Dienstag, 4. September 2018

Naturleben

Das Erlebnis unberührter Natur
Zeigt sich in Gewässern stärker
Die mit jeder Welle verändern
Mit jungfräulicher Oberfläche
Uns begrüßen bei jeder neuen
Begegnung bis wir in sie stoßen

Was Fischer erleben ist für mich
Eher unbekanntes Terrain da ich
Fischer lieber leben lasse ohne
Gar den Veganern oder ähnlichen
Sekten noch anzugehören dabei

Einmal fischte ich mit Freunden
Schwarz in einem Teich im Taunus
Was 33 Jahre längst her ist also
Auch beim Tod der Forelle dabei
Wohl längst heute verjährt wohl ist
Lohnend fand ich das Ergebnis nicht

Thoreau dagegen fischte manchmal
Wenn er lange bei Freunden blieb
Gern des Nacht noch allein am See
Genoß Ruhe und Fang wie dessen
Ankündigung im Zucken der Schnur

Auch ging Thoreau gern mit dem dort
Fischer im Boot auf den See wo jeder
An einem Ende fischend Platz nahm
Sie sprachen wenig was ihm gefiel

Töten von Tieren die weder mag
Noch genießen möchte finde ich
Eine völlig überflüssige Handlung
Warum ich zum Thema Fischen
Lieber nichts mehr sagen sollte
Ist eben Unterhaltung für Fischer
Zur Freude der Fischesser ohne
Jeden Reiz für Menschen wie mich
Die immer ein Steak jedem Fisch
Vorzögen nicht nur geschmacklich

Thoreau erzählt vom Leben am Teich
Wie mit dem Teich der ihm sogar die
Axt die ihm beim Eishacken hinein fiel
Überraschend leicht zurückgab wobei
Besonders die differente Farbe dieses Sees
Je nach Entfernung mache Erinnerung
Noch an eigene Waldläuferzeiten weckte

Gerne zeltete ich immer wieder auch
An kleinen Bächen dem dabei mehr
Oder weniger lauten Plätschern noch
Nächtlich stundenlang lauschend

Seen erlebte ich eher vom Kanu aus
Denn als Wanderer wo ich sie auch
Zumindest vorm Frost der Mücken
Dort wegen lieber vermied wovon
Erstaunlich genug Thoreau bisher
Gar nichts schrieb was aber auch
In Kanada so oft den Himmel grau
Färbt ohne Hoffnung auf Rettung

So ist Natur gerade dort wo sie
Wunderbar uns erscheint gerne
Auch sehr lästig gelegentlich aber
Vielleicht war der eingeborene
Städter in mir immer stärker
Als der antrainierte Waldläufer
Den Faulheit und Alter inzwischen
Gern in der Erinnerung begruben

Manche Knaben meiner Generation
Hatten ihren ersten Naturaufenthalt
Bei der Bundeswehr im Rahmen des
Damals noch Wehrdienstes aber die
Begeisterung der Kameraden dort
Hielt sich in den Erzählungen eher
In überschaubaren Grenzen stets
Sie mussten ja auch im Schlamm
Robben und dabei scharf schießen
Während ich als Pfadfinder zuerst
Dann kirchenflüchtig  lieber allein
Die Wälder nach dem Vorbild des
Vater erkundete der immer noch
Von seinen Touren schwärmte

Leben mit der Natur hat etwas
Es kann reizvoll sein in und mit ihr
Zu überleben zumindest wenn es
Nur für eine gewisse Zeit so war
Denn wie sehr genoss ich erst
Lesesessel und Bibliothek wenn
Vorher tagelang ich nur dem Wald
Gelauscht hatte bei wenig Lektüre
Die nicht am Lagerfeuer irgendwie
Beschädigt werden sollte

Das Naturleben bedeutet mir stets
Hinterher eine höhere Wertschätzung
Des kultivierten Lebens in Zivilisation
Es war immer ein Aussteigen um noch
Genüsslicher wieder einzusteigen

Die nächtlichen Touren mit dem Kanu
Bei ganz ruhigem Wasser das ich nur
Seltenst mit dem Paddel durchstieß
Sind mir in guter Erinnerung aber was
Das geistig mir wirklich brachte
Weiß ich bis heute nicht

Folgte dem in meiner Familie dazu
Als heldenhaft verbreiteten Rufe ein
Waldläufer in der Wildnis sein zu wollen
Der womöglich aus zu viel schlechter
Lektüre von Vater und Onkels resultierte
Die einen mir fremden Zustand glorifizierten

Weil ich mich zum Kampf mit der Natur
Zumindest nach außen entschlossen zeigte
Wurde ich Felix Krull dem also die Armee
Verschlossen blieb und damit gewöhnliches
Heldentum der Großstadtkinder durch den
Gang in die Wälder zumindest familienintern
Zum vielleicht dreiviertel Helden auf Zeit

Damit konnte ich mich in der elenden Natur
So unbequem sie meistens war wohl fühlen
Tat was meinem Wesen fremd war wie üblich
Für Geltung und Anerkennung männlich halt

Als ich später weitgehend von diesem Syndrom
Durch Abstand geheilt worden war wobei auch
Das Leben inmitten der Großstadt Berlins half
Entwickelte ich mich zum Stadtläufer anstatt
Indem ich tausende Kilometer in Wanderzeug
Durch mein Berlin lief genügte ich allem

Dem Reisewahn der Familie in der nur gilt
Wer viele Länder selbst am besten zu Fuß
Oder unter erschwerten Bedingungen doch
Bereist was mir eigentlich völlig fremd war
Genügte ich durch die große Menge die
Alles bisherige übertraf worum es ohnehin
In meiner Familie meistens nur geht
Ohne meine Stadt verlassen zu müssen

Dem Bedürfnis des Lesers und Autors
Jede Nacht in seiner Bibliothek dabei
Mit gutem Tee versorgt zu verbringen
Genügte ich nach der Heimkehr wieder
Wählte Bequemlichkeit für geistige Freiheit

Den Bekannten im Café am Platz
Die gern heldenhafte Geschichten
Von meinen langen Märschen hörten
Auch wenn diese mehr ins Reich
Der Phantasie wohl gehörten
Genügte ich ohne Urlaubsstorys
Die sich alle zu gern erzählten

Der Liebsten damals in Dublin
Gerne immer wieder im Ohr
Plaudernd mit dabei was mich
Laufend aufs Gespräch konzentrierte
Genügte ich dabei zum Glück
In vielfacher Hinsicht zumindest
Kehrte sie inzwischen zurück

Dem Flaneur in mir der zu gerne
Alles im Vorübergehen betrachtet
Ohne Hektik oder Verpflichtungen
Einen schnellen Blick wirft auf die
Schönheiten aller Umgebung gleich
Ob lebendig oder in Stein gehauen
Genügte jeder Marsch mehr

Zugleich erlebt der Flaneur in Berlin
Wieviel Grünanlagen es gibt wie sich
Park an Park manchmal anschließt
Mit teils zauberhaft uralten Bäumen

Auch als Flaneur in der Großstadt
Bemerkst du die Jahreszeiten gut
Siehst wann die Blätter fallen oder
In Schrebergärten die Beeren blühen
Die Temperaturen sinken und steigen

Die Natur in der Stadt erleben macht
Den Flaneur in mir vielfältig glücklich
Wobei Berlin auch erstaunlich viele
Sehr ursprüngliche Gebiete noch hat

Dagegen ist das Naturerlebnis als
Zwang in der Natur unter dann eher
Unkomfortablen Bedingungen für mich
Weniger verlockend heute als je

Hatte einmal eine Frau die sich
Zu gerne in der Natur bewegte
Wie sich den Naturgewalten stellte
Auf See oder an Land immer drängte
Um Natur statt Ruhe zu genießen
Sie scheint mir heute sehr unreif
Weil sie in keiner Welt ankam
Immer in Bewegung sein musste
Was bei mir eher Mitleid erregt

Habe mir als Knabe und Mann noch
Hütten und Lagerplätze im Wald
Gebaut wie erobert in der Natur
Um der Familie dabei zu genügen
Ein Held zu sein wie die anderen
Statt viel mehr gute Bücher zu lesen

So scheint mir das Naturerlebnis
Dass Thoreau zum Kult erhebt
Als Erkenntnisweg beschreibt eher
Eine manchmal lästige Ablenkung

Wie Menschen die viel reisen oft
Weniger belesen oder gebildet sind
Sondern nur viel überall mal waren
So könnte es mit Naturerlebnissen
Als Initiationsritual vieler wohl sein

Zu manchen passt es womit sie
An dem Weg in die Natur reifen
Andere wie ich haben sich dort
Zumindest mal echt überwunden
Lohnend würde ich es nie nennen
Aber es wurde zumindest ein Teil
Des Lebens das ich mir aussuchte
Auch um so etwas zu überwinden

Thoreau empfindet das Leben mit
Seinen Teichen und der Natur dort
Als großes reifendes Glück im Leben
Gut für ihn und seine Leser denke ich
Auch wenn ich seinen Naturkult nur
Sehr bedingt teilen noch möchte
Helden sind für mich keine Förster
Sondern Autoren und Literaten
Die schönste Form des Baumes
Ist es ein Buch zu werden

jens tuengerthal 04.09.2018

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