Dienstag, 8. September 2020

Tapferkeitstugend

Montaigne lesen tut immer gut
Bringt zum Nachdenken auch
Über schlechte Gewohnheiten
Wie das warum unserer Wertung
Was vieles wieder infragestellt
Was ihm auf dezente Art gelingt
Die manchmal erst ganz langsam
Klar und deutlich wird während
Es bei der Lektüre abstrus scheint
Lächle ich oft im nachhinein mehr
Weil er wirklich gewitzt erzählt
Den Horizont dabei erweitert
Heute über Tapferkeit und Tugend
Staunte ich über seine absurden
Möglichst abgelegenen Beispiele
Auch die nahen ganz aktuellen
Klangen eher nach Boulevard
Vom Mann der sich das Glied
Abschnitt aus Frustration über
Das eigene Versagen am Ziel
Bei der so lange Angebeteten
Um es dieser dann zu schicken
Oder der genervt über die ewige
Eifersucht seiner Gattin der er
Es dann ins Gesicht warf aus
Lauter verstümmelnden Trotz
Worüber ich innerlich laut lachte
Oder auch die Suizidentin die
Nachdem sie ihr Mann jahrelang
Quälte und verprügelte beschloss
Der Qual ein Ende zu setzen
Zuvor ihre Dinge noch ordnete
Allen klaren Verstandes schien
Dann von der Brücke ins Wasser
Sprang und wortlos dort ertrank
Auch die indischen Witwen die sich
Nach Montaignes Erzählung darum
Drängen dem geliebten Gatten als
Erste in die Flammen folgen zu dürfen
Weil sie das als Lieblingsfrau zeige
Wie der Todesmut muslimischer Kämpfer
Die völlig dem Schicksal vertrauen
Was von Gott schon festgelegt sei
Warum sie sich auch ohne jede Angst
In den Kampf stürzen können dessen
Ende wie das ihre schon lange zuvor
Von höherer Macht bestimmt wurde
Wie der Glaube wohl vielen Menschen
Unglaublichen Mut verleiht was heute
Die Liebe gelegentlich noch schafft
Sofern sie uns nicht lächerlich macht
Was aller Erfahrung nach viel häufiger
Vorkommt als wir uns gern eingestehen
Ob das Wagnis der Liebe damit Beispiel
Für Tugend und Tapferkeit eher wäre
Wie er es für Eingeborenenvölker noch
Beim Tod des einen Gatten berichtet
Wäre auch einen Gedanken wohl wert
Scheint mir sogar viel näher zu liegen
Als die abstrusen Berichte Montaignes
Die aber wie so typisch für ihn bewusst
Besonders abwegig gewählt wurden
Um die Tugend der Tapferkeit damit
Als solche eher infrage zu stellen
Denn das erwartete Loblied zu singen
Weil sie immer wieder Menschen zu
Völlig absurden Verhalten führt was
Allerdings die große Ähnlichkeit mit
Der Liebe weiter offenbart welche
Darin wohl immer ungeschlagen bleibt
Allerding selten als Tapferkeit gerühmt
Während dafür die Beispiele Montaignes
Den Tugendcharakter der Tapferkeit
Deutlich infrage stellen weil er meist
Mörder Attentäter oder Menschen
Nahe dem Wahnsinn dafür anführt
Wobei sich die Frage stellt ob dies
Nicht viel mehr Wahnsinn offenbart
Derer die so darüber urteilen wollen
Es sei wie es sei zumindest hat die
Lektüre von Montaigne wieder mal
Gute Gedanken geweckt zu denen
Als bleibender vielleicht gehört dass
Die Liebe das größte Wagnis bleibt
Was wir eingehen können im Leben
Die uns jenes leicht riskieren lässt
Weil im Verhältnis nicht Wert hat
Der Todesmut der Verzweifelten
Dem Fatum der Gläubigen gleicht
Das Montaigne wiederholt anführt
Als quasi Hinnahme des Schicksals
Was den erwartet der liebt und sich
Damit den Gefühlen anderer ausliefert
Die kommen und gehen wie sie wollen
Womit ich sicher sagen würde dass
Die Liebe höchste Tapferkeit fordert
Dahingestellt ob sie Tugend noch ist
Oder eher eine Form von Wahnsinn
Was sich manchmal sehr nahe steht

jens tuengerthal 8.9.20

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