Bahnhofsminne
Saß auf einem Steine
Hatte Bein über Bein geschlagen
Die Hand am Kinn dies stützend
Walther von der Vogelweide im Sinn
Den Berliner Hauptbahnhof vor mir
Als ich die letzten beiden Gedichte
Über die Liebe als Minne schrieb
Die Liebsten ob nah oder fern in
Gedanken ganz innig dabei dachte
Weniger darüber nach wie ich auf
Dieser Welt wohl leben sollte aber
Was der rechte Weg der Liebe sei
Auf dem sie kommt um zu bleiben
Statt unfassbar stets zu sein als nur
Gefühl von dem ich Bahnhof eher
Versteh wo ich ja passend saß dazu
Ein Hiphopper von seiner Liebe sang
Mit altersgemäß schlichten Reimen
Doch viel Gefühl das uns erinnerte
Wieviel Glück auch in der verlorenen
Liebe einst lag und sich daran noch
Zu erinnern verliehe ihm Flügel
So saß der Dichter wie Walter einst
Auf seinem Steine lauschte der neuen
Minne zum frischen Beat der doch die
Alten Themen wie stets besang was
In mir nun manches bewegte woraus
Die letzen beiden Gedichte wurden
Während ich über Walther den Großen
Nun im ratternden Zug längst weiter
Als Halle hier schreibe bleibt die so
Spannende Synergie in hier gänzlich
Verregnetem grünen Land was nach
Zu viel Trockenheit Auge und Gefühl
Im hier grünen Zug gut tut mir präsent
Ansehen Besitz und Gottes Gnade sind
Von keinem Interesse mehr für mich die
Für den minniglichen Walter noch das
Waren was er zusammenhalten wollte
Auch wenn er sieht wie schwer es wird
Ohne Frieden und Gerechtigkeit dreht
Sich mein Denken auf dem Stein das
Hochhaus mit den schiefen Wänden
Im Rücken den Bahnhof vor mir nur
Um Liebe die doch alles fasst wie uns
Zugleich so gerne fassungslos auch
Macht in unserem Streben nach Glück
Was ich mit Epikur den Walther wohl
Kaum kennen konnte zu seiner Zeit
Für das Zentrum des Seins halte
Dessen Gipfel die Liebe dann ist
Welche unfassbares Nichts bleibt
Aber jeden Gedanken besetzt wo
Sie sich ihre Wege in uns sucht
Sei es aus dem Herzen was doch
Blut nur durch den Körper pumpt
Das die Lunge mit Sauerstoff noch
Anreicherte und was sollte je sein
Außer der Natur da mit Epikur wie
Seinem Dichter Lukrez ganz eins
Sei es aus der Seele an die ich nicht
Glaube weil sie keinen Ort in der Natur
Hat denn als Summe der Eindrücke
Die unseren Geist bewegen der sich
Aus den neuronalen Netzen wie den
Hormonen speist mit allem was er
Wissen will über die Natur im hier
Und so saß ich mit meiner nun schon
Über ein halbes Jahrhundert alten
Natur auf einem Steine und wusste
Was ich zur Minne dichten wollte
Die alle Freiheit für mich braucht
Um bleiben zu können wo sie mag
Ohne zu wissen was genau sie ist
Noch was sie und uns im Kern dabei
Bewegt doch sicher was mir das
Gefühl in Freiheit schenken kann
Dankbar dies erleben zu dürfen
Dichtete ich so vor dem Bahnhof
Und dichte nun über das Dichten
Wie die zitierten Vorfahren im Zug
Der quer durch unser Land führt
Das zu Walthers Zeiten noch ein
Kaiserreich war im 12. Jahrhundert
Wo noch von Hand geschrieben
Wurde was bleiben sollte während ich
Diese Verse mit dem Netz verbunden
In den Rechner tippe ist doch die Liebe
Immer die gleiche gewesen und draußen
Regnet es noch in gelbgrüner Landschaft
Zwischen Halle und Leipzig
jens tuengerthal 27.7.23
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen