Samstag, 27. Juni 2020

Bluterbe

Hat das Erbrecht die patrilineare Verschiebung begünstigt und Frauen benachteiligt?

Gab es Unterschiede zwischen Adel, Bauern und Bürgertum?

Wie wirkte sich Reichtum und Besitz gegenüber Armut dabei aus?

Das Erbrecht, was mit der Renaissance aufkam, veränderte das Verhalten der Familien und die Haltung gegenüber den eigenen Kindern. Danach wurde die patrilineare Vererbung legitim und es brauchte nur noch einen Erben. Damit veränderte sich das Zeugungsverhalten.

Parallel dazu wurde für die Ärmsten und Alten die Sozialfürsorge der Kirchen und teilweise der Städte ausgebaut. Diese mussten damit zur sozialen Absicherung nicht mehr viele Kinder zeugen, woraufhin sich auch deren Zeugungsverhalten anpasste. Die Geburtenrate sank deutlich.

So zeigten Besitzbürgertum und Unterschicht aus verschiedenen Gründen ein paralleles Verhalten. Ähnlich verhielt es sich beim Adel, der hohe Kosten durch Hochzeiten verhindern und den Besitz beieinander halten wollte.

Mit dem Aufkommen des Buchdruck und der Reformation nahm die Bildung auch in breiten bürgerlichen Schichten zu. Bücher wurden plötzlich erschwinglich. Gleichzeitig traten die reicher werdenden Bürger, die sich eine gute Ausbildung oder ein Studium leisten konnten, an die Stelle des niederen Adels, der teilweise verarmte und mit dem aufkommenden Absolutismus an Bedeutung verlor.

Der Aufstieg der Bürger ging parallel mit der Verdrängung der Frauen aus dem Erbe durch die patrilinearen Strukturen. Sie wurden mit der Aussteuer finanziell abgefunden. Teilweise erbten sie beim Tod des Mannes vor den Kindern und brachten dies Vermögen dann in eine mögliche zweite Ehe ein, was die männlichen Erben der nächsten Generation benachteiligt hätte. Dem beugte das Erbrecht teilweise vor.

Eine Gleichstellung der Erben auch zwischen Ehefrau und Kindern, wie sie heute Gesetz ist, war lange nicht vorgesehen. Das Ziel den Besitz für die nächste Generation beieinander zu halten, also eine Teilung zwischen Erben zu verhindern, führte teilweiser zum Aussterben ganzer Linien, wenn einzelne Erben nicht überlebten.

So verhielten sich Besitzende und Arme ähnlich aus unterschiedlichen Gründen. Im Zusammenwirken mit Kriegen und Seuchen schrumpfte die Bevölkerung. Besitz ohne Erben ging statt in kirchliche eher in staatliche Hand, häufiger fanden sich noch entfernte Erben. Die Einführung des Erbrechts und der dort geregelten primogenitur der ältesten Söhne veränderte das Sozialverhalten wie wohl auch die Sexualität breiter Schichten.

Spannend wäre, ob das Aufkommen von Spielen und Festen zur Belustigung auch der Massen das Sexualverhalten veränderte. Verstärkte dies das Bedürfnis nach Fortpflanzung, förderte zumindest die sexuelle Lust mit der bekannten Folge oder lenkte es eher davon ab.

Wie hat sich der Ausschluss der Frauen durch das neue Erbrecht auf die Sexualität ausgewirkt?

Gibt es eine direkte Verbindung von Erbe und Sexualverhalten oder kommt dies nach der Natur unabhängig durch?

Inwiefern wurde so mit einem Erbrecht bis in die Schlafzimmer und den Sex hineinregiert?

Ist der Sex und seine Beherrschung der Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung oder wirkte eine bloße Frage des Vermögens stärker als der Trieb?

Alles Fragen, die es künftig genauer zu erforschen gilt - auf den Sex zu schauen, könnte manches verständlicher machen.

jens tuengerthal 27.6.20

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