Was ist sicher an der Vaterrolle?
Die moderne Technik hat es ermöglicht die Vaterschaft mit sehr hoher Sicherheit nachzuweisen, womit die klassische Unsicherheit wegfiel, die durch soziale Dominanz in der patrilinearen Gesellschaft ausgeglichen werden sollte. Andererseits ist das klassische Rollenmodell im Prozess der Emanzipation weggefallen und Väter mussten ihre Rolle zwischen Haushalt und Beruf neu finden und definieren, was gelegentlich auf Schwierigkeiten und Widerstand stieß, in Ausläufern auch noch stößt, was die Dominanz klassisch dominanter Typen wie Putin oder Trump erklären kann.
Der Prozess der Emanzipation, der de facto nach den 2. Weltkrieg zur normativen Gleichstellung führte, um die noch verschiedene Kämpfe geführt wurden, hat seit der Kanzlerschaft Merkels in Deutschland eine andere Richtung genommen. Es ist durch Änderung der Gesetzgebung auch in Fragen der Kinderbetreuung inzwischen ein anderes gesellschaftliches Selbstverständnis gewachsen. Auch in traditionellen Familien ist es inzwischen normal, dass Väter Erziehungszeit nehmen und sich gemeinsam um die Kinder gekümmert wird, was in meiner Kindheit noch die große Ausnahme war, auch als ich zu Beginn der neunziger mein Studium begann noch als exotisch eher und der Karriere schädlich galt, wird heute als soziale Kompetenz gesehen.
Als ich noch zur Zeiten von Kanzler Schröder Vater wurde und vernünftigerweise eine zeitlang Hausmann, bis meine Tochter mit eineinhalb in den Kinderladen kam, war ich auf dem Spielplatz noch eher die Ausnahme unter vielen Muttis hier im Prenzlauer Berg. Das hat sich in den letzten Jahren völlig gewandelt. So ist heute etwa mein Schwager Hausmann geworden, während meine Schwester ihre Karriere verfolgte. Auch sie brachten ihre Kinder inzwischen früh in die Kita, was bei uns noch kritisch gesehen wurde, zumindest im Westen, während es im Osten als selbstverständlich und besser so galt. Hier hat sich unter der Kanzlerschaft von Merkel auch auf Initiative ihrer ersten Familienministerin von der Leyen ein relativ rasanter Bewusstseinswandel durchgesetzt, der die Egalität verstärkte.
So weit so gut im Sinne des Feminismus, der sich auch in ländlichen Regionen immer weiter durchsetzt. Dies ist für Kinder und Väter, die früher wenig vom Heranwachsen ihrer Kinder mitbekamen, eine große Chance. Mit einer gewissen Verzögerung ziehen langsam auch die Führungspositionen der Wirtschaft nach und Elternzeit ist kein notwendiges Karrierehindernis mehr, was auch die Chancen der Frauen im gebärfähigen Alter auf Führungspositionen bei gleicher Qualifikation erhöht hat. Das ist lobenswert und trägt zu mehr gesellschaftlicher Gleichheit bei, kann langfristig auch die immer noch große Einkommenslücke schließen helfen.
Ob es eine eher konservative, noch dazu kinderlose Regierungschefin brauchte, um diese zeitgemäße und gerechtere Politik auch in den traditionell konservativen Kreisen der Wirtschaft durchzusetzen, ist eine Frage, die nicht ohne Berechtigung scheint. Zumindest haben es die Sozialdemokratie oder die Grünen in der Zeit ihrer Regierung nicht geschafft, vergleichbare Veränderungen durchzusetzen. Ob sie ein größeres Selbstverständnis dafür schufen, ist unklar. Zumindest haben sie es noch nicht geschafft eine Frau länger erfolgreich in eine Führungsposition zu bringen, das Scheitern von Andrea Nahles sprach hier Bände, wie es künftig gehen wird, ist noch unklar, kann aber hinsichtlich der hier thematisierten Vaterrolle und ihrer größeren Unsicherheit dahinstehen.
Mit der Zunahme der Emanzipation nahm auch die Sehnsucht eines Teils der Frauen nach traditionellen Männern und ihrem Rollenverständnis zu, was sie andererseits gesellschaftlich ablehnten, fanden nicht wenige sexuell durchaus reizvoll, woraus manche erwartbare Konflikte entstanden. Parallel dazu nahm die Impotenz und das sexuelle Desinteresse bei vielen Männern zu. Ob dies am höheren Anteil von Pillenresten, also Östrogenen, im Trinkwasser lag, ist wissenschaftlich noch unklar. Beweise gibt es dafür bisher nicht. Eine Rolle könnte aber auch das unsichere Rollenverständnis spielen, in dem Männer der Gegenwart sich sehen.
Einerseits sollen sie verständnisvoller Vater und zärtlicher Partner sein, der aber bitte seine Aufgaben im Haushalt auch selbstverständlich wahrnimmt, was aufgrund eines unterschiedlichen Verständnisses der notwendigen Ordnung immer wieder auch zu Konflikten führt, andererseits, auch bewunderte Macher und starke Kerle, die ihren Mann stehen. Hausmänner werden immer noch von manchen verspottet, auch wenn das Selbstverständnis langsam zunimmt, sehen sie sich, wie ich in der noch frühen Phase sehr stark, dazu genötigt, ihre Rolle zu rechtfertigen, die mal als emanzipiert gelobt, dann auch nur milde belächelt wird. Es gibt kein Selbstverständnis in den Rollen und Aufgaben mehr und alles muss immer wieder ausgefochten und diskutiert werden, was nicht immer ohne Schäden für die Beziehung und die sexuelle Leidenschaft abläuft.
So war mein Ehrgeiz beim Putzen immer relativ gering ausgeprägt und ich empfand es nie als Auszeichnung dort zu glänzen, eher das Gegenteil erstrebenswert. Die Vaterrolle als Spielpartner meiner Tochter zu glänzen, nahm ich dagegen mit wesentlich mehr Engagement wahr. Dies kann in manchen Fällen auch umgekehrt sein, allerdings ist das Modell, was mir meine Eltern auch vorlebten, noch weiter verbreitet und führt immer wieder zu Rollenkonflikten.
Unsicher geworden ist die Notwendigkeit des Mannes als Erzeuger auch durch die künstliche Befruchtung und andere neue Formen der Fortpflanzung, die noch in der Entwicklung begriffen sind. So stehen sich die einerseits nun biologische Sicherheit der Vaterschaft, die allerdings meist nur zur Abwehr einer solchen und der mit ihr verbundenen Geldzahlungen geprüft wird und wohl eher sehr selten, um die eigene Vaterschaft zu beweisen und die Unsicherheit der neuen Rolle gegenüber, wobei noch unklar ist, wohin die Entwicklung führt und was das für alle Beteiligten beste Modell der Zukunft ist.
Dies ist nach tausenden von Jahren, in denen das patrilineare Modell in unserem Kulturkreis dominierte, eine sehr rasante Veränderung mit offenem Ausgang, bei der sich immer mehr Männer fragen, was ist eigentlich unsere Rolle, welche Aufgaben müssen wir erfüllen, wofür werden wir anerkannt und geliebt, was macht uns glücklich, wie wollen wir in Zukunft leben. Inwieweit es in früheren Kulturen noch andere Modelle gab, wie die Schlüsselherrschaft der germanischen Frauen, von der Tacitus berichtet und andere stärker matriarchal geprägte Formen des Zusammenlebens ist noch relativ unklar, da hier zu großen Teilen die schriftliche Überlieferung der sozialen Strukturen fehlt.
Was kann ich als Mann noch tun, als mich mit Liebe, in das zu fügen, was ist, frage ich mich, dem die chauvinistischen Allüren fremd sind, die sich gerade ins letzte Gefecht stürzen und habe doch auch Frauen erlebt, die genau das von mir erwarteten, was mir fremd war und den Feminismus lieber verspotteten, von dem sie andererseits profitierten. International betrachtet prallen hier auch verschiedene Kulturen und Lebensweisen aufeinander, die manche Männer zur Partnersuche eher in fernere Länder ausweichen lassen, um in gewohnter Weise zu leben, auch wenn es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich Freiheit und Egaliät überall durchsetzen.
Die Erwartungen an die Rolle des Mannes sind höchst unterschiedlich und es ist müßig, sich um das eine oder andere bemühen zu wollen. Es scheint vernünftiger, sich selbst zu genügen und die Umstände und Bedürfnisse, so zu nehmen, wie sie eben sind, statt ein allgemeines Modell zu suchen, lieber mit den je Umständen, so glücklich wie möglich zu sein, weil es ist, wie es ist und ich froh sein kann, wenn sich eine findet, der das genügt und gefällt.
Als Vater habe ich nach der Zeit als Hausmann und in einer Beziehung die Rolle gewechselt, war nicht mehr der strenge eher autoritäre Vater, sondern lieber der Kumpel, der großzügig war, weil es mir mehr lag und habe mich damit wesentlich wohler gefühlt. So gesehen, war es vermutlich gut so. Würde aber meinen Fall nie verallgemeinern wollen und denke es bleibt wie die Rolle des Vaters auch in Zukunft unsicher. Tröstlich nur ist, dass es den Frauen mit den Veränderungen ähnlich gehen wird und beide gemeinsam Wege suchen müssen, mit denen wir langfristig glücklich werden. Vielleicht hilft es diese Zeit des Übergangs und der relativen Unklarheit als für beide nicht ganz einfach aber den eben normalen Wahnsinn zu halten, mit dem wir eben leben müssen, was anderes bleibt uns auch nicht, also empfiehlt es sich, nach meinem Empfinden, was ist, so sehr wie eben möglich, zu genießen.
jens tuengerthal 27.8.20
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