Braucht es den Takt heute
In der Industriegesellschaft
Dringender um noch menschliche
Beziehungen haben zu können
Adorno führt dazu unter dem
Titel Dialektik des Takts Goethe an
Der in den Wanderjahren nochmal
Den Takt als Mittel der Verständigung
Entfremdeter Menschen darstellt
Goethe so meint Adorno sah Takt
Als Verzicht an auf Nähe Glück und
Leidenschaft durch Entsagung so
Sei Selbstbeschränkung ihm human
Der unausweichliche Gang der Geschichte
Wird so zur eigenen Sache gemacht wobei
Der inhumane Fortschritt beklagt wird der
Das Subjekt am Ende verkümmern lässt
Adorno meint im üblichen Tone klagend
Den das Schicksal exilierter Juden während
Des 2. Weltkrieges noch verständlich macht
Es sei heute noch viel schlimmer gekommen
Der Takt hätte seine genaue historische Zeit
Als der Bürger als Individuum vom Zwang des
Absolutismus sich befreite und damit erstmals
Frei und einsam für sich selber einstehen muss
Adorno aber entdeckt den Absolutismus noch
In vieler Kultur der Zeit der Aufklärung die er
Zeitgleich dialektisch mit Horkheimer betrachtete
Sieht den Takt nur noch als Parodie der Formen
Takt wäre nicht einfach die Unterordnung unter
Zeremoniale Konvention welche Neuhumanisten
Nach Adorno unablässig vor sich her trügen sondern
Die Versöhnung von Konvention und Individuum
Takt sei eine Differenzbestimmung resultierend
Aus gemeinsam wissender Abweichung dabei
Würde deutlich worüber noch oder nicht mehr
Guten Gewissens gesprochen werden könnte
Menschen reagierten heute sogar auf Takt
Eher unhöflich weil ihnen diese Höflichkeit
Ihnen die Untragbarkeit ihres Zustandes
Zu deutlich sprachlos schon offenbarte
Dann gilt der höflich taktvolle Mensch
Als unhöflich weil er von der Höflichkeit
Als einem überholten Vorrecht Gebrauch
Noch macht das andere nicht beherrschen
Wer nun jedem Individuum angemessen
Gegenübertreten will offenbart nur mehr
Die alle ergreifende sich verhärtende
Hierarchie zwischen den Individuen
Auch in intimsten Konstellationen wird
Der Takt als bloß äußerliche Konvention
Unter der Verfügungsgewalt des Allgemeinen
Als überholt nutzloser Zierrat abgeschrieben
Wie unerträglich das Zusammenleben heute
Längst geworden sei meint Adorno im Hohn
Auf die Freiheit zu erkennen die eben jene
Kameradschaft der Anrempelei bedeutete
Takt und gute Umgangsformen helfen noch
Immer bei der Verständigung eigentlich
Gerade auf diplomatischer Ebene sehr
Doch Trump belegt just das Gegenteil
Täglich zeigen uns die Populisten aller
Länder wie das Überschreiten der doch
Für menschlich gehaltenen Konventionen
Ihr Verständnis von Demokratie realisiert
Unworte des Rassismus und Hasses
Werden durch Wiederholung normal
Geistige Grenzen lösen sich auf dabei
Meinen die Treiber sie sein konservativ
So werden die guten alten Zeiten wieder
Zurück gefordert in denen alles beklagte
Noch viel besser war auch wenn dies ein
Weniger an Populismus bedeutete
Wer einmal in sozialen Netzwerken
Schrieb oder diskutierte wird angesichts
Des völligen Mangels an Höflichkeit vieler
Adornos Worte über den Takt bestätigen
Wie reagieren wir auf diese Unhöflichkeit
Besser taktvoll um unser Gesicht vor uns
Zumindest auch künftig zu wahren oder
Lieber angemessen in gleichem Stil
Würde Adornos pessimistischer Sicht
Geboren mitten im Weltkrieg zwischen
Judenverfolgung und Vernichtungskrieg
Im Allgemeinen lieber widersprechen
Takt und Höflichkeit haben immer noch
Einen hohen Wert in der Gesellschaft
Auch wenn Aufsteiger dies ignorieren
Achten alte Kreise noch darauf
Zwar stellt ein Trump alle Formen
Öffentlich als ungebildertert Idiot
Immer wieder peinlich infrage doch
Wird der Spott darüber immer lauter
Ohne gewisse Formen des Umgangs
Wird Diplomatie unmöglich gemacht
Entstehen unnötige Konflikte bei der
Verständigung zwischen Völkern
Andererseits wünschen heute gerade Frauen
In Zeiten hysterischer #metoo Bekenntnisse
Bloß keine Formen im Umgang mehr lehnen
Sogar aufgehaltene Türen als unemanzipiert
Grundsätzlich als äußerst unhöflich ab
Zwar meide ich den Umgang mit solchen
Nur vermeintlich emanzipierten Damen
Nach Möglichkeit doch kann es den sonst
Gentleman schon sehr erschrecken
Es gehen feine Rituale der Verehrung
Aus falsch verstandener Emanzipation
Manchen jungen Frauen damit verloren
Die selbst völlig taktlos meist auch sind
Wo der Takt stimmt tanzt die Musik gut
Wer ihn nicht trifft trampelt auf Füße
Auch wo wir unkonventionell sein wollen
Müssen wir doch noch zusammenleben
jens tuengerthal 06.09.2018
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