Freitag, 7. Juli 2023

Sonettmilliardär

Sonettmilliardär

Dichter werden selten reich
Zumindest mit ihrer Dichtung nicht
Warum die Frage berechtigt ist ob
Sie dabei noch ganz dicht sind aber
Gut wenn sie davon leben können
Denke ich lächelnd im Wissen
Den Ruhm entdeckt meist erst
Die Nachwelt für vorige Dichter
Dachte immer mit über 13.0000
Gedichten hätte ich schon eine
Nicht ganz kleine Menge geschrieben
Doch nichts ist das gegen den Band
Den Raymond Queneaus bei Galimard
Am 7. Juli 1961 in Paris herausbrachte
Hunderttausend Milliarden Gedichte
War der treffende Titel für ein Buch
Das ein experimentelles Ensemble
Von 10 Sonetten so drucken ließ dass
Alle Sonette die gleiche Reimendung
Haben in den gleichen Zeilen warum
Alle beliebig kombinierbar sind mit
Den 10 folgenden Zeilen nach dem
Schema des Sonett kombinierbar sind
Was bei 14 Zeilen von Sonetten also
10 hoch 14 Kombinationen gibt damit
Hunderttausend Milliarden Gedichte
Die Èdition Galimard druckte dieses
Buch in Form eines Klappbuches
Die Seiten sind aus extra starkem
Papier gedruckt dabei sind die Seiten
Zeilenweise in Streifen geschnitten
Mit etwas Abstand zwischen den Zeilen
So dass die Leserin sie beliebig neu
Komponieren kann nach dem Schema
Das Werk gehört zur potentiellen Literatur
Es gibt noch Nachdichtungen wie auch
Nachdrucke ähnlicher Art auch in
Deutscher und englischer Sprache
Die deutsche erschien bei Zweitausendeins
Es gibt bei den neuen Kompositionen
Überraschende Effekte manchmal ein
Déjà-vu oder Langeweile durch die
Wiederholungseffekte doch alle so
Möglichen Kombinationen zu lesen
Würde bei einer Lesezeit von etwa
30 Sekunden pro Sonett ohne Pausen
95 Millionen Jahre dauern was damit
Schon im Bereich des Irrealen liegt
Zumindest jenseits der Vorstellung
Wie meine etwas über 13.000 Gedichte
Geradezu lächerlich erscheinen lässt
Ein solcher Sonettmilliardär hat der
Nachwelt zumindest ein wunderbares
Spielzeug kombinierbarer Dichtung 
Hinterlassen was jedenfall des heute
Gedenkens wert war mit nur einem
Kulturgeschichtlichen Gedicht hier

jens tuengerthal 7.7.23

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