Dienstag, 30. Juni 2020

Hengstparade

Hengstparaden sind prächtig, hier treffen sich die Züchter mit dem Hochadel, damit die Gestüte ihre Deckhengste feiern können, die sich in dieser Saison erfolgreich vermehrten. Es geht um mehr oder weniger edle Pferde und diese werden mit Kunststücken vorgeführt. Das edle Blut zählt und die englische Vollblutzucht, die gerne vom Königshaus begleitet wird, dass sich wie die übrige Society gerne präsentiert, um gesehen zu werden und bei dieser edlen Zucht von Rassepferden, die im Rennen ihren Erfolg zeigen, bei denen für enorm viel Geld gewettet wird, was fast den Umsatz der Börsen gelegentlich übertrifft, teilweise noch gut verdient.

Die Stuten, welche die neuen Fohlen austragen und damit bei der Zucht eigentlich viel wichtiger wären, spielen in diesem patrilinearen Spiel nahezu keine Rolle, werden nur gelegentlich erwähnt - für englische Vollbluthengste ist es, wie beim uralten Adel, ganz wichtig einen langen Stammbaum zu haben, der sich letztlich auf drei bedeutende arabische Deckhengste zurückführt. Es ist ein großes Geschäft und eine große Show für alle Pferdeliebhaber, die von den Idealen der Auswahl edler Rasse in der Zucht geprägt ist.

Natürlich geht es dabei um die Fortpflanzung edler Pferde, die später im Rennen eingesetzt werden können. Deren Wert bestimmt sich nach dem männlichen Stammbaum und den eingerittenen Erfolgen dabei. Ein erfolgreicher Hengst ist ein Vermögen wert und dies berechnet sich vorab nach den Erfolgen im Stammbaum, weil vermutet wird, das gute Erbe werde weitergegeben. Die Stuten sind die Gebärmaschinen und frühen Ernährer - für den Wert junger Hengste und deren Handelswert spielen sie, seltsam genug, keine Rolle. Es ist eine von partilinearer Zucht geeinte Glaubensgemeinschaft, die auf das männliche Erbe hofft.

Längst gibt es, um das Risiko des Besteigens gering zu halten, bei millionenschweren Hengsten keine Verletzung ihres wertvollen Stücks durch womöglich widerspenstige Stuten zu riskieren, Besamungsstationen und die künstliche Befruchtung wird häufiger noch als unter Zweibeinern praktiziert.

Als es nun gelang eine ideale Stute zu klonen, also ohne Beihilfe des männlichen Hengstes zu vermehren, wurde dies Tier vom Verband von vornherein von allen Rennen und damit jedem finanziellen Gewinn ausgeschlossen, auch eine spätere Vermehrung auf mehr oder weniger natürliche Weise brächte dann keinen heilen Stammbaum hervor. Das System stabilisiert sich selbst und kontrolliert den Zugang streng, um die Dominanz der Hengste und damit ihren Wert zu erhalten, die weiterhin in männlicher Linie gezüchtet und erfolgreich vermarktet werden sollen.

Ob wir so weit gehen müssen, uns vorzustellen, dass erfolgreiche Männer künftig ihr Sperma an Firmen verkaufen, die dann damit hoffnungsvolle Frauen besamen, die glauben, sie könnten so eher ein Genie oder einen errfolgreich schönen Nachwuchs gebären, sei hier dahingestellt - teilweise gibt es das schon, in manchem schützen noch Gesetze vor dieser Vermarktung potentiell erfolgreicheren Spermas - probiert haben diese Aufzucht edler nordischer Recken schon die Nationalsozialisten mit bescheidenem Erfolg - problematisch war dabei eher, wie die Ergebnisse dieser Menschenzucht nach dem Ende dieser Ideologie friedlich in die Gesellschaft integriert werden konnten.

Die Hengstzucht genügt hier als Beispiel für ein Denken, was auf rassischer Auswahl und edler Zucht bei patrilinearer Dominanz verweist. Mit diesem Bereich beschäftigen sich auch heute noch sehr erfolgreiche Menschen und es gilt als Elitensport oder Hobby, weil bei der Vermehrung der Tiere relativ wenig körperlicher Einsatz der Beteiligten nötig ist. Dabei sind auch wohlhabende Damen von teils edler Geburt, die sonst selten so frei über Sex reden würden, wie sie es bei Hengstparaden tun und auch für ihre Kinder, falls sie welche haben, lieber den Zufall und große Gefühle zu Hilfe nehmen, als die hier relevanten Elemente der Zucht. Wobei im Adel der Alte Stammbaum für die geeignete Partnerwahl teilweise immer noch wichtig ist und ein großer Name über viele andere Mängel hinweghelfen kann.

Spannend wäre, warum der Glaube, dass allein die väterliche Linie entscheidet, sich hier so dominant ausgeprägt hat, Menschen meinen, die jedesmal neue genetische Kombination, könne allein auf Hengste, denen traditionell männlich dominante Eigenschaften zugeschrieben werden, reduziert werden und die größere Eizelle wie die Eigenschaften der Stute, also der Mutter neuer Pferde, spiele dabei keine Rolle, wider besseren Wissens hier eine patrilineare Dominanz zelebriert wird, obwohl es um sehr viel Geld für den Erfolg späterer Pferde geht, ein sozialer Glaube entscheidet, in dem es um schlichte Dominanz nach dem christlich-patriarchalen Modell geht.

Hier setzen Menschen Millionen ein, um auf das richtige Pferd zu setzen, was immer auch Glückssache ist und meinen dennoch, dabei durch den Glauben an eine patrilineare Dominanz besonders erfolgreich und vernünftig zu sein, weil es sich so durchgesetzt hat und zur schlechten Gewohnheit wurde, die weniger vernünftig biologisch erklärbar ist, als ein überdeutlicher Spiegel des gesellschaftlichen Denkens zu sein. Ob der Fortbestand dieses schlichten Denkens allein daran liegt, dass es bei der Pferdezucht und der von Hengsten insbesondere, keine sich emanzipierenden Stuten gibt und die Damen sich dabei, dem üblichen Spiel unterwerfen, da es ja nur um Pferde geht, auch wenn diese für die Teilnehmer häufig wichtiger sind als andere Menschen, was nicht nur am eingesetzten Vermögen liegen soll, bleibt unklar. Engländer nennen diese Eigenschaft horsy und keiner hinterfragt ein System, was es bei der Hunde, Bullen oder Schweinezucht ähnlich gibt und das wir trotz großer vermuteter Ähnlichkeit in vielem - was wird nicht alles an Charaktereigenschaften auf Tiere übertragen - bis heute nicht hinterfragen und damit vielleicht mehr unseres Wesens und des sexuellen Denkens offenbaren, als wir bereit sind zuzugeben.

Ob es bei Menschen, die vom dringenden Wunsch, sich fortzupflanzen, getrieben werden, auch eher um die Fortpflanzung als biologischer Vorgang beim Sex geht, ist eine Frage, die ihre Berechtigung längst hat. Wie erfolglos viele dabei genau darum immer wieder sind, ist eine andere Frage, weil erfolgreicher Sex eben auch natürliche Lust braucht, ist deren schlichte Zielorientierung nur bedingt geeignet, zum gewünschten Ziel zu führen.

Insofern es zur bloßen Fortpflanzung, dem nach christlicher Anschauung einzig moralischen Sex, keine Lust der Frau braucht, ist die jahrhundertelange Ignoranz gegenüber diesem Thema in einer männlich dominierten Gesellschaft logisch. Sollte sich endlich herausstellen, dass die Zeugung erfolgreicher ist, auch in den Merkmalen des Produkts, wenn Frau dabei Lust empfindet, könnte sich vielleicht nach vernünftigen Aspekten etwas bei dem Thema ändern, doch wurde es über Jahrtausende so erfolgreich in ein emotionales Korsett gepackt, dass Frauen selbst überzeugt sind, dass ihre wenn überhaupt Lust primär am Gefühl hinge, sie Männer aufnehmen würden, statt sie zu verschlingen, wie es der Realität ihrer weit größeren Potenz eigentlich entspricht.

Frage mich, wie lange hier ein Bewusstseinswandel dauern wird und wie lange Frauen noch ihre gewohnte Rolle weiterspielen wollen, statt ihre natürliche sexuelle Überlegenheit auszuleben, die ihnen die Gesellschaft verbietet, in denen Frau sich lieber umworben sieht und gerne gegen leichten Widerstand nachgibt, um ehrenvoll zu wirken. Auch wenn die Nein heißt Nein Kampagne hier in eine richtige Richtung weisen könnte und zum offenen Gespräch zum thea auffordert, fallen doch beide Seite zu gerne in gewohnte Muster zurück. 

Männer fühlen sich gern als starke Hengste, denen es mehr darum geht, ihren Samen in die Frau zu spritzen, als Überbleibsel des alten Zwecks der Fortpflanzung, der lange, christlich dominiert, allein den Sex einer anständigen Frau erlaubte. Viele Frauen nehmen gerne die entsprechende Rolle ein, was sicher auch am fehlenden Lustempfinden oder zumindest der nicht möglichen Befriedigung eines größeren Teils der Frauen beim vaginalen Verkehr liegt.

Es wird Zeit die gegenseitige Lust stärker nach der Natur in den Mittelpunkt zu stellen, was allerdings zu einer Aufgabe der männlichen Dominanz führen würde, warum bisher wenig in diese Richtung unternommen wurde, auch wenn es bedeutet, dass der größte Teil der Männer wie die meisten Frauen ihr Leben lang langweiligen Sex haben, nie ein echtes Beben miteinander erleben, sondern sich nur nebeneinander befriedigen, statt je zusammen kommen zu können, was nicht immer sein muss aber doch ein erstrebenswertes Ziel bleiben sollte, um gemeinsam zu genießen, was nur denen fern liegt, die es nicht kennen, weil sie mehr den Konventionen als der Natur folgen und damit das gleiche Verhalten zeigen, was ich oben bei den Hengstparaden beschrieb und das in der Pferdeucht gilt und das wir eigentlich vernünftigerweise weit von uns weisen würden.

So können wir vom alten Aberglauben in der Pferdezucht und der Betrachtung der Hengste lernen, unsere eigene Sexualität vernünftiger und emanzipierter zu betrachten, um sie ihrer Natur gemäß ganz miteinander zu genießen, was Glück genug im Leben sein könnte, endlich mehr danach zu streben, statt weiter alberne Spiele miteinander zu spielen, die der Pferdezucht und ihren unvernünftigen Regeln mehr ähnelt als dem vernünftigen Verhalten aufgeklärt kritischer Menschen. Aufklärung ist Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit und diese beginnt wie alles Leben in der Sexualität, haben wir den Mut, frei zu sein.

jens tuengerthal 30.6.20

Montag, 29. Juni 2020

Universalwissen

Wie wurde das Wissen
Weitergegeben über die
Generationen inwiefern
Zeigte sich auch dabei
Die patriarchale Ordnung
Hat es mit Sexualität zu tun
Während früher noch die
Kirche das Wissen kontrollierte
Änderte sich dies mit Beginn
Der Aufklärung wie der dabei
Geschaffenen Enzyklopädie
So bekamen die Universitäten
Eine größere Bedeutung nun
Fraglich nur ob sie ihr Wissen
Egalitär vermittelten oder nur
Einer bestimmten Klasse dabei
Zutritt und Karriere ermöglichten
In Preußen war der allergrößte
Teil der Lehrer protestantisch
Männlich christlich konservativ
Auch in Bayern war der größere
Teil der Hochschullehrer noch
Protestantisch was bei einer
Dominant katholischen Bevölkerung
Auf eine Dominanz protestantischer
Männer im Bereich des Wissens
Hinweist der Frauen benachteiligte
Insofern die Seminare zusätzlich
Bei den Professoren zuhause
Stattfanden beschränkten sie so
Den Zugang noch zusätzlich
Bis ins zwanzigste Jahrhundert
Waren dort keine Frauen gewollt
Wo sie es versuchten stießen sie
Auf dominant männlichen Widerstand
Die Geisteswissenschaften damit
Auch die Auslegung der Geschichte
War klar männlich protestantisch
Von Ranke bis Mommsen noch
Entsprechend lagen Schwerpunkte
Wurde die geistige Welt somit in
Sicheren patriarchalen Strukturen
Gehalten die Frauen ausschloss
Womit was beim biologischen Erbe
Natürlich unsicher war durch die
Form der Vermittlung im geistigen
Faktum wurde das auch Juden noch
Lange von der gleichberechtigten
Teilhabe ausschloss trotz der
Eigentlich offiziellen Emanzipation
War für eine Karriere an der Uni
Nicht nur ein Glied erforderlich
Dieses sollte auch unbeschnitten
Also gut christlich dazu sein
Was sich erst gegen Ende für
Ausnahmen noch veränderte
Damit wurde das nach der Natur
Unsichere männliche Erbe dafür
Im geistigen Bereich gesichert
Was die nun nicht mehr kirchliche
Sondern wissenschaftliche Sicht
Auf die Welt lange beherrschte
Erwünscht waren dabei auch nur
Zumindest offiziell heterosexuelle
Männer die später mit Familie
Ein geregeltes Leben garantierten
Dies wirkte sich lange auch auf
Die Betrachtung der Gesellschaft
Wie den Umgang miteinander
Auch im sexuellen Bereich aus
Wo der weibliche Orgasmus wie
Die weibliche Lust lange überhaupt
Kein Thema waren oder wenn nur
Aus männlicher Sicht thematisiert
Wie etwa die große Studie zum
Angeblichen G-Punkt aus den
Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Die ohne empirische Forschung
Glaubenssätze verbreitete die
Frauen gegen ihre Natur unter
Unnötigen Druck setzte statt sich
Mit der komplexen Natur wirklich
Zu beschäftigen woran sich zeigt
Wie das lange patriarchale Erbe
Das Denken auch noch bestimmte
Wo wir es für emanzipiert hielten
Damit falsche Ergebnisse lieferte
Die erst vor wenigen Jahren durch
Neurologische Forschung wieder
Korrigiert werden konnten dennoch
Halten sich zur weiblichen Sexualität
Mehr männlich geprägte Sagen als
Aufgeklärt vernünftige Sachkenntnis
Was sich auch bei der Potenz zeigt
So sind Frauen neurologisch belegbar
Wesentlich potenter als Männer
Haben den größeren Schwellkörper
Die wesentlich differenziere Sexualität
Aber der Glaube besagt meistens
Das Gegenteil warum Aufklärung
In Sachen Sexualität auch ein Akt
Von Emanzipation heute noch ist
Um endlich gemeinsam zu genießen
Den Blick hierbei zu verändern wird
Eine stärker von Frauen besetzte
Geisteswissenschaft entscheidende
Bedeutung künftig auch haben was
Langfristig nachhaltiger gegen die
Gewohnt patriarchalen Strukturen
Wirken könnte als alle Gesetze
Weil das geistige Erbe die Zukunft
Mehr gestaltet als viele glauben
Der Blick auf die Sexualität hilft
Dabei einen guten Weg zu finden
Der lustvoll alte Tabus bricht

jens tuengerthal 29.6.20

Sonntag, 28. Juni 2020

Wissenseindringlich

Mit der Renaissance wie
Noch stärker in der Aufklärung
Forderte das Wissen wieder
Den Vorrang ein gegen den
Zuvor dominanten Glauben
Der uns in Rollen wider die
Eigene Natur lange steckte
Was sich beim Sex zeigte
Wissenschafter sezierten wieder
Den menschlichen Körper um
Seinen Funktionen auf die
Spur zu kommen was sich
Auch auf das miteinander
Auswirkte weil Menschen nun
Verstanden was sie taten
Zumindest teilweise bewusster
Auch körperlich handelten auch
Wenn im Bereich der Sexualität
Vieles noch lange teilweise sogar
Bis in unsere Zeit im Dunkeln blieb
Brachte die Enzyklopädie zuerst
Ein allgemeines Wissen lesbar
Für jeden der Zugriff hatte was
Über Bibliotheken viele waren
Für alle Teile der Bevölkerung
Die bereits lesen konnten was
Langsam immer mehr wurden
Kenntnis der Anatomie war bei
Fortpflanzung wie der dafür Lust
Schlüssel zum Glück miteinander
Auch wenn die Wissenschaft
Dabei immer noch am Anfang steht
Hat der Wissensdurst damals
Zu erstaunlicher Forschung schon
Geführt weil kluge Menschen sich
Fragen stellten statt nur zu glauben
So hat etwa Madame Pompadour
Die auch die Enzyklopädisten stets
Vorm Zugriff der Kirche schützte
Durch ihren Einfluss beim König
Damit das große Projekt rettete
Aus eigener sexueller Erfahrung
Eine Studie gestartet um damit
Zu untersuchen ob die weibliche
Lust beim Sex mit dem Abstand
Von Klitoris und Scheideneingang
Zusammenhängt und darum viele
Frauen keine Befriedigung beim
Vaginalen Verkehr empfanden
Sie vermutete nach Messungen
Wie Befragungen vieler Frauen
Insoweit einen Zusammenhang
Den ihre Untersuchung bestätigte
Doch wurde diese Studie leider
Über Jahrhunderte vergessen
In den 70ern für Unsinn erklärt
Weil jede Frau einen G-Punkt hätte
Dort richtig simuliert kommen könnte
Was neueste Forschung widerlegte
Es gibt weder diesen Punkt noch
Können alle Frauen dort auch 
Befriedigung erfahren sondern
Wie eben diese Forschung zum
Nervus pudendus belegte hängt
Die weibliche Befriedigung allein
An diesem Nerv der bei manchen
Frauen vaginal stimulierbar ist
Aber bei der Mehrheit wohl nicht
Spannend daran ist dass dieser
Entscheidende Nerv bei Simulation
Anschwillt und damit entsprechend
Leichter von innen reizbar sein kann
Was wieder bestätigt was ein großer
Liebhaber wie Casanova schon zur
Zeit der Aufklärung schrieb dass es
Für die Lust der Frau auf die ganze
Stimmung in der Situation ankommt
Warum bloßes Drücken von Punkten
Selten zielführend ist es vielmehr
Angesichts der Komplexität der
Auch emotionalen Lage beim Sex
Auch bei sehr guter Kenntnis der
Anatomie darauf ankommt das
Richtige Gefühl miteinander zu finden
Um Vertrauen zu schaffen welches
Das sonst schmerzhafte Eindringen
Erst für beide angenehm macht
Weil es egal wo mit Lust leichter wird
Zwar lag die Pompadour noch nicht
Völlig richtig mit ihrer These auch
Weil noch wenig über den Nerv
Zu dieser Zeit überhaupt bekannt war
Hatte aber das richtige Gefühl
Dass die Klitoris als Ende des Nerv
Ein entscheidender Punkt ist es also
Auf sie oder was mit ihr passiert
Entscheidend doch ankommt um
Zum gemeinsamen Glück zu finden
Doch haben wir bis heute einen
Stärker von Mythologie vor allem
Des Christentums geprägten Blick
Auf die Sexualität als es der Natur
Wie ihrem Streben nach Befriedigung
Entspricht so wissen wir heute dass
Der nervus stärker anschwillt als
Das nur äußerlich manchmal auch
Stehende männliche Glied könnte
Auch ist die weibliche Potenz der
Männlichen vielfach überlegen
Was mit Einfühlungsvermögen
Jeder ehrliche Mann feststellt
Doch ist schon die Sprache dabei
Von patriarchaler Hierarchie viel
Stärker geprägt als die Natur zu
Beobachten wie sie wirklich ist
Wir sprechen davon dass Mann
In die Frau eindringt statt wie es
Genauso möglich ist zu sehen
Dass Frau Mann verschlingt
Er sich in dunkle Gefilde wagt
Sie wie es der Natur entspricht
Die potentere und stärkere ist
Woran sicher auch der elende
Kult um Jungfrauen schuld ist
Der das alte Bild bestätigt was
Heute getrost vergessen werden kann
Als Diener der weiblichen Lust
Kann Mann sich nur bemühen
Dieser Potenz gerecht zu werden
Dies vernünftig klar zu sehen
Wie es der Natur entspricht
In der die Eizelle vielfach größer
Als das winzige Sperrmium ist
Könnte die Verhältnis künftig
Auf vernünftige Weide klären
Weil die Dinge und auch der Sex
Sind als was wir sie betrachten
Physiologisch unterlegene Männer
Lassen sich künftig von Frauen
Verschlingen um ihrer unendlichen
Lust als bebendes Ereignis
Dienen zu dürfen was manche
Diskussion verändern könnte
Der Natur gerechter wieder würde
Dabei egal wo Frau dabei stärker
Stimulierbar ist bleibt sie am Ende
Dem mühsam stehenden Mann
Sexuell weit überlegen sie muss
Es nur so sehen wollen um es
Vollständig genießen zu können
Was zeigt wie sehr Wissen unseren
Blick auf die Welt verändern kann

jens tuengerthal 28.6.20

Samstag, 27. Juni 2020

Bluterbe

Hat das Erbrecht die patrilineare Verschiebung begünstigt und Frauen benachteiligt?

Gab es Unterschiede zwischen Adel, Bauern und Bürgertum?

Wie wirkte sich Reichtum und Besitz gegenüber Armut dabei aus?

Das Erbrecht, was mit der Renaissance aufkam, veränderte das Verhalten der Familien und die Haltung gegenüber den eigenen Kindern. Danach wurde die patrilineare Vererbung legitim und es brauchte nur noch einen Erben. Damit veränderte sich das Zeugungsverhalten.

Parallel dazu wurde für die Ärmsten und Alten die Sozialfürsorge der Kirchen und teilweise der Städte ausgebaut. Diese mussten damit zur sozialen Absicherung nicht mehr viele Kinder zeugen, woraufhin sich auch deren Zeugungsverhalten anpasste. Die Geburtenrate sank deutlich.

So zeigten Besitzbürgertum und Unterschicht aus verschiedenen Gründen ein paralleles Verhalten. Ähnlich verhielt es sich beim Adel, der hohe Kosten durch Hochzeiten verhindern und den Besitz beieinander halten wollte.

Mit dem Aufkommen des Buchdruck und der Reformation nahm die Bildung auch in breiten bürgerlichen Schichten zu. Bücher wurden plötzlich erschwinglich. Gleichzeitig traten die reicher werdenden Bürger, die sich eine gute Ausbildung oder ein Studium leisten konnten, an die Stelle des niederen Adels, der teilweise verarmte und mit dem aufkommenden Absolutismus an Bedeutung verlor.

Der Aufstieg der Bürger ging parallel mit der Verdrängung der Frauen aus dem Erbe durch die patrilinearen Strukturen. Sie wurden mit der Aussteuer finanziell abgefunden. Teilweise erbten sie beim Tod des Mannes vor den Kindern und brachten dies Vermögen dann in eine mögliche zweite Ehe ein, was die männlichen Erben der nächsten Generation benachteiligt hätte. Dem beugte das Erbrecht teilweise vor.

Eine Gleichstellung der Erben auch zwischen Ehefrau und Kindern, wie sie heute Gesetz ist, war lange nicht vorgesehen. Das Ziel den Besitz für die nächste Generation beieinander zu halten, also eine Teilung zwischen Erben zu verhindern, führte teilweiser zum Aussterben ganzer Linien, wenn einzelne Erben nicht überlebten.

So verhielten sich Besitzende und Arme ähnlich aus unterschiedlichen Gründen. Im Zusammenwirken mit Kriegen und Seuchen schrumpfte die Bevölkerung. Besitz ohne Erben ging statt in kirchliche eher in staatliche Hand, häufiger fanden sich noch entfernte Erben. Die Einführung des Erbrechts und der dort geregelten primogenitur der ältesten Söhne veränderte das Sozialverhalten wie wohl auch die Sexualität breiter Schichten.

Spannend wäre, ob das Aufkommen von Spielen und Festen zur Belustigung auch der Massen das Sexualverhalten veränderte. Verstärkte dies das Bedürfnis nach Fortpflanzung, förderte zumindest die sexuelle Lust mit der bekannten Folge oder lenkte es eher davon ab.

Wie hat sich der Ausschluss der Frauen durch das neue Erbrecht auf die Sexualität ausgewirkt?

Gibt es eine direkte Verbindung von Erbe und Sexualverhalten oder kommt dies nach der Natur unabhängig durch?

Inwiefern wurde so mit einem Erbrecht bis in die Schlafzimmer und den Sex hineinregiert?

Ist der Sex und seine Beherrschung der Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung oder wirkte eine bloße Frage des Vermögens stärker als der Trieb?

Alles Fragen, die es künftig genauer zu erforschen gilt - auf den Sex zu schauen, könnte manches verständlicher machen.

jens tuengerthal 27.6.20

Illusionskontrolle

Es ist eine Illusion
Noch zu glauben
Wir könnten
Irgendwas oder irgendwen
Kontrollieren oder etwas
Wissen egal was es ist
In uns um uns
Oder über uns
Es sein zu lassen
Ist schwer genug
Nicht zu verzweifeln
Tägliche Aufgabe
Mehr bleibt nicht

jens tuengerthal 27.6.20

Freitag, 26. Juni 2020

Mutterlinien

Wie entwickelten sich die weiblichen Linien im von Männern dominierten System seit dem Mittelalter und wie könnte sich die Zukunft verändern?

Frauen wurden durch das Erstgeburtrecht der männlichen Linie immer weiter aus dem Besitz gedrängt. Älteste Söhne erbten, sofern sie nicht Kirchenämter übernahmen. Frauen wurden möglichst standesgemäß verheiratet, bekamen eine Aussteuer und verschwanden damit aus dem Bereich der Erben, wurden vom Eigentum ausgeschlossen und damit wirtschaftlich quasi ausgeschlossen, auf die Rolle als Mutter der Erben und Ehefrau beschränkt.

Frauen die nicht heirateten, standen nicht besser da. Ihnen wurde in großen Familien teilweise ein Gut zugewiesen, wenn sie nicht in Klöster oder Stifte abgeschoben wurden. Während früher ihr Erbe häufiger an die Kirche ging, schloss die primogenitur Regel dies aus und ihr Besitz fiel wieder ins möglichst ungeteilte Vermögen der Familie zurück.

Eine wichtige Rolle konnten in adligen Familien Frauen spielen, die etwa Äbtissinnen von Stiften mit großem Landbesitz wurden, die damit von der Macht her fast fürstlichen Bischöfen oder den Äbten reicher Klöster nahestanden, doch betraf das eher seltene Ausnahmen.

Praktisch wichtig und unentbehrlich aber waren Frauen von Anfang an für die soziale Stabilität und Integrität der Familie. Das Erbrecht hatte die Frauen und Mütter, die eigentlich nach der Natur die sicheren Vorfahren waren, weitgehend ausgeschlossen und damit das bloße Glaubensrecht zum faktischen gemacht, die männliche Linie mit dem Besitz verbunden - dafür waren Frauen für Ehre und Ansehen eines Hauses verantwortlich und somit die Repräsentanten der Würde eines Geschlechts. 

Was sich nach wenig anhört und für Frauen die Nebenfolge hatte, dass sie anders als die Männer in der Ehe zur Treue verpflichtet waren, auch um die Sicherheit und Kontinuität der Blutlinie zu gewährleisten, wurde mit Beginn des Kreditwesens in der Renaissance zum geldwerten Faktor. Die Ehre der Frauen galt als Stabilitätsfaktor, der mehr oder weniger kreditwürdig machte. Eine gute Ehe mit einer als treu geltenden Frau war eine Sicherheit für einen Kredit, die im täglichen Leben immer wichtiger wurden.

So brachte eine Scheidung nicht nur drohende soziale Ächtung - damals viel mehr als heute - sondern vor allem ein hohes finanzielles Risiko, was beide aneinander kettete. Am finanziellen Risiko hat sich beim Erwerb etwa von Eigenheimen bis heute nichts geändert und auch wenn die Treue einer Frau kein maßgeblicher Faktor für die Kreditvergabe mehr ist, hat doch eine Scheidung schon manchen in den Konkurs gestürzt.

Entgegen dem Frauen ausschließenden Erbrecht haben sich Frauen so über die Zeit eine relevantere Rolle erkämpft und konnten mehr mitbestimmen, hatten im engen Korsett der christlich-patriarchalen Struktur eine wichtige Rolle inne, bei der sie durch ihr Verhalten den Wert des Vermögens mitbestimmten.

Dies Denken blieb bis weit ins 20. Jahrhundert hinein normal. Eine Frau heiratete auch nominell in eine Familie ein, gab dafür ihren Namen und ihr Erbe auf, konnte aber durch ihr Verhalten zumindest indirekt den Wert eines Kredites und dessen Bedingungen mitbestimmen, was angesichts formaler Diskriminierung, die lange noch normal war, zumindest eine stärkere Position gab, als es das patriarchale System vorsah und das ausgerechnet durch das eher konservative Kreditwesen.

Heute sind diese Diskriminierungen zumindest formal abgeschafft. Die Ehe ist keine Versorgungsgemeinschaft mehr, sondern eine Zweckgemeinschaft auf meist emotionaler Basis, entsprechend anfällig und empfindlich. Die frühere Gütergemeinschaft wird häufig formal ausgeschlossen. Zwar ist die Scheidung in Deutschland noch teuer und aufwendiger als etwa in den USA aber nicht mehr sozial geächtet sondern eher normal. Damit hat sich die Bedeutung der Familie und ihre Rolle vollständig gewandelt.

Familie soll dem Vergnügen dienen und möglichst nett sein, sonst wird bald mit Traditionen gebrochen, die ihren Zusammenhang verloren haben. Spannend wäre, welches Modell von Familie der Zukunft in einer egalitären Gesellschaft am ehesten entspricht.

Was können wir vom alten Modell noch übernehmen, was auf keinen Fall und was bleibt ohne das eine oder andere noch übrig?

Wieviel gutes vom alten Modell sozialer Sicherheit sollten wir in die Zukunft retten, was dagegen muss dringend vergessen werden?

Wie oft leben wir im Zwischenraum, der früher wie heute unklar definierte und müssen uns darum neue Orientierung suchen?

Wie kann die Familie der Zukunft aussehen und welche Sicherheit könnte sie bieten?

Geht es von der vielfach gescheiterten romantischen Ehe, die primär nur auf Gefühl basiert, wieder zurück zum Zweckbündnis, das mehr Sicherheit und Stabilität bietet?

Was ist der Schlüssel zum Glück unter den Bedingungen der Gleichberechtigung für die Familie der Zukunft?

Für wen wird es damit schwerer?

Viele Fragen, auf die ich noch keine Antwort habe, aber über die nachzudenken, die Zukunft entscheidend mitgestalten kann, statt sie nur zu erleben.

jens tuengerthal 26.6.20

Donnerstag, 25. Juni 2020

Geschlechterverkehr

Geschlecht und Geschlecht
Sind das gleiche Wort bei uns
Das eine meint ein Organ
Was wir zur Fortpflanzung
Wie zur Bestimmung nutzen
Welches Geschlecht jemand hat
Was nicht notwendig das gleiche
Aber doch bestimmend sein kann
Auch wenn niemand des Geschlechts
Wegen diskriminiert werden darf
Ist die Behandlung unterschiedlich
Zeigt die Praxis oft ein anderes
Zugleich meint ein Geschlecht
Auch eine Familie wie ihre ganze
Abstammung und Historie noch
Mit dem Geschlechtsorgan
Verkehren wir gelegentlich gern
Miteinander nicht immer nur
Zum Zwecke der Fortpflanzung
Gerne auch aus reiner Lust
Folgen dabei den Trieben die
Am Geschlechtsorgan gerne
Zum Höhepunkt finden der
In der Familie eher kein Thema
Wobei die Familie als Reihe von
Ahnen auf vorigem Sex aufbaut
Also aus dem Geschlechtsorgan
Gezeugt wurde dessen Verkehr
Im Zentrum wieder der Lust steht
Damit sich Geschlechter weiter
Fortpflanzen können muss die
Paarung wunschgemäß erfolgen
Was früher bestimmt wurde noch
Wird heute mit viel Gefühl gewählt
Was der Vermehrung nur bedingt
Noch zuträglich ist wie auch der
Haltbarkeit der Familien weil das
Bloße Gefühl auch wenn für ewig
Einander geschworen häufig nur
Begrenzt haltbar in Wirklichkeit ist
So vermischen sich Geschlechter
Auf der Suche der Beteiligten nach
Größerer Lust häufiger neu da
Die Geschlechtsorgane heute eine
Wichtigere Rolle spielen als die
Früher Familienplanung noch 
Die auch zwei nun verbinden soll
Während Frauen früher einheirateten
Ihre Familie wie den Namen also
Ihr Geschlecht völlig aufgaben
Finden sich heute zwei frei
Um eine Familie zu gründen
Unter welchem Namen auch immer
Klappt der Geschlechtsverkehr nicht
Wird dafür die Familie aufgegeben
Nicht immer aber nicht selten mehr
Weil persönliche Befriedigung heute
Wichtiger ist als das Geschlecht
Dem einer entstammt das er als
Aufgabe noch fortsetzen wollte
Jenseits jeder Wertung ob mehr
Gefühl besser für die Liebe ist
Oder sie auf Dauer eher gefährdet
Scheint Abwechslung wichtiger
Als Kontinuität geworden zu sein
Was immer das auf Dauer bedeutet
Könnte die romantische Liebe so
Zur größten Gefahr der Liebe werden
Irgend noch Bestand zu haben
Was zeigt mit dem Geschlecht ist
Manches wohl rätselhaft immer
So zumindest ähnelt es der Liebe

jens tuengerthal 25.6.20

Mittwoch, 24. Juni 2020

Liebesarbeit

Braucht Liebe stets Arbeit
Damit sie auch schön bleibt
Oder ist die Liebe vorbei
Sobald sie Arbeit wird
Weil Liebe einfach ist
Was sie ist und sich
Dabei völlig selbst genügt
Manche verwechseln Liebe
Mit Beziehung die immer
Arbeit ist dem Wesen nach
Weil zwei aneinander ziehen
Kompromisse braucht um
Auf Dauer zu funktionieren
Liebe kommt wie sie will
Geht wann sie möchte
Kann nichts versprechen
Schließlich ist sie nur ein
Gefühl - sonst nichts
Verstehe nichts davon
Kenne es aber gut
Weiß nicht wie ich je
Dori hingekommen bin
Noch wie ich sie loswerde
Wenn irgenwann unpassend
Liebe ist schwerste Arbeit
Weil keiner helfen kann
Nur jeder Bescheid weiß
Vielleicht wäre Leben leichter
Wäre ich diesbezüglich bloß
Arbeitslos aber leider macht
Die Liebe stets was sie will
Versuche es zu genießen
Manchmal übe ich noch
Nur ohne Liebe bliebe
Nichts mehr

jens tuengerthal 24.6.20

Blutreinheit

Gibt es reineres Blut und woher kommt diese Idee, die manche Menschen bis heute umtreibt?

Die Abgrenzung von anderen zur Verhinderung der Durchmischung kam über die Religionen auf und wurde zuerst in einem religiösen Zusammenhang verstanden. Das Christentum mit seiner Unterscheidung von gutem und bösem Blut, also dem der Opfer und Heiligen, gegenüber dem natürlichen Blut oder dem Regelblut, was mit der als unrein verstandenen weiblichen Sexualität in Verbindung gebracht wurde, legte die Basis für das, was im 19. Jahrhundert dann zu einem vermeintlich biologischen Rassismus wurde, der meinte Menschen nach dem Blut ihrer Abstammung unterscheiden zu können und dabei noch Aberglaube und Natur leichtfertig mischte, um so bestimmte Gruppen aus der Gemeinschaft der Guten zu verbannen, wie zugleich auch Rassismus zu begründen, der dann die Sklaverei rechtfertigte, weil bestimmte Gruppen minderwertig wären. Seinen Gipfel fand diese wirre Lehre ohne jede vernünftige wissenschaftliche Basis, auch wenn sie sich gern den ideologischen Anschein gab, in der Zeit des Nationalsozialismus. Es gibt keine menschlichen Rassen und die unterstellten Unterscheidungen im Wesen und Charakter danach sind ideologischer Aberglaube. Ob wir dabei als unbeschriebenes Blatt auf die Welt kommen, wie viel im Charakter Prägung und was Veranlagung ist, wäre eine andere Frage, die hier zu stellen, zu weit führte, bei der Suche nach den Gründen der Idee vom reinen Blut nicht weiterführt.

Die erste Unterscheidung kam schon im Laterankonzil von 1215 auf, das die Juden zur Kennzeichnung durch eine Kleiderordnung verpflichtete, um so die Vermischung zu verhindern. Es gab Judenviertel in den Städten und Mitglieder der jüdischen Gemeinde wurden auf unterschiedliche Weise aufgefordert, sich öffentlich zu kennzeichnen. Dazu dienten Judenhüte, Sterne und andere Zeichen. Mit Blut wurde es erst nach der sogenannten Befreiung Spaniens, der Reconquista, welche nach dem Sieg über die Muslime und deren Vertreibung aus Spanien 1492, auch die Vertreibung der dortigen Juden brachte.

Die jüdischen Bewohner Spaniens, die schon mit den Römern nach Spanien gekommen waren und länger dort lebten als die sich auf die Goten oder andere Vorfahren berufenden vorgeblich reinen Spanier, wurden nach dem Sieg von Grenada im Januar 1492, vor die Wahl gestellt, ob sie zum Christentum konvertieren oder das Land verlassen wollten und über 100.000 Juden verließen damals Spanien. Gegen die Konvertiten aber entwickelte sich ein großes Mißtrauen in Spanien, was schließlich zum Erlass der Statuten über die Reinheit des Blutes führte, nach denen, wer keine über mehrere Generationen reichende christliche Abstammung aufweisen konnte, von allen öffentlichen Ämtern und Privilegien ausgeschlossen war.

Infolge emigrierten auch die Vorfahren von Michel de Montaigne nach Frankreich und konnten sich dort ohne weitere Verfolgung erfolgreich etablieren, mit Michels Großvater so reich werden, dass sie ein Rittergut erwerben konnten wie einen Titel, der zur Steuerfreiheit führte. Aus dieser Familie wurden Teile Hugenotten und andere blieben wie Montaigne katholisch. Montaigne konnte in Frankreich Ämter bekleiden etwa als Bürgermeister von Bordeaux - auffällig aber ist die große Toleranz des Michel de Montaigne nicht nur gegenüber Andersgläubigen sondern auch bei Eingeborenen aus den Kolonien, die er als Menschen behandelt wissen wollte. So empfahl er mehr von ihnen zu lernen, als sich irgend überlegen zu dünken. Ob sich hier der Geist des toleranteren maurischen Spaniens seiner Vorfahren noch zeigte oder die Vernunft eines Menschen der im Geist der Renaissance erzogen wurde, der viele Texte römischer und griechischer Dichter las, mag ich nicht entscheiden, vermutlich spielt beides eine Rolle. Es war zumindest ungewöhnlich für die Zeit der Glaubenskriege und so gab Michel als Berater der Könige auch ein wenig den Nathan, dem es eher auf das ankam, was Menschen, egal welchen Glaubens, taten, als welchen Ring sie trugen aber dieser Ausflug in die Renaissance führt ein wenig weg vom Thema, soll nur zeigen, wie ein großer Geist, der nur ein Jahrhundert nach der Reconquista seine großen Werke schrieb, schon erkannte, worauf es im Miteinander der Menschen ankam und wie absurd diese staatliche Intoleranz in Spanien war, auch schon zu ihrer Zeit für alle kritisch denkenden Menschen, was von Glaubenskämpfern selten behauptet werden kann.

Mit den Statuten über die Reinheit des Blutes wurde im Rahmen der Bildung einer neuen Nation auch die einheitliche Sprache zum Merkmal der Identifikation. Spanien erhob das kastilische zur nationalen Sprache und setzte dies, gegen Widerstand von Basken und Katalanen bis heute, durch. In Deutschland wurde diese Sprachbildung und Vereinheitlichung durch die Reformation und die Lutherbibel vorangetrieben also zu ähnlicher Zeit. Aber auch Herder setzte sich für die Reinheit der deutschen Sprache ein und Arndt definierte das deutsche Vaterland als den Ort, an dem die deutsche Zunge erklingt. Dies fand sich später in der deutschen Nationalhymne wieder, die Hoffmann von Fallersleben einst  auf Helgoland dichtete, getrieben von dem Wunsch das nach der Niederlage gegen Napoleon zerschlagene alte Reich zu reanimieren und richtete sich gegen die Kleinstaaterei auf deutschem Boden.

Der Nachweis einer reinen Blutlinie wurde in Spanien, das lange von Mauren dominiert wurde, für viele schwierig, stattdessen wurde mit vielen Generationen von Steuerfreiheit, der ein Privileg des Adels war, argumentiert oder auf die Abstammung von den Westgoten verwiesen, wie sagenhaft diese auch immer war, galten die Westgoten, nachdem sie sich vom arianischen Christentum losgesagt hatten, doch als gut katholisch, waren damit reinen Blutes. 

Gemeinsam mit dem Familiennamen, der auch über die väterliche Linie weitergegeben wurde, konnte durch das Blut, die bis dato nur geglaubte Vaterschaft, zu einem Kriterium der Reinheit werden und schuf eine Gesellschaft, in der Frauen als Gebärmaschinen dienten und zufrieden sein konnten, wenn sie diesen Job überlebten, wobei wenn nicht, dies auch kein Drama war, sofern sie ihre Bestimmung erfüllt hatten, wie manche Prediger es noch es noch bis ins letzte Jahrhundert verkündeten. Luther war da, im Gegensatz zu seiner Sicht auf die Juden oder die sich erhebenden Bauern, relativ verständnisvoll gegenüber den Frauen, was auch an der Persönlichkeit seiner starken Frau, Katharina von Bora, liegen könnte die Zisterzienserin war, bis sie zu Luther ging und die Frau an seiner Seite wurde, die oftmals auch die Lutherin genannt wurde.

Über die Generationen übergreifende Blutlinie, hatte sich die vorher nur geglaubte väterliche Linie als Basis von Erbe und Tradition durchgesetzt. Diese Tradition verändert sich in den letzten Jahren infolge der Emanzipation und entsprechende Änderungen des Namensrechts. Wie stark solche neueren Bewegungen eine Tradition prägen werden und wo diese hingeht, ist noch unklar, doch zeigt sich wieder, wie Francoise Zonabend so treffend formulierte, dass in europäischen Gesellschaften Unordnungen und Veränderungen immer von Frauen ausgehen, dahingestellt, ob es daran liegen könnte, dass Europa der Sage nach eine Frau war. Wer nun eine neue Ordnung schafft, in der sich alle gemeinsam zurechtfinden, ist noch unklar, diesen Weg weiter zu verfolgen, bleibt spannend, weil es mit dem Namen auch um den Kern einer schriftlichen Kultur und ihres Selbstverständnisses geht.

Unvorstellbar schien mir als junger Mann, den Namen meiner Frau anzunehmen, wenn ich heiraten sollte, wovon ich fest ausging. Dann habe ich bisher doch nicht geheiratet und meine Tochter trägt meinen Namen nur, weil ich gerade nicht darauf bestand, sondern es freiwillig und nachgiebig der Mutter überließ, die meinen wählte, vielleicht auch, weil sie noch den Namen ihres Ex-Mannes trug, den sie nicht unbedingt noch weitergeben wollte. Aber ich wusste, hätte ich darum gekämpft, trüge meine Tochter nicht meinen Namen und was sie mit diesem Namen eines Tages machen wird, ist ihre Entscheidung. So gaben meine Schwestern ihren Namen noch bei der Hochzeit selbstverständlich auf, wollten auch keinen Doppelnamen, was bei kurzen Namen manchmal auch das Leben einfacher machen kann.

Endlose Ketten von Doppelnamen würden sicher anstrengend, andererseits dokumentierten sie auch eine Abstammung, die immer zwei Seiten hat, warum es gut sein kann, dies auch im Namen auszudrücken. Sind wir also viel traditionsbewusster, wenn wir mit langen Namen, die neu kombiniert werden, unsere Wurzeln bei uns tragen oder muss jede Ordnung, so einfach wie möglich sein, um auf Dauer zu funktionieren und wer darf das für andere entscheiden?

Habe da keine sichere Antwort und betrachte den Prozess gerade gespannt, weil es weniger um feste Definitionen geht, als um ein Verständnis von Identität, die viele Wurzeln hat und die auch neue Wege sucht, wo sich verschiedene Kulturen begegnen. Als ich eine zeitlang mit einer Frau verlobt war, deren Eltern aus dem Ausland stammten, und die den entsprechenden väterlichen Namen trug, war es für sie selbstverständlicher als für mich, dass sie bald heiraten und meinen Namen wollte, um den ihren los zu werden, nicht mehr wie eine Ausländerin zu heißen, in eine neue Identität also nominell einzutauchen, die sie dem Pass nach wie ihre Eltern auch ohnehin hatte. Habe das damals nicht viel hinterfragt, dachte, wenn es ihr Wunsch ist, warum nicht,  fand es schön und traditionell, sehe es inzwischen aber völlig anders und frage mich eher, ob so etwas je gut gehen kann, wie sehr Identität auch mit einem Namen verbunden ist und was wir mit ihm aufgeben, ob es je gut sein kann, die eigenen Wurzeln zu kappen, es nicht ein besseres Zeichen gegen Rassismus gewesen wäre, ihren Namen anzunehmen, auch wenn das für mich wiederum schwer vorstellbar wäre aus meienr kulturellen Prägung, die damit auch zu hinterfragen ist. Dabei dahingestellt, ob die Ehe je ein gutes Mittel sein kann, einer Partnerschaft Dauer zu verleihen oder eher im Gegenteil und auch egal, vor was wer flieht, der seine Identität gegen eine andere tauschen möchte.

Die neue patrilineare Blutlinie führte auch dazu, dass im 18. Jahrhundert die Juden Familiennamen bekamen, um in den Melderegistern für die Steuerpflicht registriert zu werden, damit alles seine klare Ordnung hat. Spannend daran ist, wie eine sich in Abgrenzung zum Christentum matrilinear reformierende Kultur plötzlich in eine patrilineare Struktur gezwungen wird und damit auch den Prozeß der eigenen Emanzipation beginnt, an der auch so große Köpfe wie der Berliner Moses Mendelssohn entscheidend beteiligt waren.

Für eine Reinheit des Blutes gibt es keinen biologischen Nachweis, für Kontinuitäten der Verwandtschaft sehr wohl. Die an den väterlichen Namen geknüpfte Verwandtschaft realisierte eine männliche Erbfolge, die durch die Gewohnheiten des männlichen Ehenamens noch verstetigt wurde. Diese ist nicht an den konkreten Nachweis der Vaterschaft gebunden - sie wird in der Ehe bis heute grundsätzlich vermutet. Insofern treffen sich Glaube und Natur im deutschen Recht nach der Anscheinsvermutung, die Erben schaffen kann und damit eine vermeintliche Blutlinie auf der Grundlage von bloßen Vermutungen, die so unsolide ist wie die Behauptung reinen Blutes, allerdings vermutlich viel dazu beiträgt, den sozialen Frieden zu wahren.

Fraglich bliebe noch, was die Alternative liebender Väter etwa ist, ob sich jede Vaterschaft heute genetisch bestätigen lassen sollte, was leicht möglich ist, welchen Sinn die inzwischen modischen Gentests zur Untersuchung der erblichen Anteile haben sollen, als eine neue Rassenlehre zu etablieren, die wir gerade erst überwanden. Wissen ist gut, nur sollte die Frage erlaubt sein, wem dient welches Wissen und wer wird damit ausgegrenzt. Wann ist es gut, bestimmte Fragen mit halbem Wissen nicht zu stellen, um genau solchem Rassismus künftig vorzubeugen, da solch genetische Abstammung Prägungen vortäuscht, die nicht zu beweisen sind, solange wir nicht wissen, ob wir als unbeschriebenes Blatt oder wie weit geprägt auf die Welt kommen, ist es immer besser im Sinne der Freiheit zu vermuten, es habe keine Auswirkungen.

So hatte etwa frühere Freundin von mir, von ihrer Mutter einmal einen solchen Gentest geschenkt bekommen, um nach ihren genetischen Wurzeln forschen zu können, die sie für sich gerne im Norden oder im französischen Königshaus sah aufgrund gefühlter Verwandtschaft zu Marie-Antoinette, was mir völlig abstrus schien. Nie käme ich, auch mit Blick auf die deutsche Geschichte, auf die Idee einen solchen Test zu machen, halte dabei Nichtwissen für besser und der Freiheit zuträglicher, auch wenn ich der Überzeugung bin, es ändert eine zufällige genetische Abstammung nichts an der Neukombination der Gene durch die Zeugung mit je halbem Chromosomensatz und dieser menschlichen Freiheit, besonders in Ansehung der Gleichheit aller Menschen, möchte ich keine zufälligen biologischen Grenzen setzen, die Fanatikern eine Sortierung erleichterten, um nicht dem Aberglauben an reines Blut und Abstammung zu viel Raum einzuräumen, aber vielleicht bin ich da auch übervorsichtig und ignoriere bestimmte Faktoren für die es aber auch keinen Nachweis bis dato gibt, die mich nun ob verwirrt rassenbiologisch oder modern mit Genetik sehr an eine unangenehme Auslese erinnern, von der ich mich lieber bewusst abwende.

Freiheit ist auch eine Entscheidung, frei sein zu wollen und sich nicht der Sklaverei der Vorurteile zu unterwerfen. So wenig ich Horoskope oder Handlinien und Tarotkarten noch lese, auch wenn ich es könnte, so wenig muss ich jeder Mode folgen, sondern prüfe bevor ich etwas tue, mein Handeln lieber streng am kategorischen Imperativ und wie sehr es der Aufklärung dient, also aus selbstverschuldeter Unmündigkeit befreit und bin nach freiem Gewissen zu der Überzeugung gelangt, dass diese historische Genetik nichts anderes als eine moderne Rassenlehre ist, die indirekt auch auf das Blut abstellt und mit der ich bewusst nichts zu tun haben möchte, aber Freiheit und Mündigkeit ist eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss.

jens tuengerthal 24.6.20

Dienstag, 23. Juni 2020

Lockdowneu

Wieder wurde ein Lockdown
Nötig aufgrund Corona weil
Der lokale massive Ausbruch
Zeigt es ist noch nicht vorbei
Die Krankheit kann jederzeit
Wieder ausbrechen ist damit
Bis zur Impfung ständige Gefahr
Mit gravierenden Auswirkungen
Ob ein Betrieb Fehler machte
Es klare Schuldige wirklich gibt
Oder die Verhältnisse so waren
Wird die Aufklärung uns zeigen
Die nötige Reaktion könnte nun
Allen Zweiflern zeigen wie nötig
Radikales Durchgreifen war doch
Vermutlich finden diese eine neue
Theorie der Verschwörung für ihren
Wahn dem sie treu bleiben wollen
Hier ist alle Vernunft wohl müßig
Alle anderen aber könnten statt
Wieder einen Schuldigen zu suchen
Darüber nachdenken ob nicht
Langfristiger Erfolg durch eine
Konsequente Entschleunigung
Viel eher noch möglich wäre
Was hieße vieles neu denken
Alles gewohnte infragestellen
Um die Ursache zu beseitigen
Produktion eher dezentral
Weniger Reisen mehr bleiben
Weil die internationalen Kontakte
Solange sie nicht virtuell nur sind
Alles um die Welt verteilen was
Sonst lokal begrenzbar noch ist
Hoffe die Maßnahme hat Erfolg
Zumindest kurzfristig für viele
Langfristig sollten wir lernen
Unser Leben zu ändern damit
Es keine Rückkehr zur vorher
Kranken Normalität mehr gibt
Es wird Zeit brauchen besser
Sie sich jetzt zu nehmen

jens tuengerthal 23.6.20

Sonntag, 21. Juni 2020

Barmusik

Vor der Böse Buben Bar
Spielt heute einer Gitarre
Die Damen bei ihm am Tisch
Singen und summen mit
Die Sonne scheint dazu
Fete de la musique hier
Im kleinen zulässigen Format
Es ist wieder Leben da
Berlin feiert ganz dezent
Wie ein Hauskonzert ohne
Risiko in Zeiten von Corona
Zwischendurch etwas trinken
Oder eine draußen rauchen
Manchmal hält ein Passant
Für einen Moment an
Lauscht und freut sich
Wie schön kann Leben
Im Sommer in Berlin sein

jens tuengerthal 21.6.20

Wiegern

Wie gerne hätte ich dich
Wach geküsst wieder um
Nach einsamer Nacht den
Morgen lieber mit dir auch
Lustvoll ganz wie überall
Glücklich dann gemeinsam
Eindringlich zu teilen dich
Danach beben zu fühlen
So schreib ich es dir nur
Hoffend es möge dich so
Erregen wie allein schon
Der Gedanke an dich mich
Weil es ist wie es ist doch
Manchmal mehr noch wiegt
Was sein könnte als was ist
Hoffe doch zumindest die
Träume voller Sehnsucht
Auch so zu teilen um all
Deine Lippen in Gedanken
Ganz nah zu küssen
Stattdessen schreibe ich
Verse in mein Telefon bloß
Bleibt alle Sehnsucht virtuell
Ist echte Nähe nur ein Traum
Wie alle verlorenen Träume
Von denen nichts blieb als
Erinnerung an Einsamkeit

jens tuengerthal 21.6.20

Liebesunsinn

Zu lieben ist Unsinn
Es verwirrt völlig
Nimmt alle Vernunft
Macht unendlich traurig
Regt unnötig auf
Raubt unendlich Zeit
Zerstört ganze Leben
Sorgt für Unordnung
Lässt verrückt werden
Bringt vom Weg ab
Tut weher als alles
Verursacht Herzrasen
Kostet viel Energie
Beschränkt den Blick
Verursacht Schweißausbrüche
Stört beim Nachdenken
Behindert beim Lesen
Findet kein Ende
Wird schlimmster Schmerz
Weiß ich alles genau
Aus langer Erfahrung
Fast ganz verblödet
Unsinniger wäre nur
Nicht mehr zu lieben
Was bliebe auch
Ohne

jens tuengerthal 21.6.20

Samstag, 20. Juni 2020

Fleischwirtschaft

Über die Zustände in der
Fleischwirtschaft sind alle
Unter Corona sehr empört
Als ob es je anders wäre
Nicht überall Schnäppchen
Das Ziel der Einkäufer sind
Mit erwartbarem Ergebnis
Wir wirtschaften und leben
Überall auf diese Art damit
Es möglichst billig wird als
Wäre preiswert ein Wert
Im Sinne kultivierter Ethik
So kam Corona vermutlich
Aus der Lebensmittelindustrie
Während die Urlaubsindustrie
Das Klima munter zerstört mit
Kreuzfahrten und Fliegern nur
Zum Vergnügen möglichst billig
Damit jeder mal mit kann
Tönnes wirtschaftet wie alle
Das Ergebnis war erwartbar
Wir müssen unser Leben ändern
Wenn wir langfristig wirken wollen
Nur wer sagt all den Leuten
Die sich nun laut empören
Ihr seid auch nicht besser
Wenn ihr in Urlaub fliegt
Egal was gern billig kauft
Weil der Markt es erlaubt
Wir sind alle Teil des Systems
Was logisch die Frage stellt
Was ändern wir im Denken
Dies künftig zu vermeiden
Wo fangen wir selbst damit an
Dekonstruktion einer globalen
Wirtschaft ist relativ irreal
Fraglich was noch möglich
Mit Denken anzufangen ist
Der erste Schritt dabei auch
Konsequent zu bleiben logisch
Der zweite und dazwischen
Findet sich künftige Realität
Luxus heißt Langsamkeit
Weniger oder nichts tun
Das Gleichgewicht zu retten
Kann mehr sein als Geschrei
Wo alle gerade schreien
Fangen wir lieber bei uns an
Jeder hat genug zu tun
Will Tönnies nicht verteidigen
Nur sagen er ist Teil des Systems
Sündenböcke bestrafen ändert
Nie etwas für die Zukunft

jens tuengerthal 20.6.20

Liebesende

Komm tanz mit mir
Bis zum Ende der Liebe
Welcher auch immer
Vielleicht der verlorenen
Einer der vielem um die
Wir immer trauern werden
Weil wir nicht vergessen
Können oder wollen
Wie schön wir träumten
Bis wir wieder tanzen
Voller Lust eine Nacht
Die alles vergessen lässt
Zu den alten Liedern
Betrunken vom Leben
Als gäbe es kein morgen
Komm lass uns tanzen
Bis wir alle Träume
Während wir uns drehen
Vergessen können um
Wieder glücklich zu sein
Für einen Moment ohne
Alle Zeit miteinander
Als wäre alles gut
Lass uns tanzen
Bis zum Ende

jens tuengerthal 20.6.20

Freitag, 19. Juni 2020

Teefein

Tee ist stets feiner
Nimmt die Umgebung mit auf
Dominiert niemals

jens tuengerthal 19.6.20

Blutglaube

Blut spielt eine große Rolle im Glauben - auf der ganzen Welt und seit vielen Jahrtausenden, soweit wir davon wissen. Vom Blutopfer bis zum geheiligten und verwandelten Blut, dem guten und dem bösen Blut - immer wieder taucht es auf und spielt seine eigene Rolle, scheint den Gläubigen viel mehr als der Energie transportierende Lebenssaft, der er biologisch ist. Wir sprechen vom Blutbad, wenn wir ein besonders grausames Gemetzel beschreiben wollen oder heute auch von einer sehr expressiven Theateraufführung sprechen, weil da eben Blut floß. Wer mir blutsverwandt ist, gehört zu meinen Angehörigen, ob ich mit diesen nun mehr oder weniger zu tun habe, sprachlich gehen wir von einer besonderen Nähe aus und so hat sich der Glaube an das irgendwie besondere im Blut, bis in die Gegenwart gehalten, in der wir längst Blut auch chemisch reinigen, spenden und genau auf seine Bestandteile untersuchen, es in Gruppen mit Eigenschaften unterteilen können, auch wenn wir aus guten Gründen nicht mehr von Rassen sprechen, die sich darin auch nicht unterscheiden. Wenn eine Liebe tragisch scheitert, kostet es uns viel Herzblut, sagen wir, auch wenn wir äußerlich unverwundet bleiben, können wir am gebrochenen Herz sterben, womit die Blutpumpe auch im Mittelpunkt unseres emotionalen Vokabulars steht. Die Lektüre in dem hervorragenden Band Blutsbande von Christina von Braun wecken manche Gedanken und regen zum weiterdenken an, was dies Blut ausmacht, wo der Glaube anfängt, wohin er uns verführt und was davon noch unserer Natur entspricht, nach der wir uns Gutes tun wollen.

Die Christen wie auch andere Religionen unterscheiden gutes und böses Blut. Das eine dient dem Glauben, das andere ist Zeichen niedriger Körperlichkeit, die der geistige Glaube gern überwinden möchte. 

Gut ist jenes der Märtyrer, das im Kampf um den Glauben fließt, als Folge der Selbstgeißelung oder unverdienter Strafen, sowie das Blut Jesu, das im Abendmahl mit mehr oder weniger symbolisch, je nach Ausrichtung der Konfession, verwandelten Rotwein gereicht wird. Ob dieser eigentlich kannibalische Akt, den Religionsstifter zu sich zu nehmen, der, zur Erinnerung an sein Leiden, in jeder Kirche am Kreuz hängt, noch vernünftig verstanden werden kann, als Zeichen besonderer Gemeinschaft, das verbindet, mag dahinstehen - wie er in Zeiten von Corona wieder realisiert werden soll, ist genauso unklar. Hier jedenfalls wird die christliche Religion, die nicht mehr schächtet wie Juden und Muslime und deren Tierschützer diesen das religiöse Schlachten am liebsten verbieten würde, wie die Kinderschützer das Vorhautbeschneiden stoppen wollen, selbst ganz blutig und hält das auch für gut und moralisch hochwertig, weil es sie ihrem Gott näher bringt, dessen Lebenssaft sie ja durch den des Sohnes zu sich nehmen, der ohnehin nach christlicher Überzeugung Teil heiliger Dreieinigkeit ist, die das Blut gut und wertvoll macht, in das der durch Weihe gesegnete Rotwein sich verwandelte.

Den Juden oder Muslimen liegt dieser Bluttrank eher fern, aber auch sie unterscheiden gutes und böses Blut. Während das Regelblut den Juden als rein gilt, auch wenn sich der Sex in dieser Zeit zumindest nach orthodoxer Überzeugung verbietet, sondern viele Muslime ihre Frauen in dieser Phase als unrein aus, wie es auch Hindus tun. Auch die Christen haben eher ein Problem mit dem Regelblut, insofern es auf Körperlichkeit und Sexualität, also natürliche Fortpflanzung und also Sünde verweist und haben die Frauen entsprechend behandelt, sich unrein fühlen lassen, was in vielen so geprägten Kulturen bis in die Gegenwart fortdauert. 

Es ist wieder die alte Geschichte von der Erbsünde und der Vertreibung aus dem Paradies, die sich die Juden als revolutionären Akt der Propaganda in früher Exilliteratur Babyloniens                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    erdachten, der die Fortpflanzung und die mit ihr verbundene Lust als unrein verstehen lässt,  die Geburt so schmerzhaft macht, auch wenn es der Natur nach schmerzhaft sein muss, wenn ein Kopf sich durch den Scheideneingang pressen will, weil dieser um ein vielfaches größer ist als etwa das Glied, was dort relativ schmerzfrei meist hineingleiten kann, sofern die vorige Erregung genügte, warum das zumindest geistige Vorspiel von so großer Bedeutung ist, gut  ineinander zu finden. Sie taucht immer wieder an den unpassendsten Stellen auf und so natürlich auch bei allem was mit der Zeugung verbunden ist, weil diese am Anfang steht, wenn wir nicht irgendwelche Geschichten von Lehmklumpen oder Rippen glauben schenken wollen, wogegen alle Natur seit ihrem Bestehen erfolgreich zeugt und damit verschiedene halbe Chromosomensätze sich zu einem neuen vereinen lässt.

Böse ist alles, was auf die natürliche Körperlichkeit verweist und nicht durch einen spirituellen Akt geheiligt wurde, sei es als Märtyrer, die nach vorgeschriebenen Regeln erst so genannt werden dürfen oder durch die Weihe des Weins im Abendmahl, was den gleichen Stoff plötzlich gut macht, weil die christliche Religion mit ihrem Traum von geistiger Erlösung im himmlischen Paradies den irdisch unreinen und sterblichen Körper für die geaberglaubte Unsterblichkeit der dazu erfundenen Seele gerne überwinden möchte. Was früher noch stärker ausgeprägt war, wurde mit der Zeit den natürlichen Bedürfnissen der Praxis einer sich durch Aufklärung und Vernunft emanzipierenden Gesellschaft angepasst und längst dürfen sich auch Christen mit Freude fortpflanzen, statt das höchste Ideal nur in der Entsagung zu sehen.

Wichtig an diesem Ideal von Reinheit und Entsagung aber war, es hinderte viele Witwen an der Wiederheirat und bescherte der Kirche so manches Erbe, wodurch sie etwa im Mittelalter bereits ein Drittel aller französischen Länder durch Erbe an sich gebracht hatte und neben der mit ihr verbündeten königlichen Familie zum mächtigsten Grundbesitzer wurde, der sich jedoch nach Regeln, die erst mit dem Trientiner Konzil um 1200 verbindlich wurden, nicht selbst fortpflanzen durfte, sondern seine wohldotierten Pöstchen im Bündnis mit dem Adel verteilte, mit dem er lange um die Vormacht dabei kämpfte - etwa im sogenannten Investiturstreit, wo es darum ging ob auch Laien für Kirchenämter eingesetzt werden dürfen, die sogenannte Laieninvestitur oder die Kirche dort ein Monopol hatte.

So spielte das Blut beim Besitz keine Rolle sondern der Glaube, wie überhaupt der Glaube an die Vaterschaft, denn Wissen hatte ja keiner davon, wichtiger für die patriarchalen Linien war als die tatsächliche und nachweisbare mütterliche Verbindung, was die Kirche auch in zuvor matriarchal geprägten Regionen zur Not mit dem Schwert durchzusetzen wusste, womit wir wieder beim Blut wären, dass für die gute Sache des Glaubens auch fließen durfte.

Die Rituale der Hinrichtung nach dem Koran, wie sie auch der IS eine zeitlang sehr erfolgreich zumindest in der Medienwirksamkeit praktizierte, sind auch blutig, wie der Heilige Krieg ruhig blutig sein durfte, da den dort geopferten größtes Heil bevorstand, wenn sie für ihren Propheten in den Tod gingen, den realen Wert von Jungfrauen einmaldahingestellt.

Dass alle Menschen nur ein Leben haben, nicht wiederkehren, es keinen Nachweis für Seelenwanderung gibt, noch diese Erfindung überhaupt naturwissenschaftlich überprüfbar existieren würde, ist ein für Gläubige immer noch unfassbarer Teil der Natur, weil sie meinen durch ihren Aberglauben auch die Grausamkeit des Todes etwa ihres Messias überwunden zu haben. Auch wenn sich die großen Kirchen mit viel Realitätssinn und Interesse an ihrem Fortbestand mittlerweile mit den Naturwissenschaften ausgesöhnt haben und nur noch kleine Gruppen orthodoxer Fanatiker die Bibel wörtlich nehmen, ist der Fortbestand des seelischen Lebens für sie eine conditio sine qua non, also eine Bedingung ohne welche nicht. Dabei ist diese Grundlage der Einmaligkeit längst normaler Teil unseres Alltages, an den nur als Verzierung der Aberglaube der Fortexistenz angehängt wird, auch und gerade um den grausamen Tod des Stifters zu rechtfertigen, der ja ein Teil des geglaubten Gottes einerseits ist, andererseits aber auch ein Mensch war, also sterblich und blutend.

Generationen von Rittern zogen im Mittelalter und mehr noch in den spätmittelalterlichen Romanen von König Artus und seinem Gefolge durch die Welt, um den heiligen Gral zu retten, mit dem das Blut Jesu aufgefangen wurde, der dadurch ewiges Leben oder doch zumindest alles nur erdenkliche irdische Glück, am Ende jedenfalls seelische Erlösung dem Finder liefern sollte. So bewegt der Glaube Menschen zu vielem, auch zu grausam blutigen Kreuzzügen, die manchmal auch nur der Schwächung der östlich orthodoxen Konkurrenz galten aber zumindest war, wer dort sein Blut vergoß und sein Leben verlor ein Guter und wie er auch für die Eroberung der heiligen Stätten für die Christenheit blutig mordete, welchen Antisemitismus er auch entzündete, stand dies nicht seiner Heiligsprechung im Wege.

Wie wenig die inzwischen der Realität angepasste Form des Glaubens noch zu dem passt, was in den alten geistigen Idealen der frühen Sekte verkündet wurde, ist eine andere Frage. Spannend ist aber für die Unterscheidung von gut und böse auch in der Blutlinie, wie das Christentum mit aller Macht die patriarchale Erblinie durchsetzte, die nur auf Glaube beruht, während sich das rabbinische Judentum in der Diaspora in eine matriarchale Ordnung verwandelt wurde, die den Frauen aber auch strenge Grenzen setzte. Während die keusche, heilige Jungfrau Maria angebetet wurde, die ihr uneheliches Balg als von Gott empfangen verkaufen durfte, galt weibliche Sexualität als unrein und wurde ein großer Kult um die weibliche Jungfräulichkeit entwickelt, wie er in südlichen Regionen und unter dem Einfluss des Koran immer noch teilweise üblich ist, um so die Sicherheit des Erben als Sohn des Vaters zu sichern.

Insofern die patriarchale Linie nur auf dem Glauben an die Vaterschaft fußt, musste sie in der Realität diesen durch die erzwungene Keuschheit der Frauen sichern. Ein relativ schlichtes System, das die Konstanz der Blutlinie garantieren sollten und das Frauen bis heute weltweit noch mitspielen und dafür ihre natürliche Sexualität dem schlichten Bedürfnis nach Zeugung unterordneten. An diesem Punkt wird auch verständlich warum der für Frauen sexuell natürlich bessere Analverkehr, der dem Verlauf des nervus pudendus eher entsprach, ohne die Lust gleich mit der Gefahr der Zeugung zu verbinden, so erfolgreich tabuisiert wurde. Hier haben sich Generationen von Paaren und viele Frauen bis in die Gegenwart ihrer Freude an der Lust beraubt und fanden dies seltsame Verhalten völlig natürlich wie keusch, obwohl es in völligem Widerspruch zu ihrer Natur und dem eben Verlauf der Nerven steht. Aber dies hätte Frauen in ihrer Sexualität auch unabhängig von der Regelblutung gemacht und damit den Glauben eines wichtigen Faktors der Macht beraubt. So durfte nicht sein, was Natur wollte, die weibliche Lust wurde ein ewiges Tabu und ist es in vielem bis heute.

Sofern wir Tacitus und seinem Bericht über die Germanen Glauben schenken, wogegen in manchen sicher die agitatorischen Zwecke des Buches sprechen, aber doch zumindest in den Grundfragen von einer realen Beschreibung ausgehen, war das Blut und Bodenrecht der Germanen noch ein völlig anderes als es die sich auf diese Kultur mit rassistischen Phantasien berufenden Nazis meinten. Danach hatten die Frauen das Hausrecht und trugen die Schlüssel während die Männer, der Gerechtigkeit wegen, im Erntezyklus alle paar Jahre den Hof wechseln mussten. Sicher als Blutlinie war damit nur die mütterliche, die das Erbe weitergeben musste, von wem welche überlebenden Erben dann waren, spielte wohl eine geringere Rolle als die Mutterschaft und der Ort der Geburt. Damit konnte nur in mütterlicher Linie logisch geerbt werden, war die Verfügungsmacht über Grund und Boden an das Geschlecht gebunden, nur waren Männer dabei nichts als mobile Dienstleister der besitzenden Frauen.

Wie sich diese möglichen Strukturen auf das Verhältnis der Geschlechter auswirkten, wissen wir nicht, zumindest scheint es auch andere Konstruktionen gegeben zu haben als die ursprünglich patriarchale, möglicherweise waren ihrer Natur entsprechend Jäger und Sammler Kulturen viel stärker von Frauen geprägt, als wir es uns in klassischen Mustern denkend und Funde betrachtend vorstellen können. 

Wie war eine Gesellschaft sozial organisiert, in der Frauen das Schlüssel- und Erbrecht hatte, während Männer die Waffen führten oder spiegelt sich in dem Bild des Tacitus nur der Blickwinkel des römischen Chauvis, der seine Gewohnheit umdreht, um die Römer zu erziehen, es nicht anders als durch seine Augen sehen konnte.

Sehen wir uns dagegen heutige Gender Diskussionen an, die immer mehr betonen, dass Geschlecht auch eine Entscheidung sei, fragt sich, ob dies eine natürliche Entwicklung in Folge fortschreitender Emanzipation an, die eben unserer Zeit entsprechen, in der wir das Geschlecht mithilfe von Hormonen und Operationen auch wandeln können, es also etwas künstliches hat oder doch eine Rückkehr zur natürlichen Egalität ist, in der jeder seinen Begabungen entsprechend wirkt und nicht seinem Geschlecht folgend, was formal zwar längst gesetzlich realisiert wurde, de facto aber durch rosa und himmelblaue Traumwelten der Geschlechter mit jeder Generation wieder unterlaufen wird, bei der es nur einige Ausreißer gibt, welche gerne Grenzen überschreiten, um jenseits ihrer Natur, andere Teile ihres Wesens zu realisieren. 

Unklar ist dabei nur, ob es ein natürliche Verhalten geben kann und dieses ohne die Prägung durch Gesellschaft sich entwickeln würde, was dem Menschen gut tut und ob nicht mehr ohne eine klare Prägung sich verloren fühlten, als die wenigen Ausnahmen, die es in Offenheit leichter haben. Es ist ein Prozess der Emanzipation mit noch unklarem Ausgang, bei dem das Pendel auch wieder in die Gegenrichtung ausschlagen kann, wenn eine Studie das gerade verkündet.

Klar ist jedenfalls, dass sich durch die Relativierung der Geschlechterrollen auch die Rolle des Blutes verändert und es neue Definitionen von Verwandtschaft braucht oder wir schlicht alte reanimieren müssen. So hatten die Römer eine weit über die Blutsverwandtschaft hinausreichende soziale Verwandtschaft in der Adoptivkinder eine wichtige Rolle spielten, die jener der Blutsverwandten der eigenen Familie überlegen war. Diese wurden damit Teile eines Geschlechts, etwa der Julianer. So konnten Erben mehr nach Eignung als nach biologischem Zufall bestimmt werden. Allerdings spielen damit die Frauen als Blutzeuginnen des Nachwuchs sozial keine wichtige Rolle mehr, es wuchs eine patriarchale Kultur heran, wie auch in Griechenland, welche die Gründung der Kirche prägte oder der sich die Kirche anpasste.

Bei diesem Prozess der Anpassung aber spielte das Blut plötzlich wieder eine große Rolle und die Durchsetzung der patriarchalen Erblinie erforderte notwendig weibliche Treue, um den Glauben an die Vaterschaft zu sichern. Die reale Unsicherheit wurde durch vermeintliche männliche Allmacht und Herrschaft, die mit dem Schwert über die Schöße der Frauen wachte, kompensiert. Auch wenn diese sachlich keinen nachweisbaren Wert hatte, war der Glaube oder die Macht hinter ihm, scheinbar lange stark genug, ihn tausende Jahre dominant werden zu lassen und eine nur geglaubte Blutlinie zu kultivieren.

Mit Abstand betrachtet und jenseits der Sagen um rostende Keuschheitsgürtel, hat dies den Frauen aber trotz aller christlichen Unterdrückung und Entrechtung eine enorme Macht gegeben bei der Entscheidung über den Erben und damit die folgende Generation. Nach Aufweichung der alten Grenzen der Blutlinien sortiert sich nun alles neu. Sind Hausmänner nun die in germanischer Tradition mächtigeren Teile der Gemeinschaft oder bleibt die Doppelbelastung der Frauen, wie sie auch in der DDR realer existierend war als der Sozialismus je, natürlich, weil für viele die Verbindung nach der gefühlten Natur schon enger ist. In ihnen wuchs dies Wesen heran, zu dem Mann nur in einem Akt der Wollust sein Sperma absonderte. Andererseits gibt es Männer, die sich in der Rolle des Hausmannes viel wohler fühlen als in jeder anderen, während es Frauen gibt, denen der berufliche Erfolg näher liegt als die Pflege der Brut, habe ich als junger Vater mich mehr um meine Tochter gekümmert alses die Mutter konnte, weil es mir lag, ohne dabei eine Begabung zum weiblichen behaupten zu wollen. 

So könnten die Genderdiskussionen, um Feminismus und Rollenverständnis eine neue Freiheit entwickeln, in der wir jenseits gewohnter Muster lernen können, zu unserer Natur zu finden. Fraglich nur, ob wir diese Elemente dann noch weiblich oder männlich wie nach Yin und Yang nennen müssen oder diese Grenze im Wesen überwinden sollten, um zu unserer Natur wieder zu finden. Was unsere Natur ist, ob uns also das Geschlecht schon im Blut liegt oder anerzogen ist, werden wir erst wissen können, wenn wir ohne Prägung aufwachsen können, was relativ unvernünftig und künstlich wiederum scheint, weil wir auch in unserem sozialen Kontext funktionieren müssen und die menschliche Entwicklung eben eine fortschreitende im Sinne der Aufklärung ist, warum niemand zurück zur Natur muss, von der wir nicht wissen, wie sie ist oder war, sondern nur in Mutmaßungen erkunden können.

Die Genderdiskussion weitet dabei den Horizont und ermöglicht es uns jenseits von Mustern zu denken. Sie ist damit ein Stück Zivilisation und Fortschritt und auch wenn Gegner wie Befürworter nun gerne die Natur für sich in Anspruch nehmen, im Blut hat das keiner liegen und es wäre so unnatürlich, eine Welt ohne Disposition zu simulieren, wie es falsch wäre, nicht den Versuch zu wagen, sich eine Gesellschaft zu denken, die ohne Prädisposition des Genus auskommt und was daraus würde, dahingestellt ob dies schon Menschenversuche sind, was den Befürwortern des status quo aber genauso nachgesagt werden könnte, auch wenn deren Versuch der Gewohnheit der Mehrheit entsprechen.

Ob uns all dies uns im Blut schon liegt, bleibt eine Glaubensfrage, wie die nach der Bedeutung des Blutes, mit all der aus ihr logisch resultierenden Unfreiheit. Ob sich in den virtuellen Paarungsgewohnheiten der Großstädter wie der Landevölkerung der Gegenwart eine gänzlich neue Entwicklung offenbart, in der Frauen zwar nach altem Muster stets und gerne betonen, keine One Night Stands zu wollen, um sich als anständig und beständig zu präsentieren, was sie sich von Männern zur Sicherheit gern wünschen, sofern sie technisch erfahren genug sind, de facto aber viel wählerischer als die meisten Männer sind und sich äußerst ungern überhaupt binden wollen, weil sie es nicht müssen, spannend wird, was aus einer so geprägten Gesellschaft werden kann, in der Frauen in Kenntnis ihrer höheren Potenz und sexuellen Natur entsprechend der Forschungen über den nervus pudendus und der Studien zu ihrem Wesen nach neuesten Gendertheorien, immer stärker die Führung übernehmen, weil des zufriedenen und erschöpften Männern langsam natürlich jeglicher Ehrgeiz dazu abhanden kommt, weil sie sich nicht mehr beweisen müssen, um geliebt oder begehrt zu werden und Frau sich nimmt, was ihr gefällt.

Was mich zum Thema Herzblut bringt, bei dem es weniger um den tatsächlich gepumpten Saft zur Sauerstoffanreicherung der Zellen geht, als, das, was wir mit echtem Gefühl verfolgen - wohin es die große Liebe zieht, ob es diese wirklich gibt oder das ganze Gerede von Liebe nur ein austauschbarer Terminus im konditionierten Paarungsverhalten ist?

Betrachte ich nur die Natur, neige ich dazu, sie für dominant und auch den Bindungswillen in der Liebe als Teil unseres Paarungsverhaltens zu sehen, der nur der optimale Aufzucht dient. Andererseits, weiß ich aus leidvoller Erfahrung auch, wie sehr die Liebe dich auch an deine Grenzen führt, dir jeglichen Lebenswillen dauerhaft rauben kann und nach dem Herzbruch und damit massivem Herzblutverlust nur noch funktioniert und überlebt wird ohne echte Leidenschaft, weil der Schmerz immer wieder größer wird, dahingestellt, ob so starke Gefühle von Liebe nun ihrerseits schon wieder als pathologisch zu bewerten sind, weil Liebe nach der Natur eben austauschbar ist und der Wechsel der Partner auch gut und gesund für die Gattung ist - dies mag nach der Natur so vernünftig erscheinen und leuchtet auch mir ein, dennoch weiß ich, wieviel stärker das Gefühl des gebrochenen Herzens über Jahre hinweg sein kann, wie es einen leer bluten lässt, im nur noch funktional ohne Überzeugung erledigten Leben, ohne zu wissen, ob dies das Ende war, als was es immer wieder in dunklen Momenten erscheinen kann oder doch nur ein Schatten von all dem Schönen, was folgende wechselnde Lieben immer wieder erfahren lassen, die der Sonnenschein der Zukunft sind, genügen doch die Gedanken daran schon ein blutendes Herz unruhig zu machen, denke ich und bin froh über gerade zumindest theoretischen Abstand zum Thema und fortbestehende Begeisterungsfähigkeit, die immer noch auf das Große hofft, was oder wer immer es dabei noch sein soll.

Das Herzblut ist jedenfalls ein komplexes Thema, auf das ich noch keine vernünftige und abschließende Antwort geben kann, es vermutlich nicht mal will, weil die Fähigkeit sich bedingungslos zu verlieben und vollkommen glücklich mit irgendwem zu sein, schon einen gewissen Grad an Schwachsinn voraussetzt, der sich jeder logischen Betrachtung dauerhaft entzieht und da ich diesen Ausnahmezustand ungern um der Vernunft willen dauerhaft ausschließen möchte, nehme ich die Unfähigkeit hier dauerhaft gültige Antworten zu finden, für das vielleicht Glück einer zeitweisen Illusion zumindest billigend in kauf. Im Wissen aus Erfahrung wie mörderisch die Liebe sich auf die psychische Stabilität und Gesundheit auswirken kann, würde der BGH vermutlich, wäre ich ein Autofahrer, einen mörderischen Vorsatz gegenüber sich selbst erkennen können, da ich aber auch dies für zweifelhaft halte, bleibe ich dabei in bezug auf das Herzblut zu sagen, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wann ich näher bei meiner Natur bin, wenn ich sie wie Kant vernünftig kritisch betrachte oder sobald ich mit vollem Gefühl brenne und mich am besten dabei gleich mit verbrenne, weiß ich nicht zu sagen, zumindest lassen letzte verbliebene Reste von Vernunft mich beides jenseits der wachsenden Summe betrachten und als Teil meines Wesens sehen - so sehr ich mich auch wehre, beides scheint ein Teil von mir - das ruhige kühle Blut der Vernunft wie das leidenschaftlich pulsierende, das dem verachteten Werther eher ähnelt und ich muss sehen, wie ich die Waage zwischen den beiden in meinem gelegentlich schwankenden Wesen halte und es nebenbei noch irgendwie überlebe.

Ist am Ende die große Freiheit, mit allen Teilen seines selbst leben zu können, weil Blut kühl und heiß sein kann und beides mich ausmacht, nicht als ewiges Schwanken zwischen den Extremen aber als einer, der von Pol zu Pol im Leben wanderte, um den Planet des eigenen Blutes gehörig zu vermessen. Kann mir kaum vorstellen, was nach dieser Summe vieler Extreme, wunderbarster Frauen, größter Erfüllung und manchmal, wenn auch zugegegeben selten, klarster Gedanken, noch kommen, lasse ich mich noch ein wenig überraschen - enden kann es von allein, bis dahin bleibt noch Zeit, sich ein wenig zu amüsieren, in die eine oder andere Richtung.

jens tuengerthal 18.6.20

Donnerstag, 18. Juni 2020

Raserkultur

Der BGH hat entschieden
Raser können Mörder sein
Was im deutschen Autoland
Einem Skandal gleich kommt
Finden viele plötzlich gerecht
Ohne zu bedenken was es heißt
Wenn das oberste Gericht nun
Bevor die Politik dabei handelte
Des Volkes liebstes Spielzeug
Zur gefährlichen Waffe erklärt
Den idiotischen Leichtsinn zum
Vorsatz für Mord genügen lässt
Ein Raser bei tödlichem Ausgang
Lebenslänglich zu bestrafen ist
Während der bloße Teilnehmer
Am Rennen keinen Vorsatz habe
Was nach dem Ergebnis urteilt
Den mutmaßlichen Vorsatz so
Zum Ergebnis von Zufall macht
Aber eine Rechtsprechung fortsetzt
Die mit der Beweislastumkehr begann
Das verwerfliche des Mordes damit
Im Leichtsinn verschwimmen lässt
Was die Frage stellt warum es noch
Totschläger sonst geben sollte
Zwar das Leben besser schützt
Aber viele Fragen damit aufwirft
Ein lebenslanger Entzug des
Führerscheins wäre angemessen
Auch eine lange Haftstrafe noch
Aber wie unterscheide ich dann
Den brutalen Massenmörder vom
Leichtsinnigen Raser im Unwert
Kann diese Beurteilung nach den
Strengen Kriterien für den Mord
Vorm Bundesverfassungsgericht
Wirklich Bestand haben oder
Machen Richter hier Politik was
Nie ihre Aufgabe sein sollte im
Rechtsstaat mit Gewaltenteilung
Leichtsinn und Dummheit gehören
Bestraft in angemessener Weise
Zur gefährlichen Waffe aber
Kann das Auto nur machen wer
Vom Gesetzgeber vorgewarnt
So gesehen verstößt die zwar
Konsequente Rechtsprechung
Des BGH gegen nulla poena
Mehr Zurückhaltung täte gut
Wenn dies politisch gewollt ist
Muss es vorher im Gesetz stehen
Moralische Urteile verbieten sich
Auch wenn die Täter vermutlich
Leichtsinnige Idioten waren

jens tuengerthal 18.6.20

Bibliotheksheimat

Bibliotheken geben mir ein Gefühl
Von Heimat als Ort schöner Bücher
Fühle ich mich dort gleich zuhause
Vielleicht weil ich so aufwuchs
Zwischen Bücherregalen die alles
Wissen der Welt für mich enthielten
War etwas unklar befragten wir stets
Den Brockhaus als Ratgeber in allein
Fragen des Lebens und daneben stand
Für mich als Kind eine riesige Menge
An Büchern die ich alle lesen wollte
Inzwischen sind es noch viel mehr
Gelesen hab ich sie nicht alle
Wichtiger ist dass sie da sind
Leben wie in einer Bibliothek
Wo der Geist der Bücher inspiriert
Auch wenn ich nur in einigen lese
Oder einem anderen der Stapel nehm
Die um meinen Diwan überall stehen
Um die Gedanken schweifen zu lassen
Genügt es ungefähr zu wissen wo
Steht was mich gerade interessiert
So greife ich nach Laune stets zu
Auf die Bücher die mir gefallen
Wechsel nach Stimmung wieder
Um neue Gedankenwelten zu erobern
Früher war es mir wichtig Bücher auch
Zu Ende zu lesen heute dagegen
Dauert das manchmal Monate lang
Wenn ich überhaupt eine Ende finde
Weil es nicht darum geht zu erledigen
Sondern sich anregen zu lassen
Gefällt mir eines besonders gut
Lasse ich mir gerne viel Zeit
Wissend ich habe noch etwas
Schönes in Zukunft vor mir
Was die Bibliothek zur Heimat macht
Wer eine solche sein eigen nennt
Hat die Welt in seinem Haus
Muss nirgendwo mehr hin
Ist glücklich mit Zeit zu lesen
Würde nicht manchmal noch
Die Illusion von Liebe mich
Im Paradies ablenken könnte ich
Vollkommen zufrieden dort sein
Wäre ich klug wüsste ich längst
So glücklich wie Lesen macht keine
Fraglich ob es mehr Lektüre braucht
Oder Ablenkung zur Bestätigung
Dass die Welt zwischen Buchdeckeln
Das schönste Paradies mir birgt
Manchmal weiß ich es schon
Vergesse alle Sehnsucht um
Dort glücklich zu leben bis
Alle Natur ein Ende findet
Wo sie den Büchern gleicht
Bis dahin lese ich weiter
Aus irgendeiner Bibliothek

jens tuengerthal 17.6.20

Mittwoch, 17. Juni 2020

Corona-App

Nun haben wir sie
Die Corona-App
Soll uns warnen
Vor riskanten Kontakten
Macht die Infektion damit
Leichter verfolgbar was
Nachhaltig helfen kann
Verbreitung zu vermeiden
Sie wurde mit offener Software
Gebaut und gilt als sicher
Die Daten werden kontrolliert
Wenn ich dagegen bedenke
Wer meine Daten sonst nutzt
Etwa in sozialen Netzwerken
Ist was hier geschieht harmlos
Habe sie und lass sie laufen
Vertraue der Gemeinschaft
Deren Teil ich auch bin
Ohne bisher riskante Kontakte
Leiste ich was ich kann damit
Künftige Ausbrüche zu verfolgen
Sehe keinen Grund zur Angst
Auch wenn ich nicht weiß was
Sie wirklich bringt sollte sie
So normal sein wie es heute
Der Mundschutz schon wurde
Freiwilligkeit ist dabei gut weil
Es den Gegnern Argumente nimmt
Verpflichtet sollte sich jeder fühlen
Der Verantwortungsgefühl hat für
Die Gemeinschaft in der er lebt
Hier zeigt sich wer sozial ist
Was gesagt werden sollte weil
Zusammenleben auch Pflichten bringt
Gemeinsam helfen tut gut
Asozial ist wer Leben gefährdet

jens tuengerthal 17.6.20

Dienstag, 16. Juni 2020

Heimatlitertouren

Über Schöne Literatur mit Martin Mosebach in dessen gleichnamiger Sammlung von Essays nachgedacht, was, wie bei diesem Autor nicht anders zu erwarten, schon sprachlich wunderschön war, ist auch geistig immer wieder anregend, sich daran zu reiben, auf höchstem Niveau geschrieben, lässt der bekennende konservative Bürger, der schon so gut über seine Heimat Frankfurt schrieb, den Geist in dieser Sammlung durch die Sprache schweifen.

Zunächst über Schriftstellers Deutsch, was eine real kaum existente Sprache ist, da die gesprochene sich doch sehr von der geschriebenen unterscheidet, jede Region ihre eigenen Dialekte hat, die Anfang oder Ende der Wörter schleift, Grammatik gerne auch umstellt, mit dem vielfach missbrauchten Dativ, den Genitiv ersetzt und andere in der Hochsprache seltsam klingende Wendungen im Alltag gebraucht. Dabei hat lokale Sprache auch etwas von Heimat und immer wieder gibt und gab es auch Versuche die Mundarten zu Dichtung und Literatur werden zu lassen, tauchen sie auch in der großen Literatur, wie etwa den Buddenbrooks gesprochen als deutliche Unterschiede, wie als Ausdruck des Wesens immer wieder auf, die unsere unterschiedlichen Regionen besser beschreiben oft als die genaueste Skizzierung der Landschaft, weil sie auch den Klang, die Musik von Bergen, Meer oder hügeliger Mitte mit sich bringt.

Als in Bremen geborener, der in Frankfurt aufwuchs, wie Mosebach, der dort aber blieb, in Heidelberg Abitur machte und studierte, um schließlich 2000 in Berlin zu landen und weniger aus Leidenschaft zunächst als den Umständen geschuldet, auch wenn diese von Leidenschaft ausgelöst worden waren, blieb ich bis heute dort und habe mir diese vielen Dörfer inzwischen erlaufen, in denen auch teilweise noch ein sehr derber Dialekt gesprochen wird, ohne sie Heimat nennen zu wollen.

Was ist überhaupt die Heimat des Dichters?

Mit dieser Frage über das äußere und innere Exil von Nabokov über Thomas Mann bis zu Goethe in Rom, denkt Mosebach gewohnt klug über die Heimat in der Sprache nach. Kann der Dichter, wie etwa Thomas Mann im Doktor Faustus, den er in Kalifornien schrieb, erst im Exil zu höchster Form finden, wie auch Goethe die Verse für die in Prosa längst vollendete Iphigenie erst in Rom wieder dichten konnte. Dass Goethe dann für den zweiten Teil des Faust das innere Exil wählte, ihn in seinem Schreibtisch einschloss und zu Lebzeiten nicht mehr veröffentlichte, weil er keinem mehr zutraute, diese Höhen mit zu besteigen, ist ein wunderbares Beispiel für die Verlorenheit mancher Dichter auch vor Ort.

Würde Mosebach hier schon widersprechen, weil Mann im Zauberberg zu höchster Form fand und alles danach eher Versuche in der Kunst sind aber das ist ein weites Feld und wohl eine Frage des Geschmacks, wie einige, wie Mann auch selbst, meinen, er hätte im Josephs-Roman die höchste Form erreicht, was zwar insofern stimmt als er hoch künstlerisch und konsequent hier die Sprache der Bibel imitiert und variiert aber dafür, was ihn groß machte, die ironische Distanz mit der er spielerisch betrachtete, verloren gibt. Darüber kann sich trefflich gestritten werden, doch fehlt mir der Zugang zu dieser Sprachwelt ein wenig, finde ich das prophetische darin häufig eher bemüht als gelungen. Mann imitiert großartig und schafft damit einen großen Roman in biblischer Sprache, was künstlerisch sicher ein Meisterstück ist, auf das er zu recht stolz war, was aber literarisch wenig lohnend mir erscheint, weil sich die Mann groß machende Sprache des norddeutschen Bürgers hier hinter der, die wir aus der Übersetzung Luthers kennen, der an das, was er übersetzte auch noch glaubte, versteckt, was beiden weniger gut steht als der eigene Ausdruck.

War Mann dann am besten, wenn er über Menschen aus seiner Heimat schrieb, auch wenn es diese in die ihnen eigentlich fremden Berge verschlug?

Die Buddenbrooks und der Zauberberg sprechen deutlich dafür. Doch ist die Frage auch jenseits von Mann sehr spannend, wie Mosebach am Beispiel Nabokovs erläutert, dessen frühe Berliner Romane, noch in russisch geschrieben, eine ganz andere Welt noch im Mittelpunkt hatten als die späteren, unterscheiden sich die amerikanischen noch weit mehr von den frühen russischen Werken. 

Hatte da einer seine Heimat auch innerlich verloren und wer war er noch hinter den Figuren, die sich von einer Lolita oder Ada verführen ließen?

Kam Nabokov vielleicht wirklich in der neuen Welt an, in der Sex immer ein Thema ist, auch wenn tabuisiert oder vielleicht gerade darum, die sich um andere Wesen dreht als die russische Welt und steht die Berliner Zeit irgendwo dazwischen - halb schon Osten mit großer russischer Gemeinschaft dort, selbst schon weit im Osten gelegen, umgeben vom weiten Nichts der Mark, die vielfach an die große russische Ebene erinnert?

Frage mich manchmal, wo meine Heimat eigentlich am ehesten ist. Warum ich mich Norddeutschland im allgemeinen und Bremen inniger verbunden fühlte, obwohl ich nur ein Jahr dort lebte, als allen anderen Regionen des Landes, so schön sie sein mögen, so gut der Wein von dort auch ist, dennoch nicht dort leben aber sehr gerne darüber schreiben möchte - vielleicht auch nur darüber schreiben kann, weil ich nicht dort bin und es nur von Ferne betrachten in Berlin Prenzlauer Berg, diesem nirgendwo voll Zugezogener, die noch von der alten Heimat erzählen, die ich nie hatte.

Habe ein Elternhaus und hatte die Häuser der Großeltern, die mit Festen und Erinnerungen verbunden sind, mit Ritualen, die mich prägten und zu dem werden ließen, was ich bin, fest in der bürgerlichen Kultur verankert, fern dem Arbeitermillieu und das Landleben auch eher belächelnd, zwischen Büchern aufgewachsen, von ihnen geprägt, in ihnen, wie etwa den Buddenbrooks, dem Zauberberg, den Essays von Montaigne aber auch in denen Mosebachs, wie ich gerade wieder merkte, am ehesten Zuhause. So ist Heimat für mich gedruckt, sind Bücher mein Leben, egal wo die kleine Bibliothek nun zufällig stände, auch wenn ich bisher keine Neigung mehr verspüre unnötig den Ort zu wechseln, da ich genug im Leben umgezogen bin, lieber in meiner Heimat bleibe, um die Geschichten zu finden, die es zu erzählen gilt.

Wohne nun zwanzig Jahre in Berlin, der Ort, an dem ich am längsten lebe, in dem meine Tochter erwachsen wurde, ich großen Lieben und manch wunderbaren Frauen begegnen durfte, durch den ich mittlerweile viele tausend Kilometer gelaufen bin, aber Heimat ist mir diese Stadt nicht. Werde nie den hiesigen Dialekt sprechen und wie warm wird es mir immer ums Herz, wenn ich den bremischen Klang höre, Menschen wie meine Mutter sagen höre, es rechnet, wenn es regnet. Sie ist ein guter Ort zu leben, der sich schnell verändert, in dem die Menschen wechseln, es manches zu beobachten gibt aber eben eine große Stadt, die zusammengewürfelt wurde, aus vielen Dörfern besteht, in deren einen ich eben wohne, auch wenn ich mich mit Charlottenburg genauso verbunden fühlen könnte oder Mitte oder der Stralau, völlig gleich eigentlich.

Dachte immer in meiner Familie würde reines Hochdeutsch gesprochen von beiden Seiten, bis mir irgendwann auffiel, dass die Großmutter väterlicherseits klar den Dialekt ihrer Bochumer Heimat sprach, wenn sie etwa ihren Mann Vadder nannte und ähnliche Redewendungen. Die mütterliche Linie dagegen, sprachlich mehr von meiner Großmutter geprägt, die auch am meisten redete und in Hannover sprechen lernte, ist ziemlich hochdeutsch, hat aber auch einige bremische und so typisch norddeutsche Klangfärbungen angenommen, warum mir vielleicht der Bremer Ton immer so vertraut und sympathisch ist, ohne weitere Prüfung ob dies eine reale Grundlage hätte. Vom Gefühl her mag ich diese Bremer einfach, auch wenn es vermutlich genug praktische Gegenbeispiele gäbe, schaute ich nur genau hin, geht mein Herz bei diesem Ton ganz schnell auf, während süddeutsche Dialekte manche Hürde nehmen müssen, ich aber seltsam vertraut wiederum auf bestimmte bayerische Töne oder schwäbisch reagiere, ohne dort je gelebt zu haben oder leben zu wollen.

So haben Martin Mosebachs exzellente Essays, die seinen feinen, klugen Geist zeigen, auch wenn er sich einen Reaktionär nennt, was mich mit zunehmenden Alter immer weniger stört und vielleicht auch aus dessen Bewunderung für Nicola Gomez Davila verständlich ist, mich zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Begriff Heimat gebracht und was es für mich ausmacht. Es ist wohl der Ort, an dem ich geboren wurde, aber am kürzesten lebte, an das ich keine aktive Erinnerung habe, außer von späteren Besuchen bei den Großeltern, dessen Geschichten mir aber vertraut sind wie die eigene, warum ich in den Buddenbrooks vermutlich gleich so ein seltsames Gefühl von Heimat hatte, auch wenn ich bis heute das Buddenbrookhaus noch nicht besucht habe, obwohl ich mehrfach in Lübeck war und mich dort sehr wohl fühlte.

Heimat scheint ein seltsamer Ort zu sein, kein fester, an dem ich lebe, keiner zu dem ich ständig hin muss, sondern es ist ein Gefühl und eine Lebenshaltung und ich denke dabei etwa an den Club zu Bremen, in dem mein Großvater regelmäßig seine runden Geburtstage feierte, unter dem Schütting, gegenüber dem Rathaus vor dem der Roland steht, den ich immer begrüßen muss, wenn ich mal dort bin. Es ist diese gediegene Atmosphäre einer anderen Zeit, die ich eher aus den Erzählungen meiner Großmutter kenne, als sie je erlebt zu haben und es mag auch in Berlin, etwa in Charlottenburg teilweise noch eine solche Welt geben, aber es lebt sich auch ganz gut als Beobachter fern dieser Welt, von der ich nicht mal weiß, ob sie noch existiert oder die Tradition ausstarb, um das zu beschreiben, was ich Heimat nenne, wie Thomas Mann die Buddenbrooks in München und Rom schrieb,

Heimat habe ich nur im Kopf, auch wenn die kleine Bibliothek mein Zuhause ist, was sie ausmacht, ist eine Welt in Gedanken, in die ich nicht mal mehr reisen muss, um da zu sein und vielleicht ist das der für mich spannendste Schluss aus der Lektüre von Mosebach, endlich weiß ich wo Heimat ist - in meinem Kopf, wenn ich anfange, davon zu erzählen.

jens tuengerthal 16.6.20