Dienstag, 3. Oktober 2017

Zweiheitlich

Ist Deutschland ein Land oder wird es noch ewig ein Gebilde aus zwei Teilen bleiben?

Wir feiern nun das 27. mal den Tag der Deutschen Einheit, drei mal drei mal drei oder drei hoch drei - klingt alles sehr magisch, nützt aber real auch nicht mehr als jede Magie, die immer bloß Hokuspokus bleibt, außer vielleicht in der Liebe, wo das magische Element die Bedingung des Ungreifbaren wurde.

Aber hier geht es ja nicht um so schwierige Dinge wie Liebe, sondern nur um die Vereinigung zweier Staaten, die immer eins waren, bis sie Dummheit und Leichtsinn gepaart mit dem sozialistischen Aberglauben auseinanderrissen.

Nach dem verlorenen 2. Weltkrieg, der die Diktatur des Nationalsozialismus unter Hitler, das bisher wohl dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, beendete, war Deutschland in Besatzungszonen der Alliierten geteilt worden. Die westlichen Mächte waren sich relativ einig, die östliche Diktatur, verlor die Einigkeit im Kampf mit dessen Ende, da ihr Ziel sich mit den freiheitlichen Prinzipien der übrigen nicht vereinigen ließ.

So gab es die SBZ, was für Sowjetisch Besetzte Zone stand und die drei West-Zonen. Das gleiche spiegelte sich in Berlin noch einmal in einer Stadt. Bis auf die Phase von 1918 bis 1933 hat dieser Teil Deutschlands nie eine Demokratie erlebt. Wer 33 geboren wurde ist heute 84 Jahre alt, die von 1918 werden nächstes Jahr 100 und von denen gibt es bekanntlich nur noch sehr wenige.

Aus dem Osten flohen viele, aus Angst vor den bösen Russen, wie weit diese auf Märchen der vorher Diktatoren nun beruhte oder nicht einmal dahingestellt, auch meine Großeltern väterlicherseits flohen aus Güstrow. Die Heimat der Familie lag eigentlich in Thüringen, um Gotha und Jena, wo die Großväter mütterlicher und väterlicherseits studierten. Fahre ich durch Thüringen, schlägt mein Herz höher, besuche ich Weimar, fühlte ich mich nicht nur Goethes wegen Zuhause. Der Thüringerwald, die drei Gleichen, die Wartburg, die Altstadt von Erfurt - wenig löst mehr Heimatgefühl in mir aus, auch wenn ich dort in der östlichen Provinz nie lebte, sie nur auf dem Weg nach Berlin durchquerte, für kurze Zwischenstopps dort anhielt.

Bin in meinem Leben vier Frauen aus Thüringen näher begegnet und weiß heute, schwärmen ließ mich immer ihre Heimat mehr als ihre Natur oder ihr Wesen. Im Gegenteil habe ich das Gefühl, dass ich keiner näher kam, sie mir alle fremd blieben irgendwie, weil sie anders sozialisiert aus einer anderen Welt zu kommen schienen in ganz vielem.

Seltsamerweise scheint mir im Rückblick sogar meine einmal Liebste aus Wismar, die nahe Rostock geboren wurde, denen aus Thüringen ähnlicher als denen aus Lübeck oder Hamburg. Als hätte die DDR alle Bürger des Landes, ob sie nun von der Küste oder aus den Bergen kamen in einem einheitlichen Geist erzogen, der sich von den Anschauungen im Westen ganz grundsätzlich unterschied.

Auch bei den Berlinerinnen unterschied sich Ost und West im Wesen ganz entscheidend und tut dies bis heute, sogar wenn manche über die nur noch imaginäre Mauer gingen und sich dies- oder jenseits der gefühlten Grenze ansiedelten.

Natürlich kannte ich die Sprüche über die Ossi Frauen, die selbstbewusster und freier wären, lockerer auch beim Sex und entsprechend waren vermutlich die Begegnungen schon vor Erwartungen geprägt, die mal übertroffen und mal widerlegt wurden. Sex haste halt, das ist ganz natürlich und fertig, was der magischen Erotik als Idee gegenübersteht, ließe sich der Unterschied vielleicht kurz zusammenfassen.

Es gibt beim Akt an sich keinen Unterschied, fühlt sich genauso an, egal wo jemand geboren wurde und egal wo sie herkommen haben vermutlich weit über 98% der Frauen ein Problem beim Sex zu kommen dies zumindest zusammen zu kommen, auch wenn ungefähr gleich viele es westlich wie östlich bestreiten und sich und ihren Sexualpartnern ein Leben lang etwas vorgauckeln. Dies mit relativem Erfolg scheint mir, weil immer noch scheinbar 99% der Menschen für Sex hält, wenn sich eine Seite in der anderen befriedigt und dies möglichst schnell erledigt.

Kann nicht sagen, dass die Frauen im Osten entspannter oder besser im Bett wären, als die im Westen, die Erfolgsquote für echten Sex ist so gering wie überall, auch wenn es mir im Osten noch schneller deutlich wurde, weil mit weniger Magie auch weniger gelogen wird.

Doch es geht ja nicht um Sex oder darum, was 99% der Paare das wechselseitige Onanieren für Sex halten lässt, sondern um die Einheit und was sie ausmacht. Zugegeben passt es aber doch irgendwie ganz gut, weil du schließlich nirgendwo die innere Einheit zweier Menschen besser spürst, als wenn sie sich gegenseitig zum Höhepunkt reiten, den sie gemeinsam erleben. Ein keineswegs selbstverständliches Glück, wie ich heute weiß und das ich um so mehr genieße, desto klarer mir diese Gnade als solche wurde.

Deutschland ist weit entfernt davon einen gemeinsamen Höhepunkt zu haben, um beim obigen Beispiel zu bleiben, gelegentlich kommt es zu nettem Vorspiel, was die Beteiligten dann Sex nennen, weil sie es nicht besser kennen aber diese vollkommene und natürliche Harmonie miteinander ist sehr selten noch und so wird es klarer als mit der Analyse von Wählerstimmen.

Der Osten sei braun, männlich und frustriert wird geraunt, weil es die Statistiken und der Blick auf Pegida offenbaren. Dagegen halten ostdeutsche Ministerpräsidenten, dass der größte Teil der AfD Wähler im Westen saß, im ländlichen Bayern, im Ländle und in NRW und verfälschen damit die Statistik zu ihren Gunsten mit bloß realen Zahlen ohne Verhältnismäßigkeit.

Erst war der Osten rot, dann soll er braun sein, jedenfalls gibt es bei einem hohen Anteil der Wählerstimmen ein demokratisches Defizit könnte es dem kritischen Beobachter erscheinen. Oder ist es umgekehrt, glauben die Ossis mit ihrer jungen Demokratie noch stärker an die Macht ihrer Stimme und die Versprechen der Populisten?

Die Linke im Westen gibt sich gern jung und wild, während sie im Osten das Überbleibsel der alten Kaderpartei und also konservativ ist, immer die SED Nachfolgeorganisation bleibt. Was ist sie und gibt es die Linke jenseits des Aberglauben an den Sozialismus überhaupt?

Kenne so verschiedene Ossis, nachdem ich nun im 18. Jahr im wilden Osten der Republik zumindest Berlins wohne, an keinem Ort in meinem Leben länger gelebt habe, dass ich lügen müsste, wollte ich ein einheitliches Urteil abgeben. Es gibt nicht den Ossi, so wenig wie den Wessi.

Die Pfarrerin, die nebenan wohnt, ist anders sozialisiert als die Tochter der Puppenspielerin oder des Seemanns und der Krankenschwester, der Sohn der Autorin und des Filmemachers völlig anders als die parteinahen Arbeiterkinder - gemeinsam haben sie alle, dass sie meist weniger gesellschaftliche Klassen sehen, diese auch ganz bewusst leugnen und sich über sie lustig machen.

Eine Zeit schien mir deutlich, dass die Ossis, die früh in die Kita kamen und es zuhause nicht extra lernten, weniger gut mit Besteck umgehen konnten, wie es Helmut Kohl noch Angela Merkel nachsagte. Konnte ich auch bisher nicht widerlegen, aber es gibt Ausnahmen doch scheint die Haltung gegenüber dem Besteck und bei Tisch heute eines der letzten Klassenmerkmale zu sein, mit denen sich die bürgerliche Herkunft von der aus dem Arbeiter und Bauern Staat sichtbar unterscheidet.

Ob es ein Gewinn ist, sich einer Klasse zugehörig zu fühlen und sich darin und mit ihren Eigenschaften von den anderen zu unterscheiden, bin ich mir nicht ganz sicher. Es ist einerseits ein Stück Heimat und Geborgenheit bestimmte Rituale zu kennen und zu befolgen, die dich als Angehörigen einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht offenbaren. Andererseits schafft es auch Grenzen und erschwert anderen unnötig  und formal den Zugang, schließt eine sich inzüchtig erhaltende Klasse von frischen äußeren Einflüssen ab, schafft ein ungesundes Klassendenken, dass mehr den Unterschied zelebriert als etwas eigenes zu entwickeln. Das ist klar uns scheint mir logisch.

Lese ich dagegen Walter Benjamin in seiner Kindheit in Berlin oder Franz Hessel, fühle ich mich in ganz vielem schnell Zuhause, genauso geht es mir mit den Brüdern Goncourt oder Thomas Mann - das ist Heimat - die  bürgerliche Welt, in der ich groß wurde, mit ihren Statussymbolen der Bildung und des gediegenen Wohlstands - bei Familie Goethe fühle ich mich wohl, ihnen fühle ich mich verwandt, auch noch bei Wilde, während mich Berlin Alexanderplatz lange eher befremdete und der Arbeiter mich nicht weiter interessiert. Die Enzyklopädisten sind meine Vorbilder, während mir der Sozialismus nur als eine neue Variante des Aberglaubens erscheint, eine ganzheitliche Lehre mit Heilsanspruch eben.

Sehe bis heute Privatfernsehen meist als Unterklassen-TV und schaue es nie, hatte noch nie einen eigenen Fernseher, auch wenn die meisten Zuschauer und die Produzenten ohnehin finanziell viel besser dastehen als ich, der nur noch eine Idee des Bürgerlichen verteidigt, ohne es pekuniär umsetzen zu können. Dabei ist doch gerade der Handel und finanzieller Erfolg die Bedingung des bürgerlichen Aufstiegs aus den engen Höhlen der Arbeiter.

Warum nun dieser Ausflug zur Klassengesellschaft und meinem Begriff von Bürgerlichkeit als Ideal der Demokratie?

Weil der ehemalige Arbeiter und Bauern Staat genau diese Klasse hochhielt, sie den anderen diktieren ließ, die Bürger als Feinde unterdrückte,, löst es bei mir einen ungeheuren Widerwillen aus. Damit groß geworden aus bürgerlichen Verhältnissen zu kommen, war ich stolz darauf, dass mein Urgroßvater mütterlicherseits Ostfriesland elektrifizierte, während ich die Gewerkschaften ablehnte, die später sein Unternehmen in Bremen kaputt streikten.

Ob dies tatsächlich an den Gewerkschaften lag oder nicht doch an der Unfähigkeit meines Onkels, der die Firma vom Großvater übernahm, sei einmal dahingestellt, gewisse Erfahrungen sprächen auch für letzteres und eine Erziehung zur Toleranz verböte mir eigentlich solche Vorurteile. Doch ganz tief in mir spüre ich die die angeborene Abneigung gegen alle Gewerkschaften, wie Klassenfeinde, auch wenn ich es als lächelnd nun mit Abstand betrachte.

Eine umgekehrte Ost-West-Erfahrung machte ich bei meinem mehrjährigen Ausflug in die SPD, der meine preußischen wie hanseatischen Großväter und Urgroßväter wohl im Grab rotieren ließ. Dort sammelten sich in den Abteilungen der SPD in Prenzlauerberg, wie die sonst Ortsvereine in Berlin genannt werden, viele der alten Linken aus dem Westen, die nun etwa beim Bundestag arbeitend im schicken und leicht alternativen Osten mit den schönen Altbauten eine neue Heimat suchten. Dagegen wanderten die Gründer der SPD im Osten, die erst ein halbes Jahr SDP hieß und ihre Wurzeln im Pfarrhaus in Schwante hatte, immer weiter gen Norden nach Pankow oder gleich in die Mark.

Vorsitzender der Pankower SPD war, als ich damals eintrat, gerade ein linker Wessi aus ursprünglich Bad Kissingen geworden und die alten Pankower, die mit Prenzlauerberg und Weißensee vom Senat in der Gebietsreform zwangsvereint wurden und nur durch einen Husarenstreich ihren Namen für das ganze Gebiet durchsetzten, fühlten sich an den Rand gedrängt, während wir vom Berg das Gefühl hatten, in die Zone zu kommen, wenn wir in den anderen Teil unseres Stadteils fuhren.

War in dem alten Arbeiterverein, der mir eigentlich so wesensfremd war, nur gelandet, weil mir Wolfgang Thierse sympathisch war, den ich für einen der bärtigen evangelischen Pastoren damals hielt. Dass er real katholisch und aus Schlesien war, erst später zur SPD stieß, erfuhr ich erst als ich schon Mitglied war. Der von den Grünen als politisch korrekter Glaubensgemeinschaft dominierte Berg war zwar früher ein klassisches Arbeiterviertel aber mutig und echt bürgerlich wäre eigentlich gewesen, in die FDP einzutreten, die hier im Promilleanteil vegetierte, doch das lag mir völlig fern damals, als noch Westerwelle dort das Zepter schwang.

So lernte ich viele der Gründer von Schwante kennen, hauptsächlich Pfarrer und Ingenieure - die bürgerliche Klasse der DDR, die zwar im Sozialismus groß wurde, aber eine freie bessere Welt wollte. Die Konservativen und eher bürgerlich denkenden waren in der Pankower SPD in der Minderheit und auf der Flucht an die Ränder -  dort fühlte ich mich wohler als bei den geheimen Plänen der linken Sozen, die von einem Zusammenschluss mit der Linken und der Heimkehr ihres einst angebeteten Gottes Lafontaine insgeheim träumten, den ich nicht ausstehen konnte, warum ich erst Jahre nach dessen Austritt überhaupt für einige Jahre in diese bis heute so wunderbar verlogene SPD eintreten konnte.

Weiß nicht, ob andere Parteien weniger verlogen sind, kenne ja nur die eine von Innen näher und das hat mir für mein Leben gereicht, denke es wohnt dieser Art der kollektiven Meinungsbildung inne und es ist nicht meine Art miteinander umzugehen - diese ewigen Intrigen und Lügen zugunsten der Partei sind mir wesensfremd, auch wenn mich Politik schon immer interessierte, pass ich in keine Partei wirklich und suchte darum auch den Kontakt zu der bürgerlichen Minderheit der vertriebenen Ossis in der eigentlich linken Pankower SPD, die schon früh zu den Speerspitzen eines Bündnisses mit der Linken gehörte, was nun auch die Führung der geschrumpften Bundestagsfraktion meiner zum Glück ehemaligen Partei betreibt.

Bin also ein Wessi und noch dazu zutiefst bürgerlich liberal von der Herkunft und Überzeugung her. Als ein solcher bin ich in nahezu jeder Partei verloren und im Osten ein Fremdkörper auch von der Gesinnung her. Sind meine Betrachtungen zur uneinigen Republik also bloß die einer kleinen Splittergruppe?

Denke ich etwa an meine eine Ex aus Thüringen, die Cluburlaub in der Türkei liebte und nach der Wende in Duisburg studierte, schien sie mir besser integriert und zur Mehrheitsmeinung passender als ich, der so etwas furchtbar findet und dem nichts fremder ist, als sich bespaßen zu lassen oder im Erdoganland Urlaub zu machen, was ihr, die auch in der DDR sehr angepasst lebte, normal erschien. Sie war in nahezu allem ziemlich durchschnittlich und normal und auch wenn meine Tochter über sie sagte, sie sei einfach langweilig gewesen, würde ich nicht so streng urteilen wollen - sie lebte einfach in einer anderen Welt uns unsere Welten waren nicht kompatibel und wurden es auch in keiner Hinsicht und nur die Gewohnheit ließ uns ein halbes Jahr lang von Ehe schwärmen, die nie eine Basis hatte.

Das genaue Gegenteil war die Ex aus Mecklenburg, die Kapitänin und Schauspielerin, die nie im Leben in einen Club Urlaub machen würde, dafür professionell auf den für mich Horrorschiffen der Tourismusindustrie arbeitete und beide blieben mir im Wesen fremd. Konnte mit ihnen nicht streiten und wenn hielten beide mir noch ewig jedes Wort vor, was dabei gefallen war, ohne es im größeren Kontext zu verstehen nach meinem Gefühl.

Beiden blieb ich wesensfremd und so habe ich immer noch das Gefühl, vielfach in einem fremden Land zu leben, ist mir meine nun Frau, die aus Schwaben kommt und kroatische Wurzeln hat viel vertrauter als alle vor ihr und das auch wenn sie 25 Jahre jünger ist als ich, während meine Damen aus dem Osten alle eher mein Alter waren. Ob das an einer geistigen Rückentwicklung bei mir liegt, ich wieder jünger werde, oder daraus sich eine gewisse Inkompatibilität von Ost und West ableiten lässt bis heute, weiß ich nicht zu sagen.

Die eine hasste den Osten, sprach voller Verachtung über die kleingeistige Diktatur der Spießer in der DDR, die sie nur auf Hiddensee erträglich fand, während die andere still erlitt, was ihr alles verboten wurde aber auch nicht alles schlecht fand, irgendwie angepasst lebte, sich immer noch über ihren unmöglichen Bruder aufregte, der gegen die DDR Regierung 1989 demonstrierte beim Massaker von Tiananmen in Peking und damit die ganze Familie in ein schlechtes Licht stellte und unnötig gefährdete, wie sie bis heute meinte.

Könnte noch viele verschiedene Geschichten erzählen dazu, so unterschiedlich wie die Menschen, die sie erlebten - diese eint, dass sie sie in der DDR groß wurden, die Erfahrung der Diktatur kannten, wie immer sie diese empfanden, jene dass ihnen diese Erfahrung fehlt, sie aber im Selbstverständnis der Freiheit und der Schuld am Krieg groß wurden.

Meine Liebste ist fünf Jahre nach der Vereinigung geboren - sie kennt nur ein Deutschland in ihrem Leben, wie meine Tochter für die es nur musealen Charakter hat über die Grenze zu fahren. Dachte immer, wenn Mann und Frau sich in der Liebe finden und über die alte Grenze vereinen, höbe es diese auf und sage heute, welch Überschätzung der Liebe, zu denken, sie könne unser Wesen ändern und welch Unterschätzung der Natur.

Die Gegensätze werden in der Liebe noch spürbarer, wir können sie nur ignorieren, weil wir uns vom Trieb der Natur ablenken lassen oder die Vernunft uns hilft, ignorant zu sein, gegen alles Gefühl.

Solange Menschen leben, die in zwei Welten groß wurden, wird es diese zwei Welten geben -  darüber hinaus, wirken die traditionellen Fesseln der Regionen auch noch weiter bei denen, die lange nach der Wende geboren wurde. Wir sind, auch wenn die Trennung nur 40 Jahre währte ein Land mit zwei Kulturen und zwei Völkern. Manches wird vereinheitlicht und dennoch fühle ich mich in Weimar immer noch mehr zuhause als in Heidelberg je, doch bleibt das Gefühl der Fremdheit immer, so absurd es mir zugleich wieder scheint.

Anlässlich meines Geburtstages saß ich neulich mit Freunden aus Ost und West zusammen, wir führten intensive Gespräche über Kultur und mehr - es gibt unterschiedliche Erinnerungen aus den je Lebenswelten aber es zählten in der Diskussion mehr individuelle Sichten und Erfahrungen für den jeweiligen Standpunkt. Der Ossi, der seit der Wende politisch engagiert ist, weiß besser über die Demokratie und ihr Funktionieren bescheid, als der leicht monarchistisch gesinnte Wessi. Die Pfarrerin aus dem Osten setzt sich eher natürlich für Freiheit und Gleichheit ein als der adelige Wesi, der mehr intellektuell argumentierte, ganz anders als der intellektuelle Wessi, der sich ohne praktische Ahnung von Politik zu haben gern elitär konservativ gibt.

Wir leben nebeneinander und manchmal auch zusammen, gelegentlich ist es auch schon egal, wo jemand herkommt - die zwei Teile bleiben in vielem bestehen und wie wichtig sie uns sind, entscheiden wir selbst. Verdächtig sollte nur sein, wer sie betont, um sie zu benutzen und gefährlicher ist nur, wer sie einfach ignoriert.

jens tuengerthal 3.10.2017

Montag, 2. Oktober 2017

Wahlheimat

Wo bin ich Zuhause und worauf kommt es dafür an als Schlüssel zur Mitte

Lebe in Berlin, mitten in Prenzlauerberg einem irgendwie relativ linksgrün geprägten Szeneviertel und das nunmehr den längsten Teil meines Lebens. Der Flair des Viertels wandelte sich von ehemals linksalternativ zu bürgerlich-grün und wie ich immer mehr graue Haare bei mir sehe, werden sie auch auf den Straßen des Viertels normaler und während sich einige auch nur schlesische Ureinwohner des Kollwitzkiezes noch medienwirksam über die Schwäbisierung des hiesigen Vokabulars aufregten, zeigt sich auch an solchem Lokalpatriotismus die Verbürgerlichung des ehemals alternativen Lebens. Wo wird solche Intoleranz gegenüber Zugereisten zur nationalen Bewegung, wann dominiert die Angst in der Dekonstruktion?

Es sind hier tatsächlich mehr Kinderwagen zu sehen, als in irgendeinem anderen Viertel und vor allem mehr stolze Menschen, die sich bewusst für diese Rolle und diesen Weg entschieden haben. Sie leben damit in einer Gegend die sehr stadtnah ist, wunderbare Altbauten bietet und zugleich, im Gegensatz zum benachbarten Wedding ethnisch relativ rein blieb, warum sich von dort aus leicht Toleranz und Multikulti predigen lässt.

In den Schulen oder Turnhallen gab es eine zeitlang einige Flüchtlinge zu bestaunen, nun sind sie in Container und andere Behausungen an den Rändern umgesiedelt worden. Mein Berg gab sich solidarisch und auch ich stand am Anfang begeistert als Helfer an der Essensausgabe für Geflüchtete, wie die Asylanten in immer neuen Sprachsaltos auf der Suchen nach der gerade maßgebenden politischen Korrektheit genannt wurden, weil Asylant ein Schimpfwort der Rechten geworden war und keiner hier in den Verdacht geraten wollte, mit diesen Leuten zu sympathisieren.

Wir achten auf unsere Sprache, kleiden uns auf eine bestimmte Art modisch, die uns deutlich sichtbar von den Bewohnern Pankows oder gar Brandenburgs unterscheidet. Dafür kaufen wir lächelnd schrumpelige Äpfel beim Bio-Markt, dem wir ohnehin unseren monatlichen Obolus ableisten, um eine Vergünstigung für Dinge zu bekommen, die wir beim Discounter noch günstiger und meist besser aber mit weniger sozialem Prestige bekämen. Es ist eine relativ geschlossene, nur vorgeblich tolerante, faktisch aber in ihrem Konsens sehr enge Welt, die vor allem über alle, die nicht ihre Dogmen teilt mit bitterer Härte urteilt.

Der überschaubare Bereich bis zum S-Bahn-Ring ist relativ homogen besiedelt. Hier gibt es nur wenige Ausreißer noch, wie es auch kaum noch Alteinwohner gibt, zu denen Wolfgang Thierse, der sich über zu viel schwäbisch an seinem Platz einst erregte, sich wohl zählte, auch wenn der Katholik ein erst länger nach dem Krieg über den Umweg Thüringen zugereister Schlesier eigentlich ist. Manche derer, die vor der Wende hier lebten treffen sich noch in der Blues Kneipe namens Die Speiche bei mir am Platz, natürlich eine Raucherbar, geführt vom Betreiber des ehemaligen Café Gabaty, das am Rand der gleichnamigen ebenfalls längst ehemaligen Pankower Tabakfabrik stand, bis Linke Verbindungen es anderen zu schob, dahingestellt, wer dazu mit wem und so weiter. Sie ist ein Sammelpunkt für ehemalige Bewohner geworden. Hier trifft sich ein Publikum jenseits der 50 vermutlich schon, mitte 40 zumindest sicher, die zu Wendezeiten noch jung waren und der alten Zeiten gedenken, in irgendwie “weeßte noch”-Manier eine Art verlorene Heimat Gefühl zelebrieren.

Keiner der Besucher käme wohl auf die Idee, jene Rock-und Blueskneipe einen Vertriebenenverband zu nennen und doch hat sie verdammt viel davon auch in der Brauchtumspflege, findet sich hier eine geschlossene Gesellschaft. Wie jene geschlossene Gesellschaft gebildeter Akademikerkinder, die sich hier nach der Wende immer mehr ansiedelten und den ehemals alternativen Kiez immer mehr sanierten, bis Glänzelberg, wie es auf manchen unserer Mülleimer nun steht, besser passte als Prenzlberg.

An meinem Platz gibt es immer noch einige Platzbewohner über die sich manch neue Mutti mit Designerkinderwagen noch aufregt und gelegentlich mal Streit sucht, bis sie von den anderen Muttis zurechtgewiesen oder sichtbar ignoriert wird. Die letzten Penner oder Alkis gehören hier zur Folklore, wer angekommen ist, wird gegrüßt und die Neubewohner geben sich gern tolerant, um sich gut und Grün fühlen zu können, auch wenn das Leben derer am Platz mit ihrem nichts zu tun hat.

Einer der Bio-Läden um den Platz nennt sich Ost-Kost, ist Teil des heimatlichen Kiezes und vermittelt dieses Wohlfühlgefühl, biologisch und politisch korrekt, wenn auch ein wenig teurer als beim Discounter einzukaufen und dient auch mehr der Gewissenvermittlung für Zugereiste als tatsächlich OSTalgie zu betreiben. Der alte Osten wird ein wenig hochgehalten, auch wenn keiner in dieser spießig engen und piefigen Welt würde leben wollen.

So sind manche der leicht alternativen, immer schickeren Kieze, die sich über die bösen Kapitalisten und Makler nach vorne und offiziell aufregen, während sie nach hinten die Hand aufhalten, wenn es um ihre Wohnung und ihre Kohle geht, so verlogen wie alle Welt, nur dass sie sich hier gern die schöne Maske leicht alternativer Toleranz gibt.. Es ist ein etwas nobles Biotop, was immer bürgerlicher wird, auch wenn es sich gern noch ein wenig alternativ gibt. Dies ist meine Wahlheimat, ich habe sie mir ausgesucht und fühle mich wohl hier, auch wenn diese Kieze in ihrer pseudo alternativen Manie eher peinlich sind, sich etwas vorspielen mit ihrer vermeintlichen Toleranz, die ganz schnell endet, wenn tatsächlich für eine zeitlang Sinti oder Roma Familien aus Flüchtlingskreisen in ihren schicken Hinterhöfen angesiedelt werden.

Zuerst erkundigen sich alle noch ganz freundlich bei den Neulingen. Dann wundern sie sich über manch ungewohntes, schließlich wird hinter vorgehaltener Hand getuschelt, Bestätigung gesucht, was sich in bekannten Mustern steigert - “ist bei dir auch was verschwunden?”, “klauen die vielleicht?”, “hab die gehört, geht gar nicht hier” - dann wird festgestellt, die passen ja gar nicht hierher und dann verschwinden sie irgendwann wieder ganz dezent.

Den einen verschwand ein Fahrrad, den anderen ein Kinderwagen oder Spielzeug und es begann Misstrauen und als sie wieder weg waren, erzählten wir uns die Geschichten unserer Sorge - wussten alle was wirklich war, ohne eine Ahnung zu haben, weil die ja einfach nicht hierher passten, stellten erleichtert fest, dass sie ja nun weg waren. Wohin die “Zigeuner” kamen, was natürlich politisch korrekt in meinem guten Hinterhof niemand sagte, wusste keiner, hauptsache sie waren weg - 1933 - 1945 hätten wir uns da noch Gedanken machen müssen, aber heute doch nicht mehr, denk ich mir und gleichzeitig über Homogenität in Siedlungen nach und wie wichtig sie ist.

Der vordere Prenzlauerberg ist eine sehr homogene Siedlung in seiner ganzen Verlogenheit, kaum noch Alteinwohner, viele Zugereiste, zu einem ganz großen Teil Akademiker, die sich gern ein wenig alternativ tolerant oder künstlerisch geben. Geld wird beim Staat oder im Netz verdient, wenn überhaupt. Wir leben hier relativ ungestört, unsere Kinder gehen mit Kindern aus nahezu gleichen Umständen in die Schule und wir paaren uns gern im gleichen Bereich, warum es immer wieder auch welche gibt, die mehr als einen Liebhaber miteinander teilten, wie ich es selbst einst schon erleben durfte. Es sind alle Bedingungen einer geschlossenen Gesellschaft gegeben, die sich an der Illusion ihrer weltbürgerlichen Toleranz aufgeilt, die Intoleranz der Spießer vom AfD ablehnt, sich dazu inzüchtig fortpflanzt und durch die ab und an gern begrüßten “Anstandsneger” nicht bemerkt wie rassisch rein und geschlossen sie lebt und sein will.

Lebe gern hier und fühle mich wohl auch in den Cafés mit ihrem homogenen Publikum und den immer um die gleichen Themen kreisenden Fragen, es ist wohl so etwas wie meine Heimat, auch wenn es eine mit wie immer beschränkten Horizont ist. Bezeichnend mein Blick in den Hinterhof, der an einer nahen Wand endet, die als ich hier einzog noch von wildem Wein grün wuchernd bewachsen  war, heute aber schlicht grau-gelb und kahl ist mit wenig Licht von Oktober bis März und einem inzwischen abschließbaren Guantanamo-Käfig für unsere vielen Mülltonnen ist. Das schöne Grün musste entfernt werden, weil es den Putz zu beschädigen drohte.

Zelebriere mein Gefühl von bürgerlichen Leben mit Tee und Büchern, weil mir nichts so wertvoll erscheint und habe dennoch eine irgendwie dumpfe Ahnung, dass all dies furchtbar verlogen einfach ist und ich Teil einer begrenzt haltbaren Inszenierung bin, die sich im Untergang feiert, als sei sie für die Ewigkeit.

Das ist meine Wahlheimat mitten im Bionade-Biedermaier, der noch beschränkter wirkt, wo er sich gern großzügig, weltoffen und tolerant geriert, auch wenn es eigentlich nur um Schöner Wohnen mit globaler Deko geht. Wir erregen uns kollektiv über die dumpfen Ossis in mittlerweile Pankow, die AfD wählen - wie kann man nur - einige wählen hier nun schick als Künstler die Linke, ohne zu bedenken, dass es sich dabei um die SED-Nachfolge-Organisation handelt und nennen Sahra Wagenknecht lieber eine linke Intellektuelle als eine olle Stalinistin mit Stallgeruch im Kadersozialismus. Hier wird mittlerweile der Kandidat jener ominösen Linken mit Mehrheit gewählt, der sich mit seiner Ray-Ban-Brille abbilden lässt, um ein Lebensgefühl auszudrücken, zwischen Bio-Mate, Designer-Thermoskanne und Hartz IV.

Als frei denkender Mensch, fühle ich mich in diesen ganzen Konventionen spießiger Selbstbetrachtung irgendwie eingesperrt. Fraglich nur, was besser wäre oder eine echte Alternative. Das überaltete und irgendwie scheintote Charlottenburg? Der null innovative Westen, der nur noch seine Erinnerung kultiviert? Das noch gläubiger, alternative Kreuzberg oder Friedrichshain in dem ich neben den Multi-Kulti-Jüngern auch noch echte Araber, Muslime und ihre Kinder in den Schulen teilweise in der Mehrheit haben mit entsprechend durchgreifenden Lernerfolgen für meine Kinder?

Vermutlich wäre nur das wirklich vornehme Dahlem oder eine noble Villa im Grunewald, wo nur wohnt, wer es sich leisten kann und Geschmack hat, eine taugliche Alternative, wäre es nicht so langweilig dort, denn mit viel Geld, lässt es sich ebenso leicht tolerant und weltoffen sein, wie mit naiven Lügen hier.

Wir wissen, warum wir hier in dieser geschlossenen Welt leben, in der wir die Ossis weitgehend erfolgreich verdrängten, über diese heute Bewohner des Speckgürtels oder Brandenburgs gern lästern, auch wenn wir natürlich tolerant sind und alle unseren einen guten Ossi als Freund haben oder unter Männer früher auch die Qualitäten der lockeren Ossi-Frauen im Bett lobten, von denen sich manche eine Scheibe abschneiden könnte, wie wir zwinkernd dann bemerkten, was ein ebenso rituelles wie inhaltsleeres Gerede ist, für das ich keine sachliche Bestätigung geben könnte, im Gegenteil, löge ich nicht die üblichen Spiele hier mit, wenn es geboten ist.

Habe ich nun eine Schwäbin zur Frau gewählt, die in kein Schema passt, weil ich aus dieser schlicht uniformen Welt ausbrechen will, in der wir schön hochdeutsch reden, immer politisch korrekt sind und Sex nur so haben, dass es die Kinder nicht stört?

Natürlich nicht, sondern weil ich sie liebe und sie die Beste ist, der ich je begegnen konnte, ein Glück für jeden denkenden Mann in jeder Hinsicht. Aber das ich mir eine solche Frage stellen muss, zeigt die Enge der Welt in der ach so toleranten Großstadt Berlin im ehemals Preußen, wo nach dem alten Fritz noch jeder nach seiner Fasson selig werden sollte.

Lebe in einem Bereich, den sich manche NPD oder AfD Funktionäre für ihre Dörfer in Mecklenburg oder der Mark wünschen - eine national befreite Zone, die sogar so reinrassig und geschlossen ist, dass sie sich, ohne sachliche Probleme befürchten zu müssen, das Gegenteil auf die Fahne schreiben und für geträumten Multikulti, den es faktisch hier nicht gibt, Grün wählen.

Die DDR war auch so eine geschlossene Welt, die international für den Sozialismus auf der ganzen Welt und die internationale Solidarität eintrat, intern aber die wenigen Nordkoreaner und Afrikaner oder Kubaner eher in geschlossene Siedlungen steckte, um ihrer homogenen Bevölkerung nur nichts ungewohntes zuzumuten. Natürlich gab es hier wie dort die “Anstandsneger”, wie manche sie sogar nannten in völliger Verkennung politischer Korrektheit, aber was interessieren die nur Symbole im realen Leben.

Gestern lief ich mit meinem Schatz gen Weißensee und wir wagten mal einen Blick in die dort Kneipen, sahen Gesichter mit denen wir nicht über die Wahl diskutieren oder die Prinzipien bürgerlicher Toleranz erörtern wollten. Das ist sicher nicht typisch Weißensee, war vermutlich reiner Zufall und doch wunderte es mich kein bisschen. Die Musik klang nach Böhse Onkelz oder schlimmer und mehr in mir, möchte nicht mit solchen Menschen in einer Stadt leben, als sich in Toleranz zu üben.

Nahe meiner Wahlheimat und sogar heute unter einem Dach des künstlich vereinten Bezirk Pankow, der diesen Namen dank eines Schildbürgerstreichs der von daher schwäbischen Pankower trägt, prallen Welten aufeinander. Ossis, die sich benachteiligt fühlen, Wessis, die alles besser wissen und noch dazu politisch korrekt, die Welt zu einer Toleranz erziehen wollen, die sie selbst nicht kennen, weil sie in einer abgeschlossenen Welt leben. Keiner versteht den anderen aber jeder weiß genau, was besser wäre.

Es ist wirklich nett hier. Gibt sogar manchmal gute Gespräche mit gebildeten Menschen, wenn auch der größte Teil, seinem realen Niveau entsprechend, die Mode des Tiefstapelns gerne mitmacht, weil es schicker und einfacher ist, sich als akademischer Proll zu geben, denn die eigene Kultur in der separierten Welt konsequent zu leben, weil hier doch keiner so richtig konservativ sein möchte.

Die Gegend ist mehrheitlich irgendwie Grün, nur hinter der vorgehaltenen Hand ist sie auch mal ehrlich aber nicht vor sich selbst und darum lebt es sich so nett hier, weil sich alle über ihre wahren Absichten freundlich belügen, sich gern besser spielen, als sie sind und sich nicht mal in der anonymen Wahlkabine trauen dem Aufstand ihres Inneren gegen die Dummheiten politischer Korrektheit nachzugeben.

Das Eis auf dem wir uns hier noch etwas vorlügen ist dünn und es gibt gute Gründe, zu fragen, wie lange es halten wird und ob nur der Wohlstand noch die Schminke über der anderen Seite der Bürgerlichkeit ist, die gern intolerant ihre Welt abschirmt. Bedenke ich, wie intolerant sich hier gern gegenüber nicht alternativen Positionen gegeben wird, frage ich mich, wie bald die Stimmung kippt und was dann passiert. Ist die Toleranz echt oder gedeiht sie nur im geschützten Biotop meiner Wahlheimat?

jens tuengerthal 2.10.2017

Donnerstag, 28. September 2017

Playgone

Essay zum Tode Hugh Hefners

Der letzte große Playboy ist weg, titeln die Magazine zum Tod von Hugh Hefner, dem Erfinder des Magazins Playboy. Der Berliner ist dann immer versucht, zu sagen, noch lebt Rolf Eden im schönen Grunewald. Doch ausnahmsweise geht es mal nicht um Berlin sondern um Kalifornien. Dort lebte der angeblich letzte Playboy Hugh Hefner in seiner längst teuer verkauften Villa mit den vielen Lustgrotten, was wörtlich oder bildlich verstanden  vermutlich ihn treffend beschreibt, bis zu seinem Lebensende

Aber was war der Magazingründer und Mädchenliebhaber eigentlich für ein Mann, lebte er die gut verkaufte Inszenierung, realisierte er Männerträume, war er eher ein Frauenideal oder lebte er einfach, was ihm gefiel, so geschmacklos es uns heute auch scheinen mag?

Feministinnen weltweit regten sich über das Frauenbild des Playboy auf, der die Damen entweder unbekleidet oder nur sexy verhüllt mit einem Puschel über dem Po abbildete und sie damit auf ihre Sexualität reduzierte, dem hielten Playboy Redakteure und betroffene Männer, die sich mit solchen Feministinnen auseinandersetzen musste, was ja manchmal unvermeidbar ist, immer wieder entgegen, es ginge doch viel mehr um Inhalte und die nackten Damen seien einfach ein Gimmick dazu,  um das Auge zu erfreuen. Überhaupt seien die Frauen dort doch besonders ästhetisch abgebildet, was doch gerade für eine Verehrung und nicht eine Verachtung der Frauen spricht.

Es stimmte, wie ich aus Erfahrung weiß, die Artikel waren meist sehr gut recherchiert, oft wirklich spannend und teilweise von großen Schriftstellern verfasst. Die Frauen waren halt dabei, schön zu sehen dass erste, was sich nahezu jeder darin ansah, auch ich, weil eine nackte Frau für mich einfach ein schöner reizvoller Anblick ist, mehr aber auch nicht. Ich liebe auch schön gebundene und fein gemachte Bücher sehr und finde deren Anblick sogar oft erregender als den der meisten Frauen, was aber vielleicht auch eine etwas spezielle Vorliebe von mir ist, der auch aus Erfahrung sagt, die Vielfalt wird überschätzt und dennoch freue ich mich an der schönen Natur des weiblichen Körpers, egal ob ich am Nacktbadestrand liege oder mir einen Playboy anschaue, ähnlich wie mich auch ein schöner Wald oder Berg entzücken kann, nur ist der selten so erregend wie schöne Bücher oder eben Frauen.

Sich daran zu freuen, finde ich nicht verwerflich. Damit muss mir die aktuelle Ästhetik der Mode mit viel zu dünnen, unnatürlich proportionierten Frauen nicht gefallen, die häufig noch wider die Natur als komplette Nacktschnecken vor uns erscheinen. In den Playboy wird keine Frau gezwungen, im Gegenteil, viele bewerben sich darum und hoffen damit eine Karriere als Model zu starten oder erhoffen sich sonstige Vorteile für ihr Leben. Die mit denen ich darüber sprach, sagte mir alle, sie fanden es eine gute Erfahrung und hätten sich danach besonders schön gefühlt.

Damit muss ich nicht die typisch neureich amerikanische Ästhetik des Magazingründers gut finden, die sich im Laufe der Jahre immer mehr an den US-Durchschnitt anpasste. Finde sie grässlich und billig und es auch zu blöd, wenn Frauen mit einem Puschel auf dem Po und Hasenohren durch die Gegend laufen. Aber ich freue mich an mehr Nacktheit und dem Anblick der Natur, wie sie überall selbstverständlich sein sollte, um sich an menschlicher Schönheit in ihrer vielfältigen Gestalt zu erfreuen.

Dafür und für das sexuelle Selbstverständnis vieler Frauen hat Hugh Hefner großes geleistet und das wird auch immer der Würdigung verdienen, trotz dieser für meinen Geschmack peinlich neureichen Inszenierung, wie sie auch ein Rolf Eden, der letzte lebende Playboy ist nämlich spätestens jetzt ein Berliner, bis zur Perfektion beherrschte.

Nacktheit im Alltag normaler zu machen, ohne die Grenze zur Pornographie zu überschreiten, sondern sogenannte ganz normale Frauen von nebenan erotisch zu inszenieren, hat ein erregendes Moment in der Gesellschaft geschaffen, was vielen Frauen erst ihre Macht über den Mann auch durch ihren Körper bewusst machte. So wurden Frauen durch den Playboy nicht verdinglicht und bloße Lustobjekte männlicher Anschauung, die sie einzig ausbeuten will, wie manche noch vom schwarzerschen Feminismus leidvoll betroffene meinen beklagen zu müssen, sondern selbständige Täterinnen der Verführung, die ihre Macht spielerisch zu nutzen wussten.

Dazu muss Frau nicht 20, gertenschlank und blendend aussehend sein, wobei jede Abweichung noch weg gephotoshopt wurde, sondern nur sich mit Lust zeigen wollen, um schön zu sein. Sicher könnte über die typisch amerikanische Ästhetik im Playboy gestritten werden, aber mir erscheint dies völlig müßig, als würde ich mich über die Geschmacklosigkeit eines Donald Trump oder der Zuschauer des Privatfernsehens erregen.

Vielleicht sind FKK Magazine mit nackten Menschen, die früher sich Nudisten nannten, noch geeigneter ein schönes Bild der Natur zu verbreiten, doch kenne ich bisher kein Nudisten Magazin mit journalistisch und schriftstellerisch so reizvollen Artikeln wie den Playboy. Darum muss ich nicht den Geschmack der Amis teilen, um die Freude am weiblichen Körper sthetisch gut zu heißen.

Es wird die Sexualisierung der Frau und ihre Rolle als bloßes Lustobjekt durch Bilder, wie sie der Playboy am Rande der Legalität inszenierte von feministischer Seite beklagt. Ist Erotik und Lust eine Reduktion und Schwächung der Frau oder gibt es der Frau nicht viel mehr Macht als sie in allen verklemmten Zeiten unter der Diktatur der bigotten christlichen Moral bisher hatte?

Immer noch meint dieser anmaßende Aberglaube, in all das eingreifen zu dürfen, was Lust, Fortpflanzung, Trieb und allgemein die Freude an unserer Natur betrifft. Es wird dies verlogene Spiel Moral genannt, tritt unter dem Deckmantel der Religion auf und hindert bis heute mehr Frauen daran ihr Sexleben zu genießen, als glücklich zu werden.

Der Playboy hat mehr zur Befreiung der weiblichen Sexualität und damit der gegenseitigen Erfüllung getan als sogar vermutlich die Pille oder zumindest vergleichbar. Dafür kann Hugh Hefner trotz seiner vielen Geschmacklosigkeiten und seiner typisch amerikanischen Ästhetik gelobt werden, nicht dafür, dass er Pfeifenraucher war und damit Stil bewies, einen solchen werden die meisten ihm schon vorher unterstellt haben.

Sex normaler machen, wie es auch Beate Uhse tat, kann auf eine aufklärerisch wissenschaftliche Weise getarnt werden, wie es auch die Filme eines Oswald Kolle oder jüngste Serien im Fernsehen taten oder auf eine etwas aufschneiderisch verführerische Art, wie es im Playboy geschah. Den Deutschen gilt letztere Form als unsauber, während erstere fast einen Stempel vom Amt bekommt für verantwortungsvolle Aufklärung.

Über Sex reden, sich an der Lust und der Schönheit freuen, tut den Menschen gut, wenn sie nicht stattdessen lieber auf Rollen versessen, nur nach Problemen suchen. So betrachte ich den alten Playboy, der gerade verstarb, als schlicht nettes Accessoire der Zeit. Dabei muss mir weder die Inszenierung der Frauen in seinem Magazin noch die Häschen-Ästhethik überhaupt gefallen - finde sie so grässlich wie den meisten Hollywood Kitsch oder die florideske Disney-Ästhetik, in die auch President Donald so gut passt.

Aber über den Playboy über weibliche Schönheit zu reden, warum ich Schamhaare natürlich schön finde, ihr Fehlen als einen pädophilen Angriff auf meinen Geschmack sehe, warum natürliche Weiblichkeit schöner ist als die totgeschminkt inszenierte, finde ich gut und im Ergebnis der Beziehung förderlicher und erregender als kollektive Erregung über weibliche Inszenierung. Bin mir wohl bewusst, wieviele überzeugte Feministinnen, sich angesichts dieser Worte empört abwenden, aber ich ertrage diesen herben Verlust recht stoisch, da der Lustgewinn ihrer Gegenwart nörgelnd ohnehin sehr gering war.

Liebe Aktfotos und fotografiere meine Liebste zu gerne nackt, freue mich an ihrer Schönheit darum noch mehr und dies nicht, weil sie eine perfekte Figur hat und jung ist, hat sie und ist so, sondern weil ich sie liebe. Sie wird immer die schönste Frau für mich sein, die ich einzig anbetungswürdig finde - weil ich sie so sehr liebe und dieses Denken scheint mir typisch männlich. So wie wir uns selbst nur selten kritisch betrachten, sondern eher beim Blick in den Spiegel überschätzen, neigen Frauen nach meiner Erfahrung mehrheitlich zum Gegenteil und zum kritischeren Blick.

Der Playboy bringt längst keine Aktfotos mehr, außer es gehört zum Artikel, will eher ein Society Magazin werden. Die BILD hat auch die Nackte von der ersten Seite verbannt, was ästhetisch kein großer Verlust war. Aber fehlt der Gesellschaft diese Nacktheit und was bräuchte es anstatt?

 Würde mir viel mehr Nacktheit wünschen und Freude wie Leidenschaft in der Inszenierung des eigenen Körpers, weil nichts der Lust förderlicher ist. Mehr Nackedeis im Alltag und normalen öffentlichen Sex statt dessen Skandalisierung. Dies alles natürlich beim gebotenen Schutz der Kinder, was immer eine Epoche dabei gerade für geboten hält.

Freuen wir uns aneinander, genießen wir voller Lust unsere natürlichen Körper, lernen wir mehr über Sex, um auch Schwierigkeiten dabei, überwinden zu können. Dachte früher guter Sex läge in der Natur und müsse nur gemacht werden, dann passt es schon. Weiß inzwischen, dass dies nicht der Fall ist, cirka 98% der Paare nie gemeinsam zum Höhepunkt kommen, also immer im Vorspiel stecken bleibt, bei dem auch nur jeder für sich kommt, statt wirklich Sex zu haben.

Dies liegt zum einen an der Natur und zum anderen an mangelnder Aufklärung darüber, wie auch unter Schwierigkeiten alle Weg nach Rom führen können, ohne gläubig werden zu müssen. Darüber, dies sei hier versprochen, werde ich bestimmt auch nochmal ein Essay zum weiblichen Höhepunkt und dem gemeinsamen Glück schreiben, bestimmt bald und vielleicht sogar nach dem gerade Genuss dessen, was ich hier preise und warum ich heute sage, die meisten Menschen haben nie in ihrem Leben Sex sondern onanieren nur irgendwie mehr oder weniger erfolgreich ineinander, sind damit aber zufrieden, weil sie es nicht anders kennen, aber hier geht es ja nicht um die Technik des Sex sondern um ein Gedenken an Hugh Hefner, den alt gewordenen Playboy und seine Verdienste.

Hefner hat mehr Sex und mehr Nacktheit in den Alltag gebracht, wenig von dem, was er tat, wäre nun genau mein Geschmack, was ich auch schon oft genug gesagt habe, aber mehr Lust finde ich gut und natürlich, freuen wir uns daran und in diesem Sinne gedenke ich dem Verstorbenen dankbar, er hat mehr Sex auch in die verlogen prüde amerikanische Gesellschaft gebracht und das ist ein größerer Verdienst für den Weltfrieden als ihn die meisten Präsidenten vollbrachten. So verkehrt kann dieser Hugh Hefner also nicht gewesen sein. Der Playboy-Gründer ist tot, es lebe die freie Natur.

jens tuengerthal 28.9.2017

Mittwoch, 27. September 2017

Glücksflut

Du kommst
Bist schon längst
Auf dem Weg zu mir
Um wieder zu kommen

Zu mit und überhaupt
Kann es kaum glauben
Wieviel Glück ich habe
Das Glück kommt zu mir

Überflutet von Gefühlen
Harre ich der Dinge nun
Es wird immer schöner
Deine Sintflut zu mir

Es gibt kein zu viel
Von dir eher zu wenig
Zu lang zu weit weg
Viel mehr ist besser

Lasse es fließen
Wie später wieder in dich
Und du über mich kommst
Wenn alles Gute eins wird

Die Glücksflut tut gut
Genieße diese Gnade
Unverdient noch mehr
Dankbar voll Liebe

jens tuengerthal 27.9.2017

HiHa 061

Habe Mut

Habe Mut wurde
Das Motto der Aufklärung
Vorgedacht von Kant

Der kluge Preuße
Dachte Freiheit konsequent
Ein Geschenk für uns

Es brauchte nach ihm
Keine Götter mehr für die
Moral im Leben

Er definierte
Wie immer exakt erst
Was Aufklärung ist

Befreiung bleibt es
Für jeden selbst gewählt
Verantwortung auch

Da Mut zu haben
Heißt befreit erst zu leben
Wozu weniger

Mut haben machte
Leben auch gefährlicher
Der Preis der Freiheit

jens tuengerthal 27.9.2017

Tee Haiku 0040

Hassbremse

Linke und Rechte
Sind voller Hass immer mehr
Ähneln sich dabei

Die Wahl ist vorbei
Zeit endlich zu entspannen
Lass sie mal machen

Trinke meinen Tee
Nichts davon tangiert mich noch
Nur viel Lärm um nichts

Mehr Entspannung macht
Zufriedener als Meinung
Merke ich wieder

Es braucht mehr Bildung
Diese braucht immer viel Zeit
Warten wir mal ab

Macht lieber Liebe
Macht auf Dauer glücklicher
Befriedigt auch mehr

Nichts als Liebe braucht
Der Mensch allein zu seinem
Glück leben wir es

jens tuengerthal 27.9.2017

Dienstag, 26. September 2017

Vorlust

Morgen kommst du wieder
Zu und noch mehr mit mir
Sehnsüchtig träume ich mich
Wieder ganz eins mit dir

Wir haben alles miteinander
Was ich nur träumen kann
Liebe Geist Zärtlichkeit Glück
Da scheint die Lust wenig

Doch gerade sehnt sich alles
In mir in dir wieder zu sein
Deine ganze Lust zu spüren
Dich auf mir schreien zu hören

Träume vom schönsten Busen
Den ich wieder küssen darf
Wie meine Lippen auf all deinen
Lustvoll kein Ende je finden

Was fehlte mir nachts deine Nähe
Morgens ganz einsam ohne dich
Vermisste ich unsere Gespräche
Wie deine einfach nur Zärtlichkeiten

Aber gerade spüre ich dich stärker
Noch inmitten getrieben von Lust
Die miteinander Befriedigung sucht
Erfüllung sicher selig auch findet

Wenn wir dann danach Arm in Arm
Erschöpft vom Sturm der Lust liegen
Wird alles andere wieder kommen
Doch gerade will ich dich nur ganz

Wie glücklich bin ich zu wissen dabei
Dir geht es genauso wenn du schreibst
Wie nass du schon in Gedanken bist
Deine Stimme vor Lust dabei zittert

Es wäre nicht viel nur Lust zu haben
Aber es ist das Schönste sie zu teilen
Nicht könnte mir gerade mehr sein
Und so haben wir alles miteinander

Auf alles was wir teilen freue ich mich
Wenn wir unsere Lust aneinander wie
Ineinander gestillt und reichlich ergossen
Jetzt bin ich einfach zu scharf auf dich

jens tuengerthal 26.9.2017

HiHa 060

Radikale Aufklärung

Ohne Gott dachten
Die Aufklärung radikal
Zuerst Franzosen

Baron Holbach lud
Zur Tafelrunde bei sich
Diderot und Grimm

Die klügsten Köpfe
Ihrer Zeit verkehrten mit
Abbé Galiani

Voller Lust dabei
An Debatte wie Ausschweifung
Waren sie berühmt

Berüchtigt wohl auch
Die Enzyklopädisten
Jagte die Kirche

Die Pompadour war
Kluge Retterin mehrfach
Des Wissensprojekt

Wissen besiegte
So den Glauben auf Dauer
Brachte erst Freiheit

Ein Lexikon macht
Alle gleich und lüftet wohl
Jedes Geheimnis

Darum war es schon
Zelle der Revolution
Wichtiger sogar

Mit Büchern begann
Die Aufklärung erst
Eines überwand alles

jens tuengerthal 26.9.2017

Tee Haiku 0039

Auflösungserscheinungen

Kaum gewählt schon löst
Die erste Fraktion sich auf
Es ist Bundestag

Petry sagte heil
Und zugleich adé beim AfD
Erwartungsgemäß

Klar unerfahren
Darf jeder mal üben im
Laienparlament

Es braucht mehr Bildung
Profis statt Propaganda
Verstand statt Hetze

Über Politik
Schimpfen war immer leichter
Als besser machen

Darum trinke ich
Lieber beim abwarten Tee
Hilft stets weiter

War viel Lärm um nichts
Macht ein wenig Radau nun
Ist bald wieder weg

Danach braucht es Zeit
Für Aufklärung und Vernunft
Mehr Diskurs statt Hass

Warten wir mal ab
Trinken lieber guten Tee
Wird schon noch werden

jens tuengerthal 26.9.2017

Fürsorge

Liebe ist Glück in Erfüllung
Alles wird schön miteinander
Leidenschaft und Lust leben
Ihrer Natur nach füreinander

Wir streben nach Befriedigung
Des Glücks auch in der Lust
Dankbar wer dies gefunden
Mehr noch wer es ganz teilt

Freue mich so doppelt dankbar
Am Glück und seiner Erfüllung
Viel mehr aber als die nur Lust
Wiegt mir die Liebe als Fürsorge

Wo jeder des andern Glück will
Geht alles Streben zuvorderst
Auf das Glück der Liebsten
Ihr Glück macht erst glücklich

Sich um den anderen sorgen
Alles tun wollen für sein Glück
Ist noch erfüllender als sich bloß
An ihm befriedigen zu wollen

Wo beide mehr des anderen Glück
Erstreben als das eigene zu suchen
Findet bald keiner mehr Erfüllung
Warum unsere Natur uns treibt

Wir folgen unserem Trieb in allem
Der die Liebe im Gleichgewicht hält
So ist die Fürsorge uns mehr wert
Aber der Trieb genauso wichtig

Beide gemeinsam auch wenn sie
Gegensätzlich zu wirken scheinen
Führen erst zur Erfüllung in allem
Lassen uns glücklich erst bleiben

So ist die vollkommene Liebe nicht
Jene die sich nur aufopfert sondern
Die in der beide im sich gut wollen
Befriedigung miteinander finden

Dankbar wer solches Glück findet
Es liegt wohl in unserer Natur
Lassen wir diese einfach zu
Findet die Liebe alles alleine

So genieße ich meiner Natur nach
Was ist als größtmögliches Glück
Den Rest erledigt unsere Natur im
Streben nach Liebe und Erfüllung

jens tuengerthal 25.9.2017

Montag, 25. September 2017

HiHa 059

Vernunftglaube?

War es der Glaube
An die Vernunft oder doch
Das reine Wissen

Aufklärung heißt auch
Erleuchtung im englischen
Was viel zum Geist sagt

Was Aufklärung ist
Erklärte Kant in einem Satz
Der Mut zu denken

Befreiung endlich
Aus der Unmündigkeit wird
Freiheit begründen

Es ist kein Glaube
Vernünftig lieber zu sein
Einzig konsequent

Trauen wir wieder
Mehr Vernunft steigen Chancen
Auf Glück in Freiheit

Ohne Freiheit ist
Auch keine Liebe möglich
Zu oft vergessen

Nutzen wir endlich
Die Chancen der Freiheit auch
Glücklich zu sein

jens tuengerthal 25.9.2017

Tee Haiku 0038

Berlintypisch

Herbst in Berlin ist
Wenn Licht draußen weniger
Bleibt egal wann dann

Grau ist dann die Stadt
Bunter bleiben nur Blätter
Wie manche Menschen

Berlin wählt typisch
Erwartungsgemäß wieder
Bleibt der Osten rot

Der Westen mittig
Der Osten noch radikal
Ungar irgendwie

Flughafen schließen
Wollen weniger als doch
Alles so lassen

Belästigung teilen
Will die Berliner Vernunft
Ohne Politik

Stimmen kaufen ist
Hier attraktiver noch als
Die Verantwortung

Wenig spricht dafür
Dass es nochmal besser wird
Hoffnung stirbt zuletzt

Nichts wie weg wäre
Wohl weise nur undenkbar
Weil nichts besser wird

Sterben im Moloch
Lautstark bis dahin leiden
Dann überleben

So ist das halt hier
Keiner kann es ernst nehmen
Und das ist gut so

jens tuengerthal 25.9.2017

Buchliebhaberin

Meine Liebste ist die beste
Liebhaberin aller Zeiten was
Zu genießen schon größte
Freude mir immer wieder ist

Sie ist noch dazu schöner
Als ich je zu träumen wagte
Ein Traum von einer Frau
Das ist jetzt ganz objektiv

Noch dazu findet sie mich
Auch irgendwie erträglich
Was doch schon viel ist
Mehr als die meisten haben

Sie sagt es natürlich auch
So romantisch wie wir es sind
Verliebt und rosa Wolken nur
Im Sinn den wir nicht brauchen

Aber das alles wöge wenig
Verglichen zu unserer Liebe
Zu den Büchern die wir ganz
Teilen als Bücherliebhaber

Hier sehe ich ihre Augen
Feucht glänzen vor Glück
Wie sonst nur ihren Schoss
Wenn ich ihn gerade küsse

Obwohl ich nur davon höre
Es auf Bildern sehe oder mal
Lese wenn sie mir sogleich
Vorlesen will voller Begeisterung

In dieser großen Liebe sind wir
Uns so ähnlich wie nah im Glück
Welch Erfüllung mit so jemand
Sein Leben teilen zu dürfen

Von schönem Sex schwärmen
Wohl manche Paare heute auch
Wenn unklar ist was das heißt
Doch Welten teilen ist mehr

Alles haben ist unbeschreiblich
So fühle ich mich glücklicher
Als ich je zu träumen wagte
Weil wir alles haben und sind

Muss nirgendwo mehr hin
Außer zu ihr natürlich noch
Habe alle Träume erfüllt
Bin vollkommen glücklich

Dankbar für die verzauberte
Buchliebhaberin träume ich mich
Von Berlin auf die Insel der Feen
Wissend die schönste ist meine

jens tuengerthal 24.9.2017

Sonntag, 24. September 2017

Trotzwahl

Über Gründe, Bedingungen und Perspektiven der neu gewählten Republik

Trotz der gerade Wahl ein wenig Abstand zu nehmen, statt wie viele hier, gen Alex zu ziehen und gegen die bösen Rechten zu demonstrieren oder wie der größte Verlierer Schulz dem Testosteron auf andere Weise freien Lauf zu lassen, scheint mir das Gebot der Stunde.

Wir haben nun, wie alle europäischen Nachbarländer auch Rechtspopulisten im Parlament, ihre Sprüche bleiben peinlich und kündigen den Konsens der friedlichen Republik und besonders stark sind sie im Osten, bei denen, die sich freiwillig in diese Republik aufmachten, ohne bis jetzt schätzen zu können, was diese ausmacht außer 10 Sorten Zahnpasta. Hier haben die Feinde der Demokratie am rechten und linken Rand eine Mehrheit und es hilft nichts hier den einen zu tabuisieren, um sich als linke Volksfront zu solidarisieren, damit das Problem kleiner wird.

Der AfD ist im Parlament und sie werden sich hoffentlich dort bestmöglich blamieren, nichts erreichen und bald wieder verschwinden, wie es solche kurzzeitig aufkommenden Gruppen an den Rändern immer taten, weil die ganz große Mehrheit sich für die Demokratie entschieden hat und für die Mitte stimmte.

Wer nun meint, wie Seehofer den AfD noch rechts überholen zu müssen, wird genauso scheitern, wie linke Fanatiker, die alle Anhänger der Rechten als Nazis bezeichnen und zum Widerstand aufrufen. Die Mehrheit liegt wie die richtige Antwort in der Mitte. Noch nie hat die CSU ein solch schlechtes Ergebnis eingefahren wie nach ihrem bisherigen Schlingerkurs.

Die Mehrheit der Deutschen ist mit der Kanzlerin zufrieden. Bei einer Direktwahl hätte sie vermutlich sogar eine absolute Mehrheit errungen. Der Hass, der ihr vom rechten und teils  linken Rand militant organisiert entgegen schlug, zeugt nur davon, wie weit sich diese Ränder von der demokratischen Mitte entfernt haben.

Merkel hat in schwieriger Zeit viel Mut bewiesen. Es ist schade, dass Deutschland den Mut seiner Kanzlerin, die Deutschland und Europa in dieser Zeit so erfolgreich führt, nicht belohnt hat. Nicht Merkel hat polarisiert und den AfD stark gemacht, sondern ein SPD Wahlkampf, der auf Gerechtigkeit verlogen setzte, statt konstruktive Perspektiven zu setzen, mit denen die Mehrheit sich identifiziert.

Die SPD wird sich nun in der Opposition der Linken weiter annähern und hoffen, dass alles Heil von links kommt, wie sie es immer tat, wenn es ihr schlecht ging und weil die linken Stimmen schon immer die lautesten in der Partei waren, wenn auch selten die Intelligentesten, mich haben sie damals erfolgreich damit vertrieben. Sollte die SPD mit der Linken fusionieren oder sich ihr weiter annähern, was in der Opposition gegen Merkels Mitte Politik mit Jamaika relativ wahrscheinlich ist, können sich beide auch zusammen künftig bei unter 20% einrichten.

Wer nur die Verlierer verteidigt, hat keine Perspektive für die Zukunft, so hehr und gerecht dies alles klingen mag. Erfolgreich war die SPD als sie einen Schröder hatte, der als Automann eine auch ökonomische Perspektive bot, daran sollte sie sich besser erinnern, will sie sich nicht auf Jahrzehnte in der Opposition mit weiter schwindenden Anhängern einrichten.

Erfolgreich war auch der Umbau zu einer mehr ökologisch und nachhaltig orientierten Ökonomie, der dem Grünen Koalitionspartner zu verdanken war. Diese haben wohl immerhin noch besser abgeschnitten als die Linken, weil sie alle Probleme möglichst vermieden haben. Damit haben sie einen Teil ihrer linken Wähler an die SED Nachfolge Organisation, die sich heute Linke nennt, verloren. Es werden bei einer Regierungsbeteiligung noch mehr werden, aber es werden auch neue Anhänger dazu kommen, die den wirtschaftlichen Wert dieser nachhaltigen Politik zu schätzen wissen, offen ist nur, wie die Partei das innerlich überlebt. Sie hat mit ihren beiden Spitzenkandidaten zwei Köpfe in den Verhandlungen, die offen für Jamaika sind und zu den Realos gehören.

Flüchtlinge waren ein Thema und waren kein Thema in diesem Wahlkampf. Der AfD machte sie dazu und streute Angst in der Tradition der NSDAP, die genau damit auch erfolgreich wurde. Vor allem bei konservativen Wählern und Nichtwählern, die eher sonst der SPD zuneigen, verfing diese Politik der Polarisierung.

Bedenken wir, wieviele Menschen unkontrolliert ins Land kamen, ist die Veränderung bei der Kriminalität nahezu vernachlässigenswert, auch wenn der AfD noch so laut schreit. Schauen wir, mal abgesehen vom wie immer Berliner Chaos, wie gut die Integration klappt, kann Merkel mit ihrem “Wir schaffen das” eigentlich nur mit Beifall und Stolz zugestimmt werden. Es ist nicht alles gut, aber die Lage, die eskaliert war, ist relativ unter Kontrolle, Deutschland hat eine neue Vorbildfunktion in Europa errungen und das nicht nur als Mahner für schwäbische Haushaltspolitik, sondern als Vorkämpferin der Menschenrechte, was diesem Land angesichts seiner Geschichte gut steht.

Dies hätte sich in deutlich mehr Stimmen für Angela Merkel niederschlagen können und sollen, wenn gute Politik belohnt werden soll, tat es aber nicht, weil die Kanzlerin keine Blenderin ist, sondern ruhig ihren Job erledigt, nichts aufregendes zu bieten hat auf den ersten Blick, einfach gute Arbeit zuverlässig leistet. Schade ist nur, dass die Mutti der Nation nicht genug Gespür für eine Stimmung der Angst hatte, die von Russland finanziert angeheizt wurde, ihr ruhiges Regieren zu stören.

Fraglich nur ist, was sie hätte tun können, um dies zu verhindern oder zu ändern, während sich SPD Granden nebenbei von Putin hofieren lassen, der auch AfD und Linke finanziell unterstützt, der Demokratie im Land damit bewusst schadet. Es wird viel in der Zukunft an der Politik mit Russland liegen und inwieweit einer ihrer Koalitionspartner dort einen Weg der Annäherung nach Europa gegen alles Geschrei vom Kalten Krieg wieder eröffnet. Mit einem unberechenbaren Trump in Washington braucht Europa auch mehr Stabilität im Osten, eine Partnerschaft statt eines Kampfes, den keiner gewinnen kann.

Die Grünen Freunde der Ukraine, die auch dortige Faschisten großzügig  pragmatisch zu übersehen lernten, werden sich dem sicher zunächst entgegenstellen, die Liberalen haben mit vollem Risiko das Gegenteil schon vorher klargemacht und das wird in eine konstruktive Richtung weisen können, die auch der Linken und dem AfD bald den Hahn zudreht und diese fragwürdigen braunen Kohorten wieder in die Minderheit schickt, in die sie gehören. Auch die ominöse Tätigkeit russischer Hacker im Netz wird dann bald wieder enden oder weniger werden.

Es ist gut, wenn sie SPD und Linke nun in der Opposition finden und einigen, damit entscheidet die SPD selbst, ob sie eine Zukunft in der Regierung hat oder ewig nörgelnde Opposition und nur Stimme der Verlierer bleibt, die bei einer erfolgreichen auch liberalen Politik immer weniger werden sollten.

Es gehört auch zu unserer Zeit, dass traditionelle Bindungen nachlassen, es mehr Wechselwähler gibt oder solche, die taktisch wählen. Wir kommen in eine neue Situation, die unsere Demokratie nicht gewohnt ist. Es werden sich die radikalen Stimmen am Rand, also AfD und Linke jagen, wozu die Spitzen beider Seiten auch schon aufriefen. Wünsche ihnen ein fröhliches Halali dabei und hoffe der Rest kann nebenbei zum demokratischen Diskurs zurückfinden.

Die AfD Wähler werden nicht für die Demokratie zurück gewonnen, indem wir sie als braune Faschisten lautstark beschimpfen oder Randale gegen sie veranstalten, im Gegenteil, all dies fördert nur die Unsicherheit und Angst, stärkt sie nur, die ihre kommunikative Unfähigkeit bald von alleine beweisen werden und dazu braucht es keine Diskriminierung ihrer Wähler, die am besten erkennen, welchen Fehler sie machten, wenn alle möglichst ruhig und effektiv ihre Arbeit erledigen.

Frankreich hat den Front National überstanden, dieser zerlegt sich gerade selbst noch weiter nach herben Verlusten, Belgien hat den Vlaams Blok, Österreich die FPÖ, in Großbritannien haben sich die Radikalen gerade wieder geschrumpft - auch diese Stimmen gibt es, sie drücken eine Angst und Unzufriedenheit aus, der sich die Politik nun konstruktiv annehmen muss, damit der Wahlspruch der CDU, vom Land in dem wir gut und gerne leben, auch wieder für eine Mehrheit der Konservativen stimmt.

So gesehen ist das Ergebnis nicht so schlecht. Eine vermutlich Jamaika Koalition überlässt Merkel den Raum rechts, auch wenn die FDP dort fischen will, wird ihr dreitagebärtiger Spitzenkandidat als designierter Außenminister wenig am rechten Rand bewegen können, dafür aber hoffentlich wieder das traditionell liberale Image als derjenigen stärken, die für Freiheit einstehen, wenn er nicht den Fehler macht, Schäuble verdrängen oder nachfolgen zu wollen oder Gabriels Superwirtschaftsministerium, das immer farblos blieb außer der Proteste der eigenen Linken gegen Panzergeschäfte mit Saudi Arabien.

Noch ist alles offen, aber eine Kanzlerin Merkel, die zwischen Liberalen und Grünen ausgleichen muss und doch als konservative Kraft wieder da steht, könnte besser sein als mit der vorlauten aber immer häufiger peinlichen SPD, die sich auf ihre Kosten ständig profilieren musste in diesem Männerverein mit Frauen zur Dekoration. Die Grünen können für Ideen kämpfen, die ohnehin kommen, wie die Elektromobilität und nachhaltige Energieerzeugung, was wieder für eine Spitzenposition dabei in der Weltwirtschaft sorgen könnte, die mehr Zukunft hat als die vereinsmeierische Kohlesubvention der Sozen.

So gesehen, ist dies Wahlergebnis nicht toll und erfordert viel Arbeit und Verhandlungen danach, aber ich denke, es wird dem Land gut tun. Als erstes muss viel Geld auch in die  politische Aufklärung durch die Bundeszentrale im Osten investiert werden, da nur Aufklärung eine Perspektive nun noch hat. Erst wenn die Menschen selbst beginnen, kritisch zu denken, statt von Moskau finanzierte und vorgebetete Psalmen der Verschwörung nachzubellen, wird sich im Denken dort etwas ändern. Es leben dort Menschen, die aus einem Land kommen, in dem von 1933 bis 1989 keine Demokratie herrschte. Da braucht es viel Arbeit, gute Nerven und Zeit, noch etwas zu ändern.

Der Afd sitzt im Bundestag, darum ist weitere Dämonisierung erstmal müßig. Nun müssen sie zeigen, was in ihnen steckt. Können sich in der Führung weiter öffentlich zerstreiten, die Menschen mit Tabubrüchen nerven, die zu einer weiteren Polarisierung gegenüber links führen, wo sich dann Sozen und Linke als Antifaschisten zum wechselseitigen Untergang solidarisieren werden, wenn nicht endlich wieder einer aus der Mitte bei der SPD stark wird. Doch ist die Vermutung größer, dass sie  sich nun um Sigmar scharen und nichts ändern, sondern lieber den Buhmann beschimpfen, den genau diese Rolle nur stärker macht.

Also abgesehen von der vermutlich eher nervigen und fruchtlosen Opposition sind aber die Aussichten für eine Regierung der Mitte relativ gut und es werden dabei wohl die Interessen eines großen Teiles der Bevölkerung berücksichtigt und es könnte stabiler durch die Krise führen als es bei solch unsicheren Kandidaten wie Schulz jemals aussah.

Die Situation ist, wie sie ist und es gibt verschiedene Mehrheiten in der demokratischen Mitte, schade ist, dass eine vorbildlich arbeitende Kanzlerin für ihre zuverlässige Arbeit nicht belohnt wurde, sondern als erste Beamtin des Staates, die null Neigung zum Populismus hat, sondern lieber ruhig ihre Pflicht preußisch korrekt erledigt, für einen grauenvollen Wahlkampf der SPD ohne glaubwürdigen Kandidaten bestraft wurde. Das hat sie nicht so verdient, so sehr ich sie früher auch kritisierte, wirkte kein CDU Kanzler bisher besser und nachhaltig konstruktiver für unser Land als Merkel - vielleicht kann sie es in der neuen Rolle nun den Menschen wieder besser beweisen und ihrem Vorbild Katharina der großen Aufklärerin weiter nacheifern, denn der Osten braucht dringend Aufklärung - zerrissen zwischen den Feinden der Demokratie an den radikalen Rändern, die normale und zuverlässig gute politische Arbeit, nicht zu würdigen wissen.

Im Vertrauen auf Merkels ruhige Hand, sehe ich der Zukunft auch nach dieser Wahl gelassen entgegen. Mag der AfD sie jagen wollen, wird sie es abprallen lassen und diese nur sich selbst offenbaren - wenn die russischen Propagandasender das Programm und die Richtung ändern, wird sich manches Problem von alleine erledigen. Es gibt viele Baustellen aber es geht nun ruhig weiter in die Zukunft und gute Demokraten werden den AfD lieber sich selbst erledigen lassen, als ihn nun niederzubrüllen. Aufklärung braucht Zeit, Ruhe und Geduld, kein Geschrei, davon hat die Mehrheit nun ohnehin genug. Von denen, die gewählt haben, wählten 80% Parteien der Mitte, die paar Radikalen am linken und rechten Rand wird eine gestandene Demokratie wie die Bundesrepublik schon gut wegstecken können. Regen wir uns weniger auf, schauen wir lieber, wie sie ihre Arbeit erledigen.

jens tuengerthal 24.9.2017

HiHa 058

Aufklärungsbarock

Kleider oder Geist
Was bestimmt die Epochen
Vernunft und Gefühl

Aufklärung begann
Mitten im Barock blühte
Im Rokoko auf

Der Renaissance Geist
In Freiheit wieder geweckt
Sucht neue Wege

Manche dachten weit
Über ihre Zeit hinaus
Formten die Zukunft

Habe Mut schrieb uns Kant
Hat es im Kern begriffen
Denken braucht Freiheit

Moral besser ohne
Götter mit Verantwortung
Um menschlich zu sein

Aufklärung hat erst
Götter Herrschaft wieder
Beendet endlich

Mensch im Mittelpunkt
Freiheit als die Erfüllung
Unseres Strebens

jens tuengerthal 24.9.2017

Tee Haiku 0037

Wahltag

Vanille oder
Lieber Earl Green war heute
Die erste Tee Wahl

Die Bergamote
Hat mal wieder gewonnen
Mit milder Säure

Müsli dazu war
Keine Frage wie immer
Der Rest kommt danach

Die Wahl bleibt geheim
Geht keinen irgendwas an
Wer es sagt ist doof

Erschreckend ist wie
Wenig Parteimitglieder
Freiheit verstehen

Verkünden ihre Wahl
Vorab als gäb es keine
Besonders Linke

Über Wahlen nichts
Der Tee wurde dafür gut
Darüber gern mehr

jens tuengerthal 24.9.2017

Liebessturm

Es gibt viele Arten Stürme
Manche beginnen ganz zart
Werden dann immer mächtiger
Bis sie dich fast wegwehen

Die unerwarteten Stürme sind
Am gefährlichsten wenn sie
Aus heiterem Himmel kommen
Unerwartet plötzlich da sind

In Berlin regnete es heute heftig
Bei mäßigem Wind nur während
In Dublin alle Wetter an einem Tag
Wieder waren und wilder Wind wehte

Am wichtigsten ist dabei immer
Auch im Sturm sicher zu stehen
Damit er dich nicht einfach umweht
Auf einen festen Stand zu vertrauen

Fest in der Liebe zu ruhen ist stets
Der sicherste Stand bei allem Wetter
Ein Fundament in Not Halt zu finden
Jeden Sturm ruhig zu überstehen

So macht mir auch das Wetter nichts
Ertrage ich seine Launen relativ ruhig
Nehme einen Schirm mit und freue mich
Am endlich Herbst in auch mal wild

Am Ende legt sich jeder Sturm wieder
Erleichtert es überstanden zu haben
Kann ich noch mehr alles genießen
So gesehen liebe ich die Stürme

Es trägt die Liebe durch die Stürme
Freue mich währenddessen schon
Auf die Lust am danach und denke
Was könnte schöner sein als Sturm

Vielleicht ist es etwas paradox
Den Sturm für das danach zu lieben
Doch macht es beides noch schöner
So ist am Ende alles gut und Wetter egal

jens tuengerthal 23.9.2017

Samstag, 23. September 2017

HiHa 057

Übergangszeit

Barock ist eine
Übergangszeit die zwischen
Zwei Epochen liegt

Renaissance davor
Aufklärung dann infolge
Selbst eher ungar

Manches noch zugleich
Scheint Einteilung willkürlich
Eben menschlich wohl

Zeit auf der Suche
Nach neuen Wegen
Erscheint oft unklar

jens tuengerthal 23.9.2017

Tee Haiku 0036

Herbstregen

Regentage sind
Tröpfelnd herbstlich schöner bei
Warmem feinen Tee

Während Natur stirbt
Blühe ich erst selig auf
Wo kühl und dunkel

Bin ein Kontrapunkt
Zur Menge in der Sonne
Lese im Schatten

Wetter macht glücklich
Besonders im Herbst wo es
Feucht noch schöner wird

So lieben Leser
Das Herbstwetter natürlich
Es entspricht ihnen

jens tuengerthal 23..9.2017

Flaneurdoppel

Gemeinsam mit der Liebsten
Heute losgelaufen so waren wir
An je unterschiedlichen Orten
In Dublin und Berlin unterwegs

Sie nach Dublin zur langen Nacht
Der Museen die dort um 21h endet
Während ich vom Berg aus loslief
Mit dem Ziel mindestens Tiergarten

Zwischendurch die Verbindung
Um Energie zu sparen beendet
Ohne sich zu verlieren also ganz
Beieinander in Gedanken dabei

Jeder zeigte dem anderen dafür
In Bildern wo er überall gewesen
Was wir dort erleben durften ohne
Voneinander im Moment zu wissen

Bin durch Mitte flaniert vorbei an
All den dort Galerien und Läden
Zum Brandenburger Tor durch das
Es bis zur Siegessäule weiter ging

Sie folgte der Bücherliebe wieder
In einen der zauberhaften Buchläden
Suchte später dem Dichter Yeats bis
In sein Haus noch kundig geführt

Hinter dem Brandenburger Tor kam
Mal wieder ein Jahrmarkt diesmal zum
Berlin Marathon der morgen rollt und
Sonntag durch die Stadt keuchen wird

Sie suchte in Dublin neue Wege
Besichtigte manches neues auch
Aus der Zeit der Gründung der
Heute irischen Republik um Yeats

Beobachtete Läufer überall schon
In Tiergarten und am 17. Juni die
Schon die Tribünen vorab abliefen
Leider viel zu laut bedudelt dabei

Sie erkundete Dublin poetisch
Freute sich an neuen Büchern
Speiste im Schnelessrestaurant
Sah und erfuhr manch neues auch

Kam nur hinter Königin Luise nicht
Weiter im teilweise gesperrten Garten
Kehrte um suchte beleuchtete Wege
An der Philharmonie schließlich vorbei

Die Prinzessin reiste heute statt mit
Kutsche standesgemäß im Bus wieder
Zurück in ihr Schloss am Rand der Stadt
Voller Eindrücke aus der Literaturstadt

Ging am Holocaust Mahnmal vorbei
Zum Gendarmenmarkt über die noch
Teilweise Baustelle Museumsinsel durch
Mitte wieder den Berg vertraut hinauf

Oben dann fanden wir uns endlich wieder
Teilten die nächsten Stunden im Ohr ganz
Vom Riesling im Café zur Runde um den Platz
Beide endlich erschöpft in ihrem je Zuhause

Wie schön war es ihre Stimme im Ohr
In der gemeinsamen Wohnung wieder
Anzukommen wie wir längst beieinander
Erschöpft vom mehr als Halbmarathon

Im Café schon sendeten wir uns die Bilder
Erzählten uns was wir sahen erlebten noch
Die Wege des anderen mit zum Riesling
Ohr an Ohr sehnsüchtig nach viel mehr

So haben wir als zwei Flaneure unsere
Je Welten jeder für sich weiter erkundet
Um uns dann davon erzählen zu können
Womit beides zu einem verschmolz

Es wuchs die Sehnsucht dies bald auch
Wieder gemeinsam zu teilen hier wie dort
Das Flaneurdoppel endete Ohr an Ohr
Zärtlich zugewandt in unserer Küche

jens tuengerthal 22.9.2017

Freitag, 22. September 2017

Telefonsex

Der Sex mit meiner Liebsten
Ist der beste je vorstellbare
Für mich und ihr scheint es
Umgekehrt auch so zu gehen

Das ist zwar nur eine Nebensache
Aber doch die schönste und so selten
Wie ich heute besser weiß als  früher
Um so mehr freue ich mich daran nun

Doch bleibt dies nur theoretisch
Solange sie auf der Insel sitzt
Während ich im dicken B warte
Als mir schönste Erinnerung wach

Außer wir verführen uns mit Worten
Was wir schon taten einstmals als
Sie in Schwaben und ich in Preußen
Noch weit voneinander wir lagen

Vorsichtig beginnt dies gewöhnlich
Braucht seine Zeit in der sich beide
Sinnliche Geschichte erzählen um
Die Lust des anderen auch zu wecken

Zusammen kommen kannte ich da
Eher gespielt denn real doch oh Wunder
Genieße staune und wundere mich
Die Liebste und ich schaffen es auch so

Die raumlos körperliche Harmonie
Scheint mir fast ein Wunder zu sein
So innerlich abgestimmt sind wir längst
Dass wenige Augenblicke genügen

Stichworte der Lust hingeworfen
Machen wechselseitig und nass
Es erwähnen genügt schon fast
Welch sinnliche Konizidenz

Wer sich geistig so nah wie wir
Zugleich körperlich so sich findet
Spielt in tonaler Harmonie wohl
Das ewige Lied von der Liebe

jens tuengerthal 22.9.2017

HiHa 056

Barockeitel

Alles sei eitel
Dichtete Gryphius noch
Mahnend im Barock

Was einer heut baut
Reißt jener morgen ein
Städte zu Wiesen

Glaubenskrieg hatte
Hoffnung und Leben zerstört
Nichts sei für ewig

jens tuengerthal 22.9.2017

Tee Haiku 0035

Herbstlos

Wind Sonne Wolken
Wehen am Himmel über
Berlin nun herbstlich

Gestern noch Sommer
Begann schönste Jahreszeit
Übergangslos wohl

Tage sind kürzer
Laub dafür umso bunter
Licht scheint mir wärmer

Liebe den Herbst sehr
Das Sterben macht Lust
In letzter Schönheit

Welch Glück denke ich
Jährlich den Herbst zu haben
Mit Kastanien

Die kleinen Kugeln
Sind Früchte schöner Bäume
Den Buchenverwandten

Ob die Liebe zu
Den Büchern die zu Buchen
Wohl auch nahelegt

Zeit der Äpfel auch
Maronen und Kartoffeln
Traubenlese bald

Herbstliebe ist mehr
Als Genuss der Früchte bloß
Ein sinnliches Glück

jens tuengerthal 22.9.2017

Donnerstag, 21. September 2017

Liebeshain

Manchmal gehst du noch
Zusammen selig los aber
Verirrst dich zwischendurch
Miteinander oder vom Weg

Wie gut ist es da sich dennoch
Sicher zu sein was auch kommt
Da du schon angekommen bist
Kannst du dich nicht verlieren

Vom Platz ging es in den Hain
Durch Winskiez und Bötzowviertel
Schaufenster bestaunend bis zum
Märchenbrunnen am Ende allein

Nicht alle Wege sind gerade auch
Wenn Berlin hier oben am Berg sogar
Als ich an seinem Fuß entlang lief
Quadratisch preußisch geplant ist

So verirren sich manche dennoch
Eher zwischen den Zeilen und gut
Ist dann nur der innere Kompass
Der Gewissheit für immer gibt

Am Märchenbrunnen ganz romantisch
Saßen die Paare eng umschlungen
Vorne toste der Verkehr hinten ruhte
Der Park mit seinen dort Schutthügeln

Spuren des Krieges längst bewaldet
Von riesigen Bäumen zeigen nichts
Mehr von den Wundern des Krieges
Der 45 hier noch so schrecklich tobte

Diesmal allein nicht die Hügel hinauf
Einmal umrundet dann durch die Kieze
Schaufernsterlnd wieder auf den Berg
Der eigentlich nur ein Hügel wohl ist

Dennoch nennen ihn die Bergbewohner
Natürlich Berg und sind ein eigenes Volk
Was im frühen Herbst noch draußen sitzt
Bier oder Wein in den Händen plaudernd

Am Bücherbaum schließlich vorbei der
Weit jenseits des Parks im Häuserwald
Diesmal keine Überraschung mir bot
An neuem Lesestoff für lange Nächte

Auch einsam noch um die immer
Zweisamkeit wissen beruhigt sogar
Wenn sich zwei für Momente verirren
Am Ende führen alle Wege heim

Die Liebe ist viel größer als alle
Verwirrung ohne Kompass sein kann
Sie bleibt und wartet aufeinander
Wo du schon angekommen bist

jens tuengerthal 21.9.2017

HiHa 055

Barockfrauen

Reichlich Rundungen
Verbinden wir mit Barock
Was nicht immer stimmt

Rubens brachte uns
Bildlich seine Liebe zur
Üppigkeit näher

Geschnürt waren sie
Mehr als heute ganz fraglos
Was Figur betont

Wer Bilder ansieht
Merkt sie waren verschieden
Wie wir heute auch

Manche halt üppig
Andere nur klapperdürr
Viele dazwischen

So unterschied sich
Die Figur wie die Natur
Es gab da alles

Nur das Ideal
War nur genau umgekehrt
Was Lust erleichtert

Wo Hunger herrschte
Galt Fülle als reich und schön
Anders als heute

Die Männer aber
Waren so hauteng behost
Dass Figur nötig

Entspannt wäre es
Wenn ein jeder sich einfach
Seine Zeit wählte

Passend zur Figur
Sein Kostüm aussuchen könnte
Um zu leben was gut tut

Wären wir so frei
Sähen Schönheit im Kontext
Mehr wären glücklich

jens tuengerthal 21.9.2017

Tee Haiku 0034

Glückssoll

Sollte ich sagen
Wie blöd ich viele finde
Ist schweigen besser

Vor Wahlen zeigt sich
Was sonst eher verborgen
Hinter dem Anstand

Ist ehrlich besser
Oder immer höflicher
Dezent zu bleiben

Weiß wer die Wahrheit
Oder lügen doch alle
Manche nur lauter

Bin nun lieber still
Weil Frieden glücklicher macht
Mehr Soll brauch ich nicht

jens tuengerthal 21.9.2017

Mittwoch, 20. September 2017

Humboldtsehnsucht

Mit der Liebsten im Ohr
Die eigene Stadt erkunden
Wie zugleich von der Insel
Hören teilt Leben unterwegs

Vom Berg zum Humboldthain
Über Mauerpark und Wedding
Während sie von der Uni erzählte
Mit kleinen Umwegen staunend

Hörte was sie zu erzählen hatte
Litt mir ihr und ihrem Knie zugleich
War ich froh sie am Ohr zu  haben
Allein im dunklen Park voller Bäume

Sich ein wenig verlaufen dabei
Doch wieder zurecht gefunden
Nahm ihre Gegenwart jede Sorge
Flanierte ich plaudernd durch Mitte


An der Mauergedenkstätte vorbei
Wieder über die nicht mehr Mauer
Gen Osten den Berg hinauf oben
An der Zionskirche vorbei zurück

Zusammen Ohr an Ohr auch noch
Einkaufen gewesen und im Café
Einen Rosentee getrunken dabei
Warm durchströmt ihr noch näher

Sich so fern ganz nah zu sein
Tröstet über die Sehnsucht doch
Zumindest ein wenig auch wenn
Lieber ich sie nun im Arm hielte

So bewege ich mich durch Berlin
Bleibe am Ort und bin doch bei ihr
Reise wörtlich nach Dublin zu der
Schönsten Prinzessin zugleich

Wie glücklich macht mich zu wissen
Es ist bald wieder unsere Welt hier
Wir haben uns vertraut auch jetzt
Aus der Ferne einander ganz nah

Über Herbstanfang gesprochen
Gelernt was Altweibersommer heißt
Nach den Weiben wie damals noch
Die Weben der Spinnen hießen

Einander vom geliebten Herbst so
Sehnsüchtig vorgeschwärmt wie
Gut wenn zwei das Jahr gleich teilen
Die kühleren Zeiten mehr lieben

Wie heiß dagegen unsere Liebe
Welch nie endende Leidenschaft
Die nun ungestillt täglich wächst
Einander verschlingen wieder will

Der Weg durch verschiedene Welten
In einer Stadt die nebeneinander doch
Existieren auch wenn sie so ungleich
Unter dem Kontinuum unserer Liebe

Humboldt ein Weltreisender war
Getrieben davon alles zu sehen
Bin glücklich durch sie da zu sein
Zufrieden sehnsüchtig noch hier

So teilen wir Welten in Worten
Erspüren einander zuhörend
Die sonst berührte Stimmung
Machen das beste daraus

Neige vom Wesen her nicht
Dazu mich zu grämen sondern
Genieße lieber das Glück ganz
Was sich nun so fern nah ist

jens tuengerthal 20.92017

HiHa 054

Epochengrenzen

Gab es Epochen
Oder dabei logisch nie
Sondern erst danach

Barock nannte erst
Burckhardt so lang danach schon
Vieles bleibt unklar

Grenzen verschwimmen
Zwischen Ebenen weiter
Sie sind irreal

Henry Quatre war
Renaissance wie auch Barock
Überragend stets

Die Aufklärung hat
Im Rokoko begonnen
Und bringt sein Ende

Die Renaissance war
Sich bewusst wollte es sein
Barock blieb unklar

Zwischen den Zeiten
Liegen angeblich Epochen
Was gibt es wirklich

jens tuengerthal 20.9.2017

Tee Haiku 0033

Himmelsausschnitt

Blau mit weiß darin
Der Himmel über Berlin
Vom Winde verweht

Manchen ist Jenseits
Was real Universum
Verstehe das nie

Warum sollten wir
Die Leere füllen wollen
Statt glücklich zu sein

Leben ist endlich
Keiner kommt nochmal wieder
Was auch gut so ist

Von aller Natur
Wissen wir alles was lebt
Ist logisch sterblich

Wem die Welt nicht reicht
Der erfindet sich Himmel
Bin da bescheiden

Nichts von mir bleibt je
Alles drum ist vergänglich
Genieße was ist

Habe Mut lustvoll
Alles mehr zu genießen
Statt dich zu fürchten

Blick nach oben gibt
Ohne Glauben zumindest
Orientierung

jens tuengerthal 20.9.2017

Dienstag, 19. September 2017

Weißenseeher

Vom Berg zum See gelaufen
Ohne hinab zu gehen doch
Immer mit der Liebsten im Ohr
Berlin und Dublin erkundet

Sie kaufte Dessous und ein Kleid
Geschnürt geschlitzt verführerisch
Schon das sichtbare doch viel mehr
Noch reizte das anderen unsichtbare

Vorführung durch das Netz vorm Spiegel
Dagegen bot ich nur Seebilder halbdunkel
Doch hatten wir einander wieder ganz voll
Verführerischer Vorahnung auf was kommt

Wie glücklich ist ein Mann zu schätzen
Dessen Frau ihn so sinnlich verführt
Auch aus der Ferne mit spürbarer Lust
Pries derweil die schöne Natur doppelt

Immer wieder auch in der Ferne sehen
Wie schön deine Frau ist bleibt wunderbar
Erfüllt dich mit schönster Hoffnung die da
Wo sie geteilt wird alles noch übertrifft

Vorbei an schönen Klinkerhäusern dort
Die so norddeutsch jedesmal anmuten
Ist der Gang zum Weißensee eine Reise
In eine andere Welt irgendwie tief im Osten

Dabei die Liebste im Ohr vom gemeinsamen
Picknick dort am See noch schwärmen wie
Von künftigen Gängen träumend verliert sich
Die Ferne vor der Aussicht auf die Ewigkeit

Für immer gemeinsam sein wollen klingt so
Groß und wird doch das alltägliche Glück
Was noch wächst wo wir es auch würdigen
Als schönste Aussicht ohne nahes Ende

Natürlich hat alles einmal ein Ende
Weil unser Leben eben beschränkt ist
Wir darüber nichts haben nie wissen
Doch ist diese Ferne weit genug weg

So fühlt sich wie immer immer noch
Wie unendlich an und ist doch nicht
Schwer sondern die sich gegenseitig
Beflügelnde Leichtigkeit der Liebe

Nähmen wir uns etwas ein Leben lang vor
Stände es riesig wohl vor uns als Mauer
In der Liebe aber wird es von allein leicht
Lässt die Vorstellung glücklich fliegen

Manches mal schon habe ich es gedacht
Häufiger vermutlich es noch gesagt doch
So sicher gewusst habe ich es niemals
Und die Unendlichkeit wächst nur als Glück

So genieße ich jeden Augenblick mit ihr
Auch wenn gerade nur im Ohr wird doch
Im Schatten geplanter Unendlichkeit alle
Ferne winzig klein und schwindet die Zeit

Sich haben und für immer denken macht
Im Vergleich alles klein außer dem immer
Mehr wachsenden geteilten Glück aber nun
Wird es zu kitschig und ich ende lieber

jens tuengerthal 19.9.2017

HiHa 053

Barockdialektik

Das Zeitalter der
Gegensätze umfasst mehr
Als Krieg und Frieden

Voller Leidenschaft
Auch zur Üppigkeit neigend
Stand es am Rande

Mehr Formenfülle
Bei starkem Aberglauben
Alles vergoldet

Endet schließlich mit
Der Aufklärung als Herrschaft
Der Vernunft endlich

Krieg um den Glauben
Absolutistische Macht
Gegen freien Geist

Henry Quatre stand
Am Anfang während Enkel
Ludwig am Ende

Habsburger Kaiser
Bis zum Preußen Friedrich zwo
Der Gegensatz lebt

Dreißig Jahre Krieg
Bis Frieden von Westfalen
Ging nur um Glaube

Die Aufklärung macht
Die Götter überflüssig
Revolution folgt

jens tuengerthal 19.9.2017

Tee Haiku 0032

Glücksverteilung

Wird das Glück verteilt
Wer ist dafür zuständig
Wo es Gott nicht gibt

Was ist Glück für wen
Gibt es da eine Formel
Oder zählt Haltung

Bin völlig glücklich
Habe nichts aber Liebe
Mehr als alles so

Braucht es Sicherheit
Zumindest eine Zukunft
Genügen uns Träume

Eine Tasse Tee
Am Morgen entspannt genug
Um glücklich zu sein

Keine Nachrichten
Mehr vor Wahlen ansehen
Sich zurückhalten

Glück kann alles sein
Aber Liebe reicht immer
Also hab ich alles

jens tuengerthal 19.9.2017

Flaneurglück

Mit der Liebsten im Ohr
Ging es heute gen Pankow
Bei letzter noch Sonne los
Am Helmholtzplatz gen Norden

Wir sprachen über 16 Kilometer
Von Alice und ihrem Wunderland
Zu Lewis Carroll und seinen Theorien
In der Mathematik und Literatur

Wer Alice in seiner Logik alles liebt
Was dahinter als Liebesgeschichte
Für ein Geheimnis steckt und weiter
Über mathematische Theorien dann

Da erklärte mir mein liebstes Genie
Ganz nebenbei plaudernd manch
Rätselhaftes Geheimnis der Zahlen
Wie der Logik der Mathematik dazu

Von der mathematischen Logik
Ging es zur sprachlichen weiter
Wie ihren Theorien mit und ohne
Seele oder auch höhere Wesen

Dabei vorbei an Schloss Schönhausen
Hin zum Bürgerpark Pankow ging es
Bald ums Universum und Kants Theorie
Dazu wie seinen fraglichen Atheismus

Wir durchquerten Pankow in Worten mit
Liebe füreinander und die Philosophie
Freuten uns an der Spurensuche dabei
Glücklich in geteilten geistigen Welten

Wie schön ist es zu lieben schon allein
Welch Glück wenn diese noch geteilt
Voll Lust gemeinsam gar sehnsüchtig
Scheint schon der Höhepunkt erreicht

Doch was bin ich für ein glücklicher Mann
Habe nicht nur die schönste lustvollste
Aller Frauen die noch dazu so genial wie
Bücher liebend ist denke ich dankbar

Welten teilen in allem ist ein Wunder
Was natürlich Teil unserer Natur ist
Auch wenn ich nicht alles verstehe
Bin ich froher als ich sagen kann

jens tuengerthal 18.9.2017

Montag, 18. September 2017

HiHa 052

HiHa 052
Barocker

Barock als Kunstform
Geht weiter noch als ihr Geist
Der da fraglich wird

Große Pracht zeigt sich
Im Absolutismus noch
In vollem Glanze

Das Wort unklar
In Herkunft wie Bedeutung
Beschreibt damit gut

Die schiefe Perle
Das trügerische Denken
Irgendwie doch schief

Was merkwürdig hieß
Wurde bemerkenswert wieder
In all seiner Pracht

Burckhardt brachte ihn
Für uns erst in Umlauf als
Die Zeit längst vorbei

Grenzen zerfließen
Zwischen allen Formen schnell
Kunst aus Fabriken

Rembrandt und Rubens
Liebten alle die Formen
Meister der Farben

In dunklen Zeiten
Leuchteten Bilder wie auch
Häuser und Musik

Dialektik war
Real zwischen Krieg und Kunst
Bis zur Aufklärung

jens tuengerthal 18.8.2017

Tee Haiku 031

Wahlaggression

Vor Wahlen werden Menschen so aggressiv im Umgang, besser wäre es, alle Netzwerke dann zu meiden, genau wie jede Umfrage.

Trinke lieber Tee
Schau in die Sonne anstatt
Bis es vorbei ist

Wildfremde Menschen
Beschimpfen sich erklären
Einander für dumm

Warum ist es so
Wer holt die Liebe zurück
Alle verrückt hier

Besser als schweigen
Ist vor Wahlen nie etwas
Denke ich für mich

Hoffentlich merk ich
Es mir endlich auch wirklich
Statt was zu  sagen

jens tuengerthal 18.9.2017

Sonntag, 17. September 2017

Auslauf

Willst du mit mir gehen
Fragen sich die Teenies
Später finden wir es lustig
Heute war es wunderschön

Bin mit meiner Liebsten im Ohr
Plaudernd durch Berlin gelaufen
Immer beieinander einander die
Große ewige Liebe versprechend

Vom Berg bis an die Spree hinab
Ihr folgend zum Kanzlerinnenamt
Durch den Tiergarten geschlendert
Über die Museumsinsel voller Glück

Tangotänzer beobachtet und beschlossen
Dort bald zusammen tanzen zu gehen
Durch die alte Mitte flaniert kurz pausiert
Den Berg hinauf bis zum Riesling mit ihr

Immer die Liebste auf der Insel im Ohr
Schwebte ich die zwanzig Kilometer als
Fröhlicher Flaneur durch meine Stadt
Während die Prinzessin im Schloss saß

Beim Wein ihr im Gespräch gelauscht
Mit Spanierinnen aus Andalusien dort
Auf der Insel im Westen wo noch alles
Eine Stunde später immer passiert

Sich so fern nah zu sein voller Lust
Die einzig leider wir nicht auslebten
So mitten in Berlin unterwegs doch
Fühlbar hingebungsvoll das ist Glück

Wir waren uns einander im Ohr sitzend
Fern ganz nah und immer größer wird
Das Gefühl voller Sehnsucht bei beiden
Was bin ich für ein glücklicher Mann

jens tuengerthal 17.9.2017

HiHa 051

Kriegshelden

Zeiten des Krieges
Bringen neue Helden mit
Krieger natürlich

Alle Soldaten
Sind Mörder sagte später
Uns der Tucholsky

Mörderverehrung
Endet immer tödlich bis
Keiner überlebt

Von Wallenstein bis
Zum Schwedenkönig Gustav
Metzelten alle

Um wahren Glauben
Wie um Seelenheil ging es
Vorgeblich immer

Doch glaubten sie selbst
Noch an Himmel und Hölle
Sogar an Sterne

Weniger Glaube
Mehr Vernunft dagegen hät’
Manch Krieg verhindert

jens tuengerthal 17.9.2017

Tee Haiku 0030

Aufreger

Ganz tief einatmen
Bis hundert lieber zählen
Macht vieles besser

Allen zu raten
Wäre Entspannung üben
Vor jedem Reden

Fußball und Rennen
Erregen viele Menschen
Unklar nur warum

Flanieren hilft da
Mehr als jede Ablenkung
Es relativiert

Tee trinken dazu
Bringt uns zur Ruhe oder
Ödet das schon an

Angst zu langweilen
Stiftet manchen Unsinn an
Meist ohne Gewinn

Aufreger lohnen
Für keinen als den Blutdruck
Wozu dann also

Manche brauchen es anstatt
Häufiger Sex zu haben
Was besser wäre

So wäre mehr Sex die
Lösung vieler Probleme
Wie schön Natur ist

jens tuengerthal 17.9.2017

Samstag, 16. September 2017

Buchladenliebe

Was schickt mir die Liebste
Als erstes wenn sie gen Westen
Nach Galway fährt natürlich
Bilder schöner Buchläden

So teilen wir mehr als eine
Liebe zueinander nämlich
Auch die zu den Büchern
Dem schönsten Garten

Manche laufen um die Welt
Sehenswürdigkeiten noch
Gesehen zu haben vorm Tod
Als gäbe es da eine Pflicht

Nun gibt es auch Bücher dazu
Die uns diese Orte auflisten
Zu denen wir reisen müssten
Welch lächerlicher Überfluss

Habe die Welt in Büchern um mich
Muss nirgendwo hin um zu sehen
Was Massen anderer anschauen
Im Gegenteil denke ich da immer

Doch für eine schöne Bibliothek
Oder einen stillen Buchladen
Empfinde ich anderes seltsam genug
Als hielten diese Orte die Zeit auf

Wie glücklich bin ich da zu nennen
Zuhause Bilder davon zu bekommen
Von meiner großen Liebe dazu
Was mehr sollte ich je noch wollen

Die vielfach geteilte Liebe und Lust
Mit der Leidenschaft für Bücher ist
Für mich das vollkommene Glück
Genieße es als glücklicher Mann

Genug zu lesen für ein Leben
Mehr als genug Liebe und Lust
Dies paradiesisch auszuleben
Bin ich wohl beneidenswert

jens tuengerthal 16.9.2017

HiHa 050

Glaubenskriege

Der wahre Glaube
Wurde Grund vieler Kriege
Nach der Renaissance

Kultur verlor sich
Ganz im Gemetzel es wurd
Mittelalterlich

Als ginge die Zeit
In immer wieder Zyklen
Von Auf- und Abstieg

Zweihundert Jahre
Bis zur Aufklärung ging es
Bergab mit dem Geist

Macht oder Glauben
Ist beides je zu trennen
Was wäre ohne

Licht und Dunkelheit
Wechseln historisch stetig
Was ist da Fortschritt

Wann lernen wir was
Aus der Geschichte dazu
Oder doch niemals

jens tuengerthal 16.9.2017

Tee Haiku 0029

Entspannung

Alles angespannt
Torkelt die Welt hysterisch
In jede Krise

Was ist es noch wert
Sich aufzuregen heute
Was wäre besser

Nehmt es ernst aber
Nicht zu sehr entspannt
Euch lieber ruhig

Menschen töten sich
Für ihren Aberglauben
Statt sich zu lieben

Statt Drohung braucht es
Mehr Entspannungspolitik
Konflikte lösen

Besser sucht jeder
Befriedigung voller Lust
Um glücklich zu sein

Unsere Zeit ist
Natürlich beschränkt besser
Wir nutzten sie mehr

Entspannung tut gut
Lieber täten wir mehr gut
Als Krieg zu spielen

Eine Tasse Tee
Ist da der beste Anfang
Zeit zum genießen

jens tuengerthal 16.9.2017

Freitag, 15. September 2017

Vermissensglück

Sich vermissen ist traurig
Aber es wissen ein Glück
Wenn es beiden so geht
Ein Beweis für die Liebe

Natürlich fehlt sie mir sehr
Die Liebste auf der Insel
Doch zu spüren ihr geht es
Genauso macht glücklich

So kann ich an der Einsamkeit
Leiden oder mich freuen wie
Sehr sie mich auch vermisst
Weil es jede Ferne überwindet

Manchmal ist es dann schwierig
Dem anderen zu erklären warum
Ihr Leiden mich glücklich macht
Denn ich will ihr natürlich nur gut

Wenn die Dinge sind wie sie sind
Können wir daran leiden oder nicht
Lieber schaue ich auf das Schöne
Als mich zu grämen wenn es so ist

Wie groß und schön ist die Liebe
Die beiden solche Sehnsucht schenkt
Darum bin ich auch sehnsüchtig noch
Ein glücklicher Mensch voller Liebe

Die Dinge nehmen wie sie sind hilft
Aus allem das Beste sich zu machen
Wie gerne gäbe ich ihr diese Sicht
Damit sie auch das Vermissen genießt

Noch mehr freue ich mich auf sie nun
Wo ich schmerzvoll das Vermissen immer
Spüre in der Zeit ohne sie und es wird
Sogar der Schmerz etwas schönes mir

Mache mir die Welt wie sie mir gefällt
Leide am Vermissen und freue mich
Aber mehr daran dass es uns beiden
So geht und so ist am Ende alles gut so

jens tuengerthal 15.9.2017

HiHa 049

Glaubensfluch

Verflucht war die Zeit
Der Renaisance soweit es
Um den Glauben ging

Hugenotten dort
Protestanten hier im Kampf
Mit den Katholen

Indianer wie
Afrikaner wie Tiere
Behandelt zu lang

Gemetzel um Macht
Von Rom bis Wien immerzu
Ohne noch Gnade

Die Pest wütete
Wie die Inquisition die
Hexen noch verbrannt

Nur der Geist war frei
Unter den Humanisten
Es waren wenig

jens tuengerthal 15.9.2017

Tee Haiku 0028

Sind Wahlen ein Fest
Der Demokratie oder
Nervige Show bloß

Wäre nun Merkel
Königin bräuchte es nie
Dieses Theater

Nur ob Mutti dann
Noch wie Mutti wäre fragt sich
Bei ihrem Vorbild

Die Aufklärerin
Zarin Katharina steht
Auf ihrem Schreibtisch

Mehr Aufklärung tät
Dem Land besser wohl als die
Populisten just

Erkennt dies Volk auch
Wen es vernünftig wählte
Wer darf entscheiden

Königin Merkel
Machte es wohl besser noch
So preußisch korrekt

Doch ungewiß blieb
Was danach über uns käm
Drum besser wählen

jens tuengerthal 15.9.2017