Mittwoch, 26. August 2020

Zugehörigkeit

Wer gehört zur Familie?

Ist die Zugehörigkeit zur Familie ans Blut gebunden, das verwandt ist, oder ist die angenommene Familie genauso wichtig, vielleicht sogar näher, fragte ich mich bei der Lektüre von Christina von Brauns Blutbande immer wieder.

Die Römer lebten die Tradition der angenommenen Kinder, die zu Erben wurden, über Generationen. Diese konnten auch ehemalige Sklaven sein, die später Teil der Familie wurden. Das Blut, also die eigene Brut und Verwandtschaft, spielte für das politische und ökonomische Erbe eine geringere Rolle. Konnte aber musste nicht und wenn sich unter den Verwandten kein passender Erbe fand, wurde eben einer auch namentlich angenommen und gehörte dann als gewählter Erbe zur Familie, trug die Tradition des Namens weiter.

In meiner Familie spielte die Blutsverwandtschaft eine große Rolle und an Weihnachten waren früher nur Verwandte und wenige ganz enge Freunde anwesend, weil Weihnachten eben das Fest der Familie war, wie der Großvater betonte. Jedoch gehörten die angeheirateten Mütter der nächsten Generation genauso dazu, wie meine Großmutter väterlicherseits, die auch erst seit der Ehe den gleichen Namen trug. Familie wuchs durch Zeugung und dazu mussten neue Mitglieder von außen in den Clan integriert werden und dessen Riten erlernen, sich an die Gewohnheiten anpassen und jede färbte es auf ihre Art. Diese wurden uns vorgelebt als gäbe es sie schon immer und dürften nie enden.

Bei den großen Festen anwesenden Freunde wurden besonders geehrt, aber nie als Teil der Familie gesehen, was sie erbbiologisch ja auch nicht waren, während die Mütter der folgenden Generation ihr Erbgut auch an diese weitergegeben hatten. Die Linien waren klar patrilinear und wurden mit dem Namen weitergegeben. Gelegentlich durfte aber auch die Schwiegerverwandtschaft noch teilnehmen.

Häufig anwesend war in meiner Kindheit auch eine enge Freundin der Familie, die mit meinem Vater und seinen Brüdern aufwuchs und deren Tochter, die lange eine der engsten Freundinnen meiner Kindheit war. Ihre Mutter hat wohl zumindest mit zweien der Brüder meines Vaters wie ihm selbst in Jugendzeiten einen Flirt gehabt, was im Ton zwischen den Beteiligten teilweisen noch hörbar war. Sie gehörte einfach dazu und war irgendwie Teil der Familie und auch ihr zweiter Ehemann wurde als geehrtes Mitglied der Familie aufgenommen. Damit lösten sich die Grenzen schon zu Lebzeiten meines Großvaters etwas auf. Aber es waren seltene Ausnahmen.

Später, als meine Eltern die Tradition übernahmen, wurden die beiden zu Lebzeiten des zweiten Mannes noch weiter voll integriert. Nach dessen Tod hat sich das, eher erledigt. Ob das daran lag, dass die Ehefrauen der Brüder kein so großes Interesse an der Jugendfreundin ihrer Männer hatten, unterliegt der Spekulation, zeigt aber zumindest, dass die Zugehörigkeit relativiert werden kann, sofern sie nicht mehr in den akzeptierten Konsens passt und Macht wie Regie der Frauen auch in der scheinbar patrilinearen traditionsbewussten Familie größer sind, als es den Anschein hat.

Später gehörten lange Zeit auch die Kinder von afrikanischen Freunden meiner Eltern zum Clan und wurden bei Festen integriert, was auch auf das Betreiben meiner Mutter wohl zurückging, die schon lange offen für eine Erweiterung des Kreises war, sich zumindest so äußerte, auch wenn sie als Gastgeberin gerne über die beschränkten räumlichen Möglichkeiten klagte, waren über 20 Personen an der langen Tafel die Regel. 

Wie gerne jemand dort gesehen wurde, lag auch an dem Grad der Anpassung an die familiären Regeln und Rituale, die noch immer in nahezu gleicher Weise zelebriert werden - vom gemeinsamen Singen über das Gebet vor Tisch, bis zum Händegeben vor dem Beginn des Essens und nach dem Gebet.

Christina von Braun beschreibt für die jüdische Gemeinschaft eine interessante Veränderung der Traditionen, so werden in Israel für die Definition des Judentums noch großer Wert auf die Matrilinearität und die alten Regeln gelegt, während in den USA und Deutschland sich liberalere Traditionen herausbildeten, die auch etwa den Söhnen jüdischer Väter, die keine jüdischen Mütter hatten, gestatteten Mitglieder der Gemeinde zu werden und an rituellen Festen teilzunehmen. Dies teilweise auch dadurch begründet, dass es zu zahlreichen überkonfessionellen Ehen kam, bei denen nur der Vater jüdisch war und viele Einwanderer aus der ehemaligen UDSSR nicht mehr in der jüdischen Tradition aufwuchsen aber selbst etwa in Deutschland bereits den größeren Teil der Gemeinden bilden. Es zeigt sich also auch im traditionsbewussten Judentum, dass als Reaktion auf die Erstarkung des Christentums erst unter rabbinischer Führung, die matrilineare Tradition entwickelte, ein Aufweichen dieser. Dies aber stärker in der Diaspora als bei den Juden in Israel, wo es einen starken und lauten orthodoxen Einfluss gibt, der es für Kinder jüdischer Väter schwer macht, zur Gemeinschaft zu gehören, wenn sie keine jüdische Mutter haben.

In meiner eher protestantisch geprägten Familie gehören alle Nachfahren, zur Familie, ob sie  den Namen tragen oder nicht, Vater oder Mutter zum Stamm gehören, wird nicht unterschieden, alle nun Enkel sollen sich als Teil der großen Familie fühlen. Früher bildeten Taufe und Konfirmation den Ritus der Initiation in die Familie. Wüsste nicht, dass ein Kind der folgenden Generation getauft wurde. So findet die Familie durch Teilnahme an den gemeinsamen Festen, die meist Ostern oder Weihnachten stattfinden, als Gemeinschaft zusammen und nimmt ihre neuen Mitglieder auf, die in die alten Traditionen hineinwachsen. Das Neuland der neuen Medien ermöglicht weitere Kommunikation über die rituellen Feste hinaus und entsprechende Gruppen schaffen eine eigene Zugehörigkeit, können das Gefühl der Gemeinschaft stärken.

Eine andere Gemeinschaft, die über die Familie hinaus verband, war die Turnverbindung in der von mütterlicher wie väterlicher Seite einige seit Generationen Mitglied waren. Dort lernten sich etwa meine Eltern auf einem der jährlichen Stiftungsfeste kennen, die ich auch aus meiner Kindheit in guter Erinnerung habe, wenn ich auch nie als erwachsener Teilnehmer der dort Bälle war und mir also diese Möglichkeit der Partnerfindung fehlte, die aber durch vielfältige andere Wege ersetzt wurde. Ein Vetter der mütterlichen Linie fand wieder seine Partnerin dort. Die Großeltern der mütterlichen Linie fanden sich in ihrer Reitquadrille, die sich im Bremer Bürgerpark traf, während sich die Großeltern väterlicherseits bei einem Fest auf dem Gut eines Kadettenkameraden meines Großvaters in Güstrow fand. So fanden sich meine Großeltern beiderseits wie meine Eltern in einer durch Zugehörigkeit geprägten Gemeinschaft, was sie in der Familie weiterführten.

Die Mutter meiner Tochter lernte ich beim Griechen um die Ecke am Kollwitzplatz kennen, was keinerlei besondere Gemeinschaft bedeutet. Die allermeisten meiner Partnerinnen fand ich inzwischen auf virtuellem Wege irgendwo. Ob die dortigen Gemeinschaften eine Zugehörigkeit begründen, scheint mir eher zweifelhaft. Fraglich, ob diese teils zufällige, teils gezielte Findung den gleichen Wert hat wie die Zugehörigkeit zu einer geteilten älteren Gemeinschaft. Früher traf ich sie über Schule, Studium, in Cafés oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Zumindest Schule und Studium brachte die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft mit sich, doch hatte ich nur selten Partnerinnen aus meiner Schule oder Klasse, woran immer das lag.

Kannte aus meiner Zeit in der SPD schon Fälle, dass sich im politischen Bereich Paare fanden, was aber andererseits auch etwas verpönt war und als gefährlich galt, weil es die Gefahr in sich trug privates und politisches zu vermischen, im Falle des Scheiterns zu schaden. Fand und suchte dort niemanden, dahingestellt, ob das eher am Angebot oder der Nachfrage lag, war aber auch nie zu diesem Zweck dort gewesen und habe diese letzte Vereinsmitgliedschaft ohne weitere emotionale oder sexuele Bindung beendet. Spätere sexuelle und emotionale Kontakte mit Genossinnen, standen in keinem Zusammenhang mit deren Mitgliedschaft oder meinem Austritt.

Trotz der verstärkten Partnersuche im virtuellen Raum war es mir bei den Versuchen der Partnerschaft, die dort begannen, immer wichtig auch die gewohnten familiären Rituale zu integrieren. Vom Händereichen vor dem Essen, das Gebet ersetzte ich als Atheist durch einen Handkuss, der mir näher lag als irgendwelche höheren Wesen, bis zur Vorstellung bei den Familienfesten und damit Aufnahme in die traditionelle Gemeinschaft, was der Bindung noch mehr Tiefe und Seriosität geben sollte. Teilweise praktizieren meine Cousinen und Cousins es ähnlich. Sich bei den Festen mit Partner zu zeigen, gab den Beziehungsversuchen einen eheähnlichen Charakter und sollten die Zugehörigkeit der Partner zur Gemeinschaft begründen wie den eigenen Erfolg dabei verstärken. Wer mit Partner kam setzte die Tradition der familiären Gemeinschaft fort und konnte sich anerkannt fühlen. Dahingestellt, ob das je die Haltbarkeit erhöhte, manche grausten sich davor, fühlten sich nie anerkannt, was auch an denjenigen gelegen haben könnte, andere wuchsen voll in die Familie hinein und verschwanden dennoch wieder.

Entsprechend aufgewachsen, war für mich immer klar, dass ich eines Tages heiraten würde, auch wenn das bisher Illusion blieb, ist der Wunsch nach dieser Vervollständigung meiner selbst als Mitglied der Familie noch nicht verschwunden, habe ich mich immerhin viermal verlobt, also das Eheversprechen zumindest ohne größere juristische Konsequenzen vorgehabt zu geben. 

Die einzigen Reisen, die ich heute noch freiwillig antrete und die mich mit der sonst konsequent gelebten kantschen Tradition der Immobilität als nachhaltigeres Lebensprinzip brechen lassen, sind Familienfeste. Ob ich noch heiraten werde, weiß ich nicht, würde es jedoch nie ausschließen, so unsinnig ich, vernünftig, kritisch betrachtet, das Institut der Ehe finde, was der Liebe eigentlich entgegensteht, doch ist die Tradition, in der ich aufwuchs, so frei und gelockert sie mittlerweile wurde, stärker als alle Logik und Philosophie, was mich auch emotional für diesen Traum, so unrealistisch er sein mag, immer wieder anfällig machte, mit mehr oder weniger gravierenden emotionalen Folgen.

Wer zu meiner Familie gehört, weiß ich nicht sicher zu sagen. Sicher die engen Blutsverwandten im ersten Grad. Juristisch auch die weiteren Grade, denen ich mich aber wesentlich weniger verbunden fühle als einigen Mitgliedern der erweiterten Familie. Welche Pflichten und Rechte daraus resultieren, frage ich mich selten. Es ist eher ein Gemeinschaftsgefühl, was durch traditionelle Zugehörigkeit zur Gemeinschaft begründet wurde. 

Es gibt einige Freunde aus Kindertagen, die ich dazu zählen würde, wenn ich auch mit den wenigsten noch in Kontakt stehe und das eher theoretisch betrachte. So etwa fehlt mir jedes Jahr an Weihnachten eine schon lange nach Paris verheiratete Freundin aus Kinderzeiten wie ihre Mutter. Auch Teile des Freundeskreises meiner Eltern, die sich seit vermutlich bald 50 Jahren jährlich zum Adventssingen bei meinen Eltern treffen, sehe ich inzwischen als Teil der Familie, was auch daran liegen könnte, dass der gemeinschaftliche Gesang ein wichtiger Teil unserer familiären Rituale immer war.

Weiß nicht, ob ich diese oder irgendeine Tradition fortsetzen werden außer den bereits genannten Ritualen, die ich mit den jeweiligen Herzdamen pflege, um sie, teils auch noch ohne dass sie es ahnen, in die Gemeinschaft der Familie aufzunehmen. Bin nicht sicher, ob diese in ihrer rituellen Art und Weise der Zelebrierung älter sind als mein Großvater, der Anfang des vorigen Jahrhunderts geboren wurde und wer sie in das nächste weitertragen wird, wie Zugehörigkeit dann definiert wird. Komme nichtmal auf die Idee meine Geburtstage größer zu feiern und dazu die Familie einzuladen, was ansonsten nahe läge, mir aber zugleich fern lag, so sehr ich mich der Tradition verbunden fühle, deren Chronist ich literarisch wurde. Vielleicht ist es das Amt des Chronisten auch Abstand zu wählen, passend für den Beobachter, sich ein wenig zu entziehen aber wer weiß, vielleicht ändert sich diese Sicht auch eines Tages nochmal, weil die Zugehörigkeit stärker wirkt als alle Gewohnheit und jeder vernünftige Vorsatz.

Fragte ich mich, ob ich gerne ein großes Fest machen würde, zu dem ich alle Frauen einlüde, denen ich emotional oder körperlich nahe war, was vielleicht etwas unübersichtlich würde, lässt mich die Vorstellung lächeln, auch wenn mir, realistisch gedacht, ein normales Familienfest vermutlich näher läge, bei dem ich mir ungefähr vorstellen kann, wie es abliefe, weniger emotionale und sonstige Schlaglöcher lauern würden, es deutlich überschaubarer bliebe und ich mich schon aus Traditionsgründen vermutlich für die realistischere Lösung entschiede, finde ich den Gedanken der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft aus einmal geschlechtlicher oder emotionaler Nähe nicht uninteressant und überlege mir, bis es zum einen oder anderen kommt, wie ein französischer Film zum Thema wohl aussehen würde und lache darüber.

jens tuengerthal 25.5.20

Dienstag, 25. August 2020

Beziehungsdialektik

Braucht jede Beziehung
Die auch geschlechtlich
Eine gewisse Dialektik
Um die Spannung zu halten
Mit der erst aufregend wird
Was sonst zu ähnlich sich wäre
Aller Schwüre von Einmaligkeit
In der Liebe zum Trotz die
Stets ewig unwiederholbar
Sich zu sein versichert um
Es der Gewohnheit zum Trotz
Miteinander auszuhalten wie
Dieses Tun besonders zu finden
Auch wenn das nur Reiben
Der Geschlechtsorgane
Aneinander eher schlicht ist
Sind wir uns zumindest verliebt
Des Zaubers dieser atavistischen
Vorgänge vollkommen sicher
Welche nüchtern betrachtet wohl
Eher lächerlich uns erschienen
Aber lieber unterwerfen wir uns
Auch dabei den Hormonen noch
Den Bestand der Art zu sichern
Was die Gaukelei ursprünglich war
Als es nüchtern kritisch zu betrachten
Was wenigen dabei gut stände
Eher lustvoll stöhnend wie Tiere
Als menschlich nachdenklich
Sogar in überwunden geglaubte
Rollen der Geschlechter dabei
Nur noch stöhnend statt redend
Verführerisch verfallend aber
Am Ende vollkommen glücklich
Außer wir betrachten es mit Distanz
Was so wenig zu empfehlen ist
Wie die Aufhebung der Dialektik
Weil Natur eben natürlich ist

jens tuengerthal 25.8.20

Glücksdauer

Glücksdauer

Kann Glück Dauer haben
Tritt es eher zufällig ein
Oder kann es erstrebt werden
Wie es die Verfassung der USA
Als Freiheitsrecht garantiert
Ohne die Erfüllung zu definieren
Wird die Empfindung zugelassen
Darf es ganz unterschiedlich sein
Manche streben nach Höhepunkten
Des Glücks oder der Lust als höchstes
Ziel eines geglückten Lebens in den
Momenten der Euphorie für die sie
Immer wieder unter großer Mühe
Geistige oder reale Berge besteigen
Sie erleben ein stetes Wechselspiel
In dem intensivste Glücksmomente mit
Größtem Leiden ständig abwechseln
Epikur und Kant dagegen streben
Nach einem gefestigten Zustand
Der Beständigkeit wie Dauer des
So gelebten Glücks in einer Welt
In dem Glückseligkeit das Leben
Eines vernünftigen Menschen ist
Dem es im ganzen seiner Existenz
Nach Wille und Wunsch geht
Damit in Übereinstimmung mit seiner
Natur lebt die ihn zum Glück führt
So wird das kantsche Glück weniger
Orgiastisch euphorisch sein als der
Jenseitige Glücksglaube des Augustinus
Oder die Empfindungen der Euphoriker
Dafür versprechen sie Kontinuität die
Im sittlichen Maßstab des KI gelebt wird
Wer sein Glück auf eine Liebe nur setzt
Oder auf den großen Lotteriegewinn hofft
Hängt sein Glück an Voraussetzungen
Die nicht von ihm wie seiner Überlegung
Abhängen ist damit glücklich allein nach
Den Gesetzen des Zufalls wie der Dinge
Außerhalb seines Verhaltens ist also
In seinem Glücksstreben stets unfrei
Wie Romeo und Julia musterhaft zeigten
Die nur unglücklich damit enden konnten
Während wer auf sein Verhalten setzt
Dauerhaft glücklich leben kann nicht
Vom zufälligen Gefühl anderer was
Nie Produkt seines Willens sein kann
Insofern es auf das des anderen ankommt
Dessen Beweggründe unberechenbar sind
Auch wenn es Indizien dafür geben kann
Die in der Liebe etwa die Euphoriker oft
Dazu verführt den so erstrebten Zustand 
Durch Kontrolle des anderen zu verstetigen
Weshalb sie Eifersucht für den legitimen
Ausdruck ihrer Liebe halten während
Die Kant und Epikur folgenden Liebenden
Dagegen ihr Glück aus sich suchen um so
Mit dem zufrieden zu sein was ist wie das
Was sie glücklich macht nicht an das aus
Unzählbaren Gründen motivierte Verhalten
Des anderen alleine zu hängen um sich
In ihrer Zufriedenheit nicht abhängig vom
Gefühl eines anderen dauerhaft zu machen
Was nach aller bisherigen Erfahrung auch
Die Chance dauerhaften Glücks erhöht
Auch den Grundsätzen des KI entspricht
So mögen die Euphoriker egal welchen
Geschlechts sie auch sein mögen wohl
Gelegentlich intensivere Erfahrungen
Des Glücks machen was jedoch da
Von unvernünftigen Zufällen abhängig
Keine Dauer verspricht warum auch die
Kantsche Definition der Glückseligkeit
Als einer nach Wunsch und Wille
Gestalteten Existenz in Summa mehr
Vor allem anhaltendes Glück verspricht
Während alle Euphorie Wechselspiel
Ohne Dauer bleibt dessen Bestand nie
Vom eigenen guten Verhalten abhängt
Was alles Tun ethisch wertlos machte
Sondern es an den anderen kettet
Wie den bloßen Zufall seiner Gefühle
Womit Euphoriker unfrei stets sind
Wie unaufgeklärt damit auch unmündig
Was ihnen die Chance raubt jemals
Dauerhaft glücklich zu bleiben auf der
Steten Achterbahn ihres Lebens warum
Die Erfahrung lehrt wo zu leben lohnt
Für jene die dauerhaft glücklich also
Frei selbstbestimmt wie zufrieden ihr
Leben auch geteilt weiterführen wollen
Was auf Dauer und in Summa mehr
Vor allem selbstbestimmt und frei ist
Also Teile des Glücks in sich trägt
Während die scheinbar großartige
Euphorie aller Voraussetzungen
Des dauerhaften Glücks entbehrt
Was mir zeigt wie ich leben möchte
Worauf ich lieber verzichte um so
Langfristig glücklicher zu bleiben
Dem eigenen Glück Dauer zu geben
Ein also verlässlicher Partner zu sein
Gute Nachhaltigkeit lieber zu leben

jens tuengerthal 25.8.20

Montag, 24. August 2020

Lustethos

Welcher Ethik folgt die Lust
Gibt es gute oder schlechte
Dabei je wo wir einem Trieb
Nach der Natur folgen der
Sich nur gegen Widerstand
Nicht von alleine durchsetzt
Zeugt schon die Frage vom
Naturwidrigen Denken dem
Mensch nie entsprochen hat
Davon wie fremd Moral wurde
Die der Natur widerspricht
Was vorab die Frage stellt
Was natürlich für uns ist
Wann bewerten wir es als gut
Kommt es auf die Situation an
Wo bleibt die Willensfreiheit
Die uns entscheiden lässt
Mit der also Entscheidung
Dem Handeln infolge Wert gibt
Ist gut was die Lust befriedigt
Oder sie nachhaltig überwindet
Kann gegen unsere Natur je
Gut sein oder nur mit ihr im
Einklang bewusst triebhaft
Weil vernünftig sein muss
Was Natur im Zusammenspiel
Ihrer Kräfte in uns bewirkt
Genügt auch bei triebhaftem
Handeln der kategorische Imperativ
Als ethische Handlungsmaxime
Steht die egoistische Natur die
Nach Befriedigung strebt nicht
Im Gegensatz zur strengen Ethik
Weiß unsere Natur was gut ist
Wo wir ihrem Antrieb folgen
Oder ist diese einfach ohne
Jede Bewertung überflüssig
Solange die Beteiligten es so
Wollen und genießen können
Ist also erlaubt was gefällt wie
Marquis de Sade es formulierte
Was in unserer Zeit sehr fraglich
Scheint im Schatten von me too
Wie modischer Pädophilie die
Gesellschaftlich gefördert durch
Nacktrasur und Girlie-Look 
Zugleich auch verpönt wird womit
Das Drahtseil der Lust auf dem
Die Beteiligten balancieren deutlich
Wir haben normierte Verbote die
Bestimmte Lust strafbar machen
Ohne Natur eine Antwort zu geben
Als bestimmten Trieb krank zu
Nennen während Grenzen fließen
Weil sich ethische Sicht ändert
Ist heute Homosexualität erlaubt
Pädophilie unwerte Straftat
Wofür aus heutiger Sicht viel spricht
Während es vor 100 Jahren noch
Umgekehrt war ohne dass sich
Die Natur jemals geändert nur
Unser Blick auf sie wurde es
Welcher Ethos sollte dabei nun
Allgemein gültig sein können
Außer der KI im Einverständnis
Der an der Lust beteiligten
Sofern wir ihnen zutrauen
Eine Entscheidung zu fällen
Sie für mündig halten was
Beim Sexualtrieb unterschiedlich
Nach der Natur immer wohl ist
Vielleicht könnte der Blick auf
Die differente Natur uns helfen
Zu erkennen wie wenig Normen
Allgemein taugen ein Verhalten
Im Einzelfall zu bewerten warum
Es wohl besser wäre sich allein
Auf das nicht normierbare Ideal
Des KI auch beim Trieb zu verlassen
Erlaubt ist was beiden gefällt wie
Wo es ihre Lust egal wie befriedigt
Als ethisch gut zu bewerten was
Manche gültige Norm erschütterte
Aber ethisch glaubwürdiger wäre
Haben wir nur endlich den Mut
Unserer Natur zu vertrauen
Könnten wir lustvoll glücklicher
Werden statt seltsam bigott
Nach untauglichen wechselhaften
Normen noch immer zu urteilen

jens tuengerthal 24.8.20

RheinsNeuhardenberg

Tucholskys Rheinsberg ein
Bilderbuch für Verliebte im
Traumhaften Schlosspark
Von Neuhardenberg bei
Schönstem Spätsommerwetter
Nach einer wunderbaren
Landpartie vorgelesen zu
Bekommen leicht beschwingt
Von einem Glas Wein dabei
Nebeneinander genießen
Gemeinsam statt einsam
Ließ den Sonntag strahlen
Auch in der Erinnerung
Dankbar erfüllt genossen
Schon vergessen dabei fast
Wie er sich dreimal verlas
Während sie perfekt spielte
Mit der schwereren Rolle
Verliebtes Naivchen gab
Mit weiblicher Überlegenheit
Die ihn blass aussehen ließ
In ihrem Perfektionismus
Einen Kontrapunkt zur Rolle
Gab die sie lächelnd füllte
Während Wolf der eigentlich
Kurt von 1912 den Spießer
Als Mahner mimte der sich
Durch seine Versprecher
Der Lächerlichkeit preisgab
Von perfekter Claire auch
Im Spiel vorgeführt wie
Umgeworfen wurde leichthin
War das wäre es Absicht gewesen
Die perfekte Umsetzung wohl
Auch angesichts des tatsächlich
Tragischen Ende der echten Claire
Jener Else Weil die Tucholskys
Erste Ehefrau wurde genau
Neun Jahre nachdem sie
Wirklich in Rheinsberg waren
Als sie endlich 1920 für 4 Jahre
Heirateten als Ärztin und Dichter
Die 1911 noch im Kaiserreich
Ein Leben vor sich hatte was
Dann nach Auslieferung durch
Die Regierung in Vichy 1942
Sein Ende in Auschwitz fand
Als ihr Kurt der Wolf hieß
Schon sieben Jahre zuvor
An einer Überdosis starb
Die er im Göteburger Exil
Unklar ob dabei versehentlich
Als verbannter wie verbrannter
Deutscher Schriftsteller schluckte
So liegt über Claire und Wolf
Der romantischen Posse die
Kurt erst erfolgreich machte
Auch der Schatten der Realität
Wie so oft im deutsch-jüdischen
Nach der Unmenschlichkeit die
Nach 1933 Realität wurde
Die allen Beteiligten 1912 noch
Bei Erscheinen der Erzählung
Völlig fern lag die aller vielleicht
Unfreiwilligen Komik mehr gab
Im Wissen um das was kommt
Ohne der wunderbaren Glosse
Auf viele typische Erwartungen
Der guten bürgerlichen Welt
Ihren klugen Humor zu nehmen
Halte ich mich mit Kritik an der
Wunderbaren Lesung im Park
Am Ende völlig zurück denke
Er könnte etwas schlampig
Aber auch genial gewesen sein
Beides passte vollkommen
Weil gute Literatur wie ihre
Inszenierung vieles offenbart
Denke ich dankbar an den Genuss
In Schloss Neuhardenberg zurück
Wo Rheinsberg lächelnd erschien
Als ein Stück preußische Kultur
Die viel Geschichte auch lehrte

jens tuengerthal 23.8.20

Sonntag, 23. August 2020

Pflichtlust

Die Pflicht ist was muss
Lust dagegen ist gewollt
Lange lernte ich noch
Vom Großvater überliefert
Der träumte Leben sei Freude
Erwachte und sah es war Pflicht
Lebte und die Pflicht ward Freude
Ein preußisches Ideal kennen
Das die Pflicht als Überwindung
Der trägen Natur die gegen
Unsere Pflicht der Lust folgte
Erscheinen ließ womit Natur
Niedrig und triebhaft war
Während die Pflicht wie ihre
Erfüllung als Ideal galten was
Die niedrige Natur überwand
Was aber natürlich gegen die
Menschliche Natur war die nur
Mit der Illusion des Gegensatzes
Von Geist und Natur erst ein
Unnatürliches Konzept schuf
Um Spannung zu erzeugen
Die eine Lust eigener Art wurde
Statt die Natur nur zu genießen
Wie es ihr natürlich entspräche
So ist es mir heute Pflicht
Der eigenen Natur zu folgen
Um mit dieser im Einklang
Voller Lust zu leben statt
Auf Spannung zu schauen
Die nur Überwindung als
Befriedigung genießt lasse ich
Als höchste Pflicht der Natur
Ihren Lauf den ich geistig
In Harmonie bringen will
Statt einen Gegensatz aus
Dialektik die Natur nicht kennt
Dagegen stellen zu wollen
Wurde zur höchsten Pflicht mir
Den Geist im Einklang mit der
Eben Natur zu bringen um
Mit dem glücklich zu sein
Was ist was mir genügt
Zufrieden zu bleiben
Und was sonst sollte ich
Wollen im Leben

jens tuengerthal 23.8.20

Samstag, 22. August 2020

Lustprinzip

Von Lust geleitet
Gehen wir gerne
Auch schwere Wege
Ob des hehren Ziels
Der tiefen Befriedigung
Scheint alles uns leicht
Was sexuell wie geistig
Immer Gültigkeit hat trägt
Weiter als Überwindung
Setzt positive Kräfte frei
So wir diese Lust dann
Auch aufgeklärt vernünftig
Begründen können wäre
In uns glücklich vereint
Was Menschen ausmacht
Wer dann noch dabei auch
Nachhaltig rücksichtsvoll
Dem kategorischen Imperativ
Entsprechend handelt kann
Tiefe Befriedigung aus dem
Guten an sich ziehen was
Glück genug wohl wäre

jens tuengerthal 22.8.20

Nachhaltigkosophie

Eine Philosophie des Lebens
Die Nachhaltigkeit zur Lust macht
Die eigenen Ressourcen nutzt
Ohne andere zu beeinträchtigen
Langsamkeit wiederentdeckt
Vollkommen genießen lässt
Geistige Welten sich erobert
Genuss an erster Stelle sieht
Bedürfnisse lustvoll befriedigt
Nachhaltig zufrieden macht
Dem kategorischen Imperativ
Als gelebtem Anspruch genügt
Dies willens voller Freiheit tut
Damit der Aufklärung auch dient
Vereinte alles Menschliche zur
Möglichst größten Zufriedenheit
Danach zu suchen sollte künftig
Vornehmste Aufgabe uns sein
So glücklich wie möglich zu leben
Was es konkret bedeutet werden
Die folgenden Verse nun suchen
Mit Vernunft und Liebe zur Sache

jens tuengerthal 22.8.20

Coronaval

Karneval oder Fasching
Als Fest zur Austreibung
Des dunklen Winters wie
Seiner Geister die später
Ordnungsgemäß christianisiert
Ist eine lasziv laut fröhliche
Massenveranstaltung die
Natürlich nicht stattfindet
In Zeiten der Pandemie
Eine Karnevalssitzung war
Quelle des ersten massiven
Ausbruchs in Deutschland
Weil Narren sich eben stets
Närrisch verhalten also
Weder Abstand noch Vernunft
Zu erwarten sind jemals
Dass darüber überhaupt noch
Diskutiert werden muss ist so
Lächerlich wie überflüssig
Statt verantwortungsbewusst
Voranzupreschen wie geboten
Lavieren uneinsichtige Veranstalter
Weiter um den heißen Brei herum
Als gäbe es eine ernsthafte Wahl
Zwischen Menschenleben und
Dessen Verspottung im Narren
Berlin und die Hansestädte leben
Seit Generationen gut auch ohne
Bis auf zugezogene Narren die
Sich zwar für bedeutend halten
Aber nun als Mitverursacher des
Ersten pandemischen Ausbruchs
Besser bescheiden schwiegen
Kein Karneval unter Corona
Damit wäre wohl alles gesagt

jens tuengerthal 22.8.20

Freitag, 21. August 2020

Sexmaß

Was ist der Maßstab
Für wirklich guten Sex
Gibt es diesen überhaupt
Oder ist es immer anders
Eine frühere Liebste wollte
Immer die Beste von allen
Für mich und vor sich sein
Was ich täglich bestätigte
Wollte ich Ärger vermeiden
Empfand es auch damals
Wie ich es sagte weil ich
Sie über alles liebte was
Aber mit Sexualität nichts
Jemals irgend zu tun hat
Aber was du so fühlst
Ist deine Realität dann
Doch würde ich heute sagen
Keine ist jemals vergleichbar
Wenn du liebst bist du nie
Objektiv in deinem Urteil
Aber die Liebe macht auch
Alles Erlebte zum schönsten
Der einzig taugliche Maßstab
Ist das Gefühl der Beteiligten
Auch wenn Sex auch ohne
Liebe wunderbar sein kann
Es technisch bestimmt ist
Bleibt es ohne eher sportlich
Was mich nicht mehr reizt
Weil die Illusion so schön ist
Das Tollste der Welt gerade
Mit einem Menschen allein
Erleben zu dürfen warum
Nach manchen Versuchen
Multiples mir reizlos erscheint
Andere lieben den Sport dabei
Mehr als emotionale Nähe
Finde es schnell zu konkurrent
Habe also keinerlei Maßstab
Traue nur meinem Gefühl
Genieße gern den Augenblick
Hingebungsvoll ohne Ehrgeiz
Vermeide jeden Vergleich um
Es einmalig schön zu haben
Womit ich am glücklichsten bin
Sollte jemals noch eine fragen
Ob sie auch die Beste ist
Werde ich sagen ich weiß es
Nicht weil ich nicht alle kennen
Aber schnell weglaufen danach
Weil Vergleich unglücklich macht
Jeder Moment einmalig ist der
Genießer in mir viel lieber
Den Augenblick verweilen lässt
Des größeren Wunders der
Liebe am Ende wegen

jens tuengerthal 21.8.20

Altersvorteile

Im Alter verlieren wir
Immer mehr wie uns
Häufig in Klagen über
Verluste wie Leiden daran
Vom Geist bis zur Potenz
Schwindet immer schneller
Was übermütig einst machte
Als Lebens höchstes Ziel
Uns glänzend einst erschien
Wird lächerlich mit Erfahrung
Schienen schöne Frauen mir
Einst nahezu jede Mühe wert
Verbog ich mich oft für Liebste
Sie bei Lust und Laune zu halten
Lasse ich heute gelassen ziehen
Was sich nicht bemüht oder passt
Genieße was bleibt dafür mehr
Weiß was nicht alleine kommt
Ist keinen Gedanken mir wert
Verlor an Kampfkraft wohl wie
An Antrieb um eine zu ringen
Noch für jede mich zu erheben
Gewann dafür an Gelassenheit
Wie Sicherheit im Wissen das
Kein Kampf im Leben lohnte
Was passt sich alleine findet
Wer wirklich will auch bleibt
So kann ich in der Minne wie es
Montaigne für das übrige schrieb
Ruhig sagen alles zu seiner Zeit
Findet sich was passt alleine
Nach seiner Natur muss keiner
Erkämpfen was zu ihm gehört
Für das was das Alter raubt
Schenkt es Gelassenheit
Die in so vielem das Leben
Uns ruhig wertvoller macht
Dachte lange was ich alles
Im Leben erreichen wollte
Genieße nun lieber was ist
Mehr als ein Hemd nimmt
Keiner am Ende noch mit
Nichts braucht es dann mehr
Dafür bis dahin genossen
Haben was Leben schenkte
Macht mich restlos zufrieden
Wo sich Liebe findet dies Glück
Gemeinsam zu genießen ist es
Gut so wo nicht keinen Gedanken
Wert weil alles seine Zeit hat
Planlos für die Zukunft dafür
Von allem Ballast befreit leben
Was ist ohne jede Erwartung
Gibt Leben und Liebe erst die
Freiheit glücklich zu gehen
Wenn es denn soweit ist
Bis dahin ganz da zu sein

jens tuengerthal 21.8.20

Bücherbetrachten

Manchmal betrachte ich nur
Die Bücher um mich herum
Freue mich an ihrer Schönheit
Streichle ihre Rücken ganz zart
Bin dankbar glücklich über die
Schätze mit denen ich lebe
Die ein erfülltes Leben geben
Als Leser wie als Bewohner
Einer kleinen Bibliothek die
Schon durch Anwesenheit
Glücklich zufrieden macht
Denke daran was alles noch
Zu lesen vor mir liegt wohin
Die Lektüre meine Gedanken
Entführen wird in die Welt
Ohne den Ort zu verlassen
Umfasst eine Bibliothek
Die ganze Welt für mich
Betrachte meine Bücher
Dabei voller Dankbarkeit
Was bin ich für ein reicher
Glücklicher Mensch heute
Der wenig mehr noch will
Beim Bücherbetrachten merkt
Wie wenig es nur braucht
Zufrieden zu leben stets
Auf Reisen zwischen Seiten
Ohne irgendwohin zu müssen
Wird Genügsamkeit zur Tugend
Helfen Bücher mir klimagerecht
Glücklich künftig zu leben

jens tuengerthal 20.8.20

Donnerstag, 20. August 2020

Liebesenttäuschung

Sich in der Liebe zu täuschen
Ist grausam enttäuschend
Besser noch ist es vorher
Zu erwachen um sicherer
Enttäuschung vorzubeugen
Mehr als einmal schon hätte
Die Liebe mich fast umgebracht
Klüger geworden bin ich nicht
Habe nie der Liebe abgeschworen
Bereue keinen Moment auch
Wenn das Leiden danach groß
Immer wieder war und sein wird
Wuchs ich damit an Erfahrung
Lernte wunderbare Frauen kennen
Nah und näher als je gehofft
Habe ein reiches Leben geführt
War wen ich liebte es auch wert
Enttäusche mich nur danach um
Nicht länger getäuscht zu sein
Wie weiter offen für die Liebe
Die in vielen Varianten erscheint
Von wilder Leidenschaft bis zu
Ruhiger Beständigkeit die darum
In der Lust nicht weniger
Leidenschaftlich sein muss
Vielleicht kommt einmal eine
Um zu bleiben und dann ist es
Gut so bis es weiter geht
Solange ich lebe und liebe
Was bliebe auch sonst als
Ersatz schönster Erfüllung
Habe ich nichts als die Liebe
Und ein paar Bücher noch
Aber das ist ja auch so eine
Liebe von mir irgendwie

jens tuengerthal 20.8.20

Feigheitsfolter

Feigheit sei die Mutter
Der Grausamkeit betitelt
Michel de Montaigne sein
Essay das von Beispielen
Von der Antike bis zu den
Klassischen Texten wimmelt
Für feige Grausamkeiten
Im Krieg oder Duell die so
Seine vernünftige Sicht wohl
Belegen helfen klug wie frech
Uns vorführen wie lächerlich
Feige ist wer den Gegner tötet
Was er als zu normal sieht
In seinen Zeiten in denen eine
Maria Medici strategisch auch
Gegner scharenweise vergiftete
Die Bartholomäusnacht noch
Ein Gemetzel ohne gleichen
Unter Protestanten brachte
Die in den Hugenottenkriegen
Immer wieder zurückschlugen
Bis Henri die Macht ergriff der
Als Konvertit Toleranz predigte
Waren es grausame Zeiten die
Keine 26 Jahre nach dem Tod
Des großen Essayisten sogar
In den 30jährigen Krieg führten
Der für feige Grausamkeit bekannt
Die aber nichts gegen die später
Feigheit von Nazis in Lagern 
Wie Atombomben auch war der
Amerikaner heute mit Drohnen
Leicht Konkurrenz machen die
Ein feiges Großmaul wählten
Um sich über das Ergebnis
Ohne jedes Niveau zu wundern
Was die Geschichte fortschrieb
Die Montaigne in der Antike begann
Es hat sich nichts geändert nur
Wer feige ist foltert grausam von
Der Inquisition bis Guantanamo
Offenbart Mangel an Größe die
Durch quälende Grausamkeit von
Feiglingen ohne Würde ersetzt
Wer wirklich Mut hat stellt sich
Dem Gegner lieber ideologisch
Denn Fanatiker wurden noch nie
Auf dem Schlachtfeld besiegt
Dafür leicht offen und in Freiheit
Was ihnen so fern liegt somit
Ihre Beschränkung offenbart
Was mutiger ist als von Ferne
Mit überlegener Technik billig
Mittelalterliche Krieger schlicht
Wegzubomben was alleine das
Völlige moralische Versagen
Des Westens bereits offenbart
Der besser seine Werte auch
Ihnen entsprechend verteidigte
Damit nicht länger nur Feigheit
Des großen Bruders die Welt
Regiert der die Regierung sich
Wählt die zu ihm auch passt
Spannender aber als das Land
Tief im Westen mit wenig Kultur
Wäre zu fragen wie sich all dies
Auf die engste Verbindung die
Menschen aus Gefühl finden
Auswirkt was die Liebe lehrt
Wer dort feige wie hinterhältig
Agiert und wer mit offenem
Visier in diesen Kampf zieht
Erzählt viel über Vertrauen
Was jemand wert sein kann
Denn letztlich ist die Liebe
Die schwerste Schlacht die
Wir im Leben zu kämpfen haben
Wer hier Scheingefechte führt
Schwächt sich auf Dauer nur
Wer einmal lügt bleibt dabei
Ehrlichkeit zahlt sich aus mit
Weitem Blick über das offene
Visier das den Ängstlichen in
Schwerer Rüstung den Blick
Für alle Zeiten wohl verstellt
Sie in sich gefangen hält als
Eben feige Opfer ihrer Ängste
Wie gut tut es davon frei zu sein
Niemals grausam sein zu müssen

jens tuengerthal 20.8.20

Mittwoch, 19. August 2020

Bücherwohnen

Lebe zusammen mit Büchern
Habe sie nicht nur überall
Auch stapelweise rumstehen
Lese auch regelmäßig in vielen
Nicht um Gerechtigkeit bemüht
Folge ich dabei dem Gefühl
Wähle nach Laune was gerade
Zu meinen Gedanken passt
Wechsel damit die Welten
Gerne täglich nach Stimmung
Folge keiner Systematik dabei
Sondern plaudere mit denen
Die mich gerade anlachen
Zum Glück sind Bücher selten
Zickig sondern lassen sich meist
Widerspruchslos dort weiter lesen
Wo ich zuletzt stehen geblieben
Bin ein leidenschaftlicher Leser
Aber nach Maßstäben des Marktes
Viel zu langsam und unstet weil ich
Keines schnell erledige sondern
Lieber mit Unterbrechungen frei
Genieße wie es gerade einfällt
Darum eher zufällig mal für
Neuerscheinungen zu begeistern
Die aber auch angelesen gerne
Ein Jahr noch herumliegen weil
Gerade anderes mich fesselt
Tauge wenig als Buchhändler
Als Rezensent eher zufällig
Lasse meine Gedanken lieber
Frei fliegen als Moden zu folgen
Wie sie Messen gern setzen
Nehme Montaigne als Vorbild
Was den Buchhandel eher
Zur Verzweiflung wohl trieb
Genieße dieses Zusammenleben
Mit schönen Büchern was alles
An Unterhaltung meist übertrifft
Was sich im Alltag so findet nur
Manchmal lenken noch Frauen
Vom vollkommenen Glück ab
Denke das nimmt mit dem Alter ab
Und die Bibliothek wird bleiben

jens tuengerthal 19.8.20

Superlatief

Oh du liebe Liebste
Denn liebste Liebste
Wäre doppelt gemoppelt
Im einmaligen Superlativ
Höbe sich wieder auf
Kennst du die Grammatik
Der Liebe auch wirklich
Tief war ich heute in dir
Erfüllt wollüstig dabei
Überschwemmten wir uns
Auf dem Gipfel angekommen
Kommend vor Glück wie
Dabei fließendem Sekret
Was weniger sinnlich klingt
Als es immer wieder war
Tiefer ineinander geht nichts
Am tiefsten aber rührt das Herz
Heute viel mehr als je zuvor
Als du mich plötzlich Liebster
Genannt im also Superlativ
Hab es so auch schriftlich
Nun neugierig wohin es führt
Mit höchster Steigerung in der
Offiziell Nichtbeziehung oh du
Am Ende stets liebe Liebste
So ist die Grammatik der Liebe
Verbeugung und Steigerung
Dabei lustvoll inbegriffen

jens tuengerthal 19.8.20

Schläfer

Schlief lange sehr sehr wenig
Fürchtete etwas zu verpassen
Wie noch mehr all die Träume
Die ungefragt gelegentlich kamen
Verlorene Illusionen vorgaukelten
Schlimmer noch suchen ließen
Was besser vergessen würde
Verzweifelt noch retten wollten
Was für immer verschwunden
Statt sich endlich selbst zu retten
So wurde ich fast unbemerkt
Ein Nichtschläfer der nur mal
Pflichtbewusst stundenweise ruhte
Froh wenn es traumlos endete
Leben wieder weiterging was aber
Immer erschöpfter dabei wurde
Nie ausgeruht immer angespannt
Hielt ich den Zustand für normal
Drama der Hochbegabung halt
War eine wohlklingende Ausrede
Sich Wahnsinn nicht zu gestehen
Leben war eben zu ertragen
Bis es irgendwann sicher endet
Die Gewissheit zumindest blieb
Schlaf bedrohte das Gleichgewicht
Durch Herrschaft der Traumwelten
Die doch längst gestorben waren
Ging es nach meinem Willen
Irgendwann schlief ich wieder
Ungeplant aber völlig erschöpft
Holte sich der Körper nach dann
Über einem Jahr wieder zurück
Was er ganz natürlich brauchte
Es geschah planlos machte erst
Hinterher bewusst was lange fehlte
Was schlaflos mir normal schien
Aber was weiß schon wer sein Herz
Für immer verloren glaubte von Ruhe
Wenn jeder Schlag schmerzvoll ist
Mit dem das Herz lebendig pumpt
Menschen können jahrelang ohne
Richtigen Schlaf sie werden nur
Wahnsinnig dabei wie ich merkte
Als der Wahnsinn wieder endete
Weiß nicht was wirklich normal ist
Wie Wahnsinn davon unterschieden
Merkte nur wie anders Leben wird
Wie der Blick drauf ausgeschlafen
Ein völlig anderer wieder wird
Denke an Friedrich den Großen
Der es auch über Jahre probierte
Bis der Körper wieder gewann
Werde kein Langschläfer mehr
Doch die todesnahe Bettflucht
Fand ein vernünftiges Ende was
Viel von Liebe und Wahnsinn
Erzählen könnte aber genug
Vom Leben was sich rettet sagt
Wenn der Körper die Regie führt
Was eine nette Geschichte wäre
Die zu erzählen zumindest lohnte
Bevor wir weiterschlafen im Leben
Weil wer nicht schläft nicht mehr lebt

jens tuengerthal 19.8.20

Dienstag, 18. August 2020

Selbstverständnis

Las gerade von einem Piloten
Der verzweifelt um seinen Job
Den gut bezahlten noch bangt
Kauft Flugtickets wie Klopapier
Als sei Fliegen noch normal
Klüger wäre es diese endlich
So zu benutzen also künftig
Auf das Fliegen zu scheißen
Es passt nicht mehr in die Zeit
Corona hat die Welt verändert
Es wird noch etwas dauern
Bis es die letzten begreifen
Was selbstverständlich war
Wird es nicht mehr sein
Reisen wird asozialer Luxus
Was es ökologisch lang schon
Auch wenn die Impfung kommt
Wird diese nur begrenzte Zeit
Vor einer Variante schützen
Neue stehen schon bereit
Wir müssen unser Leben
Wie ungesunde Gewohnheiten
Endlich radikal ändern
Luxus wird ein anderer künftig
Wer jetzt richtig investiert wird
Statt auf Mobilität noch immer
Lieber ins Dasein investieren
Es hat eine bessere Zukunft
Ist nachhaltig und einfach
Noch sind es Unkenrufe doch
Bisher kam alles wie erwartet
An dieser Stelle bedichtet
Will keine Kassandra je sein
Lieber den neuen Weg nun
Gemeinsam verantwortlich gehen
Brechen wir auf da zu bleiben
Dieses mehr zu genießen

jens tuengerthal 18.8.20

Montag, 17. August 2020

Leseblüten 001

Heute mal wieder zwischen
Sechs Büchern gewandert
Als literarischer Flaneur
Liebe den Wechsel der Welten
Der den Geist wach hält noch
Statt bloßer Unterhaltung
Oder gar medialer Berieselung
Tauche ich in literarische Welten
Die völlig unterschiedlich oft
Zufällig nebeneinander stehen
Als würde ich zappen aber
Heute wuchsen plötzlich
Ungeahnte Verbindungen
Von Christina von Braun die
In den Blutsbanden so klug
Die Entstehung des modernen
Judentums nach der Aufklärung
Beschrieb ging es in das Berlin
Des Nationalsozialismus der
Die vielfältige jüdische Welt
Zerstörte wie Jens Bisky in
Seiner Biografie einer Stadt
Einfühlsam beschreibt wie
Der Terror immer mehr wurde
Viele wegsahen oder mitmachten
Von Bisky ging es zu Borchardt
Wo der Berliner Jude aus 
Bester bürgerlicher Familie
In Weltpuff Berlin gerade den
Sex mit 3 jungen Damen wie
Das schicke Ambiente nebenbei
Eben gute bürgerliche Welt
Feinsinnig anschaulich beschreibt 
Wie im nächsten roten Band aus
Wagenbachs Reihe schließlich
Der anarchistische Bankier dem
Gesprächspartner erläutert 
Warum er Anarchist wurde was
Schliesslich fast naheliegend
Bei Giacomo Leopardi in dessen
Opuscula Moralia weiter geht
Das im Gespräch zwischen
Prometheus und Momos dem
Dieser die Würde seines Werks
Des Menschen vorführen will
Sich als Lorbeer würdig zu zeigen
Was gründlich misslingt diesmal
Angesichts verbrannter Witwen
Ein ironisches Ende fand in
Einigen Seiten in Henschels
Menetekel aus der Anderen
Bibliothek wieder mal vertraut
So baut sich ein Zusammenhang
Der Welten in der Lektüre auf
Die völlig unterschiedlich war
Doch ähnliche Fragen der Moral
Unterschiedlich beantwortete
So ein geistiges Bild malte
Was viele Seiten beleuchtet
Die Basis bildet von der ich
Als literarischer Flaneur lebe
Die Geschichten und Verse
Langsam wachsen lässt
Saatgut wie die Trommel
Zum Rhythmus der Bewegung
Der Gedanken mir sind die
Erst lesend zu tanzen beginnen
Weil auch eine kleine Bibliothek
Genügt den Geist zu bewegen

jens tuengerthal 17.8.20

Absolutismusmist

Kann die Liebe absolut sein?

Der kluge Einstein lehrte uns für die Physik, dass alles relativ ist und diese Weisheit wurde gern auf das Leben übertragen. Ob etwas fest und unvergänglich ist oder nur eine Form von Energie, hängt auch von der Beschleunigung der Masse ab, kurz gesagt, E=mc².

War immer auf der Suche nach der großen Liebe und dachte schon das eine oder andere mal, ich hätte sie gefunden, die ewige Suche und der stete Wechsel hätte ein Ende, ich wäre angekommen und alles könnte bleiben, wie es ist. Wiederholt versprachen wir uns das auch, wie Verliebte es so gerne tun und ich war trotz der Wiederholung eigentlich immer davon überzeugt, es könne nun für immer so bleiben.

Trotz tiefster emotionaler Überzeugung, die mich sogar mein Leben für die Liebe hätte geben lassen, weil dem Absolutismus eben jede Relativierung fehlt, hielt es nie für immer sondern nur eine relativ lange oder kurze Zeit.

Wäre ich klug, lernte ich daraus, nicht mehr auf die absolute Liebe zu hoffen, weil sie nur enttäuschen kann und dafür die relative mehr zu genießen, wie ich es gerade tue. Dennoch bleibt im Hinterkopf, das aller menschlichen Erfahrung widersprechende Ideal der absoluten Liebe, wie ich es schon gelegentlich empfand und wie ich es gern den Rest meines Lebens leben würde, obwohl ich weiß, eigentlich ist aller Absolutismus Mist, entspricht nicht den vielen Schattierungen des Lebens, in denen nichts immer gut ist und das Absolute sich meist als absolute Katastrophe erweist, die alles erfasst und das Denken lähmt.

Vernünftig wäre, einen guten Kompromiss zu suchen, damit zufrieden zu sein, statt auf ein Ideal zu hoffen, was es nicht gibt, weil nichts absolut ist, sondern immer von vielen Umständen abhängt, die wir nie alle überblicken können. Was funktioniert, ist gut und allem mangelt es an irgendwas, weil nichts vollkommen ist, außer unserer Phantasie, die jene Hoffnung und Erwartung erfand, die ewig weitersuchen lässt aber eigentlich nur unglücklich macht, weil nichts ewig ist und wir nur Glück haben können, wenn das Leben unter Fortdauer der Liebe endet, was aber für den, der übrig bleibt, meist eher ein noch größeres Unglück ist.

Frage mich also, woher resultiert diese Sehnsucht nach dem Paradies der Liebe, die für immer hält und in der alles gut ist?

Mit dem Bild vom Paradies, habe ich eigentlich schon die Antwort angedeutet, fällt mir dabei gerade auf. Es ist das religiöse Ideal vom Paradies, in dem alles vollkommen und glücklich ist, was uns danach streben lässt. Jene Sage, welche die Juden im babylonischen Exil erfanden, um in ihrer erstmals aufgeschriebenen Religion einen Gegenentwurf zum Gilgamesch-Epos zu bringen, der ihre Leute bei der Stange hielt und besser schien, weil es ja als vollkommene Harmonie beschrieben wird.

Während im Gilgamesch Epos Herikat durch Rasur seines Pelzes und Wochen bei einer Hure, die ihn in der Kunst von Liebe und Lust unterrichten soll, welche die Babylonier fein unterschieden, zum Menschen wird, also einen vernünftigen Weg zur Zivilisation durch Bildung und Kultivierung geht, wird der vom allmächtigen jüdischen Gott in eine vollkommene Welt gesetzte Mensch im jüdischen Mythos, der auch die christliche wie die islamische Welt entscheidend prägte, aus dem Paradies vertrieben, weil er vom Baum der Erkenntnis aß, sich also das ethisch nötige Bewusstsein von gut und böse verschaffte.

Wen wundert es da noch, dass wir Kinder dieser vom alten jüdischen Mythos, so schlecht und unsinnig er auch ist, geprägten Kultur noch vom Paradies träumen und es uns jenseits aller Vernunft lieber erhoffen, statt uns bewusst die Welt so schön wie möglich zu machen?

Dies obwohl uns klar sein könnte, es gäbe kein gutes Leben, ohne die Erkenntnis von gut und böse, wir dämmerten nur blöde im Paradies dahin, von der Gnade des gern ungnädigen und strafenden Gottes abhängig. Es kann also in der Welt keine Erfüllung ergeben, entweder wir geben unser Bewusstsein auf, um paradiesisch zu empfinden, was uns dann nicht mal gut erschiene, weil wir ja gut und böse nicht unterscheiden könnten oder wir finden uns damit ab, auf ewig Vertriebene zu sein und auf ein imaginäres Jenseits zu hoffen. Keine wirklich erfüllende Lebensaussicht für meinen Geschmack.

Warum es die monotheistischen Religionen mit ihren absurden Heilsversprechen dennoch geschafft haben, die Welt zu dominieren, habe ich bis heute nicht verstanden, auch wenn ich die politischen Zusammenhänge kenne, verstehe, warum diese Sekte den römischen Herrschern gut in den Kram passte, Mohamed als Sektengründer die Sage auch für sich nutzte und mit dem jenseitigen Heilsversprechen vielen Hoffnung schenkte, beides den lokalen Herrschern gut passte, viele Menschen Sehnsucht nach einer höheren Antwort oder einem Grund für ihr Sein haben, was einfach ist und erfüllt genannt werden kann, wenn wir es schaffen, es zu genießen.

Aber dies warum des Glaubens ist gerade nicht mein Thema, es war nur der kleine Ausflug, der zu erklären versuchte, warum wir dazu neigen, einem ungesunden Ideal der Liebe zu folgen, das nur unglücklich machen und schief gehen kann, weil nichts absolut und paradiesisch ist und wenn es das wäre, auch nach der alten Sage nur unter der Bedingung der Ahnungslosigkeit von gut und böse sein könnte.

Was will ich im Paradies, wenn ich dort gar nicht mehr wüsste, wie gut es mir geht?

Dann könnte ich das vermeintliche Glück nicht genießen, weil es bloß der Normalzustand wäre. Frage ich mich wie Sex im Paradies wäre, der nach der Natur auch immer aus der Spannung der Gegensätze besteht, bliebe auch ein enttäuschendes Ergebnis und so genieße ich lieber das mögliche hier, statt auf anderes jenseitiges zu hoffen oder mir Götter zu erfinden und dabei könnte es mir eigentlich gut gehen, wäre da nicht dieser idiotische Traum von der großen Liebe, die nie endet und für immer bleibt.

Als Staatsform hat der Absolutismus ausgedient und Politiker unserer Zeit, mit einer Neigung in diese Richtung von Trump über Putin bis Kim offenbaren meist über kurz oder lang ihr Scheitern, wie Deutschland es unter Hitler zuletzt erleben durfte. Am effektivsten und flexibelsten reagiert dauerhaft die offene Gesellschaft, die Mehrheiten demokratisch sucht, statt deren Prinzipien mit Tricks aushebeln zu wollen, die nur einen Schein wahren. Erfolgreich ist, wer Kompromisse und Verständigung sucht, sich vernünftig beraten lässt, statt seine Meinung für absolut zu halten, auch wenn sie, wie unter Corona in den USA gerade sichtbar, hunderttausende Menschenleben kostet.

Die Wirtschaft ist zu vernetzt und reagiert zu schnell auf unklare Situationen als das sich Staaten, die am Markt erfolgreich sein wollen, den Absolutismus noch auf Dauer leisten können, auch wenn China gerade einen anderen Eindruck macht, ist dies nur als ein Übergangsphänomen zu bewerten, was die Zeit korrigieren wird und im übrigen aber auch nicht Thema dieses Essays.

Die Sehnsucht nach absoluter Liebe, die völlig glücklich macht, ist dennoch tief in mir, auch wenn mir alle Argumente klar machen, es ist Unsinn und die Erfahrung bestätigt hat, umso absoluter eine Liebe gelebt wurde, desto unglücklicher machte sie im Ergebnis. Nie habe ich so lange gebraucht, das Leben wieder genießen zu können, wie nach der letzten großen Liebe, die alles versprach und vom Paradies der gegenseitigen Liebe schwärmte, die für sie alles und für immer wäre, für die sie ihr Leben geben wollte, was mich jede Relativierung, die alle Vernunft diktierte, aufgeben ließ und im Ergebnis logisch todunglücklich nur machen konnte.

All das weiß ich, habe ich oft genug durchdacht, kritisch abgewogen und verstanden. Weiß, wie gut es mir ohne den tödlichen Absolutismus geht und wie schön das relative Glück ist, was ich nach Möglichkeit genieße. Habe so gesehen alles und könnte zufrieden sein, wäre da nicht diese Sehnsucht, die nie Erfüllung finden kann und welche die von mir in so vielem verachtete Romantik erst so groß schrieb, von der ich mich als Aufklärer mit dem Verstand distanziere, die aber die Herrschaft über mein Gefühl noch nicht ganz aufgegeben hat.

Als Kantianer ist mir klar, wie unaufgeklärt und also unmündig dies absolute Gefühl ist, was nicht glücklich machen kann, sondern nur eine ewig ungestillte Sehnsucht wach hält, die logisch unfrei macht und wie habe ich mich unter dem Diktat der Launen dabei versklavt gehabt, im vermeintlichen Paradies friedlich leben zu können, um schließlich beim Einsatz der Vernunft daran zu scheitern, weil es kein realistisches Paradies geben kann, das vernünftige Kompromisse sucht, um so relativ glücklich wie möglich zu sein, sondern sogenannte große Liebe immer dramatisch und absolutistisch herrschen will, was zu einem freien Geist nie passt.

Kant hat nie geheiratet, hatte wohl ein Verhältnis mit seiner Haushälterin, doch darüber wird dezent geschwiegen, es spielt keine Rolle und er lebte seine Überzeugung in Freiheit konsequent. Denke er war dabei relativ glücklicher in Summa als diejenigen, die auf der steten Achterbahn großer Gefühle unterwegs sind, auf die ich auch für einen guten Kompromiss lieber verzichten würde, vernünftig betrachtet.

Frage mich nun, inwieweit die dennoch Sehnsucht Teil meiner Natur ist oder Resultat der Kultivierung mit der elenden Adam und Eva Geschichte, die inzwischen noch um Varianten von Romeo und Julia bereichert wurde, die aber ähnlich absolutistisch wie tödlich war, wird das Eis relativ dünn auf dem der Verstand noch steht.

Spüre mein Herz schmerzhaft schlagen bei dem Gedanken den Traum von großer Liebe endgültig zu beerdigen, um mit dem möglichen glücklich zu leben, aber höre zugleich den Verstand laut applaudieren und erleichtert seufzen. Ob das nun ganz natürlich ist, ich ein großer Liebender aus meinem Wesen heraus bin und bleiben möchte oder das nur ein Produkt meiner Prägungen und dem sozialen Traum von Familie ist, weiß ich nicht so genau zu sagen.

Vermutlich spielt beides eine Rolle. Betrachte ich mein ideales Bild von der Liebe, die eine gewollte Hingabe aneinander ist, sich gegenseitig gut will, erfordert dies absolute Freiheit und alles, was dem entgegenwirkt, kann nur schaden und sollte nicht weiter ernst genommen werden, ist eine Sklaverei des Aberglaubens, die wir endlich überwinden sollten, ich zumindest, wenn ich frei sein und glücklich leben und lieben will. Dann kann die Liebe zwar absolut sein aber ist, wenn sie es ist, im Ergebnis so ungesund wie jeder Absolutismus und sollte vergessen und überwunden werden, um frei zu sein. Sage es mir, lese es noch dreimal und vielleicht wirkt es irgendwann auf Dauer und der ungesunde Herzschlag der großen Sehnsucht hört auf, weil er nie gut tun kann, egal mit wem.

Nur so ein wenig Vorfreude und kleine Sehnsucht, im vernünftigen Ausmaß scheint mir langfristig tolerabel und ich bin gespannt, ob mein Herz so vernünftig ist, wie ich gerne wäre, um dauerhaft, glücklich zu leben. Der Absolutismus in der Liebe ist eine Krankheit, die zu häufig tödlich endet, als das er harmlos abgetan werden sollte. Es gibt nicht nur die eine, in Berlin gibt es viele wunderbare Frauen und wenn es mit einer zeitweise relativ schön und befriedigend für beide ist, wäre schon das Optimum erreicht und alles übrige fließt eben immer.

jens tuengerthal 17.8.20

Sonntag, 16. August 2020

Sommerlust

Sommer macht Lust
Durch mögliche Leichtigkeit
Sommer raubt Lust
Durch klebriges Schwitzen
Dazwischen lavieren wir
Immer mal unentschieden
Bis der Körper eben tut
Wss seine Sache ist
Nach der erotischen Natur
Die unter der Hitze
Gelegentlich zerfließt
Wie wir ineinander
Wo wir nicht zuvor schon
Im Schweiße unseres Angesichts
Voneinander abglitten
Und so fließt am Ende
Doch wieder alles

jens tuengerthal 16.8.20

Genidentität

Was macht Identität und Verwandtschaft aus?

Während der argentinischen Militärdiktatur wurden tausende Menschen ermordet und verschwanden teilweise spurlos. Ihre Kinder wurden von Angehörigen der neuen Eliten aufgenommen und als adoptierte groß gezogen, fern ihrer eigenen Familie.

Gegen diesen Kinderraub wehrten sich, wie Christina von Braun in ihrem Buch Blutsbande berichtet, die Mütter der Opfer und also die Großmütter der entführten Kinder, die nach dem Ort ihres Widerstands Madres de la Plaza de Mayo genannt wurden.

Sie setzten nach dem Ende der Diktatur in Zusammenarbeit mit Genetikern Zwangstests durch, die Gesetz wurden und mit denen sie die Kinder ihrer ermordeten Kinder in ihre Familie zurückholen wollten.

Ob das legitim und gut für die Kinder war, entschieden Gerichte, womit zumindest ein gewisser Schutz der Kinder gewährleistet wurde. Unklar ist, wie dieser Zwang zur Untersuchung der genetischen Identität für die Kinder war, die längst in einer anderen Familie aufgewachsen und integriert waren.

Hier fragt Christina von Braun vorsichtig, was familiäre Identität ausmacht, ob das Blut, also die natürliche Verwandtschaft entscheidend sein oder Familie nicht vielmehr ein soziales Konstrukt ist, unabhängig von genetischer Verwandtschaft, wie es die Sozialwissenschaften ohnehin eher vertreten.

Würden diese Kinder dann nochmal zu Opfern der längst beendeten Diktatur, wenn sie, um nachträglicher Gerechtigkeit wegen, aus ihrer nahen sozialen Familie gerissen würden und dafür in die ihnen sozial ferne genetischen Familie müssen?

Dies scheint auf der einen Seite natürlich und gerecht, es ist ja die Familie, in die sie hinein geboren wurden. Andererseits haben sie mit der natürlichen Familie keine soziale Beziehung, werden also in eine fremde Welt gestoßen, was traumatische Folgen haben kann.

Was macht ihre Identität aus und wer sind sie wirklich?

Familie ist eben immer auch der soziale Zusammenhang, in dem wir aufwuchsen und der uns damit geprägt hat. Habe immer versucht, meine Partnerinnen in meine Familie zu integrieren. Dabei aber auch Fälle erlebt, wo das einseitig war, weil sie nichts mit ihrer Familie zu tun haben wollten, weil diese ihnen angeblich nicht gut tat. Was ich immer akzeptierte, wenn auch unwillig, was blieb mir auch übrig, fand es aber immer komisch und letztlich fehlte damit eine wichtige Bindung an die eigenen Wurzeln. Es ging in diesen Fällen im Ergebnis nie gut, dahingestellt ob es allein daran lag.

Für mich ist Familie wichtig für das Verständnis meiner Identität, erklärt mir vieles über mich, meine Neigungen wie meine Aversionen. Ohne dieses Wissen und diesen Zusammenhang würde mir etwas fehlen.

Ob dieser allerdings aus der genetischen Nähe resultiert oder aus dem sozialen Kontext der Großfamilie resultiert, in dem ich aufwuchs, wüsste ich nicht zu sagen. In meiner Erinnerung sind es die sozialen Ereignisse und der Kontext, in dem ich aufwuchs.

Es taucht bestimmtes Verhalten in  meiner Familie über Generationen immer wieder auf. Von der Neigung zur Rührung bis zur Cholerik. Ob dies nach Vorbild angenommen oder durch die Gene zumindest mitbedingt ist, wüsste ich nicht zu sagen. Für beides spricht einiges.

Erst, indem ich mich etwa dem Element der Cholerik bewusst stellte, konnte ich es weitergehend überwinden, was für eine Prägung durch Erfahrung spricht. Indem ich nun darüber schreibe, wird der Prozess noch offener und klarer - aber es wird dieses Jekyll und Hyde Element auch wieder wie eine Urkraft spürbar, der ich quasi ausgeliefert war, wenn sie auftrat ohne bewusste Möglichkeit der Steuerung, was sehr für eine Anlage spricht.

Denke, es ist wichtig für Menschen auch ihre natürliche Herkunft zu kennen, um sich ganz zu verstehen. Aber die soziale Prägung wirkt sicher in noch mehr Bereichen. 

Vielleicht können wir uns eine Familie aussuchen, wenn wir, warum auch immer, mit der natürlichen nicht klarkommen. So wie viele von uns auch irgendwann eine eigene Familie mit ausgesuchtem Partner gründen. Dennoch bleibt manches in uns, das die Identität bis zur Symbiose ausmacht, was wir durch Anlagen geerbt haben. Beides macht erst kumulativ unser Sein aus, warum im argentinischen Beispiel auch die zwangsweise Rückführung, so gerecht sie scheint, mehr Probleme verursachen, als lösen könnte.

Es gibt in diesem komplexen Bereich keine einfachen Antworten aber viele offene Fragen, warum wir vermutlich am besten im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände entscheiden, statt auf klare und einfache Lösungen zu hoffen. Weil wir alle und das Leben eben komplex und kompliziert ist, braucht es viel Vorsicht, so gerecht wie nur möglich zu handeln.

jens tuengerthal 16.8.20

Samstag, 15. August 2020

Sexgefühl

Sex braucht keine Liebe, funktioniert auch ohne gut, manchmal sogar besser, weil dieses große und komplexe Gefühl, was so oft mit Erwartungen verbunden ist, im Zweifel vieles mit sich bringt, was beim Sex stören kann und den nötigen Egoismus eher behindert. Darüber schrieb ich schon in einem Essay und dazu möchte ich gar nicht viel sagen an dieser Stelle. Hatte schon ganz hervorragenden Sex ohne große Liebe, wenn auch den besten meist mit, weil Sex eben auf Dauer immer besser wird, Übung den Meister macht und dabei es langfristig miteinander zu tun und auszuhalten, hilft eben die Liebe. Allerdings ist die Gewohnheit auch der größte Feind der Erotik und die schleicht sich in Partnerschaften zu gerne ein, wobei dann Lust durch Liebe ersetzt wird und keiner mehr zufrieden ist. Warum beim egoistischen Streben nach Befriedigung die altruistische Liebe, die dem Partner sich schenken möchte, im Weg stehen kann, kennt wer jemals liebte und damit an seine körperlichen Grenzen stieß. Habe diese Erfahrung mit proportional zur Größe der Empfindung gegenläufig abnehmenden Potenz kennengelernt und habe lange gebraucht, es zu verstehen und dagegen wirken zu können. Es ist vermutlich völlig normal und leichter lässt sich damit umgehen, würde ich nach meiner geringen Erfahrung vermuten, wenn die Partner offen darüber reden.

Wie wichtig beim Sex die Kenntnis der Anatomie ist, besonders der wesentlich komplexeren weiblichen, habe ich auch bereits an anderer Stelle zum nervus pudendus, dem innen liegenden Schlüssel zur weiblichen Sexualität, dessen Schwellkörper und dessen Potenz jeden Mann blass aussehen lässt, ausführlich beschrieben, auch dazu an dieser Stelle kein weiteres Wort. Wobei ich die Beschäftigung mit diesem genialen Nerv, seinem Verlauf und seinen Fähigkeiten für enorm wichtig zum technischen Verständnis des Sex halte, wie er funktioniert und warum manches anatomisch wichtig ist, was Männer fälschlich mit ihrer schlichten anatomischen Konstruktion für emotionalen Kitsch halten, um dieses geniale Nervenbündel seine volle Lust und Fähigkeit entfalten zu lassen.

Doch mit diesem letzten Satz bin ich ganz unauffällig beim Thema dieses Essays gelandet, dem richtigen Gefühl beim Sex, was den guten Liebhaber vom schlichten Mechaniker unterscheidet, der Knöpfchen drückt und auf das entsprechende Ergebnis hofft, was sich dann aber selten so einstellt, weil beziehungslose sexuelle Akte eben gefühllose Mechanik sind, ihnen das Moment der Zugewandtheit fehlt, die das Vertrauen bringt, was eine Öffnung ermöglicht, die im Beben ihre höchste Erfüllung am Ende zeigt.

Könnte auch, nachdem ich mit mehr als einer Frau Sex in den letzten 40 Jahren hatte, nicht sicher sagen, was der entscheidende Punkt ist, auf den es ankommt, eine Frau sexuell zu erregen. Würde eher sagen, es ist nahezu bei jeder anders und dazu noch reagieren alle unterschiedlich nach Zeitpunkt der Berührung. Eine Klitoris zu rubbeln, wie es beim männlichen Glied relativ schlicht funktionieren kann, funktioniert nie einfach so und wenn sind mechanisch stärkere Berührungen nur im Zustand hoher Erregung angemessen.

Die Berührung und was als gut und schön empfunden wird, verändert sich im Laufe des Sex - wenn Mann sich nur merkt mit welcher Bewegung er sie das letzte mal zum Höhepunkt gebracht hat, wird er damit sicher keinen Erfolg haben, wenn er, sogar beim gleichen Gegenüber, versucht die Erregung zu wecken, was eben mechanisch völlig andere Berührungen erfordert. 

Dies muss vorsichtig ertastet werden, kann je nach Verlauf des Zyklus, emotionaler Stimmung, Wetter, voriger Erregung und vieler anderer mir ohnehin nicht ersichtlicher Gründe, wer wäre ich, zu glauben, ich könnte eine Frau wirklich verstehen, wo ich sie bewundern und lieben kann, wäre es genug, anders sein. Manche mögen keine direkte Berührung ihrer Klitoris, andere nur hoch erregt, einige genau dann nicht, aber dafür die indirekte Stimulation und auch da unterscheidet sich die gewünschte Intensität von Moment zu Moment und es gibt kein Schema, was Männer sich so gerne wünschen, um es einfach zu haben, wie es richtig wäre. Es ist ein lebendiger Prozess an dem sehr viel hängt auch an Gefühl, Angst, gesellschaftlichen Erwartung, Zweifeln, Sehnsüchten, dem Drang gefallen zu wollen und manches anderes mehr, was meinen schlichten Horizont vermutlich weit übersteigt.

Auch darum würde ich nie von mir sagen, ich wüsste, wie eine Frau zu befriedigen oder anzufassen ist. Das weiß keiner, vermutlich nicht mal sie selber immer, sondern das hängt an einer ganz komplexen Gemengelage auf die wir uns vorsichtig und eben mit Gefühl einlassen können, um gemeinsam Lust zu entwickeln. Frage gerne beim Sex, ob meine Partnerin dieses oder jenes besonders mag, es so schöner ist, wenn es nicht schon ihre Reaktion in Atmung und muskulärer Anspannung offenbart, was zumindest die Chance erhöht, nicht völlig falsch zu liegen.

Es gibt da nichts, was immer gilt oder immer funktioniert. Aber immer braucht es dafür viel Gefühl und die Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen, um genießen zu können, was sein kann. Genau darum braucht guter Sex viel Gefühl und Offenheit für den anderen in seiner Situation.

Es führt nicht weiter, wenn Mann etwa seine Finger in die noch kaum erregte Scheide der Frau steckt, um auf den angeblichen G-Punkt zu drücken, den es ohnehin nicht gibt, weil der nervus pudendus eben nur im erregten Zustand und bei einem ganz geringen Anteil von Frauen überhaupt vaginal stimulierbar ist. Aber wer mit Gefühl und im richtigen Tempo, was auch je nach Situation anders sein kann, die genügende Erregung beim Gegenüber erreicht hat, kann auch an Stellen erregen, von denen der andere vorher nichts ahnte.

Ein Beispiel wäre die Stelle, an der bei Frauen der nervus pudendus in die Wirbelsäule übergeht, was auch nicht überall gleich ist, sondern vorsichtig dort gesucht werden kann, wo das Gesäß sich zu teilen beginnt am Ende der Wirbelsäule und wo eine indirekte vorsichtige Massage die gleiche Wirkung haben kann wie ein feinfühliges Lecken der Klitoris, sich nach Auskunft der Frauen nur durch die indirekte Stimulation sensationell überraschend schön anfühlen soll, was wiederum zeigt, es gibt beim Sex viele Umwege und indirekte Wege, die neue schöne Arten der Erregung wecken können, für die es aber eben viel Gefühl braucht.

Auch dieser Punkt am Ende der Wirbelsäule führt, wie die vordere Perle selbst, bei falscher, zu grober oder zu sanfter Berührung je nach Zeitpunkt, zu keinerlei Erregung. Dafür ein Gefühl zu entwickeln, nie zu meinen, sicher zu wissen, wie Frau funktionierte oder welche Knöpfe gedrückt werden müssten, ist, aus meiner geringen Erfahrung, die hohe Kunst beim Sex, der sich auf das Gegenüber einlässt, es wahrnimmt und sich eben feinfühlig um dessen Erregung bemüht. Dabei heißt feinfühlig immer auch, im entscheidenden Moment auch mal kräftiger oder grober sein sollen aber eben genau dann, nicht davor und nicht danach.

Guter Sex ist für mich darum immer ein Balanceakt auf dem Hochseil, bei dem du nie weißt, was als nächstes nötig oder richtig ist und dabei hilft auch alle Erfahrung nichts, weil jede Frau in jedem Moment anders reagiert, auch wenn es gewisse Ähnlichkeiten aufgrund der anatomischen Nähe schon gibt, verbietet sich jedes Schema, sondern die Kunst besteht genau darin, die richtigen mechanischen Bewegungen im richtigen Moment zu machen, was keiner vorausberechnen oder wissen kann, sondern worauf du dich eben mit Sexgefühl einstellen musst. Es gibt keinen situativen Ratgeber, dieses Buch wäre zu dick und zu komplex, da müssen wir uns auf unser Gefühl verlassen.

Vermute, das Gefühl am wichtigsten für das gute Zusammenspiel ist, auch wenn es manchmal nach der Natur einfach so funktioniert, weil es passt, beide in einem ähnlichen Erregungszustand sind oder warum auch immer, ist die Voraussetzung der Harmonie ein Gefühl füreinander, wie ein sich einlassen aufeinander. Dies verbunden mit guter Kenntnis der Anatomie, die Männern zumindest das Gefühl theoretischer Sicherheit gibt, was viele an Betriebsanleitungen so lieben und warum sich mancher Mann schon eine Betriebsanleitung für die weibliche Sexualität gewünscht hat.

Die meisten von uns wollen es ja gerne gut machen und ihre Partnerin befriedigen, ihr das Gefühl größten Glücks schenken und hätten darum gerne eine Art Schaltplan. Als ich anfing mich mit dem nervus pudendus und seinen neurologischen Funktionen zu beschäftigen, war ich zuerst auch völlig euphorisch und dachte nun den Punkt gefunden zu haben, mit dem weibliche Sexualität auf Knopfdruck funktioniert. Hielt die Funktion des Nervs typisch männlich für einen Schaltplan.

Den gibt es aber nicht, Auch wenn du anatomisch alles richtig machst und eine genaue Kenntnis der komplexen weiblichen Anatomie ist sicher eine Hilfe, es zu verstehen, kann ohne das richtige Gefühl für die richtige Situation alles schief gehen, dann passiert nichts. Es gibt nichts, was immer funktioniert und immer richtig wäre. In jeder Situation kann je nach Zeitpunkt, Bedingungen und vielem mehr, alles anders sein. Darum ist es so wichtig, nach meiner Erfahrung, die zugegeben überschaubar ist und weit unter 500 Beispielen liegt, sich auf die Situation einzulassen, nichts zu erwarten, sondern sich vorsichtig voran zu tasten, im wahrsten Sinne des Wortes, um ein Gefühl füreinander zu entwickeln, was beim one night stand selten nur gelingen kann.

Es braucht nicht viel Erfahrung für guten Sex, schadet zwar vermutlich nicht aber kann auch abstumpfen und mechanisch werden lassen, sondern ein Gefühl füreinander und Offenheit für die Empfindungen des Gegenübers. Sich darauf fragend und neugierig jedesmal wieder einzulassen, um mit jeder Begegnung Neuland zu erobern, weil zumindest jede Frau anders als die andere ist, scheint mir die Basis für guten Sex, der eben viel Gefühl dabei braucht. Das muss keine Liebe sein, was aber auch nicht schaden muss, es manchen sogar leichter macht, sich insoweit auch gegen moralische Skrupel zu öffnen, um einander gut zu tun. Wichtig ist nur mit viel Gefühl bei der Sache zu sein, um einander erspüren zu können, sich nicht nur ineinander irgendwie zu befriedigen, sondern wirklich Sex miteinander zu haben, was eine der schönsten Erfahrungen überhaupt sein kann. Liebe ist kein Muss beim Sex, Gefühl schon und alles andere ergibt sich aus der Bereitschaft aufmerksam aufeinander zu sein.

jens tuengerthal 15.7.20

Freitag, 14. August 2020

Erbgutkapital

Ist unser Erbgut ein kapitaler Wert?

Die Isländer haben ein Buch der Isländer online verfasst, indem alle Inselbewohner mit ihren Vorfahren und ihren genetischen Belastungen und Verwandtschaften erfasst sind. Auf dieses Buch hat jeder Zugriff, der einen isländischen Pass hat und kann sich mit dessen Nummer dort einloggen. Betrieben wird es von einer Firma, die mit den Daten Geld verdient. Wie Isländer sich davor schützen können durch die dort hinterlegten Daten je benachteiligt zu werden, weiß ich nicht, könnte aber spannend werden etwa im Bereich Krankenversicherung, womit wir schon im Bereich Kapital und Kosten sind.

Mit der Entschlüsselung unseres Erbguts tauchten viele neue Firmen auf, die auf dem riesigen Markt der Gentechnik schnelles Geld witterten und verdienten. In Europa obliegen sie teilweise, wie in Deutschland wesentlich strengeren Beschränkungen als etwa in den USA, auch Großbritannien ist in der Gentechnik liberaler als Zentraleuropa bisher.

Das Kapital für die Forschung am Genom muss aufgebracht werden und wer der Industrie schneller interessantere Ergebnisse liefern kann, bekommt mehr Drittmittel und die Höhe dieser Mittel wiederum entscheidet auch über die Höhe der staatlichen Förderung, womit die für den Markt interessanteste Forschung am leichtesten die höchsten Mittel akquirieren kann. Dahingestellt, ob das im Interesse der Wissenschaft oder der dies fördernden Gesellschaften ist, die sich von der Förderung die bessere Heilung von Krankheiten oder erblicher Schäden erhofft, von der sonstigen Grünen-Gentechnik hier einmal ganz abgesehen.

Manche fürchten, wir öffneten mit der Gentechnik die Büchse der Pandora oder nutzten als Zauberlehrlinge, den Besen, den wir nicht beherrschen. Es wird in der neuesten Forschung natürlich Neuland erkundet, dessen Folgen wir noch nicht ganz absehen können. Damit könnten wir ein hohes Risiko eingehen, falls kleine Veränderungen etwa am Erbgut, größere und gravierendere Folgen haben, als wir bisher absehen oder kalkulieren können, weil unser Horizont diesbezüglich noch nicht weit genug sein kann, weil wir noch nicht das ganze Zusammenspiel der verschiedenen biochemischen und neuronalen Verbindungen dort überblicken können, nur kleine Ausschnitte zu verstehen beginnen, mit denen wir aber am ganzen Körper arbeiten, ohne die Folgen vollständig kalkulieren zu können.

Damit werden Experimente an Menschen durchgeführt, die für die ganze Menschheit folgen haben könnten, von denen wir noch nichts ahnen, was klar gegen eine Anwendung am Menschen nach bisherigen Status des Wissens spräche.

Andererseits bietet die Gentechnik und die Arbeit mit dem Erbgut die Chance viele unheilbare und tödliche Krankheiten endlich behandeln, Patienten heilen zu können. Wie könnte nicht alles unternommen werden, um tausende Menschenleben zu retten, sei es bei der Behandlung von Krebs, AIDS oder aktuell Covid19 und seinen Varianten, über die wir auch noch wenig wissen, wäre die andere Frage, beginge nicht unterlassene Hilfeleistung, wer da die Forschung auch mit halbem Wissen unterließe, die so große Chancen uns bietet?

Auf dieser ethisch problematischen Basis, die keine sicheren Antworten geben kann, sondern eine Abwägung verschiedener suboptimaler Lösungen immer sein muss, die den besten und menschlichsten Kompromiss suchen, agieren nun am Kapitalmarkt notierte und erfolgreiche Unternehmen, die den möglichst größten Gewinn versprechen sollen, um so Anleger zur Investition zu locken. Sie verdienen Geld mit dem Wissen über das Erbgut und den Möglichkeiten dieses zu verändern, wofür Firmen Medikamente entwickeln oder Methoden des direkten Zugriffs geben.

Neuerdings wird immer mehr Geld heute von Unternehmen verdient, die uns vorgaukeln, sie könnten uns genaue Informationen über unsere genetische Herkunft geben, aus welchen Teilen also unser Erbgut zusammengesetzt und für welche angeblichen Rassen oder Regionen das spezifisch sein soll. Warum eine solche rassistische Praxis legal ist, die noch dazu bei zu geringer Tatsachengrundlage falsche Informationen vortäuscht, dafür aber Unmengen an Informationen über Erbgut von dafür noch bereitwillig zahlenden Kunden erhält, ist mir nicht ersichtlich. Diese neue genetische Familienforschung steht in bester Tradition der Nürnberger Gesetze und gehört, auch wenn sie nichts als saubere Gentechnik anwendet, dringend sanktioniert, da sie Rassismus und genetische Separierung unter dem vorgetäuschten Mantel der Aufklärung fördert.

Fragwürdig aber könnte auch sein, dass Firmen mit der Entschlüsselung des Erbguts Geld verdienen wollen und damit dem, was unser ureigenstes Erbmaterial ist, aus dem jede Zelle entsteht. Im Zeitalter des Internets ist Information und die Fähigkeit sie zur Verfügung zu stellen, das größte Kapital, wie wir an einem Unternehmen wie Google sehen können. 

Wem aber gehört das Erbgut, wenn nicht jedem einzelnen Menschen selbst?

Ist die Fähigkeit darin lesen zu können, mehr als eine Kulturtechnik, die jeder nutzen dürfen sollte wie Lesen und Schreiben?

Kann, wie es bisher schon in der Grünen-Gentechnik geschieht, an einem entdeckten Genom ein Patent angemeldet werden, damit dessen Nutzung und der daraus gezogene Gewinn einem Unternehmen zusteht oder gehört dies den einzelnen Menschen als lebenden Eigentümern?

Sofern damit dem Unternehmertum und der Forschung vorrangig Schutz vor dem Recht der Einzelnen an ihrem Genom gegeben würde, verlören diese damit das Eigentum und also auch das Recht, damit Gewinn zu erzielen an ihren eigenen Körper, damit gehörte die Kenntnis über die Zusammensetzung als Wissensschatz einem anderen und wir hätten dann, seit Abschaffung der Sklaverei erstmals wieder, eine neue Form fremden Eigentums am eigenen Körper, was sich scheinbar viele in den Auswirkungen noch nicht klar gemacht haben.

Schon die Grüne-Gentechnik hat vorgemacht, was passiert, wenn Unternehmen plötzlich Eigentum an von Ureinwohnern seit Generationen genutzten Pflanzen haben, welche Macht sie damit erwerben und wie sehr sie damit gegen den Gleichheitsgrundsatz und das selbstbestimmte Leben verstoßen hinsichtlich der Nahrungsmittel, die genutzt werden, des Saatguts, seiner Zusammensetzung und vieler anderer Bereiche.

Dies hat in der Landwirtschaft andererseits große Vorteile, macht die Verwendung von Giften unnötig und bietet größere Sicherheit bei den Ernten, die nicht mehr so schnell Schädlingen oder Veränderungen des Klimas zum Opfer fallen. Insofern die Erforschung teuer und aufwendig ist und eben zu einem nicht geringen Teil auch von Firmen bezahlt wird, ist es systemimmanent logisch, dass diese versuchen, den maximalen Gewinn dabei zu realisieren, um auf ihre Kosten zu kommen.

Fraglich jedoch sollte hier, wie noch viel mehr beim menschlichen Genom sein, wie die Gewinne zu verteilen sind und wie hoch der Anteil derjenigen sein müsste, deren Genom erforscht wird, ob die für sonstiges Eigentum geltenden Rechte hier noch anwendbar sind. Auch bei der Grünen-Gentechnik und ihren Folgen merken wir schon, dass die Arbeit am Erbgut unser ethisches System an seine Grenzen bringt und die Regeln des bürgerlichen Rechts nicht einfach übertragbar sein können auf die Natur.  

Es wird für die großen Krankheiten, mit denen sich die Menschheit in unseren Tagen quält, vermutlich keine Lösung ohne Gentechnik geben. Fraglich ob solche Hilfe oder heilende Medikamente, wie es längst der Fall ist, Eigentum von Firmen sein darf, die den Zugriff im eigenen Interesse nach den Gesetzen des Kapitalmarkts organisieren müssen, um ihren Gewinn im Interesse ihrer Anleger zu optimieren. Die dabei widerstreitenden Interessen ähneln denen bei der Kollision von Grundrechten. Das Eigentum des Investors, der sein Kapital möglichst optimal nutzen muss, stößt mit dem Eigentum am eigenen Körper zusammen, was, wäre es nicht so absurd, weil es ja um die menschliche Existenz geht, die es ohne Körper nicht gibt, noch zur Not auf einer Ebene diskutiert werden könnte.

Ob dabei das vorrangige Eigentum des Inhabers der Genome seines Körpers, Vorrang vor dem Wert des Wissens haben muss, das ihn retten soll, könnte juristisch sogar strittig sein. Unstrittig aber sollte sein, dass der Schutz des Lebens Vorrang vor dem des Eigentums hat, was die anderen Diskussionen überflüssig machte, sofern es hier einschlägig wäre. Vielleicht bietet der Schutz des Lebens und die Anerkennung des Eigentums am eigenen Körper, den Schlüssel zur Klärung der Verhältnisse auf lange Sicht und auch der manchmal erstaunlichen Verquickung von Medizin und Industrie, die eigentlich gegenläufige Interessen verfolgen müssten, folgte der Arzt noch den Prinzipien des Hippokrates.

Wir tragen alle unser Erbgut in uns und sollten uns des Wertes dieses Kapitals so bewusst sein, dass dieser auch einen Anspruch auf Beteiligung und Vergütung geben müsste, sofern wir die Regeln des Marktes im Bereich der Gesundheit für gut und zulässig halten, was jedoch mangels tauglicher Alternativen gerade keine weiterführende Diskussion wäre, also dahinstehen kann, sie gelten, auch wenn wir sie fragwürdig finden und es braucht also eine entsprechende Lösung statt absurder antikapitalistischer Rhetorik. Eine Lösung könnte es sein, die Bürger am Gewinn zu beteiligen oder die kostenlose Nutzung der aus dem Genom und seiner Kenntnis gewonnenen Produkte zu garantieren, was zwar den Gewinn der beteiligten Firmen verringerte aber dafür das Gesundheitssystem entlastete, ohne den Markt gleich völlig infrage zu stellen - vor allem auf Grundlage eines eigenen Rechts, die Position der Bürger gegenüber Staat und Industrie stärkte, was endlich wieder liberale Freiheitsrechte ohne den Schrei nach dem Sozialstaat stärkte.

Es gibt den Kapitalmarkt und er gibt auch viele Chancen, Dinge zu realisieren. Dagegen zu argumentieren, dass Unternehmen Gewinne machen wollen, weil wir es ethisch fragwürdig finden, führt selten langfristig weiter. Die Gewinne und den Markt zu nutzen, um die Beteiligung zu verbessern, böte der Gesellschaft dagegen eine Chance, die nachhaltiger gerecht sein könnte, als die vielen schief gegangenen Versuche in den Fußstapfen von Marx & Co in den letzten 100 Jahren. So betrachtet liegt in der unternehmerischen Nutzung des menschlichen Genoms vielleicht eine Chance für eine Stabilisierung der Demokratie und der Gesellschaft, die höher sein könnte als das momentane ethische Risiko des Umgangs damit bei unklarer Tatsachengrundlage, sofern wir es wagen den Gedanken des Eigentums am Genom zu Ende zu denken, liegt es nahe, die damit erzielten Gewinne gerecht zu verteilen, ohne dafür den Markt infrage stellen zu müssen.

jens tuengerthal 14.8.20

Mauerbauern

Gestern erinnerte Berlin
An den Mauerbau noch
Heute möchte ich gerne
Wenn auch irgendwie ungern
Mal wieder daran erinnern
Dass die Erben derjenigen
Die Mauern bauten sich
Heute Linke nennen nur
Zum Glück Opposition sind
Im Bund noch aber längst
Regierung in Berlin wurden
Wer sie wählt wählt damit
Die Erbauer der Mauer
Wie ihre Erben mit die einst
Die bürgerliche Kultur in
Ostelbien nachhaltig zerstörten
Für eine totalitäre Ideologie
Die Saat diese Mauer sitzt
Tief noch in den Köpfen
Wer heute mit deren Erben
Koaliert ist für Bürger unwählbar
Verspottet damit die Mauer
Wie deren Opfer alle noch
Ideologie verharmlosen weil
Wo links genannt tolerabel
Zeugt nur von Blindheit
Auf einem Auge die leider
Zunehmend normal wird
Sozialismus war immer totalitär
Gleicht darin anderen Ideologien
Verteidigen wir in Erinnerung
An die Mauer lieber die Freiheit
Statt deren Erben zu tolerieren
Damit der Spuk ein Ende findet

jens tuengerthal 14.8.20

Donnerstag, 13. August 2020

Blutgeld

Wie sehr ist unser Körper Kapital geworden?

Blutgeld meinte im germanischen Recht den Betrag, den ein Täter an die Angehörigen seines getöteten Opfers zahlen musste, andererseits wird damit heute noch der Belohnung bezeichnet, die derjenige bekommt, der einen Mörder oder sonstigen Verbrecher anzeigt.

Im Neuen Testament wird das Geld, was Judas für den Verrat Jesu erhält auch als Blutgeld bezeichnet, jedoch handelt es sich dabei lediglich um Bestechungsgeld, weil Judas keinen Straftäter verriet, worüber heute vermutlich gestritten würde, da Jesus als permanenter Unruhestifter auch als Terrorist gelten könnte, wie Dostojewski schon so stark in seinem Großinquisitor vorführte.

So betrachtet hat der Körper schon lange einen Wert, der als berechenbar gilt. Das Leben eines Europäers ist etwa 1,6 Millionen Euro wert, das eines Afrikaners vor Ort deutlich weniger, wie Gerichte durchschnittlich entscheiden.

Darüber hinaus aber hat der Handel mit Organen und anderen Körperprodukten wie Blut, Sperma und Eizellen einen ganz eigenen Markt geschaffen, der vielfach längst an der Börse notiert, auch Gegenstand der Spekulation am Kapitalmarkt ist.

Auf diese Verquickung, die in Europa teilweise bei Organen und Eizellen aus moralischen Gründen beschränkt wurde, weist Christina von Braun in ihrem Buch Blutspuren hin und zeigt damit, was Blutgeld heute eigentlich ist.

Von den 148.000 Blutspenden, die patriotische Amerikaner nach 9/11 wirklich spendeten, wurden nur etwa 248 für die Versorgung der Opfer verwendet. Der weitaus größere Teil ging in die Blutindustrie, die das Plasma für Medikamente und zu sonstigen Zwecken verwendete, daran gut verdiente.

Der Markt auch für eigene organische Produkte und das eigentlich Eigentum der sogenannten Spender wie ihre weitergehende Haftung bei Spermien und Eizellen, der sich viele nicht bewusst sind, könnte auf einen freiheitlichen Umgang damit hindeuten, den es aber de facto nicht gibt.

Tatsächlich heißen die Empfänger von Blut, Eizellen und Sperma nicht umsonst Blut- bzw. Samenbanken. Diese und die Industrie dahinter verdienen gut auf dem Markt, Kunden zahlen reichlich. Die eigentlich Eigentümer der Körper aber werden ganz passend Spender genannt, bekommen nur einen kleinen Obolus für ihre Körpersäfte und zählen oft zu den Ärmsten der Gesellschaft. Entsprechend sind die Spenderzentren in den USA meist in den ärmsten Gegenden angesiedelt.

So bildet das Blutgeld am Kapitalmarkt die tatsächlichen sozialen Verhältnisse nur ab. Fraglich wäre, was eine gerechte Alternative wäre und wie die sogenannten Spender gerecht beteiligt werden könnten am Gewinn, der mit ihren Körperprodukten erzielt wird.

Hier könnte fortbestehendes Eigentum eine Lösung anbieten oder eine Beschränkung des Marktes, die aber vermutlich wirkungslos auf dem Weltmarkt verhallte, solange dieser keiner einheitlichen ethischen Kontrolle unterliegt.

Blut, das unser Lebenssaft ist, gerne zur Bezeichnung von Verwantschaft genutzt wird, ist so auch zum Produkt des mächtigen Kapitalmarktes geworden. Fragen wir uns noch oft genug, was unser Menschsein ausmacht und ob wirklich alles am Markt handelbar sein muss?

Wer könnte Grenzen ziehen, wenn wir ethisch der Meinung sind das nicht?

Trage seit Jahren natürlich einen Organspenderausweis, finde das richtig und vernünftig, mit meiner Leiche kann die Wissenschaft machen, was sie will. Aber gehörten nicht meine Erben zumindest dafür angemessen entschädigt?

Kann es richtig sein, dass wir Individuen als edle Spender gehalten werden, während Banken mit unserem Körper viel Geld verdienen?

Es stellen sich viele Fragen zum Blut heute neu, vor allem aber, wie wollen wir leben und welche Werte bestimmen unser Sein.

jens tuengerthal 13.8.20

Klimareisen

Corona machte allen deutlich
Die Zeit des Reisens ist vorbei
Manche brauchen noch etwas
Bis sie die neue Zeit verstehen
Hoffen es geht weiter wie zuvor
Doch das weiter so scheitert
Spätestens am Klimawandel
Wenn nicht zuvor die Seuchen
Alle Uneinsichtigen dahinraffen
Natur sich damit selbst heilt
Wird der Klimawandel mit stets
Neuen Katastrophen aufräumen
Unter den noch Überlebenden
Warum es Zeit ist für endlich
Klimaneutrales Reisen ohne
Sich wegzubewegen mit den
Schon gedruckten Büchern
Was Menschen mit Geist genügt
Bei denen ohne hilft auch kein
Reisen für weiteren Horizont
Wie lange es noch dauern wird
Bis sich die Vernunft durchsetzt
Entscheidet darüber wieviele
Menschen noch geopfert werden
Für ein untaugliches Vergnügen
Mit unkalkulierbarem Risiko
Wer weitermacht tötet also
Was Verantwortung weckte
Bei denen die es fühlen denn
Reisen ist schlicht asozial
Bücher gefährden niemand
Erweitern Horizonte nachhaltig
Reisen um die Welt stehen
Bei mir zahlreich im Regal
Andere waren bereits überall
Nachäffen oder hinterherlaufen
Um sich als Forscher zu fühlen
Ist ein zu lächerliches Hobby
Dafür weiter Leben zu opfern
Das Klima mehr zu gefährden
Ist bestenfalls unverantwortlich
Lest lieber Bücher anstatt
Die Zeit der Reisen ist vorbei
Erobern wir das Leseland mit
Klimaneutralen Reisen die
Für Generationen gedruckt
Schon lange bereitstehen
Wirklich den Horizont erweitern
Die Chancen stehen sehr gut
Dass dann mehr bei sich
Endlich ankommen

jens tuengerthal 13.8.20

Mittwoch, 12. August 2020

Flaneurlust

Den Flaneur reizt der Blick
Ihn befriedigt es flanierend
Sinnlich schönes zu entdecken
Es ist die Liebe auf einen Blick
Ohne jede Berührung betasten
Nur die Augen das Objekt der
Vorübereilenden Begierde in
Der rastlosen Großstadt die
Immer beschäftigt schon im
Wesen Kontrapunkt der stets
Schwebenden Leichtigkeit des
Bindungslos verbindlichen
Flaneurs als Gentleman ist
Dessen Lust ihren Gipfel
Allein in Blicken wie Gedanken
Als orgiastisches Verweilen
Im Glück des Seins findet

jens tuengerthal 12.8.20

Sommererotik

Der Sommer zeigt sich am Ende
Nochmal besonders heiß was zu
Leichterer Kleidung Lust macht
Es so doppelt heißer werden lässt
Am liebsten wären die meisten
Ganz nackt statt zu schwitzen
Was Natur aber keine Erotik wäre
Doch zeigt was guter Sitten wegen
Noch gerade getragen wird mehr
Als es verbirgt und erhöht noch
Den Reiz beim Gang um den Platz
Wo mehr oder weniger spärlich
Bekleidete schöne Menschen 
Andere übersehe ich einfach
Sehe nur viele Schöne um mich
Mehr von sich zeigen als sonst
Zwar lässt schon die Vorstellung
Sich wildem Sex hinzugeben
Schon zu sehr schwitzen als das
Die Ausführung hier nötig wäre
Der Reiz bleibt bloß visuell als
Erotischer Augenblick verfliegend
Doch freut sich das Auge um so
Mehr am hier und dort Tiefblick
Oder den Kurven umspielenden
Stofffetzen die Wäsche zeigen
Was manche nur in kauf nehmen
Nutzen andere sichtbar verspielt
Zu zeigen was sie zu bieten haben
Auf diesem städtischen Marktplatz
Der Sommererotik den der Flaneur
Genüsslich mit offenen Augen wie
Freude am Detail nun umschlich
Langsam genug nicht zu zerfließen
Rasch genug nicht aufzufallen
Manchmal erschöpfte oder freche
Blicke lächelnd erwidernd ohne
Jede weitere Absicht zeigt sich
Berlin von seiner schönsten Seite
Wenn hinter der nächsten Ecke
Sichtbare Kurven stoffumspielt nur
Mehr zeigen als verbergen weißt du
Wieder wie schön das Leben doch
In dieser Stadt im Sommer sein kann
Im berührungslosen Genuss der die
Erotik des Sommers fliegen lässt

jens tuengerthal 12.8.20

Aufklärungsgefühl

Mit Martin Mosebach über die Aufklärung und ihre führenden Köpfe zu lesen, ist ein wenig wie mit dem abgedankten Papst über erotische Literatur zu debattieren. Da schreibt ein hochgebildeter Mann aus bestem bürgerlichem Haus, der genau darauf auch wert legt aber zugleich eben auch ein erzkatholischer Anhänger der lateinischen Messe und der Rückkehr hinter die Reformen des II. Vatikanum ist, der Antiaufklärer schechthin, der noch Nicolaz Goméz Davila traf und den konservativen kolumbianischen Aphoristiker sehr verehrt, der die Aufklärung als geistiges Grauen behandelt für seine Werte, als leichtfertige Bewegung, die nichts als Unruhe in die von Gott für ihn festgefügte Welt brachte.

Nun ein sprachlich so brillantes wie teuflisches Essay in dem Band Schöne Literatur gelesen über die Herausgabe der Briefe von Madame du Châtelet, der Geliebten Voltaires, die bei der Geburt des Kindes schließlich starb, dass ihr ein wesentlich jüngerer Liebhaber machte, den sie, wie Mosebach genüsslich zitiert, bis zum Wahnsinn liebte, ohne dass es diesen größer tangierte, da dieser, die von ihr auch im Titel dieser Ausgabe propagierte Kunst, etwas weniger zu lieben, wohl beherrschte, die den Liebenden die Kontrolle und die Macht lässt, die ansonsten so gerne völlig verloren geht.

Da ist die Châtelet ganz Dame ihrer Zeit und Kind der Aufklärung, verficht die Grundsätze ihres lange Geliebten Voltaire, der sie doch eines Tages verließ, die Übersetzerin Newtons, kluge Mathematikerin und Mitarbeiterin unter anderem d’Alemberts und Diderots an der Encyklopädie, auch wenn sie wie in ihren Briefen lesbar Mensch und an der Liebe leidend ist, hält sie noch prinzipiell die Grundsätze der Vernunft hoch und erkennt wie wenig Rettung die Liebe und der Wahnsinn bieten, auch wenn sie, allzumenschlich in ihren Briefen, diesem gelegentlich verfällt als hoch emotionaler Mensch.

Eine großartige vielfältige Frau der Zeit der Aufklärung, die jung unglücklich verheiratet, dennoch ihren eigenen Weg ging, nicht nur Geliebte Voltaires war, sondern dessen Denken entscheidend mit ihrer klaren naturwissenschaftlichen Weltsicht prägte, großen Geistern wie Holbach und Grimm nahe stand, mit der ganzen aufgeklärten Welt korrespondierte und dennoch nüchtern und gut rechnen konnte, Naturwissenschaftlerin war, die in ihren späten Liebesbriefen, der unglücklichen Verehrung des jungen Gigolo, sich aber als ganzer vielseitiger Mensch auch voller Gefühl und Leidenschaft jenseits aller Berechnung entpuppt, was Mosebach ihr etwas bösartig, aber für ihn vermutlich erwartungsgemäß, als einzig menschlich auslegt.

Mosebach ist klug und gebildet genug zu wissen, wo er in diesem 1999 in der FAZ erschienen Artikel, der eine Herausgabe der Briefe kommentiert, den Dolch ansetzt, die Aufklärung als absurd und unmenschlich, weltfern darzustellen und die Protagonistin in die leidende Frauenrolle zu drängen nach katholischem Muster, die eben ihrer Natur entspräche, nur weil sie zufällig bei der Geburt starb, auch wenn sie der Tod nicht interessierte, wie sie Lukrez und Epikur zitierend, also klar antikatholisch geschrieben hatte. Das scheint Mosebach unvorstellbar und da ist er ein schlichter Gefangener seiner beschränkten Glaubenswelt, der alles außer ihr nur lächerlich herabwürdigen kann, statt sich mit dem ganzen Menschen Madame du Châtelet auseinanderzusetzen, die so vielfältig wie klug war, bügelt er hier, eine große Aufklärerin nach katholischer Manier billig ab und nennt es nur menschlich, wo sie der Vernunft fern im Liebeswahn dem Geliebten schrieb, was ein so gerinschätziges Frauenbild offenbart, wie den Reaktionär und Feingeist in sehr ungünstigem Licht erscheinen lässt. 

So sehr Mosebach für seinen feinen kritischen Blick auf die Literatur zu loben ist, etwa in dem Essay über Flaubert, den er fein beschreibt und schildert, so platt und durchsichtig agitatorisch wird er beim Bericht über eine große Aufklärerin, wollte ich dem klugen Frankfurter freundlich, würde ich sagen, war eben nicht sein Thema und es gibt keinen Grund, anders als freundlich zu sein, in der besten aller Welten - aber dieses Essay kann doch nur als Mahnung, wie es nicht gemacht werden sollte, empfohlen werden und wie ein reaktionärer Horizont versucht ein Frauenbild zu zementieren, wenn auch auf elegante Art, was nicht mehr in die Zeit passt und gegen das jeder emanzipierte Mensch protestieren muss.

jens tuengerthal 12.8.20

Impfpopulisten

Putin beginnt als erster zu impfen
Der Patriot russischer Größe fühlt
Ähnliche Bedeutung wie bei Sputnik
Markiert wieder den starken Macher
Lässt sogar seiner Tochter vorab als
Autoritären Vertrauensbonus impfen
Was an sowjetische Zeiten gemahnt
Wie seinen Populismus offenbart
Der nie in der Demokratie ankam
Wege der Sicherheit dafür umgeht
Die gut bezahlte Anwälte erstritten
Warum jeder Arztbesuch bereits zum
Aufklärungshorror für viele wird deren
Ängste in Eventualitäten noch steigen
Es gehört die Einwilligung in alles heute
Zur Mutprobe vor jedem Eingriff der dann
Ungeahnte Gefahren mit sich bringen kann
Warum sich fragt wie so viele noch leben
Trotz vielfach ärztlicher Behandlungen aber
Es ist diese Aufklärung eben auch ein
Produkt des Rechtsstaates wie der endlich
Mündigen Patienten die nicht länger mehr
Halbgötter in Weiß anbeten müssen um
Ohne Wissen auf Heilung nur zu hoffen
Sondern berechenbare Therapien bekommen
Was in Russland gerade umgangen wird
Mit hohem Risiko für alle Teilnehmer die
Jenseits der Studien behandelt werden
Die Wissenschaft für erforderlich hält
Damit erhöht Putin das Risiko etwaiger
Fehlschläge und Nebenwirkungen bei
Impfungen eklatant was riskanter ist
In Anbetracht aufgeheizter Stimmung
Etwa in Deutschland wo Impfgegner sich
Mit Homöopathen auf Corona-Demos treffen
Verschwörungstheorien laut zu verbreiten
Obwohl der starke Mann im Kreml bei den
Populisten links wie rechts noch hohe
Zustimmung erhält der auch diese Aktion
Vermutlich nichts anhaben wird weil das
Politische Gefühl hier viel stärker ist als
Kritische Vernunft je sein könnte zumal
Wo Wellen des Populismus hoch wogen
Verstand nicht sehr gefragt mehr ist
Auch wenn Russlands Vorstoß nun
Wissenschaftlich klingt ist es doch
Wieder nur schlechter Populismus der
Im Ergebnis mehr schadet als nutzt
Weil er das Vertrauen in Impfungen
Die notwendig zur Überwindung sind
Schwinden lässt für Wettbewerb der
Mit Regelverstoß falschen Glanz nur
Auf vermeintliche Sieger wirft die eher
Disqualifiziert gehören wie unter Putin
Russland groß im Doping stets blieb
Ohne wirkungsvoll bestraft zu werden
Wirft auch dieser Impfwettkampf der
Gegen alle Regeln verstößt alleine
Ein Licht auf schlechte Politik Putins
Der Aktionismus in Diktatorenmanier
Benutzt für Momente zu glänzen
Bleiben wir ruhig und vernünftig besser
Potemkinsche Dörfer haben nur große
Fassaden aber immer wenig dahinter

jens tuengerthal 12.8.20