würde. Von den Ergebnissen dieser Arbeit hat die Öffentlichkeit bisher so wenig erfahren wie von den vom ukrainischen Geheimdienst, der in der Hand des Rechten Sektors ist, beschlagnahmten Tonbändern.

Wir werden wunschgemäß informiert und nutzen unsere partielle Wahrnehmung der Wirklichkeit zur Inszenierung eines Krieges mit immer weiter gehenden verbalen Drohungen. Wer Frieden will und sucht, muss immer auch die Möglichkeiten und die Situation des anderen mit reflektieren. Genau das geschieht seit Wochen nicht mehr. Weder in der medialen Öffentlichkeit noch im politischen Diskurs.

Der Spiegel etwa, um nur eines der krassesten Beispiele herauszugreifen, titelte im Stil des Stürmer, jenem NS Propagandablatt, das sich für keine Hetze im Parteiauftrag zu schade war, mit den Köpfen der Opfer des Absturzes, die Putin als Täter anklagten zu einem Zeitpunkt, als längst deutlich geworden war, so klar ist die Situation nicht, auch die sonst überall NSA kann Russland keine Täterschaft nachweisen, vermutet sie nur und nennt darum den nicht mal verdächtigen nach polizeirechtlichen Kriterien einen Hauptverdächtigen, da er zur Achse des Bösen gezählt würde, die sich die Krim annektierte und die Rebellen unterstützte gegen den bestehenden Nationalstaat, der aber sich aus den Rebellen und Oligarchen zusammensetzt, die den vorigen russlandfreundlichen Staat mit massiver Unterstützung der CIA stürzten. Wer hier gut und böse sauber unterscheiden kann, besitzt wohl höhere Eingebung.

Wir sind sprachlich längst im Krieg angekommen, die Frage oder Krieg stellt sich nicht mehr, auch wenn wir scheinbar noch in Frieden leben, es ist längst nur Krieg und Frieden. Eine Situation in der es vorsichtige Annäherung bräuchte, offene Gespräche und bloß keine Provokationen durch radikale Kräfte, die nur in einem Konflikt und von diesem überleben können. Auf beiden Seiten. Unterschied ist nur, dass die russische Seite klar vor einem Ausbruch der Krise warnt und die Kriegsgefahr benennt, sich um Neutralität zumindest verbal bemüht, während der Westen und die mit ihm verbundene Ukraine, jenes revolutionäre System, das von mafiösen Oligarchen getragen nach Europa kommen soll, immer maximalere Forderungen stellen, drohen und erpressen, Sanktionen verhängen auf Grundlage von Ereignissen verschärfen, die, wie oben dargelegt, zumindest strittig sind.

Auf uneindeutiger Beweisgrundlage eskaliert eine Seite, riskiert eine kriegerische Auseinandersetzung mit Russland bewusst und provoziert weiter. Sie weiß dabei, dass Teile der Streitkräfte und die Kräfte der inneren Sicherheit der Ukraine von Kräften des Rechten Sektors geführt werden, die diese Eskalation brauchen, um ihre Existenz zu rechtfertigen, die in einem prosperierenden Land schnell zur unwichtigen Randexistenz würde. Eine ähnliche Situation sehen wir unter den radikalen Kräften in Israel, wie auch in Syrien, die inzwischen auch Angriffe der Amerikaner gegen die Übermacht von ISIS erbitten und es wird nicht dabei bleiben.

Wir eskalieren ohne Beweise und riskieren alles ohne Gründe zu haben und anders als mit nur noch schlafwandlerischem Bewusstsein der Teilnehmer lässt sich dies kaum erklären, es wird Zeit, die Schlafwandler anzuhalten und zu wecken, damit sie sich wieder orientieren, wohin ihr Weg führt.
jt 17.8.14

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