Donnerstag, 29. Februar 2024

Literaheimat

Literaheimat

Gerade pflege ich meine kranke Mutter
In der Kurpfalz und einige fragten mich
Wie es denn so wäre in der alten Heimat
Kann diese Frage nicht wirklich beantworten
Bin mit 16 in die Kurpfalz gezogen noch
Mit meinen Eltern und wollte hier nie her
Fand den Dialekt schrecklich und alles
Furchtbar in diesem Dorf was inzwischen
Ein Softwaremittelpunkt der Welt wurde
Die Liebe hat den Blick mit der Zeit wie
Gerade wieder gewandelt inzwischen
Kann ich sogar den Dialekt mit Liebe
Hören aber Heimat war es nie für mich
Auch wenn mein Vater mal das hier
Heimatmuseum im Astorhaus leitete
Wozu er wie die Jungfrau zum Kind kam
Geboren in Bremen wo ich nur ein Jahr
Lebte aber häufiger die dort Großeltern
Besuchte die in einer Welt lebten die
Eher den Romanen von Thomas Mann
Noch entsprungen schien als aktuell
In der Gegenwart zu sein fühlte ich mich
Dieser Geburtsstadt immer verbunden
Aber kenne sie eigentlich nicht warum
Heimat auch dafür nicht wirklich passte
Von Bremen aus ging es nach Frankfurt
Wo ich in Ortsteilen und Vororten dann
Zum Jugendlichen heranwuchs es gab
Eine enge Verbundenheit mal aber das
Ist Geschichte und bald vierzig Jahre her
Kenne außer dem Städel das heutige
Frankfurt kaum weil ich nun seit bald
Vierundzwanzig Jahren in Berlin lebe
Immer in dem Dorf Prenzlauer Berg
Was inzwischen zu Pankow gehört
Wie dank politischer Finten auch den
Namen dieser Provinzstadt trägt in die
Bolle einst reiste lebe also inzwischen
Den längsten Teil meines Lebens an
Einem Ort also ohne noch Umzüge in
Berlin was es gar nicht gibt denn das
Was mal Berlin war ist kaputt und die
Vielen Dörfer die alle so heißen haben
Wenig miteinander zu tun sind alle so
Verschieden wie die Menschen die dort
Mehr oder weniger gerne leben dazu
Bleibt die einst gespaltene Stadt eine
Mit unterschiedlichem Lebensgefühl
Wie einer getrennten Geschichte auch
Wenn die kurze Zeit DDR gemessen
An der Existenz Berlins nichts ist kann
Zumindest gesagt werden seit es das
Großberlin gibt was wir heute haben
War es längere Zeit geteilt als eins
Wovon es ohnehin weit entfernt ist
Was sich inzwischen wieder ändert
Aber wie auch immer ist Berlin was
Viele Dörfer eher als eine Stadt ist
Die untereinander so konkurrent sind
Wie sonst künftige Topmodels es zeigen
Keine Heimat für mich sondern halt
Der Ort an dem ich wohne wo meine
Bücher stehen und jetzt endlich
Komme ich zum Kern denn Heimat
Ist für mich wenn meine Bibliothek
Wo ich die vielen Billys aufstelle
Wäre mir relativ egal wenn ich sie
Nicht umziehen oder tragen muss
Mit meinen Büchern bin ich einst
Aufgewachsen sie haben meinen
Geist bis heute geformt und sind der
Ort an den ich mich am liebsten noch
Zurückziehe sehe ich mal von der
Gelegentlich zauberhaften Gegenwart
Wunderbarer Damen ab was heute
Schon fast dämlich klingt warum ich
Es bei den Büchern als Heimat die ich
Liebe und egal wo genieße belasse
Genieße auch gelegentlich Damen
Finde sie ganz wunderbar toll doch
Haben Bücher mich nie leiden lassen
Warum sie glückliche Heimat wurden
Mehr brauche ich glaube ich nicht
Zum Glück gibt es auch hier noch
Das eine oder andere lesbare Buch
Habe noch 10 Bände mitgenommen
Was der schwerste Teil des Gepäcks
Wie immer bei mir war und wenn ich
Mal in jugendlichem Leichtsinn noch
Von einem Wohnmobil träumte mit dem
Durch Europa oder die Welt zu fahren
Einst mir verlockend erschien war die
Wichtigste Frage auch da für mich
Wie und wo ich dort eine gute
Bibliothek einbauen kann um stets
Die Liebsten um mich zu haben weil
Das Leben mit Büchern für mich das
Gefühl von Heimat vermittelt die mich
Glücklich und zufrieden macht wobei
Es um die eigenen Bücher geht die
In denen ich gerade alles lese was
Zuviele sind sie alle mitzunehmen
Stets weit über hundert eigentlich
Wäre ich ehrlich und unbescheiden
Um den müden Geist wach zu halten
Wie darin gute Freunde zu treffen
Eben in der Heimat zuhause zu sein
Was für mich die Literaheimat ist

jens tuengerthal 29.2.24

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