Heimathafen
Mit dem Wort Heimat komme ich
Nicht wirklich zurecht noch an
Frage mich wo die liegen soll
Was eine solche ausmacht
War dieses Jahr für zwei Monate
Zur Pflege meiner Mutter in deren
Haus in dem ich auch zehn Jahre
Geschätzt lebte was weniger ist
Als die nun bald 24 Jahre in Berlin
Auch weniger als 14 am Helmholtzplatz
Weniger als die 15 in Frankfurt sogar
Nur mehr als das eine Jahr in Bremen
Obwohl zufällig da noch geboren
Bekomme ich dort im Norden doch
Irgendwie Heimatgefühle auch weil
Mutter und Großmutter von da sind
Den Schnack oder die Art zu reden
Wie vieles dort klingt für mich vertraut
Aber habe nie bewusst dort gelebt
Sind nur Urlaubserinnerungen
Die hessische Mundart lernte ich noch
Bei Jugendfeuerwehr und Samaritern
Kurpfälzisch blieb mir völlig fremd stets
Bis ich eine Pfälzerin seltsam liebte
Berlinerisch nahm ich nie wirklich an
Nur Sprüche zum Spaß mal aber ich
Bin kein Berliner sondern bewohne
Eine Bibliothek die in Berlin steht
Wüsste keinen Ort wo auch die
Umgebung so nett ist wie hier
Aber eigentlich wäre mir egal
Wo meine Bibliothek steht
Vielleicht nicht gerade Bayern
Was mir nicht erst seit der Lektüre
Der Buddenbrooks fern lag aber
Auch nur ein Vorurteil wohl ist
Auch Neufünfland als der rechte
Osten der Republik liegt mir eher
Fern als Wohngegend egal wo
Obwohl ich Weimar so liebe
Wüsste nicht wo außer hier ich
Leben und mich wohlfühlen könnte
Vielleicht Bremen Hamburg Lübeck
Frankfurt Mainz oder Heidelberg
Heidelberg doch lieber nicht denk ich
Provinzposse zwischen Bergen am
Neckar romantisch noch verklärt mehr
Ein Friedhof überholter Erinnerungen
Doch gefühlt ist es mir völlig egal
Solange ich meine Bibliothek habe
Wie genug Ruhe zum Lesen dazu
Weil Heimat für mich geistig ist
Es gibt keinen Ort den ich so nenne
Noch einen wo es mich hin zöge
Hier am Platz ist schon in Ordnung
Aber es gibt Bücher die es sind
Der Heimathafen in dem ich gerne
Ankomme steht voller Bücher die
Eine Leseheimat mir sind statt der
Anderen Menschen sind es Bände
Die Teams einiger Bars sind schon
Mit der Zeit vertraut geworden aber
Das wechselt immer wieder auch
Nach deren wie meiner Laune
Bücher dagegen sind nie launisch
Sie sind beständig verlässlich also
Ganz anders als alle Frauen die
Sonst schönster Grund zu leben
Eine Bibliothek als Heimathafen
Ist ein Ort der Einkehr wie Ruhe
Des Rückzugs wie der Lektüre
Steckt dabei voller Geschichten
Gelegentlich verlagere ich mal
Einige Bücherstapel um neue
Wege im Chaos zu finden doch
Eigentlich soll sich nichts ändern
Andere wollen sich alle paar Jahre
Neu einrichten oder umräumen
Renovieren und ähnlicher Unsinn
Eine Bibliothek braucht nur Ruhe
So darf mein Heimathafen wie das
Bücher eben so machen mich gerne
Überleben was immer meine Erbin
Dann damit anfangen kann
Da ich dann nicht mehr bin ist
Es mir völlig gleichgültig wie alles
Was mich nichts mehr angeht
Womit ich Gelassenheit gewann
Habe keine geografische Heimat
Bin in Berlin auch nur zu Gast
Würde nie sagen dass ich ein
Berliner bin obwohl es so ist
Dafür habe ich eine Bibliothek
Die Zuhause für ein Leben ist
Alles enthält was ich lesen wollte
Zufriedenheit damit schenkt
jens tuengerthal 27.5.24
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